Was der Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten (CDU) bei seinem Wahlkampffrühschoppen gestern (Sonntag, 6. September 2009) in Geislingen/Kocher (Gemeinde Braunsbach) gezeigt hat, spottet jeder Beschreibung. Wer den 39-Jährigen aus Künzelsau-Schloss Stetten nicht schon vorher gut kannte, wusste nach der zweistündigen Veranstaltung im Gasthof „Zum Ochsen“ nicht, wer der Mann überhaupt ist, was er arbeitet und schon gar nicht, was er gedenkt in Zukunft zu tun.
Kommentar von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Braunsbachs Bürgermeister Frank Harsch träumt von Aussichtsplattform mit Blick auf die Kochertalbrücke
Knapp 15 Besucher waren in den hinteren Raum der rustikalen Gaststätte „Zum Ochsen“ in der Ortsmitte von Geislingen gekommen. Unter den Gästen befand sich auch Braunsbachs Bürgermeister Frank Harsch. Von dem jungen Schulzen erfuhren die Zuhörer, dass die Gemeinde Braunsbach einen Investor gefunden habe, der eine Aussichtsplattform an einer Hangkante des Kochertals finanzieren wolle, die einen Blick auf die gesamte Kochertalbrücke ermöglichen soll. Von diesem künftigen Aussichtspunkt verspricht sich Bürgermeister Harsch einen großen touristischen Effekt für seine Gemeinde. Bis es so weit ist, werde es aber sicher noch eine Weile dauern, meint der Rathauschef.
Nuschelnder Christian von Stetten ist fast nicht zu verstehen
Bundestagskandidat Christian von Stetten hat zwar bei seinem Einmarsch in die Gaststätte – begleitet von zwei jungen Männern – alle Besucher der Veranstaltung mit Handschlag begrüßt. Doch geredet hat er eigentlich nur mit den Männern und der Frau an seinem eigenen Tisch. Schon in etwa sechs Meter Entfernung war der extrem leise sprechende und dazu noch nuschelnde Politiker fast nicht mehr zu verstehen. Eine offizielle Eröffnung des „politischen Frühschoppens“ gab es nicht, vorgestellt hat er weder sich, noch seine politischen Ziele. Nachdem Christian von Stetten schon einige Zeit sein Zwölf-Augen-Gespräch mit seinen Tischnachbarn geführt hatte, könnte so manch anderem Besucher spontan ein abgewandeltes Goethe-Zitat in den Sinn gekommen sein: „Dort sitzt er nun, der arme Tor und lässt die Leut so klug als wie zuvor.“
Beim sechsspurigen Ausbau der A 6 braust Phlegmatiker von Stetten auf
Nur bei einem Thema konnten alle Gäste den CDU-Abgeordneten deutlich hören. Als es um den dreispurigen (eigentlich sechsspurigen) Ausbau der Autobahn A6 ging, wurde der Phlegmatiker Christian von Stetten lauter, für seine Verhältnisse fast schon aufbrausend: Die A6 soll nach den Wünschen des Schlossherrn auch zwischen Kupferzell und der bayerischen Grenze bei Crailsheim möglichst schnell ausgebaut werden. Damit dies zügiger über die Bühne gehen kann, preist der 39-jährige Multi-Geschäftsmann die Finanzierung des Ausbaus durch private Investoren an. Diese privaten Geldgeber sollen dann – so Christian von Stettens Vorstellungen – über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten die Maut für die von ihnen ausgebaute Teilstrecke erhalten.
(Anmerkung Axel Wiczcorke: Siehe hierzu auch unseren Artikel „Christian von Stetten, die A6 und das Public-Private-Partnership-Modell“ https://www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=3954 sowie unseren offenen Brief zur Gesundheitsreform vom 06. Juni 2009 – bis heute unbeantwortet! https://www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=2150)
Ein Mann, der nichts zu sagen hat
Was war sonst noch von Christian von Stetten zu hören? Nicht viel: Die Menschen im Land sollen mehr Milch trinken, damit der Milchpreis wieder steigt. Und: Die Bürgerinnen und Bürger des Wahlkreises sollen auch mit der Zweitstimme die CDU wählen. Warum? Das konnten nur die vier oder fünf Menschen akustisch verstehen, die unmittelbar neben Christian von Stetten saßen. „Wir sind ja unter uns und können offen sprechen, die Versammlung habe ich ja gar nicht offiziell eröffnet“, fiel dem Gastgeber nach etwa zwei Stunden politischen Small-Talks mit Parteifreunden und Sympathisanten laut nachdenkend ein. Gestört hat ihn das aber nicht. Christian von Stetten verbreitete in der Geislinger Wirtschaft die Selbstsicherheit eines eitlen Mannes, der davon ausgeht, dass er sowieso gewählt wird, egal ob er etwas sagt, oder auch nicht. Da sagt er lieber nichts, um nichts Falsches zu sagen. Denn diese Gefahr ist bei dem Bundestagshinterbänkler aus Künzelsau-Schloss Stetten groß. Ur-Hohenloher haben für solch einen Menschen eine zutreffende Beschreibung: „Der liacht, wenn er ‚d Gosch uffmecht“. Dem ist außer den beiden Worten „fast immer“ eigentlich nichts hinzuzufügen.
Christian von Stetten hat Angst vor öffentlicher Demontage
Seiner eigenen politisch-inhaltlichen und charakterlichen Schwächen ist sich Christian von Stetten durchaus bewusst. Nicht umsonst drückte er sich in den vergangenen Wochen vor größeren Podiumsdiskussionen mit Kandidatinnen und Kandidaten anderer Parteien – zuletzt ließ er am 2. September 2009 die Veranstalter des Jugendkulturvereins Kokolores in Künzelsau im Stich. Gekommen waren lediglich die Direktkandidaten der Grünen (Harald Ebner), der Linken (Silvia Ofori), der FDP (Stephen Brauer) und der SPD (Annette Sawade). Für Christian von Stetten besteht bei derartigen Diskussionsveranstaltungen die Gefahr, dass ihm seine Konkurrentinnen und Konkurrenten um den Einzug in den Bundestag seine politischen und persönlichen Defizite vor einem größeren Publikum vorhalten könnten.
Geld und Zeit verplempert
Wer Christian von Stetten im Gasthof „Zum Ochsen“ in Geislingen/Kocher live erlebt hat, und nicht ein ausgewiesener Parteifreund oder Christian-von-Stetten-Sympatisant ist, verliert völlig den Respekt und die Achtung vor der politischen Klasse in Deutschland. Das war Wasser auf die Mühlen all derjenigen, die sagen, zu politischen Veranstaltungen braucht man erst gar nicht hinzugehen. Auch der Autor dieses Artikels bedauert es, wegen dieses Wahlfrühschoppens fast 50 Kilometer mit dem Auto gefahren zu sein und sieben Euro für Getränke ausgegeben zu haben – wobei die Getränke gut und die Kellnerin sehr freundlich waren. Ein gemütlicher Vormittag mit Frau und Kind wäre aber trotzdem angenehmer gewesen, als die Zeit mit einem unverständliches Zeug nuschelnden Politiker zu verplempern.