Gegen neue Butterberge und Milchseen – Neues Bündnis fordert eine andere Milchpolitik

Aus den Vereinen und Verbänden Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BDM), Campact, Deutscher Tierschutzbund, Euronatur, Germanwatch, FIAN-Deutschland und Oxfam Deutschland hat sich ein neues Bündnis zusammengeschlossen. Gemeinsames Ziel ist es, neue Butterberge und Milchseen zu verhindern. Die Bündnispartner kommen aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz, Menschenrechts- und Entwicklungspolitik.

Pressemitteilung des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (http://bdm-verband.org/html/)

Zehntausende Milchbauern in der Existenz gefährdet

Das neue gesellschaftliche Bündnis aus Landwirtschafts-, Umwelt-, Tierschutz-, Menschenrechts- und entwicklungspolitischen Organisationen hat die aktuelle Milchpolitik in Deutschland und der EU scharf kritisiert und rasche politische Änderungen gefordert. Die akute Krise am Milchmarkt sei nicht nur ein Problem für die Milcherzeuger, sondern habe dramatische Folgen für Umwelt und Naturschutz, Tiergesundheit und Tierschutz, Arbeitsplätze im ländlichen Raum, entwicklungspolitische Ziele und die qualitative Vielfalt an Milcherzeugnissen in der EU. Die Milcherzeuger in der EU leiden unter einem bisher nicht gekannten Preisverfall. Dieser wurde auch dadurch ausgelöst, dass die Milchquote trotz sinkender Nachfrage innerhalb der EU und auf dem Weltmarkt angehoben und damit Anreize zur Überproduktion geschaffen wurden. EU-Kommission und Agrarminister halten bislang am Beschluss zur Ausweitung der Milchquote fest. Um den Markt zu entlasten, erhöhen sie die Subventionen für Lagerhaltung und Export. Dies kostet die Steuerzahler nach Angaben der Kommission allein im Jahr 2009 rund 600 Millionen Euro. Der Preisverfall hat sich damit nicht aufhalten lassen. Zehntausende europäische Milchbauern sind in ihrer wirtschaftlichen Existenz akut gefährdet.

Milchmengen wirkungsvoll reduzieren

„Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner, EU-Agrarkommissarin Fischer Boel und die Minister der anderen Mitgliedsstaaten müssen auf der nächsten Ratssitzung am 7. September 2009 endlich eine wirksame Mengenreduktion für die Milcherzeugung beschließen. Nur so können Butterberge und Milchseen abgebaut und trockengelegt und die Einkommen der Milcherzeuger nachhaltig stabilisiert werden“, so Romuald Schaber, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. „Mit Preisen auf dem derzeitigen Niveau können Milchkühe nicht unter artgerechten Bedingungen gehalten werden“, so Norbert Mauren vom Deutschen Tierschutzbund. „Nur mit angemessenen Milchpreisen ist es möglich, Kühe auf der Weide zu halten, und so nicht nur Tiergesundheit und Kulturlandschaft zu fördern, sondern auch einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“, ergänzt Friedrich Ostendorff vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).  „Der Schaden macht an den Grenzen der Europäischen Union nicht halt“, so Tobias Reichert von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Die Überschüsse werden mit Hilfe von Subventionen in Entwicklungsländer exportiert und verdrängen die Erzeuger von ihren heimischen Märkten. Wirksame Armutsbekämpfung wird so unterlaufen.“

70 Prozent des Eiweißfutters wird importiert – häufig wird dafür Regenwald abgeholzt

Die Überproduktion der EU sei nur möglich, weil über 70 Prozent des Eiweißfutters importiert würden. Oft aus Ländern, in denen für den Anbau Regenwälder abgeholzt würden, was eine enorme Belastung für das Klima darstelle. „Mittel- und langfristig muss die europäische Milcherzeugung vor allem am Bedarf innerhalb der EU ausgerichtet werden, um ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage und damit einen fairen Milchpreis zu gewährleisten“, so Friedrich Wilhelm Graefe zu
Baringdorf, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. „Die Milchbauern und -bäuerinnen müssen ihre Interessen gegen eine stark konzentrierte Milchindustrie marktwirksam bündeln.“

Das neue Bündnis hat ein Bündnispapier verabschiedet – Der Inhalt:

Eine andere Milchpolitik ist möglich und notwendig

In der aktuellen Auseinandersetzung um kostendeckende Milchpreise wird deutlich, welche Folgen die Ausgestaltung der europäischen Agrar-  und Milchmarktpolitik nicht nur für die hiesigen Bäuerinnen und Bauern hat, sondern auch für die Milchwirtschaft in Entwicklungsländern und das Recht auf Nahrung allgemein. Zudem beeinflusst die Agrar- und Milchmarktpolitik in Deutschland und Europa die Art und Weise der Tierhaltung, den Erhalt ökologisch wertvoller Kulturlandschaften und Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich. Deshalb sehen es Bauernverbände, Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen sowie Umweltschutz- und Tierschutzverbände als unerlässlich an, gemeinsam auf Fehler in der Agrarpolitik am Beispiel Milch hinzuweisen. Die Verbände und Organisationen fordern, die Milchpreise zu stabilisieren und Deutschland und Europa auf eine sozial und ökologisch nachhaltige Milchpolitik umzustellen.

Gemeinsame Betroffenheit… – Produktionskosten nur noch zur Hälfte gedeckt

Die Agrarminister der EU-Länder haben im vergangenen Jahr die Anhebung der Milchquote beschlossen, obwohl die Nachfrage im Binnen- und Exportmarkt nicht gestiegen ist. Auch die EU-Kommission ging bei ihren Plänen für eine Liberalisierung des europäischen Milchmarktes noch von einer steigenden Nachfrage nach Milchprodukten aus. „Dagegen ist die Nachfrage sowohl in der EU als auch auf dem Weltmarkt gesunken“, stellt die Kommission aktuell in ihrem Milchbericht vom Juli 2009 fest. Die politische Entscheidung für eine Mengenausweitung wurde demnach im Widerspruch zu den aktuellen Marktentwicklungen getroffen und hat zu einer Überschussproduktion mit verheerenden Folgen beigetragen. Zwischen 18 und 24 Cent bekommen die Milcherzeuger in Deutschland pro Liter Milch, und ähnlich sieht es in den meisten EU-Staaten aus. Die Produktionskosten sind nur noch zur Hälfte gedeckt. Die Produktion von Überschussmengen führt nicht nur zu katastrophalen Erzeugerpreisen, sie basiert auch auf Importen von Futtermitteln, die vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern angebaut werden und dort in Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung der Menschen stehen und teilweise Regenwaldabholzung nach sich ziehen.

Immer mehr Milch wird aus Kraftfutter erzeugt statt – wie es ökologisch sinnvoll wäre – auf Grünland (Weidehaltung)

Es ist zudem unsinnig, einerseits die Überschussproduktion voranzutreiben und andererseits allein im Jahr 2009 mehr als 600 Millionen Euro an Steuergeldern für Lagerhaltung und Exportsubventionen auszugeben. Die subventionierten EU-Milchexporte stehen in vielen Drittländern in Konkurrenz zu regional erzeugten Produkten und wirken zerstörerisch auf die dortigen Märkte. Besonders stark trifft es Bauern in Entwicklungsländern, für die Milch eine wichtige Einkommensquelle darstellt. Die Strategie der weiteren betrieblichen und regionalen Konzentration der Milcherzeugung hin zu einer industriellen Ausprägung widerspricht dem Ziel von mehr Qualität in der landwirtschaftlichen Produktion. Immer mehr Milch wird aus Kraftfutter erzeugt statt – wie es ökologisch sinnvoll wäre – auf Grünland (Weidehaltung). Außerdem hängen – als Faustzahl genannt – an jeder landwirtschaftlichen Arbeitskraft auf den Bauernhöfen vier bis sechs Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich, von denen viele durch die aktuelle Agrarpolitik bedroht sind.

Gemeinsame Forderungen – Milchproduktion an Bedarf innerhalb der EU ausrichten

Die negativen Auswirkungen der aktuellen Milchpolitik für Gesellschaft und Bauernschaft in Nord und Süd kann nur gestoppt werden, indem die europäische Milcherzeugung vor allem an den Bedarf und die Nachfrage innerhalb der EU ausgerichtet wird. Kurzfristig muss zunächst die Milchmenge auf dem Markt deutlich reduziert werden. Zielmarke ist ein kostendeckender Erzeugerpreis als Voraussetzung, um das katastrophale Höfesterben und die Gefährdung von Arbeitsplätzen zu verhindern. Um das Preisdumping auf dem Weltmarkt zu beenden, müssen die Exportsubventionen umgehend abgeschafft werden. Es ist außerdem notwendig, stärkere Anreize zu schaffen, um Milch auf der Basis von Weidehaltung und heimischen Futtermitteln zu erzeugen. Das sichert Grünlandstandorte, fördert die artgerechte Tierhaltung und bringt qualitativ hochwertige Milch. Eine Grundvoraussetzung dafür ist aber, dass die Milcherzeuger einen Preis für ihre Milch bekommen, der ihre Kosten deckt.

Die Unterzeichner des Bündnispapiers:

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BDM), Deutscher Tierschutzbund, Campact, Euronatur, Germanwatch, Fian-Deutschland, Oxfam Deutschland

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Interview mit Gregor Gysi in der FAZ

Das Interview mit Gregor Gysi in der FAZ halte ich besonders wegen seiner Einschätzung der SPD für die Zeit nach den Wahlen für interessant – tja, so wird es kommen …

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

„Nicht wenige sagen, wenn die Linkspartei wirklich mehrheitsfähig werden will, bleibt ihr auf Sicht nichts anderes übrig, als sich mit der SPD wieder zu vereinigen. Auch Oskar Lafontaine wird dieser Wunsch nachgesagt – wie steht Gregor Gysi dazu?
Um Gotteswillen, die Vereinigungen, die ich seit 1990 erlebt habe, reichen mir. Es ist für die Gesellschaft auch in Zukunft wichtig, dass es einen Korrekturfaktor links von der Sozialdemokratie gibt. Das Problem liegt eher bei der SPD: Wenn sie so bleibt, wie sie ist, macht sie sich überflüssig – eine zweite Union braucht kein Mensch. Deshalb muss sie sich resozialdemokratisieren, erst dann kann man über eine rot-rote Zusammenarbeit auch im Bund nachdenken. Im Moment ist die SPD dazu aber nicht in der Lage, vor allem nicht mit dem Duo Steinmeier und Müntefering. Das wird sie erst können, wenn die Linkspartei noch stärker wird und es endlich eine kleine Rebellion in ihr gibt.

Aber je sozialdemokratischer die SPD wieder wird, desto schlechter für Sie…
Nein, so gehe ich an Politik nicht heran. Es wird mir immer gesagt, wenn es den Menschen wieder besser geht, kriegt die Linkspartei weniger Stimmen – „na und?“, antworte ich. „Immerhin geht’s ihnen besser.“ Deswegen bin ich in die Politik gegangen, nicht wegen ein paar Prozentpunkten. Ich bitte Sie.
(…)
Wann wird die Zeit für Rot-Rot im Bund kommen?
Das ist schwer zu sagen, weil das auch vom Ausgang der Bundestagswahl abhängt. Ich vermute, dass es doch wieder zu einer großen Koalition kommen wird, weil es für Union und FDP nicht reicht. Ich hoffe – und glaube es auch -, dass die SPD bei der Wahl eins auf die Mütze kriegt. Dann machte sie die große Koalition trotzdem noch zwei Jahre, bis eine Rebellion in der Partei käme und endlich ihre Resozialdemokratisierung einsetzte. Wenn die kommt, kann die Welt anders aussehen.“

http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E35196158DEAE4C5C8E591D0051382D9C~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Siehe dazu auch einen anderen Artikel der FAZ: Requiem für eine Volkspartei
http://www.faz.net/s/Rub4D6E6242947140018FC1DA8D5E0008C5/Doc~E3D569FA6106B436990B38227406C30E0~ATpl~Ecommon~Scontent.html

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Als die Grünen die Heuschrecken fütterten

Für die Krise an den Finanzmärkten machen die Grünen heute gierige Manager verantwortlich. Doch die Partei hatte selbst die Regeln für die Finanzmärkte gelockert.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Es ist immer wieder gut daran zu erinnern, wem wir die ganze Finanzmisere zu verdanken haben! Das Urteil des Bremer Universitätsprofessors Rudolf Hickel hierzu ist eindeutig: “Die Grünen waren nicht nur Mitläufer, sondern Antreiber dessen, was sie heute kritisieren.” Die wichtigsten grünen Wirtschafts- und Finanzpolitiker “waren ja besessen von der Deregulierungsidee”, sagt Hickel, “die Debatte über Fehlentwicklungen wurde abgeblockt.” Die jetzigen Parteiforderungen zu den Finanzmärkten findet Hickel zwar richtig. Doch er zweifelt: “Ich hätte mehr Vertrauen, wenn die Grünen ihre Vergangenheit aufarbeiten und sich offen dazu bekennen, dass sie Mittäter waren.”

http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=hi&dig=2009%2F09%2F05%2Fa0022&cHash=5a739ff1d0

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