Milcherzeuger warnen vor dem Untergang – Kundgebung bei Fackelschein am Donnerstag, 16. April, 20.30 Uhr, vor der Hohenloher Molkerei in Hessental

Milchbauern können bei dem derzeit niedrigen Milchpreis nicht mehr überleben.

Milchbauern können nach eigenen Angaben bei dem derzeit niedrigen Milchpreis von 25 Cent nicht mehr überleben.

Mit einer Kundgebung vor der Hohenloher Molkerei in Schwäbisch Hall-Hessental wollen morgen, Donnerstag, 16. April 2009, um 20.30 Uhr, Milcherzeuger aus der Region Hohenlohe auf ihre schwierige Situation aufmerksam machen.

Pressemitteilung des Bundesverbands der Milchviehhalter (BDM)

Mahnfeuer und Fackeln: Bald gehen die Lichter aus

Mahnfeuer und Fackeln sollen daran erinnern, dass in der Milchwirtschaft bald die Lichter ausgehen. Der ständig sinkende Milchpreis, er liegt jetzt bei 25 Cent pro Liter, gefährdet die Existenz. Der Preis soll sogar noch weiter sinken.

Landwirte berichten über ihre Situation

Die Landwirte Paul Lieb aus Bartholomä (Kreis Aalen), Rolf Bauer aus Braunsbach-Steinkirchen und Elke Kraft aus Veinau werden über ihre Situation berichten. Schwäbisch Halls evangelischer Dekan Richard Haug, Dr. Clemens Dirscherl, Geschäftsführer des Evangelischen Bauernwerks Hohebuch und der SPD-Landtagsabgeordnete Nilolaos Sakellariou unterstützen mit ihrer Teilnahme die Forderung nach intensiver Zusammenarbeit, auch mit der Molkerei. Alle Verbraucher und Milcherzeuger sind eingeladen, sich im Fackelschein zu informieren und zu diskutieren.

Mit Transparenten protestierten Bäuerinnen Anfang April 2009 für einen fairen Milchpreis

Mit Transparenten protestierten Bäuerinnen Anfang April 2009 für einen fairen Milchpreis

Bundesweite Aktionen des Bundesverbands der Milchviehhalter

Die Milcherzeuger im Bundesverband der Milchviehhalter (BDM) veranstalten solche Kundgebungen bundesweit vor den jeweiligen Molkerein. Sie halten angebotsreduzierende Schritte für erforderlich. Das Motto lautet: „Wir haben ein gemeinsames Milchmarktproblem, wir können es gemeinsam lösen. Wir zukunftsorientierten Milcherzeuger sind bereit dazu – unterstützt uns dabei.“ Zeitgleich findet auch in Heilbronn vor der Campina-Molkerei eine Protestaktion statt.

Agrarpolitischer Frühschoppen am Sonntag, 19. April, ab 11 Uhr

Ein „Agrarpolitischer Frühschoppen“ findet am Sonntag, 19. April 2009, ab 11 Uhr, auf dem Anwesen der Familie Weibler in Bretzfeld-Siebeneich statt. Es gibt Ochs vom Grill. An der Podiumsdiskussion nehmen teil: Inge Gräßle, Europaabgeordnete (CDU), Rene Rapasi (SPD), Martin Häusling (Grüne), außerdem ein Vertreter der Partei „Die Linke“. Von der FDP hatten die Veranstalter bisher noch keine Rückmeldung bekommen.

Weitere Informationen erteilt Georg Kochendörfer, Telefon 0791/71496.

Internet: www.bdm-verband.org/

Resolution des Bundesverbands der Milchviehhalter:

Packen wir es gemeinsam an!
Der Milchmarkt steckt in einer seiner bisher größten Krisen, die Milcherzeuger haben immense Liquiditätsprobleme und vernichten jeden Tag Unsummen von Eigenkapital.  Einer infratest-dimap-Umfrage zufolge sehen sich zwei Drittel der Milcherzeuger innerhalb der nächsten zwölf Monate zur Betriebsaufgabe gezwungen.
Diese Entwicklung bedeutet  einen Strukturbruch mit  einer  sehr  negativen Entwicklung für die ländlichen Räume. Gleichfalls werden Arbeitsplätze gerade auch im Molkereisektor vernichtet. Auch viele Molkereibetriebe werden zur Schließung regelrecht gezwungen.
Wir appellieren an die Molkereiwirtschaft und bieten gemeinsames Handeln an. Unterstützen Sie die Forderungen der Milcherzeuger nach

– einem Milchkrisengipfel unter Federführung von Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel, der umgehend einberufen werden muss
– Kontraktabschlüssen mit dem Lebensmitteleinzelhandel zu Bedingungen, die eine positive Entwicklung des Milchmarktes und damit  eine positive Entwicklung der Milcherzeugerpreise möglich machen
– einer offenen Haltung gegenüber allen angebotswirksamen Maßnahmen, die den Milchmarkt wieder in ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage bringen
– einem solidarischen und offenen Verhalten gegenüber allen Milcherzeugern, die aufgrund ihres Standortes Nachteile haben oder wegen ihrer freien Meinungsäußerung Gefahr laufen, benachteiligt zu werden
– einer Anerkennung der Milcherzeuger als Geschäfts- und Marktpartner, nicht
als billige Rohstofflieferanten.

Wir haben ein gemeinsames Milchmarktproblem – wir können es gemeinsam lösen.  Wir zukunftsorientierten Milcherzeuger sind bereit dazu, unterstützen Sie uns dabei, sonst gehen in vielen Milchregionen für immer die Lichter aus.

Kontakt:

Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V.
Geschäftsstelle Freising: Gutenbergstr. 7-9, 85354 Freising, Tel.: 08161-538473-0, Fax: -50
Geschäftsstelle Wittenburg: Steintor 2a, 19243 Wittenburg, Tel.: 038852-9063-0, Fax: -22

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70 Oldtimer der „Langenburg Historic“ machen am Freitag, 17. April, ab 17 Uhr, wieder Station am Ruppertshöfer Backhaus

Langenburg Historic in Ruppertshofen 2009

Am geschmückten Osterbrunnen und dem Backhäusle in Ruppertshofen werden am Freitag 70 Oldtimer erwartet

Etwa 70 Oldtimer der „Kleinen Hohenloher Schleife“ haben am Freitag, 17. April 2009, um 17 Uhr nur ein Ziel. Das Backofenfest und den guten Blootz in Ilshofen-Ruppertshofen.

Oliver Paul, Vorsitzender des Liederkranz Ruppertshofen-Leofels

Zuschauer können am Freitag, ab 17 Uhr, mit dabei sein: Die Fahrzeuge bestaunen und den ersten Blootz des Jahres 2009 genießen. Der Liederkranz Ruppertshofen-Leofels bietet ein festliches Ambiente mit Speis und Trank bei Zeltbetrieb. Für längeres Verweilen lädt die Bar ein.

INFO: Die vollständige Teilnehmerliste der Fahrzeuge ist auf der Internetseite www.langenburg-historic.de zu finden.

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Rotoren von drei Windkraftanlagen in Kirchberg/Jagst drehen sich nach fast einem Dreivierteljahr noch immer nicht

Die drei Windkraftanlagen der Firma Behlau am Autobahnzubringer in Kirchberg/Jagst

Die drei Windkraftanlagen der Firma Behlau neben dem Autobahnzubringer in Kirchberg/Jagst FOTO: Garmatter

Zwischen Lendsiedel und Kleinallmerspann (Stadtgebiet von Kirchberg/Jagst) stehen seit Spätsommer 2008 drei große Windkraftanlagen. Die Masten der Windkraftwerke ragen jeweils rund 105 Meter in die Höhe, die Flügelspitzen sind am höchsten Punkt 150 Meter über dem Grund. Viele Verkehrsteilnehmer, die den Autobahnzubringer zwischen Kirchberg und der A6-Auffahrt Kirchberg befahren, wundern sich seit Monaten, dass sich die Rotoren selbst bei besten Windbedingungen nicht drehen. Bis zum heutigen Tag (12. April 2009) wurde noch keine Kilowattstunde Strom produziert. Nach Angaben der Firma Behlau mit Sitz in Zug (Schweiz) und im nordrheinwestfälischen Salzkotten bei Paderborn läuft aber alles nach Plan.

Von Ralf Garmatter, Freier Journalist, Hohenlohe-ungefiltert

Auch die roten Warnlampen leuchten nachts schon seit einigen Monaten

Die Inbetriebnahme der Windkraftanlagen soll in den nächsten Wochen erfolgen, wenn die Stromleitungen von Kleinallmerspann zum Umspannwerk Obersteinach (Stadt Ilshofen) verlegt sind. Seit Wochen leuchten bereits Warnlampen auf den Masten der Windkraftwerke. Diese erhalten ihren Strom von Notstromaggregaten. Das frühe Aufstellen der Windkraftwerke sei darauf zurück zu führen, dass im Frühherbst 2008 „gerade Windkraftanlagen zu erhalten waren“, schreibt Nicole Walter, Sprecherin der Firma Behlau auf Nachfrage von Hohenlohe-ungefiltert. Von einem „unabhängigen Ingenieurbüro“ seien mehrere Anschlusspunkte geprüft und in verschiedener Hinsicht bewertet worden, so die Sprecherin weiter. „Eigentlich war die Lieferung der Windkraftanlagen für Anfang 2009  vorgesehen. Die Inbetriebnahme ist auch nach wie vor erst Anfang 2009 möglich. Aufgrund der Energiepreisentwicklungen ist die Nachfrage nach Windkraftanlagen deutlich gestiegen. Aufgrund der dadurch beim Windkraftanlagenhersteller verursachten Projektverschiebungen musste die Lieferung der Windkraftanlagen vorgezogen werden“, schrieb die Firma Behlau bereits in einer Pressemitteilung vom 13. Juli 2008.

Anschlüsse ans Kirchberger und Crailsheimer Stromnetz schieden aus

Nach Recherchen von Hohenlohe-ungefiltert sind für die Anlagen Stromanschlussmöglichkeiten in Kirchberg und Crailsheim im Gespräch gewesen, die aber aus technischen Gründen ausgeschieden sind. Keine Kritik übt die Firmensprecherin Nicole Walter an den Gemeinden. „Die beteiligten Behörden haben uns in jeder Hinsicht unterstützt und haben uns keine Steine in den Weg gelegt“, so Nicole Walter weiter. Betreiber der Windkraftanlagen ist die „Strategie Finanzberatung GmbH“, ein Unternehmen der Behlau Energie sowie ein privater Investor aus der Region Paderborn. Bereits im Dezember 2008 hatte die Brennessel, die Zeitschrift der Unabhängigen Grünen Liste Kirchberg/Jagst, über die stillstehenden Windkraftanlagen berichtet. Damals erklärte der Behlau-Mitarbeiter Mike Rico Trentzsch, dass durch die Erweiterung von zwei auf drei Windräder neue Einspeisepunkte und damit auch Kabeltrassen notwendig geworden seien. Die Länge der Trassen sei von vier auf sieben Kilometer gestiegen. Dies sei noch zu lösen, so dass „mit einem Betriebsbeginn im März (2009) gerechnet werden kann“. Dieser Zeitplan konnte nun nicht eingehalten werden. Laut Gerhard Kreutz, Vorsitzender der Energieinitiative Kirchberg sollen die drei Windkraftanlagen mit einer Leistung von zwei Megawatt pro Jahr jeweils vier Millionen Kilowattstunden erzeugen. Dies sei rund fünfmal soviel wie die ganz in der Nähe stehende kleinere Bürgerwindkraftanlage mit einer Leistung von 800 Kilowatt. Die Stromproduktion jeder der neuen Anlagen ist nach Angaben von Gerhard Kreutz „rechnerisch ausreichend für 1000 Haushalte“. Zusammen mit den anderen Erneuerbaren Energien in Kirchberg (Wasserkraft, Biogas und Photovoltaik) werde ab dem Frühjahr 2009 (Anmerkung: nach Inbetriebnahme der drei neuen Windkraftanlagen) mehr sauberer Strom erzeugt, als im Stadtgebiet benötigt werde. Dabei gebe es im Bereich Biomasse und Photovoltaik noch ein erhebliches Potenzial, meint Kreutz.

Inbetriebnahme Ende April 2009 geplant

Nach Angaben der Stadtverwaltung Kirchberg/Jagst ist nun eine Inbetriebnahme der drei neuen Windkraftanlagen für Ende April 2009 geplant. Die Stadt Ilshofen hat „mit der Firma Behlau einen städtebaulichen Vertrag abgeschlossen über das Recht auf Leitungsführung (Erdkabel) in bestimmten Feldwegen bzw. Wegseitenflächen für die Einspeiseleitung vom Standort Kleinallmerspann bis Obersteinach (Umspannstation). Betroffen von der Trassenführung sind die Gemarkungen Kirchberg (Kleinallmerspann, Dörrmenz), Ilshofen (Ruppertshofen und Obersteinach), Gerabronn (Dünsbach)“, berichtet Ilshofens Bürgermeister Roland Wurmthaler auf Nachfrage von Hohenlohe-ungefiltert.

Weitere Infos: www.behlau-energie.com/

PRESSEINFORMATION  der Firma Behlau vom 13. Juli 2008:

Windpark Kirchberg – drei neue Windkraftanlagen errichtet

Die Windenergie zählt heute zu den erfolgreichsten Vertretern der Erneuerbaren Energien und trägt mit fast 10 % bereits erheblich zum Energiemix bei. In der Stadt Kirchberg / Jagst
wird derzeit von der Firma BEHLAU ENERGIE aus Salzkotten ein Windpark mit drei Windkraftanlagen errichtet. Die Bauarbeiten wurden auch am Wochenende weitergeführt.
Dazu lag eine Sondergenehmigung des Landratsamtes Schwäbisch-Hall vor. So ist sicher gestellt, dass die Fahrzeuge für die Sondertransporte frühzeitig wieder für andere Projekte
bereit stehen.

Die BEHLAU ENERGIE hat auch die Windprojekte Lindlein und Ruppershofen realisiert. Da bei beiden Projekten die prognostizierten Erträge erreicht werden, wird davon ausgegangen,
dass auch der Windpark Kirchberg erfolgreich sein wird. Der Geschäftsführer Herr Trentzsch weist darauf hin, dass bei einer Orographie wie sie in der Region Hohenlohe vorliegt, die
Höhe über Grund von besonderer Bedeutung ist. Erst ab bestimmten Höhen werden die richtigen Winde erreicht. Darunter ist nicht nur die Windgeschwindigkeit zu gering, sondern
die für die Alterung der Anlage bedeutsamen Turbulenzen zu hoch. Um die optimale Höhe zu ermitteln wurde eigens ein Turbulenzgutachten erstellt.

Jede Windkraftanlage hat eine elektrische Maximalleistung von 2.000 kW. Bei einer Nabenhöhe von 105 m und einem Rotordurchmesser von 90 m beträgt die Gesamthöhe 150
m. In dieser Höhe stimmen Windgeschwindigkeit und Turbulenzintensität. Der Windpark wird über 12,6 Mio. kWh erzeugen und dadurch den Strombedarf für etwa
4.000 Privathaushalte, bzw. 9.000 Privatpersonen decken. Jährlich werden dadurch etwa 11.000 Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) und fast 7 Tonnen Schwefel-
dioxid (SO2) eingespart. Eigentlich war die Lieferung der Windkraftanlagen für Anfang 2009  vorgesehen. Die Inbetriebnahme ist auch nach wie vor erst Anfang 2009 möglich. Aufgrund der
Energiepreisentwicklungen ist die Nachfrage nach Windkraftanlagen deutlich gestiegen. Aufgrund der dadurch beim Windkraftanlagenhersteller verursachten Projektverschiebungen
musste die Lieferung der Windkraftanlagen vorgezogen werden.

Insgesamt werden beim Windpark Kirchberg über 9 Mio. EUR investiert. Das Kapital wird ohne Zuschüsse von der BEHLAU ENERGIE aufgebracht. Die Vergütung wird durch das
Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) geregelt und beträgt derzeit etwa 8 Ct je eingespeister Kilowattstunde. Damit erwirbt das Energieversorgungsunternehmen den Strom etwa 10 %
günstiger, als wenn es den Strom an der Leipziger Strombörse erwerben würde. Auf dem dortigen Spotmarkt wird der Strom mit etwa 9 Ct/kWh gehandelt. Das bedeutet, dass der
Strom aus Windenergie wettbewerbsfähig erzeugt wird.

Für eine der drei Windkraftanlagen wird die BEHLAU ENERGIE ein Beteiligungsangebot unterbreiten. Interessenten, die sich finanziell engagieren möchten, können sich direkt an
die BEHLAU ENERGIE wenden (Tel. 05258/9356-0 oder via eMail: info@behlau-energie.de).

Weitere Projekte der BEHLAU ENERGIE in der Region sind der Windpark Blaufelden und der Solarpark Steinriegele (bei Ulm). Beim Solarpark Steinriegele werden 20 nachgeführte Solar-
systeme des Typs SunDriver errichtet, die an Einzelinvestoren veräußert werden.

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Alternative Nobelpreisträgerin Krishnammal Jagannathan berichtet am 24. Mai 2009, in Schwäbisch Hall über ihre Arbeit mit den Ärmsten der Armen in Indien

Krishnammal Jagannathan setzt sich in Indien für die Ärmsten der Armen, die Kastenlosen, ein.

Die 82-jährige Krishnammal Jagannathan setzt sich in ihrer Heimat Indien für arme LandarbeiterInnen ein.

Die Trägerin des Alternativen Nobelpreises 2008, Krishnammal Jagannathan, berichtet am Sonntag, 24. Mai 2009, um 18 Uhr in der Hospitalkirche Schwäbisch Hall  über ihren erfolgreichen Kampf für die „Kastenlosen“ in Indien. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht. „Niemand, der sie erlebt, bleibt unbeeindruckt“ – so urteilen viele über ihre Begegnung mit „Amma“ Krishnammal, der charismatischen, in ihrer Heimat hoch verehrten 82-jährigen Trägerin des Right Livelihood Award 2008.

Von Manfred Scherrmann, Schwäbisch Hall, ehrenamtlicher Öffentlichkeitsarbeiter für die Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW)

Sie helfen den Dalits im Geiste Gandhis
Krishnammal Jagannathan und ihr inzwischen 96-jähriger Ehemann, ein Weggefährte Mahatma Gandhis, wurden für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Seit 1950 setzt sich das Ehepaar im Geiste Gandhis wirksam für die Überwindung von Hunger und ländlicher Armut von Dalits („Kastenlosen“) in Südindien ein. Es ist beeindruckend, was sie und ihre 1981 gegründete Nichtregierungsorganisation LAFTI in Tamil Nadu auf die Beine gestellt haben, unter anderem den Kauf von 5.400 Hektar Land für 13.000 landlose Familien und die Stärkung vieler Dalit-Frauen. Seit Anfang der 1990er Jahre kam der erfolgreiche Kampf gegen die industriellen Shrimps-Farmen an der Ostküste hinzu, die die Lebensgrundlagen vieler Menschen der Region zu zerstören drohen. Nach Deutschland kommt Krishnammal auf Einladung der Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW). Sie hat die Arbeit der Jagannathans schon um 1970 finanziell unterstützt und fördert auch aktuell ihre Arbeit.

Veranstalter in Schwäbisch Hall: Hällisch-Fränkisches Museum, Soroptimist International Schwäbisch Hall und Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e.V.
Der Eintritt ist frei. Spenden sind erwünscht.

Am Montag, 25. Mai 2009, 20 Uhr, ist Krishnammal Jagannathan zu einem Vortrag in Stuttgart im forum 3, Gymnasiumstr. 19-21.

Weitere Infos: Manfred Scherrmann, info@manfred-scherrmann.de

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Das Brave-Tochter-Syndrom: Liebe muss nicht verdient werden – wenn Tüchtigkeit bei Frauen in Lebenskrisen mündet

Umschlagseite des Buches "Das Brave-Tochter-Syndrom"

Umschlagseite des Buches "Das Brave-Tochter-Syndrom"

Die Welt wäre ärmer ohne die vielen tüchtigen Frauen, die jederzeit bereit sind, sich in Familie, Freundeskreis, Kirche und Gesellschaft zu engagieren. Doch wenn sie immer auf Hochtouren laufen, ist es oft nur eine Frage der Zeit, bis sie in heftigen Krisen landen. Manchmal gibt es auch ein Zuviel an Tüchtigkeit. Was dann?

Beate Scherrmann-Gerstetter und Manfred Scherrmann, Schwäbisch Hall, Autoren des Buches „Das Brave-Tochter-Syndrom“

„Ilse fühlt sich abgelehnt, unwichtig, überflüssig“

Was ist nur los mit Ilse? Sie ist Mitte Vierzig, gelernte Krankenschwester, verheiratet und hat zwei Kinder. Ihr Mann verdient gut. Die Familie wohnt im eigenen Haus. Sie ist eingebunden in einen großen Bekanntenkreis. Darüber hinaus ist sie aktiv in der Kirchengemeinde und im Sportverein. Viele bewundern ihre Einsatzfreude und Hilfsbereitschaft, und ihre Freundinnen schätzen sie als verständnisvolle Zuhörerin. Eigentlich könnte sie zufrieden sein, und früher war sie es auch meist.
Doch in den letzten Monaten versteht sie sich oft selber nicht: Sie fühlt sich erschöpft, allein und leer. Sie ist unzufrieden mit ihrem Mann, der beruflich stark eingespannt ist und wenig Zeit für sie hat. Die Kinder haben ihre eigenen Interessen. Ilses Fürsorge scheint ihnen lästig zu sein. Sie brauchen die Mutter nicht mehr so wie früher. Und in der Kirchengemeinde, so ihr Eindruck, haben inzwischen andere das Sagen. Ihr Einsatz wird nicht mehr so gewürdigt wie früher, es gibt sogar Kritik. Ilse fühlt sich abgelehnt, unwichtig, überflüssig – was ist los mit ihr und wie soll es weitergehen?

Viele Frauen rutschen in eine heftige Krise

Frauen wie Ilse gibt es viele. Sie sind fürsorgliche Ehefrauen und Mütter, haben ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein, sind stets hilfsbereit und engagieren sich gerne. Sie machen sich viele Gedanken, wie Probleme zu lösen sind, entwickeln oft gute Ideen und haben alles im Blick und im Griff. Kurz gesagt, sie tragen viel für andere. Sie nehmen sich selbst und ihre eigenen Bedürfnisse nicht wichtig und sind scheinbar grenzenlos belastbar – Hauptsache, die anderen sind zufrieden. Doch irgendwann rutschen viele von ihnen in eine heftige Krise, und alles ist anders.

Wie es ihr wirklich ging, dafür interessierte sich niemand

In den Beratungsgesprächen, zu denen Ilse sich schließlich entschloss, weil es so nicht mehr weitergehen konnte, wurden ihr die Hintergründe ihrer Depressionen klar: Sie hatte sich schon immer über Leistung definiert. Nur wenn sie für andere nützlich war, fühlte sie sich „richtig“. Von klein auf hatte sie sich bemüht, es ihrer kränkelnden Mutter und dem überforderten Vater recht zu machen, was gar nicht so einfach war. Sie meinte, sie sei sehr früh „groß“ geworden. Allenfalls dadurch, dass sie sich nützlich machte, bekam sie Anerkennung von ihren Eltern. Liebe musste verdient werden, und wie es ihr wirklich ging, dafür interessierte sich niemand.

Das Brave-Tochter-Syndrom – Mädchen und Frauen, die zu früh „Groß“ wurden

Wir nennen solch tüchtige Frauen wie Ilse, die sich nur schwer abgrenzen können und für die das Wohl ihrer Lieben so sehr im Vordergrund steht, Brave Töchter, denn ihr Verhalten hat seine Wurzeln in einer Zeit, in der sie noch Kind waren. Typischerweise gibt es in der Lebensgeschichte von Vater und/oder Mutter viel Schweres, das das kleine Mädchen wie ein Seismograph früh spürte. Aus kindlicher Liebe hat es von klein auf versucht, es Papa oder Mama oder auch beiden leichter zu machen. Es hat durch Tüchtigkeit geglänzt und sehr früh gelernt, die eigenen Probleme alleine zu bewältigen und sich überhaupt so zu verhalten, dass es für die Eltern keine zusätzliche Belastung war. In diesem frühen „Großsein“ liegen die Ursachen sowohl für die offensichtlichen Qualitäten der Braven Töchter, als auch für ihre typischen Krisen.

Die Kräfte sind irgendwann erschöpft

In vielen Fällen sind die Kräfte dieser tüchtigen Frauen einfach irgendwann erschöpft, sie sind ausgebrannt. Das strahlende Bild der Stärke hat nämlich eine Kehrseite: Ihr Leben ist sehr anstrengend. Immer tüchtig zu sein, ständig gedanklich um das Wohl anderer zu kreisen, sich für alles und jedes verantwortlich zu fühlen, es allen recht machen zu wollen, den Tagesablauf der Familie optimal zu planen, alle Eventualitäten im Blick zu haben – all das kostet Kraft. Eine zusätzliche Anforderung, wie etwa die anstrengende Pflege der alten Schwiegermutter, kann dann das Fass zum Überlaufen bringen.

Im Inneren kein stabiles Selbstwertgefühl

Oft ist es aber auch so wie bei Ilse: sie werden nicht mehr so wie früher von den Menschen gebraucht, die ihnen wichtig sind. Welchen Sinn hat dann ihr Leben noch? Sie fühlen sich überflüssig und ungeliebt. Der Stärke der Braven Tochter entspricht im Inneren keineswegs ein stabiles Selbstwertgefühl – ganz im Gegenteil, sie ist extrem von äußerer Bestätigung abhängig, und diese erfährt sie hauptsächlich darüber, dass man sie braucht und ihren Einsatz würdigt.

Das gestörte Gleichgewicht

Zahlreiche Brave Töchter reiben sich auch durch Eheprobleme auf. In vielen Fällen kommt es zur Scheidung.

Doris, eine lebhafte, zupackende Frau von 50 Jahren, war 25 Jahre lang verheiratet. Ihr Mann hatte sich vor vier Jahren von ihr getrennt und war mit einer jüngeren Frau zusammengezogen. Die beiden fast erwachsenen Töchter blieben bei ihr. Sie war ihnen neben ihrer Berufstätigkeit weiterhin eine gute Mutter, und viele bewunderten, wie sie nach der Trennung ihr Leben meisterte. Doch entgegen dem äußeren Eindruck, den sie machte, fühlte sich Doris gar nicht stark. Dass ihr Mann sie verlassen hatte, verstand sie immer noch nicht, es machte sie wütend und verunsicherte sie tief. Sie hatte so viel investiert, hatte alles für ihn getan, und trotzdem hatte sie es nicht geschafft, die Familie zusammenzuhalten. Bittere Erinnerungen an die Scheidung ihrer eigenen Eltern kamen hoch; damals, als junges Mädchen, hatte sie in ähnlicher Weise darum gekämpft, dass der Vater nicht ging, und jetzt fühlte sie sich wieder im Stich gelassen, hilflos und wütend wie damals.

Sehnsucht, sich anlehnen zu können

Beide Eltern von Doris hatten Schweres in ihrem Lebensrucksack: die Mutter Flucht aus Schlesien, Verlust der Heimat und Tod ihres ersten Verlobten, der Vater Kriegsteilnahme mit schwerer Verwundung und früher Tod der eigenen Mutter. Beide waren mit ihren eigenen Themen beschäftigt und konnten nicht wirklich als Eltern für Doris da sein. So wurde sie wie Ilse vor der Zeit groß und tüchtig, blieb aber tief innen auch als erwachsene Frau immer noch das kleine Mädchen, das sich danach sehnt, sich endlich einmal anlehnen zu können.

Der Mann kam mit Mutter-Tochter-Mischung nicht zurecht

Dass diese kindlichen Bedürfnisse dann in unguter Weise die Partnerschaft einer Braven Tochter beeinflussen, das ist sicher einleuchtend. Der Mann einer Braven Tochter hat es nicht leicht: Er muss aufpassen, dass er nicht in eine Kindrolle hineingerät – sie umsorgt ihn wie eine gute Mutter, hat aber auch ganz bestimmte Vorstellungen davon, wie etwas zu laufen hat, kann andere Meinungen schlecht akzeptieren, und Kritik bringt sie schnell aus der Fassung. Andererseits hat seine Frau Erwartungen an ihn wie an einen guten Vater – er soll immer für sie da sein, er soll sie verstehen, er soll dies und das. Auch in dieser Hinsicht ist die Geschichte von Doris typisch: Ihr Mann wollte eigentlich eine selbstständige Partnerin. Auf Dauer kam er nicht mit dieser Mutter-Tochter-Mischung zurecht und ging.

Wie es gut weitergehen kann

Frauen, die wie Ilse und Doris schon in eine heftige Krise gerutscht sind, brauchen in der Regel professionelle Hilfe. Damit es aber erst gar nicht so weit kommt, ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich mit der eigenen Kindheitsgeschichte auseinanderzusetzen, um zu verstehen, wie es zu dem übergroßen Tüchtigsein kam. Weiter gilt es, sich klar zu machen: Ich bin jetzt kein Kind mehr, und ich kann und darf mich anders verhalten; ich darf mich selber wichtig nehmen, ich darf Nein sagen und darf mich auch dann gut fühlen, wenn ich nicht gebraucht werde oder wenn ich etwas für mich tue. Und hier gilt „Learning by doing“, die neuen Verhaltensweisen wollen eingeübt werden. Doch nicht immer greifen Selbsthilfemethoden, das in der Kindheit erlernte Verhalten ist sehr stabil.

Weiterführende Informationen: Detailliert werden die Zusammenhänge beschrieben in dem Taschenbuch: Das Brave-Tochter-Syndrom – und wie frau sich davon befreit, von Manfred Scherrmann und Beate Scherrmann-Gerstetter, Herder Spektrum 2006, 3. Auflage 2008. ISDN-Nr.: 3-451-05674-7, Preis im Buchhandel: 8.90 Euro. Weitere Infos zu dem Buch unter www.brave-tochter.de

Zu den Autoren:

Manfred Scherrmann: Langjährige Erfahrung als Gymnasiallehrer und als Heimpädagoge in einem Internat; Ausbildung in Paar- und Familientherapie im Institut für Systemische Supervision in Rottenburg; Kennenlernen der Arbeit von Bert Hellinger seit 1993; Weiterbildung im Familienstellen bei Bert Hellinger, Otto Brink, Albrecht Mahr, Robert Langlotz, Gunthard Weber; Leiter von Hellinger-Seminaren und eigene Praxis für systemische Lösungen für Paare und Einzelpersonen seit 1997. Weiterbildung in systemischer Therapie und Paartherapie bei Fritz Simon, Arnold Retzer, Ulrich Clement; Mitglied der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für systemische Lösungen nach Bert Hellinger (IAG); Die Co – Leitung der Seminare übernimmt Beate Scherrmann-Gerstetter. Internetinfo: www.ohne-wurzeln-kein-wachstum.de/1p.html und www.manfred-scherrmann.de/ oder zu einem vollkommen anders gelagerten Themenbereich, „Palmöl“ von Manfred Scherrmann www.info-palmoel.de/

Zur Person Beate Scherrmann-Gerstetter: Theologin und Diplompädagogin; Ausbildung in Einzel- und Paarberatung (DAJEB). Seit Jahren tätig in der kirchlichen Ehe-, Familien- und Lebensberatung; Weiterbildung in systemischer Therapie und Paartherapie bei Arnold Retzer, Ulrich Clement, Fritz Simon; Weiterbildung im Familienstellen bei Bert Hellinger, Otto Brink, Albrecht Mahr, Robert Langlotz, Gunthard Weber; Leitung von Hellinger-Seminaren seit 1997.

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Alpha Press II: Pelgrims Renommierprojekt Kocherquartier bekommt immer mehr Risse

Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrims Renommierprojekt auf dem Schwäbisch Haller Knastgelände bekommt offenbar immer mehr Risse. Und damit sind nicht nur die Risse in den Häusern oberhalb des Baugeländes gemeint. Das ganze Projekt wird mit jedem neuen Zwischenfall immer fragwürdiger.

Aktueller Bericht aus der Zeitschrift Alpha Press, Schwäbisch Hall

Gefährliche Risse an Häusern in der Gelbinger Gasse

Spätestens seit dem 8. März 2009 hat das Haller Kocherquartier auch überregionale Aufmerksamkeit auf sich gezogen – allerdings nicht in dem Sinne, wie es sich die Betreiber wünschen. In einer Nachrichtensendung des Südwestrundfunks (SWR) gab es keine Lobhudelei über die kühnen Zukunftspläne eines dynamischen Oberbürgermeisters und die tolle Architektur eines attraktiven zukünftigen Konsumtempels zu hören. Nein, Thema des Berichtes waren die Risse in den Häusern in der Gelbinger Gasse oberhalb der Baugrube des Kocherquartiers. Auslöser des Berichtes war offenbar das Unglück von Köln. So lautete die Themenstellung: Kann so etwas wie in Köln auch rund um eine der Großbaustellen im Ländle passieren. Der SWR-Bericht zeigte, dass diese Sorge zumindest die Anwohner in der Gelbinger Gasse umtreibt. Dass so geartete Sorgen weder von den Betreibern des geplanten Einkaufszentrums, noch von der Haller Stadtverwaltung aufgegriffen werden, verwundert nicht. Nichtsdestotrotz existieren sie offenbar. „Es würde mich nicht wundern, wenn ich früh ins Geschäft komme und die Hälfte der Gasse fehlt“, wird eine Anwohnerin zitiert. In ihrem Haus haben die im Rahmen der Bautätigkeit entstehenden Erschütterungen sichtbare Spuren hinterlassen. Eine Ladenbesitzerin berichtet, dass in ihrem Geschäft am Boden die Platten reißen und  dass die Türen sich verziehen. Das alles war offenbar weder für die Verwaltung, noch für den Gemeinderat ein Thema. Die Betreiber des Einkaufszentrums sehen dagegen keinen Anlass zur Sorge. Im Bericht des SWR unterläuft Johannes van Bergen, dem Chef der Stadtwerke, allerdings ein kleiner Lapsus: „Die Vorsichtsmaßnahmen hier sind sehr ausreichend. So etwas wie in Köln kann hier nicht geschehen.“ Und so van Berger weiter: „Ich gehe davon aus, dass in der Zukunft an dieser Baustelle nichts weiteres Gravierendes auftritt.“

Ausgerechnet der US-amerikanische Beinahe-Pleitekonzern AIG ist Versicherer des Kocherquartiers

Wer’s glaubt wird selig, ist mensch geneigt zu sagen, angesichts der zahlreichen Vorfälle in der Vergangenheit, die eigentlich nie hätten passieren dürfen. Seit dem 5. März treibt zumindest die Anwohner in der Gelbinger Gasse – und vermutlich nicht nur sie – eine weitere Sorge um: An diesem Tage konnten sie nämlich im „Haller Tagblatt“ nachlesen, dass der krisengeschüttelte amerikanische Versicherungsriese AIG der Versicherer des Kocherquartiers ist. Zwar sagt auch hier wieder Stadtwerke-Chef Johannes van Bergen „Kein Grund zur Sorge“. Aber die eine oder andere Frage drängt sich schon auf. In unserer letzten Ausgabe berichteten wir, dass die Allianz Versicherung wegen des nicht zuverlässig einschätzbaren Risikos nicht bereit war, das Bauvorhaben zu versichern, so dass auf den letzten Drücker noch flugs ein anderer Versicherer gefunden werden musste. Sollte es wirklich kein Grund zur Sorge sein, wenn der rettende Engel ausgerechnet die AIG ist, die sich dank ihres riskanten Geschäftsgebarens selbst an den Rand des wirtschaftlichen Abgrunds manövriert hat? Wissen wir nicht von den Crossborder Leasing-Geschäften, dass es für Städte teuer werden kann, wenn sie aus der Zusammenarbeit mit der AIG herauskommen wollten.
Es ist überfällig, dass der Haller Gemeinderat sich endlich von der Verwaltung die Verträge mit der AIG vorlegen lässt und/oder sie von unabhängigen Experten auf mögliche juristische Untiefen und deren potentielle finanzielle Folgen hin überprüfen lässt. Hier sich auf die  bloße Zusage eines der Betreibers zu verlassen, dass alles in Butter sei, wäre mehr als naiv. Die BürgerInnen dieser Stadt haben ein Recht darauf, dass die Geheimniskrämerei seitens der Stadtverwaltung und der Betreiber endlich aufhört.

Blechwüsten bereichern das Stadtbild

In einer anderen kniffligen Frage scheint die Haller Stadtverwaltung eine Entscheidung getroffen zu haben: Es geht darum, wie das dritte der Geschosse der Tiefgarage am Kocherquartier ersetzt werden kann. Hier glänzte der OB zunächst mit haarsträubenden Schnapsideen: Er hatte zunächst dafür plädiert, die Tiefgarage auf dem Gelände des ZOB oder auf der anderen Kocherseite auf der Weilerwiese zu graben. Dabei braucht es eigentlich keinen besonderen Sachverstand, um feststellen zu können, dass das Unsinn ist. Denn wieso sollte in diesen beiden Arealen, die ja bekanntlich noch näher am Kocher liegen als die Großbaustelle das Grundwasserproblem nicht bestehen? Aber in einem (offenbar bei ihm nicht seltenen) Anflug von Allmachtphantasien war der OB offenbar der Meinung, dass sein Wille Berge versetzen und sogar Grundwasser vertreiben kann.
Nun soll offenbar der ZOB zum Parkplatz werden – eine Idee, gegen die selbst der Reporter des „Haller Tagblatt“ schüchterne Einwände erhebt: „Doch sicher scheint: schön wird das nicht. Wie bereits mit dem Haalplatz wird eine zentrale Fläche in der Innenstadt für Autos reserviert.“ Aber vielleicht findet ja OB Pelgrim einen Dreh, wie er solch ausgedehnte Blechwüsten als Ausdruck von Haller Modernität und Urbanität vermarktet werden können.
Ist die 100-Millionen-Euro-Grenze für das Kocherquartier bald erreicht?

Dem Artikel des „Haller Tagblatt“ vom 20. Februar 2009 ist zu entnehmen, dass die Umgestaltungsmaßnahmen für Parkplatzgewinnung zusätzlich rund 4,5 Millionen Euro kosten. Dabei seien gestalterische Maßnahmen (Begrünung, Beleuchtung, Überdachung, Ersatz für den Kiosk) noch nicht einkalkuliert. Nicht beantwortet ist allerdings die Frage, wie hoch mittlerweile die Gesamtkosten für das Projekt Kocherquartier sind. Denn die bisherigen Maßnahmen, die in Folge des Wassereinbruchs erforderlich waren, die Stützungsmaßnahmen für die Häuser der Gelbinger Gasse, zusätzliche Gutachtertätigkeit und dergleichen mehr, bekamen die Betreiber bestimmt nicht geschenkt. Bewegen wir uns inzwischen schon auf die 100-Millionen-Euro-Grenze zu? Das sind Fragen, die für die Menschen in der Stadt nicht unerheblich sind und es ist an der Zeit, dass hier Transparenz geschaffen wird.

Bleiben die Ankermieter?
Die Frage der Parkplätze und die der Ankermieter hängen bekanntlich eng zusammen. Insofern ist es nicht ganz belanglos, wie die Verträge mit den Mietern im künftigen Einkaufszentrum aussehen. Gibt es für sie eine Ausstiegsklausel für den Fall, dass unter dem Einkaufszentrum weniger Parkplätze zur Verfügung stehen? Auch wenn man die Behauptung, dass REWE bleibt, als wahr unterstellt – wie sieht es bei den anderen Ankermietern aus?  Schließlich könnte es gut sein, dass diese angesichts der mittlerweile dramatisch veränderten wirtschaftlichen Großwetterlage  (Stichwort Wirtschaftskrise) ihre ursprünglichen Kalkulationen noch einmal überdenken und entsprechende Passagen im Mietvertrag zum Ausstieg nutzen. Können sie jetzt aus dem Vertrag aussteigen?

Bürger müssen ihre Anliegen selbst offensiv vertreten – Stadträte sind vielfach zu leichtgläubig

Entsprechend den Zusicherungen von OB, GWG und Stadtwerken hätte die Serie von Pannen eigentlich nie passieren können. Auf kritische Nachfragen gab es entweder gar keine Antwort oder ein schneidiges „Alles klar!“. Kennzeichnend für die Informationspolitik des OB war, dass ständig einer auf Optimismus gemacht und ansonsten gemauert wurde. Bei jeder Panne wurde nur das an Informationen herausgerückt, was ohnehin schon offenkundig war. Es ist  ein Skandal, dass die überwiegende Mehrzahl der Mitglieder des Gemeinderats sich vom OB so an den Nasenringen vorführen ließ. Die Folgen solcher Leichtgläubigkeit und Nachlässigkeit wurden in den letzten Wochen und Monaten offenkundig. Anstatt sich weiter von der Stadtverwaltung dumm halten zu lassen, sollten die Bürger ihre Angelegenheiten endlich selbst in die Hand nehmen. Gemeinderäte, die als Nickonalräte alles abnicken, kann man getrost vergessen.

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Alpha Press I: Kommunalpolitiker sollen ihre Liebedienerei gegenüber der Bausparkasse beenden

Was wäre wenn…
…die Bausparkasse Steuern bezahlen würde

Nur wenige Tage lagen die beiden  Ereignisse auseinander, die große Bedeutung für das Leben der BürgerInnen in Schwäbisch Hall haben. Die gewählten VertreterInnen der Haller BürgerInnen und die veröffentlichte Meinung in Schwäbisch Hall (nicht gewählt!) weigern sich hartnäckig, den Zusammenhang zu sehen.

Aus der Schwäbisch Haller Zeitschrift Alpha Press

Es gibt „zwei verschiedene Schwäbisch Hall“

In seiner Einleitungsrede zum Nachtragshaushalt 2008/2009 der Stadt Schwäbisch Hall am 14. Januar stellte Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim für die Zukunft Kürzungen bei den städtischen Leistungen für die BürgerInnen in Aussicht. Er geht davon aus, dass eine Kürzung der Ausgaben um 10 bis 15 Prozent für 2010 ansteht. Beim bisherigen Stand, so OB Pelgrim, stünden für 2010 einschneidende Maßnahmen bei der Kultur, beim Sport, bei den Friedhöfen, den Teilorten und den Grünanlagen an. Wenige Tage später verkündete das andere Schwäbisch Hall, die Bausparkasse Schwäbisch Hall, auf seiner Bilanzpressekonferenz, dass sich im Jahr 2008 die Geschäfte prächtig entwickelt hätten. 2008 sei das beste Jahr in der Firmengeschichte gewesen. Man habe  den Marktanteil im Bauspargeschäft von 28,5 auf etwa 29 Prozent gesteigert. Das Ergebnis nach Risikovorsorge habe man von Vorjahr: 197 Millionen Euro auf  210 Millionen Euro gesteigert. Und dann folgt ganz beiläufig in der Pressemitteilung der Bausparkasse Schwäbisch Hall der Satz:  „Die Gewinnabführung an die DZ BANK beträgt wie im Vorjahr 70 Millionen Euro“.

Staatliche Reichtumspflege

Wenn die Bausparkasse sich nicht vor der Zahlung der Gewerbesteuer drücken würde, blieben der Stadt davon mindestens 20 Millionen Euro für kommunale Leistungen.  Aber dieser Zufluss von Gewerbesteuer aus den Gewinnen der Bausparkasse ist bekanntlich seit 2002 versiegt. Denn im Jahr 2000 hatte die rot-grüne Bundesregierung ein Steuersenkungsgesetz verabschiedet, das die Steuerschlupflöcher für Unternehmen auf die Größe von Scheunentoren erweiterte. Die Bausparkasse Schwäbisch Hall nutzte die ihr eröffneten Möglichkeiten. Sie zahlt seither keine Steuern mehr an die Stadt Schwäbisch Hall. Statt dessen überweist die Bausparkasse diesen Geldposten an die wegen diverser fehlgeschlagener Spekulationsgeschäfte unter permanentem Geldmangel leidende Mutter, die DZ-Bank in Frankfurt. 1)
Vor Eichels Unternehmensteuerreform war Schwäbisch Hall eine der wohlhabendsten Städte in der Bundesrepublik. Das schlug sich zumindest teilweise in sozial – und kulturpolitischen Leistungen nieder, die sich sehen lassen konnten. Nach dem Inkrafttreten der Eichelschen Reform brachen die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Schwäbisch Hall von über 60 Millionen Euro auf unter 20 Millionen Euro ein. Seither befindet sich Schwäbisch Hall auf der sozialpolitischen Abwärtsrutsche. Selten lässt sich so anschaulich nachvollziehen, wie privater Reichtum und öffentliche Armut zusammenhängen.

Das Schweigen der Gemeinderäte

Normalerweise sollte mensch annehmen, dass die gewählten Vertreter der Haller Bürger gegen einen solch offensichtlichen Skandal Sturm laufen. Aber nichts dergleichen passiert in Schwäbisch Hall. Keiner der gewählten Volksvertreter nimmt an der legalisierten Form der Steuerhinterziehung seitens der Bausparkasse Anstoß. Dass es die Freien Wähler und die FDP nicht tun, kann wenig verwundern. Schließlich ist es Teil ihres Karmas, dass Steuern – insbesondere die für Unternehmer und wohlhabende Selbstständige, ein Werk des Satans sind. Die SPD und die GRÜNEN meiden das Thema konsequent, weil die Steuerreformen Werk einer rot-grünen Koalition waren. Jede Auseinandersetzung mit dem Thema verbietet sich daher für sie von Haus aus.
Das skandalöse Schweigen der im Gemeinderat vertretenen Parteien ermöglicht es der Bausparkasse dank wohlwollender publizistischer Unterstützung des „Haller Tagblatts,“ sich als Wohltäter der Stadt zu präsentieren. Ein von Lokalredaktionsleiter Rainer Hocher persönlich verfasster Artikel lobhudelt „Unternehmen sind in erster Linie Wirtschaftsbetriebe, aber sie tragen auch gesellschaftliche Verantwortung: Die Haller Bausparkasse tat dies im Jahr 2008 mit einem Sponsoringvolumen von rund 850 000 Euro“. Na vielen Dank! Wenn die Bausparkasse das Wort „soziale Verantwortung“ ernst nähme, würde sie für das Jahr 2008 den Haller Bürgern in Form der Gewerbesteuer jenen Betrag zukommen lassen, der den Bürgern eigentlich zusteht. Aber nach wie vor nützt sie die von willfährigen Politikern geöffneten Scheunentore zur Steuervermeidung. Und nach wie vor  scheint von den Lokalpolitikern niemand an dieser legalisierten Steuerhinterziehung Anstoß zu nehmen.

Die andere Seite der Medaille sind Einsparungen im Sozial- und Kulturbereich

Ab dem Zeitpunkt, als sich abzeichnete, dass die Bausparkasse Schwäbisch Hall die Steuerzahlungen an die Stadt Schwäbisch Hall einstellen würde, setzte in den Jahren 2001 und 2002 eine Welle von Streichungen im Sozial- und Kulturbereich der Stadt ein. Seither wurden Zug um Zug die Beiträge für die Kindergärten angehoben. Heute sind für Familien bis zu drei Kindern 113 Euro für das erste Kind, 86 Euro für das zweite Kind und 58 Euro für das dritte Kind 2)  zu entrichten. Zum Vergleich: In der Zeit vor Schröders Steuergeschenken waren die Kindergartenbeiträge in Schwäbisch Hall mit ca höchstens 40 DM pro Kind (eine Familie mit drei Kindern war von den Beiträgen ganz befreit) sehr sozial. Bei der Stadtbibliothek wurden Benutzergebühren eingeführt – 15 Euro pro Jahr für Haller BürgerInnen, 25 Euro für BewohnerInnen aus dem Umland.  Zwar haben sich die Menschen daran gewöhnt – sozial ist das aber nicht. Zudem sind  die Neuanschaffungen von Büchern deutlich zurückgegangen.
Im Jugendbereich gab es Personalabbau und damit einhergehend  eine Reduzierung des Angebots für Jugendliche. Erinnert sei hier an den Wegfall des Jugendzentrum „Forum“, des Schülercafes „Klax“und des Projekts „Jugend-Arbeit-Zukunft“ für Suchtkranke. Die Liste der Themen ließe sich beliebig fortsetzen: Personalabbau bei der Stadt, Vernachlässigung und Schließung von Kinderspielplätzen, zunehmend nachlässige Räumung öffentlicher Wege usw. Und nicht zuletzt sind hier noch die dringend nötigen neuen Räumlichkeiten für den Club Alpha 60 zu nennen. Hier drückt sich die Stadt Schwäbisch Hall seit der Amtszeit von OB Pelgrim vor ihrer Verantwortung. Eines der immer wieder bemühten Scheinargumente sind die vermeintlich hohen Kosten.

Kommunalpolitiker sollen ihre Liebedienerei gegenüber der Bausparkasse beenden

Würde die Bausparkasse wie früher ihre Steuern bezahlen, wären die Kürzungen im Sozial- und Kulturbereich normalerweise kein Thema  – es sei denn die Stadtoberen verbrennen das Geld in sinnlosen Prestige- und Wirtschaftsförderungsprojekten wie dem Kocherquartier. Dass die Bausparkasse Schwäbisch Hall seit 2002 sich vor der Ableistung der eigentlich fälligen Steuern drücken kann, ist aber kein Naturgesetz. Es ist das Werk von Politikern, die sich vor allem dem Wohlergehen der reichen und mächtigen Eliten verpflichtet fühlen. Die Eichelschen Steuerfreibriefe für Firmen sind Teil eines neoliberalen Politikkonzepts, dessen Folgen wir gerade auf sehr drastische Art erleiden (Stichwort Finanzkrise).  Die der Stadt Schwäbisch Hall vorenthaltenen Gewerbesteuermillionen werden einer Bank in den Rachen geworfen, die dafür bekannt ist, dass sie ständig Millionen mit dubiosen Geschäften in den Sand setzt. In Schwäbisch Hall würde dieses Geld, besonders vor dem Hintergrund drohender sozialer Verwerfungen in Folge der wirtschaftlichen Depression dringend benötigt. Es ist höchste Zeit, dass die Liebedienerei der Kommunalpolitiker gegenüber der Bausparkasse beendet wird. Das gilt es im Kopf zu behalten, wenn demnächst der OB eine weitere Runde „großes Sparen“ verordnen will.

Anmerkungen:
1) Während früher jeder Betriebsstandort seinen Gewinn versteuern musste, bevor er ihn an die Konzernmutter überwies, konnte von nun an die Konzernmutter gewinnträchtige Standorte mit Verluststandorten verrechnen. Jusristisch wird das über das Vehikel der „Organschaft“ begründet:  Bei einer steuerlichen Organschaft werden die rechtlich selbständigen Unternehmen – also Bausparkasse Schwäbisch Hall und DZ-Bank – steuerlich wie e i n  Unternehmen behandelt. Die Organgesellschaft Bausparkasse Schwäbisch Hall AG bilanziert zwar selbständig, führt aber Gewinn und fällige Körperschaft- und Gewerbesteuer an die Organträgergesellschaft – die DZ-Bank – ab, die die vereinnahmten Steuern mit der insgesamt zu zahlenden Steuer verrechnet…
2) bei 8 Stunden Pflege am Tag

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Schwäbisch Haller beim Nato-Gipfel in Kehl: Der Bürger als Sicherheitsrisiko

Den meisten der Schwäbisch Haller AntimilitaristInnen, die sich am Morgen des 4. April am Bahnhof trafen, um gemeinsam nach Kehl zur Anti-NATO-Demonstration zu fahren, war klar, dass sie sich einem großen Polizeiaufgebot gegenüber sehen würden. Was dann kam, übertraf alle Erwartungen.

Ein Bericht von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Schon in Schwäbisch Hall notierte die Polizei die Autokennzeichen

Bereits am Treffpunkt Haller Bahnhof war ein Streifenwagen zugegen, um die Lage zu beobachten. Allerdings gab es hier noch keine Personenkontrolle. Dafür wurden die Kennzeichen der PKWs notiert. An der Steige hinter Untermünkheim wurde einer der PKWs angehalten, Fahrzeugpapiere gesichtet und penibel geprüft, ob das Fahrzeug den Vorschriften der Straßenverkehrordnung gerecht wurde. Die anderen PKWs konnten ungehindert passieren. Ab Karlsruhe wurde die Polizeipräsenz immer augenfälliger. An Parkbuchten, Rastplätzen und Ausfahrten waren Streifenwagen platziert. Kolonnen von Polizeitransportern bewegten sich mit uns in Richtung Süden. Es schien nur eine Frage der Zeit bis wir heraus gewunken würden. Aber das passierte nicht. Dafür kam es in der Höhe von Bühl zu einem Totalstau auf der Autobahn. Alles steckte fest, nichts bewegte sich mehr. Allmählich stellte sich heraus, dass die Polizei vor der Ausfahrt Baden-Baden eine Totalsperre der Autobahn verfügt hatte. Der Grund: Die gesamte Autobahn von Baden-Baden bis Kehl sollten die Staatschefs der NATO-Länder für ihre Anfahrt von Baden-Baden nach Kehl für sich alleine haben. Die BürgerInnen als potentielles Sicherheitsrisiko sollten ferngehalten werden.

Leibesvisitationen wie in einem besetzten Land

Nach zirka 45 Minuten wurde die Sperre aufgehoben. Die Fahrt konnte weitergehen. Aber ab jetzt wurde die Polizeipräsenz noch augenfälliger. In jeder Haltebucht Polizeifahrzeuge, auf jeder Brücke Polizisten, an Ausfahrten kleine Truppenansammlungen. Als wir bei Appenweier die Autobahn verließen, wurde jede Feldwegeinmündung, jede Weggabelung von Polizeieinheiten besetzt. Dennoch schafften wir es bis zum Bahnhof Appenweier. Warum aber Appenweier? Ganz einfach: Weil die Polizei für NATO-Gegner Kehl dichtgemacht hatte. Es hieß im Vorfeld schon, dass der Zugang nach Kehl über Appenweier möglich sei. Allerdings nicht per Bahn. Denn am 4. April waren alle Zugverbindungen nach Kehl aus „Sicherheitsgründen“ gestrichen. Zufahrt nur per Schienersatzverkehr – allerdings erst nach eingehender Personenkontrolle. Deswegen wurden alle DemonstrantInnen entlang einer mit Absperrungen und Polizeieiheiten gesicherten Strecke auf einen Platz gebracht, wo sie ihre Ausweise abgeben, ihre Taschen öffnen und sich einer Leibesvisitation unterziehen mussten. An dieser Stelle wurde selektiert: Wer als gefährliches Element eingestuft wurde, für den/die war hier Schluss. Eine Begründung gab es dafür nicht. Der Rest durfte nach einiger Zeit in den Bus einsteigen und wurde auf einer völlig umständlichen, von der Polizei vorbestimmten Route nach Kehl gebracht. Auch hier das gleiche Bild: Überall Polizei, die alle möglichen Objekte sicherte. Kein Misthaufen ohne Polizeieskorte. Man fühlte sich wie in einem besetzten Land. Am Stadtrand von Kehl wurden die Polizei-Einheiten noch größer. Der Bus konnte nicht einfach in Richtung Kundgebungsgelände fahren, sondern wurde erst noch auf einen von einer Polizeihundertschaft besetzten Platz im Industriegebiet dirigiert: Sicherheitskontrolle. Immerhin zeigte sich der Einsatzleiter für das Argument zugänglich, dass die Buspassagiere erst von seinen Kollegen vor Besteigen des Busses ausgiebig „gecheckt“ worden waren. Es wurde tatsächlich auf eine weitere Durchsuchung verzichtet. Kurz danach durften wir aussteigen und weitgehend ungehindert in Richtung Kundgebungsplatz, einer Art Volksfestplatz (wie in Crailsheim), weiterlaufen. Dort war die Auftaktkundgebung bereits in Gang. Die lief denn auch weitgehend ohne polizeiliche Störung ab. Denn die Ordnungstruppen hatten die gesamte Kehler Innenstadt besetzt. Die Stadt selbst wirkte wie ausgestorben, obwohl strahlender Sonnenschein herrschte.

Rheinbrücke: Besetzt von High-Tech Truppen

Die meisten der HallerInnen warteten das Ende der Kundgebung nicht ab, sondern begaben sich vorzeitig in Richtung Rheinbrücke. Die war durch eine wahre Bürgerkriegsarmee abgesperrt, ausgestattet mit allen Gerätschaften, die zur Aufstandbekämpfung für erforderlich gehalten werden: mehrere Räumpanzer, zirka zehn Wasserwerfer und dazwischen die polizeilichen Bodentruppen jeglicher Ausprägung. Das Spektrum der Einsatzkräfte reichte von jungen Polizeischülern mit Kindergesicht über massigere Gestalten mittleren Alters bis hin zu den supercoolen Greiftruppen – mit Sturmhauben, damit sie bei ihren Brachialeinsätzen auch garantiert unerkannt bleiben. Letztere sind übrigens nicht schwer gepanzert, weil das ihrer Beweglichkeit im Kampfgetümmel abträglich wäre.  Die Mehrheit ihrer KollegInnen aber wirkt wegen ihrer massiven Panzerung wie Kopien von Arnold Schwarzenegger in jüngeren Jahren. Obendrein sind viele von ihnen mit allerlei technischem Gerät behängt: Knüppel oder wahlweise Tonfa, wahlweise Handy mit Knopf im Ohr oder eher massige Sprechfunkgeräte oder gleich beides. Ob das ganze Zeug einen praktischen Nährwert hat, sei dahingestellt. Wichtig ist der Eindruck, der damit gegenüber den Demonstranten erweckt wird: Vorsicht hier ist eine High-Tech-Kampftruppe. Wenn diese Truppe in Aktion tritt, Gnade Euch Gott! Diese Botschaft wird durch mehrere in der Luft kreisende Hubschrauber noch bekräftigt.

Sprechchöre „Macht die Straße frei“ zeigen keine Wirkung

Insgesamt wird die Brücke über den Rhein, rechnet man die in Reserve stehenden Einheiten dazu, wohl durch mehrere Tausend solch Uniformierter gesichert. Als nach einiger Zeit aus der Fußgängerzone kommend der  vielleicht 2000- bis 3000-köpfige Demonstrationszug der NATO-GegnerInnen sich der Rheinbrücke nähert, ist den meisten klar, dass es hier kein Weiterkommen gibt. So kommt es dann auch. Zwar gibt es von unserer Seite immer wieder Sprechchöre: „Macht die Straße frei“. Auf die Ordnungsmacht macht das aber keinen Eindruck. Irgendwann heißt es, dass eine Delegation mit der Polizei verhandelt, aber nie entsteht der Eindruck, als ob diese Verhandlungen von Erfolg gekrönt sein könnten. So harren die NATO-Gegner mehrere Stunden, eingezingelt von den polizeilichen Kampftruppen, aus. Ein Glück, dass wenigstens das Wetter schön ist. Es passiert in dieser Zeit nicht viel. Die Demonstrantinnen haben keine Handlungsoptionen, weil es nur diese eine Brücke über den Rhein gibt und die Polizeiführung verzichtet darauf, offensiv die Straßen zu räumen. Währenddessen sieht man auf der anderen Seite des Rheins Rauchwolken aufsteigen. Genaueres ist aber nur schwer in Erfahrung zu bringen und auch die Demonstrationsleitung bringt dazu keine Informationen. Was letztlich auf der französischen Seite passiert ist, erfahren wir erst, als wir auf der Heimfahrt Radio hören.

Freiheit stirbt mit Sicherheit

Das Ziel der Demonstration, die Demonstrationszüge auf der deutschen und der französischen Seite zusammenzubringen, ist an diesem Samstag nicht gelungen. Die gewaltige polizeiliche Streitmacht auf deutscher Seite hat das verhindert. Die politisch Verantwortlichen auf der deutschen Seite fühlen sich in ihrer Strategie bestätigt und bekommen dafür noch aus Teilen der Medien Lob. In der Regel kein Thema ist, dass im Großraum Baden-Baden-Kehl ein paar Tage grundlegende Freiheitsrechte außer Kraft gesetzt waren. Es wurden nicht nur das Demonstrationsrecht schwer eingeschränkt. Das gesamte öffentliche Leben war auf Ausnahmezustand getrimmt. Es gab in Baden-Baden Sperrzonen, in denen sich selbst die Anwohner nur in Polizeibegleitung bewegen durften. Selbiges passierte in Rhein-nahen  Bereichen in Kehl. Da wurden zur Geländesicherung abgeordnete Polizisten nervös, wenn Anwohner die Zeitung aus dem Briefkasten holten. Der Bürger als Sicherheitsrisiko! Über 15 000 Polizisten waren ein paar Tage lang im Einsatz, um die NATO-Staatschefs von der Bevölkerung abzuschirmen. Zum Teil fühlt man sich beim staatlichen Vorgehen an die Praktiken in der DDR erinnert. Hier wie dort ist das Verhältnis der Machtinhaber zur Bevölkerung von tiefstem Misstrauen geprägt. Mit riesigem Aufwand schottet man sich ab. Soll der publizistischen Optik wegen doch ein Bürgerkontakt inszeniert werden, gehen die Herrschaftsstrategen auf „Nummer Sicher“. Es wird nur handverlesenes, vermutlich mehrfach durchgechecktes Publikum zu den Events angekarrt, mit denen Bürgerkontakt simuliert werden soll. Was für die politischen Eliten zählt, sind die dadurch produzierten Bilder, die von willfährigen Medien bereitwillig verbreitet werden. DemonstrantInnen könnten die gewünschten Bilder stören. Deshalb müssen sie schikaniert, drangsaliert und in die Peripherie abgedrängt werden, indem man im weiten Umkreis um die Staatschefs rechtsfreie Räume installiert. Im Fall des NATO-Gipfels war es das Gebiet zwischen Baden-Baden und Kehl. So stirbt Freiheit mit Sicherheit.

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Second-Hand-Kleiderbasar für Frauen am 25. April 2009 in Schwäbisch Hall

Einen Second-Hand-Markt für Frauen gibt es am Samstag, 25. April 2009, von 10 bis 15 Uhr im Theatersaal des Alten Schlachthauses in der Innenstadt von Schwäbisch Hall. Anmeldung und Informationen für Frauen, die Klamotten verkaufen möchten bei Martina Roet 07903/9422880.

Von den Veranstaltern

* Kleiderabgabe ist am Freitag, 24. April 2009, von 16 bis 18 Uhr (nur nach Anmeldung/ alle Frauen erhalten eine Nummer)
* Angenommen werden mindestens 10 Teile, höchstens 2 Kartons/ Wäschekörbe (auch mit Nummer versehen)
* Teilnahmegebühr: 5 Euro
* Das Frauenzentrum behält 20 Prozent der Einnahmen ein.
* Abholung der Restklamotten: Am Samstag, 25. April 2009, von 16.30 bis 18 Uhr

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