„Keine Probleme mit profaschistischen Kräften“ – Leserbrief von Wilhelm Maier aus Schwäbisch Hall zum Tod von Ex-Papst Benedikt XVI.

Einen Leserbrief zum Artikel „Theologische Fundiertheit geschätzt“ im Haller Tagblatt vom 4. Januar 2023 hat Wilhelm Maier aus Schwäbisch Hall geschrieben. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den Leserbrief von Wilhelm Maier in voller Länge.

Leserbrief von Wilhelm Maier, Schwäbisch Hall

Dekan Thomas Hertlein aus Schwäbisch Hall

Der Dekan Thomas Hertlein äußerte seine Meinung zum verstorbenen ehemaligen Papst Benedikt XVI. (Ratzinger). Dies wirft ein Schlaglicht auf die eigenen Auffassungen dieses Repräsentanten der katholischen Kirche in Schwäbisch Hall.

Es drängt mich, einige Fakten und Einschätzungen anzufügen:

Karfreitagsbitte für die „Bekehrung“ der Juden wieder eingeführt

In einer Rede am 15.3.1990 bewertete Ratzinger die Verurteilung Galileo Galileis 1616 als Ketzer durch die katholische Kirche als „rational und gerecht“. Er verurteilte scharf die lateinamerikanische Befreiungstheologie und insbesondere den Marxismus; schließlich sei das Christentum „keine sozialrevolutionäre Botschaft“. Doch mit pro-faschistischen Kräften hatte er keine Probleme. So rehabilitierte er 2009 die Bischöfe der Pius-Bruderschaft durch die Aufhebung ihrer Exkommunikation. Mitglied dieser Bruderschaft war auch der Holocaust-Leugner Richard Williamson. 2007 führte er die Karfreitagsbitte für die „Bekehrung“ der Juden wieder ein, in der von den „perfiden Juden“ die Rede ist.

Sexuellen Missbrauch systematisch vertuscht

Während seines Pontifikats kamen die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche ans Licht. Pädophile Priester hatten bereits vor Jahrzehnten Kinder sexuell missbraucht und misshandelt. Jahrzehntelang wurden die Vorfälle von der Kirche systematisch vertuscht, die Opfer eingeschüchtert, die belasteten Priester nicht etwa entlassen, sondern allenfalls versetzt – wo sie wieder rückfällig wurden. Statt die Bereitschaft zu zeigen, die Fälle ernsthaft aufzuarbeiten und Konsequenzen zu ziehen – ohnehin um Jahrzehnte verspätet und erst auf Druck der Öffentlichkeit – wird die Kritik an der Kirche sogar zurückgewiesen. In seiner Osterbotschaft 2010 ging der Papst
mit keinem Wort darauf ein. Skandalös war Benedikts Aufsatz von 2019, in dem er die Protestbewegung von 1968 mit ihrer „Lockerung der Moral“ verantwortlich machte.

Befreiungstheologie in Lateinamerika bekämpft

McCarten fasst in seinem Buch „Die zwei Päpste“ die Rolle Benedikts bei diesen Skandalen so zusammen: „Als Präfekt der Glaubenskongregation war Ratzinger 1982 für die Bearbeitung von Missbrauchsfällen im Auftrag des Vatikans unter Johannes Paul II. verantwortlich gewesen. Dabei hatte es jedoch den Anschein, als hätten Ratzinger und Johannes Paul ihre Energie lieber darauf verwendet, Linkstendenzen wie die Befreiungstheologie in Lateinamerika zu bekämpfen. Ebenso kann man ihnen vorwerfen, bestenfalls völlig blind für die begangenen Verbrechen gewesen zu sein und schlimmstenfalls selbst die Bedingungen für eine perfide Kultur der Vertuschung geschaffen zu haben“.

Zahl der Kirchenaustritte steigt

Kein Wunder, dass die Zahl der Kirchenaustritte ansteigt. Als Chef der Kongregation für die Glaubenslehre hatte Ratzinger zuvor bereits die homosexuellen-, frauen-, abtreibungs- und kondomfeindliche Haltung der katholischen Kirche geprägt. Erstaunlich für mich, wie man diesen Mann mit „theologischer Fundiertheit“ und „konservativ“
bewerten kann.

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