„Harfenkonzert von Nina Piorr, Colbinger mit Folk und Country“ – Zwei Konzerte im Gleis 1 in Waldenburg

Zwei Konzerte gibt es am Wochenende Freitag, 9. Dezember 2022, um 19.30 Uhr und Samstag, 10. Dezember 2022, um 20.30 Uhr im Gleis 1 in Waldenburg. Nina Piorrs Harfenkonzert am Freitag, Colbinger mit Folk und Country am Samstag. Die Konzerte beginnen jeweils um 19.30 Uhr.

Vom Gleis 1 in Waldenburg

„Glücksflockengestöber und Harfenglitzerklänge“

„Glücksflockengestöber und Harfenglitzerklänge“ lautet der Titel des Harfenkonzerts von Nina Piorr (Ohrinegn) das im Waldenburger Gleis1 am Freitag, 9. Dezember 2022, um 19.30 Uhr, beginnt. Nach ihrer Lesungspremiere aus „Zwei Seiltänzer“ kehrt Nina Piorr nun zum dritten Mal ins Gleis 1 zurück. Im Gepäck hat die Öhringer Kultur-, Literaturwissenschaftlerin und Autorin ganz viel Poesie und noch mehr Harfe: Zu besinnlichen vorweihnachtlichen Texten aus fremder und eigener Feder erklingen nicht minder stimmungsvolle Harfenstücke aus Barock, Klassik und französischem Impressionismus bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen und altbekannten Weihnachtsliedern.

Colbinger: Sänger, Songwriter, Lyriker und Gitarrist

Folk und Country bringt mit Colbinger am Samstag, 10. Dezember 2022, ab 20.30 Uhr – Sänger, Songwriter, Lyriker und Gitarrist. Sein Musikstil ist Rock, in dem Elemente aus Folk und Country beheimatet sind. Er ist ein Songpoet, der die Höhen und Tiefen, das Licht und die Schatten in wundervolle Worte zu kleiden vermag. Seine Songs nennt er Erinnerer und Gefährten, um das Leben zu erschließen und sich ästhetische Weltzugänge zu schaffen. Er schreibt Songs und Gedichte, die seine Hörer und Leser sehr tief berühren, und auf der Bühne beseelt gebettet durch die funky Akustikgitarre trägt seine einzigartige Stimme die Worte mal sehnsüchtig, mal liebevoll, oder auch expressiv nachdenklich direkt in das Herz seiner Zuhörer.

Weitere Informationen und Kontakt:

https://www.gleis1.net/

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„Für die Nazis waren sie Asoziale und Berufsverbrecher“ – Frank Nonnenmacher und Unterstützer:innen wollen einen Opferverband gründen

Für die Nazis war Ines Eichmüllers Großvater ein „Asozialer“. Auf Grund seines unangepassten Lebensstils kam er ohne jedes rechtsförmige Verfahren ins Konzentrationslager Dachau. Mein Onkel Ernst, der als oft arbeitsloser Wanderarbeiter straffällig geworden war, wurde nach vollständiger Verbüßung seiner letzten Haftstrafe von der Kripo gefasst und ins KZ Flossenbürg verschleppt. Er überlebte knapp ein Strafkommando im Steinbruch des KZ.

Von Frank Nonnenmacher

Gedemütigt, gequält und ermordet

Für die Nazis war er ein typischer Fall von „Berufsverbrecher“. Sie hatten die irre Idee, wiederholt straffällig gewordene Menschen hätten „kriminelle Gene“, weshalb sie – nach vollständiger Verbüßung ihrer letzten Strafhaft – zur Herstellung einer kriminalitätsfreien Gesellschaft unbegrenzt in den KZ weggesperrt, gedemütigt, gequält und ermordet wurden. Ernst überlebte das Strafkommando im Steinbruch des KZs nur knapp (Vgl .F. Nonnenmacher, DU hattest es besser als ICH).

Verleugnete NS-Opfer

Unseres Erachtens muss man die bis heute üblichen Bezeichnungen „Berufsverbrecher“ und „Asoziale“ ablehnen. Sie sprechen den Betroffenen die Würde ab – auch wenn sie in Anführungszeichen gesetzt werden. Wir setzen uns dafür ein, in Zukunft von „den verleugneten NS-Opfern“ zu sprechen. Fast alle Opfergruppen haben nach 1945 Verbände gegründet und für ihre Anerkennung gekämpft – manche waren damit erst beschämend spät erfolgreich, so z. B. fand die Aufhebung des Paragraph 175 erst 1994 statt.

2018 öffentlichen Appell an den Bundestag gerichtet

2018 habe ich mit jüngeren Wissenschaftler:innen zusammen (Julia Hörath, Sylvia Köchl, Andreas Kranebitter und Dagmar Lieske) einen öffentlichen Appell an den Bundestag gerichtet, die sozialrassistisch Verfolgten des Nazisystems endlich als solche offiziell anzuerkennen. Der Appell fand breite Unterstützung, und am 13. Februar 2020 beschloss der Bundestag einstimmig, die von den Nationalsozialisten als „Asoziale“ oder „Berufsverbrecher“ Verfolgten anzuerkennen“.

Wanderausstellung ist in Arbeit

Das ist gut so und ein wichtiger erinnerungskultureller Fortschritt. Gut ist auch, dass der Beschluss die zu ziehenden Konsequenzen nennt, indem er z. B. die Erstellung einer anspruchsvollen Wanderausstellung zu den Schicksalen der so lange ignorierten Opfer fordert. Diese ist inzwischen in Arbeit und auch das ist gut so.
Schlecht ist aber, dass die Anerkennung so spät kommt, dass niemand mehr in den Genuss der möglichen Entschädigung kommt. Zynisch könnte man sagen, dass die Bundesrepublik sich durch das lange Zuwarten viel Geld gespart hat.

Rolle der Verfolgungsinstanzen erforschen

Schlecht ist auch, dass bis jetzt die im Bundestagsbeschluss geforderten Finanzmittel zu der seit Jahrzehnten ausgebliebenen Erforschung von Biografien dieser Verfolgtengruppe nicht zur Verfügung gestellt wurden. Auch für die geforderte spezifische Erforschung der Rolle der Verfolgungsinstanzen gibt es bis heute kein Budget. Und es sind schon wieder Jahre vergangen.

Opferverband soll im Januar 2023 gegründet werden

Ines Eichmüller und ich, sowie weitere Nachkommen der ignorierten NS-Opfer sind bei dieser Bilanz der Auffassung, dass es nicht länger am Engagement einzelner hängen kann, ob diese Opfergruppe integraler Teil unserer Erinnerungskultur wird. Ein Verband der Nachkommen, den wir im Januar 2023 gründen wollen, kann hier nicht nur bei der jeweils eigenen familiengeschichtlichen Aufarbeitung eine wichtige Rolle spielen, er kann auch nach außen wirken, z. B. als Kritiker halbherzig ausgeführter Bundestagsbeschlüsse, als Stimme, die im nationalen Gedenken zwar keine Hauptrolle spielen aber dennoch präsent sein sollte, als ansprechbare Institution in der historisch-politischen Bildung und als Kooperationspartner für andere Verfolgtenverbände.

Angehörige und Nachkommen sollen sich melden

Leider gibt es nirgends eine Namensliste der Angehörigen und Nachkommen. Deshalb sind wir darauf angewiesen, dass Menschen, die an der Gründung eines solchen Verbandes interessiert sind, sich melden, und zwar per E-Mail bei fnoma@gmx.de . Wir werden die Interessenten über die Details informieren und die Öffentlichkeit dann über die Gründung informieren.

Zur Person Frank Nonnenmacher:

Er ist emeritierter Professor für Politische Bildung an der Goethe-Universität Frankfurt, Autor der Biografie eines Mannes (seines Onkels), den die Nazis als „Berufsverbrecher“ im KZ „durch Arbeit vernichten“ wollten (Titel: „Du hattest es besser als Ich“), Initiator des erfolgreichen Appells an den Deutschen Bundestag zur Anerkennung der ignorierten NS-Opfer (siehe: change.org/vergessene-opfer). Er war mehrfach als Experte im kulturpolitischen Ausschuss des Deutschen Bundestages eingeladen, wird zusammen mit Ines Eichmüller (Nürnberg/Fürth) am 21./22 Januar 2023 einen „Verband der Angehörigen der Ignorierten Opfer des Nationalsozialismus“ gründen.

Weitere Informationen im Internet:

change.org/vergessene-opfer

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