„Irgendwo in Hohenlohe“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: der Episoden vierundfünfzigster Teil

„Irgendwo in Hohenlohe“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: der Episoden vierundfünfzigster Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig, und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

LIV Schluss

… Auch Paula erinnerte sich daran, wie Carl eines Samstags zu ihr kam und anfing, ihr seine Idee einer vorübergehenden Umsiedlung zu unterbreiten. Damals erschienen ihr seine ungenauen Formulierungen zuerst lächerlich. Als er aber überhaupt nicht mehr abließ und immer weiter versuchte, ihr seine Ideen von einem Atelier auf dem Land schmackhaft zu machen, fuhr sie ihn irgendwann wie von der Tarantel gestochen an, und fragte unsanft, wie er sich das vorstelle und was sie woanders solle und wohin genau sie dann vorübergehend untertauchen solle. Seine wenig überzeugende Antwort >halt irgendwo in Hohenlohe<, erboste sie nur noch mehr. So ein unkonkretes Geschwätz könne er für sich behalten, schleuderte sie ihm an den Kopf, und dass sie hier keinen Zentimeter weichen würde und lehnte jede weitere Diskussion über dieses Thema strikt ab. Eine Zeitlang machte sie sich sogar noch über ihn lustig und warf ihm überdies unlautere Motive für sein Ansinnen vor.

Nicht gut genug

Carl hatte sich damals ziemlich umständlich ausgedrückt. Ihm fehlte einfach das Geschick, Paula mit vertrauensseligem Gesäusel zu umgarnen. Sich auf galante Art und Weise bei Weibsbildern einzuschmeicheln, entsprach überhaupt nicht seiner üblichen Vorgehensweise. Und so versuchte er nicht weiter, Paula zu sich nach Hause zu lotsen und nahm ihre Zurückweisung schweigend hin. Außerdem bekam er den Eindruck, dass ihr, als städtischer Bürgerstochter, ein Leben im ländlich bäuerlich anmutenden Hohenlohe wohl nicht gut genug war.

Ausnutzen

„Aus heutiger Sicht, Paula, muss ich gestehen, war ich verletzt. Deine ständige Ablehnung hat meine Eitelkeit gekränkt. Ich fühlte mich von dir vollkommen verkannt. Natürlich wollte ich dich bei mir haben. Aber mein Wunsch nach deiner Nähe war nicht der Grund für meine Überlegungen. Mir sind diese Gedanken damals erst gekommen, als ich mir überlegte wie ich dir konkret aus der Bedrängnis helfen könnte. Du erinnerst dich doch sicherlich noch daran, wie viele Möglichkeiten wir durchgespielt haben, oder etwa nicht? Paula, wir hatten alles nur Erdenkliche in Erwägung gezogen, um deine prekäre Lage zu beenden. Mir hätte man auf keinen Fall, um deine Schulden zu übernehmen, einen Hausteil überlassen – die Burschen hätten ein diesbezügliches Angebot sofort durchschaut und abgelehnt. Sie meinten zu diesem Zeitpunkt ja noch, dir das Haus auf jeden Fall komplett abnehmen zu können, diese Pläne konnte erst dein Onkel endgültig durchkreuzen. Außerdem hätte man mir hinterher eine Übernahme als schamloses Ausnutzen deiner hilflosen Situation unterstellen können.“

Rechtshüter

Carl machte eine Pause bevor er weitersprach: „Und du? Hättest du überhaupt so ein Angebot von mir angenommen? Sei ehrlich, Paula. Du hättest diese Möglichkeit ebenso abgelehnt wie jedes andere Ansinnen von mir, dir zu helfen. Du wolltest um keinen Preis meine partnerschaftliche Hilfe haben. Nur als Hüter deiner Rechte geduldet zu sein, war bitter für mich.“ Und nach einer Pause fügte er hinzu: „Wenn ich dir damals auch noch meine Liebe gestanden hätte, wäre ich höchstens als vollkommener Idiot dagestanden.“ Carl schwieg und Paula Engel bemerkte wohl, dass weder seine Worte mit Groll gesprochen, noch das Schweigen mit Vorwürfen belastet war.

Zuckersüß

Paula sah ein, dass sie damals Carl Eugens Motive falsch eingeschätzt hatte. Sie hatte ihm unterstellt, ihr Vorschriften machen zu wollen. Und jetzt bot er ihr neben der Wiedergutmachung, nochmals seine Unterstützung und zu allem Überfluss auch noch seine Liebe an. Insgeheim bewunderte sie seinen jetzigen Mut, konnte sich aber trotzdem zu keiner anerkennenden Äußerung durchringen. Auch sie war von ihm einmal zurückgewiesen worden. Ihr kam plötzlich eine längst vergessen geglaubte Szene in den Sinn. „Carl?“ begann sie betont langsam, „erinnerst du dich noch an meine Einladung? Er schaute fragend und zuckte mit den Schultern, „Was für eine Einladung meinst du?“ „Na, die zum gemütlichen Abendessen“, und sie setzte nach einer Weile hinzu, „du hast sie wohl deswegen vergessen, weil sie nicht mehr brav nach Eingangsdatum sortiert, in einem Ordner bei dir im Büro lagert?“, fragte Paula spitz und Carl verstand immer noch kein Wort. „Wenn du willst zeige ich sie dir, gelocht hast du sie! Und dann fein säuberlich in einem Ordner obenauf abgelegt!“ „Woher willst du das wissen?“ fragte Carl betroffen, ihm dämmerte langsam welche Einladung Paula meinte. „Ich habe sie dir aus dem Ordner genommen, als du bei einem Gespräch von deinen Damen in den Empfang gerufen wurdest – es war schließlich meine ganz private und wunderhübsch gestaltete Einladung an dich, und du hast sie erbarmungslos durchlöchert und als Deckblatt für meine geschäftliche Korrespondenz eingespannt, so misshandelt wollte ich sie dir unter keinen Umständen überlassen. Also habe ich sie mitgenommen.“ „Gestohlen, meinst du“, korrigierte Carl sie trocken. „Ja, wegen mir gestohlen“ ergänzte Paula ihn sofort knapp und konnte sich dabei aber ein Grinsen nicht verkneifen „Carl, sind wir jetzt miteinander quitt?“, fragte Paula Engel ihn nun in einem zuckersüßen Tonfall.

„Irgendwo in Hohenlohe“

Carl Eugen Friedner gab sich geschlagen, „Ja, du hast deine Ehre in diesem Fall recht clever gerettet, das muss ich trotz des rechtswidrigen Diebstahls anerkennen.“ Und freute sich mit Paula zusammen an ihrem unvermittelt aufgetauchten Humor. Während er überlegte wie lange sie schon nicht mehr so herzlich zusammen gelacht hatten, fiel sein Blick auf die Uhr. Dabei stellte er erstaunt fest, dass es weit nach Mitternacht war.
Mit den Worten: „Paula ich muss jetzt gehen, wir sehen uns ja spätestens in einer Woche wieder, oder?“, stand er auf, angelte sich sein dunkelblaues Mäntelchen. Als Paula sah, dass Carl sich tatsächlich aufmachte und zielstrebig Richtung Ladentüre ging, wollte sie Carl nun doch nicht ohne eine verbindliche Zusage gehen lassen. Sie stand also unverzüglich auf und folgte ihm. Carl hatte jedoch bereits die Ladentüre erreicht, sich mit dem innen steckenden Schlüssel aufgeschlossen und war im Begriff aus dem Haus zu treten. So rief Paula ihm rasch ihre Frage nach: „Und wo?“ Ihre eindringlichen Worte vernehmend, drehte sich Carl auf dem obersten Absatz kurz nach ihr um und antwortete nur lachend: „Irgendwo in Hohenlohe“.

Wie es weitergeht:

Wie es mit Paula und Carl weitergeht, können die kann Leserinnen und Leser in den Folgen aus „Lang beschattete Täler“ erfahren.

Kontaktaufnahme zur Autorin:

E-Mail: b.haebich@web.de

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