„Weder imperialer Protektionismus a la Trump, noch Marktfundamentalismus a la Merkel“ – Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Einen Kommentar mit der Überschrift „Weder imperialer Protektionismus a la Trump, noch Marktfundamentalismus a la Merkel“ hat Paul Michel aus Schwäbisch Hall geschrieben. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den Kommentar in voller Länge.

Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Imperialer Größenwahn

Trumps Klage über angeblich ungerechte Verträge zu Lasten der USA stellt die Wirklichkeit auf den Kopf. Bei der Aushandlung aller bisherigen Verträge haben US-Regierungen das Prinzip „America first“ verfolgt und dazu skrupellos ihr ganzes Machtpotential als Verhandlungsmasse in die Waagschale geworfen. Hauptprofiteur des NAFTA-Vertrags etwa sind nicht die ArbeiterInnen Mexikos, sondern US-amerikanische Konzerne, die in grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten mittels Ausbeutung billiger mexikanischer Arbeitskraft Konkurrenzvorteile erzielen. Richtig ist allerdings, dass die Dominanz US-amerikanischer Interesse nicht mehr so ausgeprägt ist wie in den 1950er und 1960er Jahren. Heutzutage machen deutsche und japanische Konzerne den USA Teile des Kuchens streitig und nach militärischen Rückschlägen der USA in Vietnam oder im Irak kann das US-Militär global auch nicht mehr nach Belieben Schalten und Walten. Trumps Gerede von „Make America great again“ trägt stark nostalgische Züge und will die „gute alte Zeit“ wiederaufleben lassen – die Zeit als US-Konzerne dank moderner Technologie und fortgeschrittener Produktionsmethoden die unangefochtenen Herrscher der Weltmärkte waren und US-Armee und CIA mittels „Big Stick“ sicher stellten, dass sich alle Regierungen der (westlichen) Welt dem Willen der USA unterordneten. Wer nicht parierte, der machte direkt Bekanntschaft mit dem US-Militär wie Guatemala oder mit dem CIA, der einen Putsch inszenierte wie in Chile 1973. In dieser US-dominierten Weltordnung waren selbstverständlich die US-Konzerne die Gewinner und die Menschen vor allem in Lateinamerika, dem Hinterhof der USA, die Verlierer. In seiner von imperialem Größenwahn geprägten Weltsicht meint Trump wohl, dass eine solche Weltherrscherrolle  dem „gelobten Land“ USA zusteht und damit „gerecht“ wäre.

Deutsche Industrie agiert wie eine Dampfwalze

Solch anmaßender Trumpscher Unsinn ist kein Grund, deswegen das von der Merkel-/Schäuble-Regierung vertretene Freihandelsregime, wo ökonomisch schwache Länder die „Freiheit“ haben mit den Wirtschaftsgiganten aus Deutschland in den ungeschützten Wettbewerb zu treten, als freiheitliche Alternative hochleben zu lassen. Merkel und Co diktieren den afrikanischen Ländern Freihandelsverträge, die zur Folge haben, dass die Märkte von Akkra, Lagos oder Abidschan mit hochsubventionierten Hähnchenschenkel aus der EU überschwemmt werden und die einheimische Landwirtschaft ruiniert wird. Die von der EU angepeilten Freihandelsabkommen wie TTIP oder CETA erfüllen kapitalistische Bereicherungsträume und treten Konsumentenrechte, Umweltschutzbestimmungen und Tarifrechte in die Tonne. Das Geheimnis der deutschen Exporterfolge in Europa ist, dass die technologisch überlegene deutsche Industrie wie eine Dampfwalze über die andere Volkswirtschaften hinwegfegt, dort die einheimische Industrie in Grund und Boden konkurriert und Menschen in die Arbeitslosigkeit treibt. Es ist mehr als befremdlich, wenn in der Auseinandersetzung mit Trump diese Art von Politik von der Bundesregierung selbst als „fairer“ Handel bezeichnet wird – und weite Teile der Medien das unkritisch nachplappern. Die Art und Weise, wie die Granden der EU unter Federführung von Wolfgang Schäuble mit Griechenland umgesprungen sind, hat mit respektvollem Umgang mit anderen Ländern und Achtung vor demokratischen Entscheidungen nichts zu tun. Dafür bekamen wir einen Eindruck davon, was wir uns unter einer „marktkonformen Demokratie“ vorstellen können. Die von Syriza mit Mitteln brutaler ökonomischer Erpressung erzwungene Unterwerfung unter die Troika-Diktate hat mit dazu beigetragen, dass einerseits deutsche und französische Banken gerettet, andererseits aber der Lebensstandard der überwiegenden Mehrheit der Menschen in Griechenland von Schäuble und der Troika um 40 Prozent abgesenkt wurde.

Maximalrenditen für Unternehmer und Superreiche

Es gibt keinen Grund, Merkels Marktfundamentalismus als Alternative zu Trumps aggressivem imperialen Protektionismus zu verklären. Merkel und Trump unterscheiden sich in ihrer Politik nach außen und nach innen allenfalls graduell. Sie sind beide politische Statthalter unterschiedlicher Ausprägungen eines Kapitalismus, bei dem die Erzielung von Maximalrenditen für Unternehmer und jene kleine finanzkräftige Minderheit von Superreichen, Maßstab ihres Handelns ist. In den USA hatte diese Politik in den letzten Jahrzehnten eine schamlose Bereicherungsorgie der superreichen Minderheit zur Folge. Es ist absehbar, dass sich unter der Führung des Milliardärs Trump diese Entwicklung noch verstärken wird. In Europa ist die gleiche Tendenz unübersehbar – allerdings ist sie in den verschiedenen Ländern unterschiedlich. In Deutschland jedenfalls sind trotz brummender Wirtschaft die Mehrzahl der Lohnabhängigen ärmer geworden während die Unternehmen Rekordgewinne verzeichneten und die im Geld schwimmende kleine Minderheit der Superreichen noch reicher wurde.

Menschen sind wichtiger als Profite

Für die Mehrheit der Menschen in Europa, in den USA und erst im Rest der Welt bietet weder Trumps noch Merkels Politik die Chance, ihre Lebensverhältnisse zu verbessern. Wir brauchen eine Politik, die das Wohlergehen der Lohnabhängigen und somit breiter Bevölkerungsmehrheiten in den Ländern des Nordens und des Südens zur Messlatte ihres Handelns macht. Prekäre Arbeitsverhältnisse müssen verschwinden zugunsten von Löhnen, die ein Leben in Würde ermöglichen. Die vorhandene Arbeit muss umverteilt, die Arbeitszeiten drastisch verkürzt werden. Es ist notwendig, dass wir mit der kapitalistischen Logik brechen, dass die Menschen in Nord und Süd, Ost und West der Minderheit um das superreiche eine Prozent die Kontrolle über die Fabriken und Dienstleistungsunternehmen entziehen, die längst überfällige Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten durchsetzen und selbst bestimmen, was, wie, wo und unter welchen Bedingungen produziert wird. Durch die Aneignung des bei der superreichen Minderheit angehäuften gesellschaftlichen Reichtums, sind wir in der Lage, unser Gesundheitssystem deutlich zu verbessern, für umfassende Bildung zu sorgen und mit massivem öffentlichen Wohnungsbau der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Wohnen ein Grundrecht ist und keine Ware. Damit ließe sich auch ein sozial gerechter Umstieg hin zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft, eine Energiepolitik, die auf erneuerbare Energien statt Kohlekraftwerke und eine Verkehrspolitik, die konsequent bei Personen- und Güterverkehr PKWs und LKWs einschränkt und stattdessen den Verkehr auf die Schiene bringt.

„Die Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“

Nur Gesellschaften, die im Inneren am Wohl der Menschen orientiert sind, sind fähig und willens eine solidarische Kooperation mit anderen Ländern und Völkern zu schaffen. Eine solidarische internationale Zusammenarbeit zwischen den Völkern sollte auf den Prinzipien der Gleichheit, Unabhängigkeit, des gegenseitigen Respekts und der gegenseitigen Unterstützung beruhen – ganz im Sinne von Che Guevaras Parole «Die Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker».

Zu beiderseitigem Nutzen teilen

Das heißt zum Beispiel, dass der technische Vorsprung eines Betriebs oder auch eines Landes nicht als Konkurrenzvorteil zulasten anderer Betriebe oder anderer Länder eingesetzt wird, sondern zum beiderseitigen Nutzen mit ihnen geteilt wird. Dann sind günstige beziehungsweise zinslose Kredite aus den reichen Metropolen für schwächere Länder ebenso eine Selbstverständlichkeit wie die Übertragung von technologischem Know-How aus den industrialisierten Staaten an Länder des Südens – ohne Auflagen und ohne Lizenzgebühren. Der heute übliche Patentschutz etwa ist nur dazu da, um die Konkurrenzvorteile und Privilegien der Länder des industrialisierten Nordens festzuschreiben, gehört dann der Vergangenheit an. Für die zu schaffende gesellschaftliche Alternative gibt es kein fertiges Kochbuch, in dem wir nachschlagen können. Es gibt aber viele positive Erfahrungen in der Geschichte, die wir aufgreifen und an die wir anknüpfen können.

   Sende Artikel als PDF   

„Erhalt des Krankenhauses Künzelsau“ – SWR-Fernsehsendung „Zur Sache Baden-Württemberg“

Einen aktuellen Fernesehtipp gibt ein Hohenlohe-ungefiltert-Leser. Am Donnerstag, 30. März 2017, um 20.15 Uhr, sendet der Südwestdeutsche Rundfunk  (SWR) einen Beitrag „Zur Sache, Baden-Württemberg“. Darin geht es um die Situation des Krankenhauses Künzelsau.

Informationen zugesandt von einem Hohenlohe-ungefiltert-Leser

Kamerateam filmte in Künzelsau

Ein Kamerateam des SWR war am Mittwoch, 29. März 2017. ab dem Nachmittag in der Stadt und auch bei der Mittwochsdemo.

Zu den geplanten Themen gehören am Donnerstag, 30. März 2017, um 20.15 Uhr:

Kliniksterben – ist die medizinische Versorgung in Gefahr?

Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hält große Kliniken mit ihrem technisch und medizinisch gebündelten Knowhow für leistungsfähiger als kleine „Tante-Emma-Krankenhäuser“. Daher werden in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren wahrscheinlich von 260 nur noch 200 Kliniken bestehen. Gast in der Sendung ist der Tübinger Medizinethiker Urban Wiesing. Seiner Ansicht nach müssten noch mehr Kliniken geschlossen werden. Die Medizin habe sich weiterentwickelt und sei komplizierter geworden. Kleinere Häuser könnten da nicht mithalten. „Es soll keiner in schlecht ausgerüsteten Krankenhäusern sterben, nur weil Landkreise ihre Kliniken behalten wollen“, sagte er gegenüber dem SWR.

Vor Ort in Künzelsau – ohne Krankenhaus sind wir abgehängt

Das Krankenhaus in Künzelsau mit 280 Betten soll in vier Jahren geschlossen werden. SWR-Reporterin Alexandra Gondorf hört von Krankenhaus-Geschäftsführer Jürgen Schopf, wie es dazu kam. Von zwei Krankenhäusern im Kreis soll nur die Klinik im 25 Kilometer entfernten Öhringen bestehen bleiben. Doch die Bürgerinnen und Bürger protestieren. Sie haben Angst, dass dann eine schnelle ärztliche Versorgung nicht mehr gewährleistet ist.

   Sende Artikel als PDF