Christian von Stetten macht das Merkel

In SPON beschäftigt sich Franz Walter („Konservative ohne Ideen – Merkels CDU steuert ins Vakuum“) mit der schwer zu erklärenden Popularität von Angela Merkel: „Durch ihren Ideenreichtum oder eine Fülle kreativer Überlegungen ist sie jedenfalls bisher nicht aufgefallen.“ Im Hohenloher Tagblatt vom 20. August 2009 („Keine Ideologie bei Energie – CDU-Generalsekretär Thomas Strobl bei Christian von Stettens Wahlkampf-Auftakt“, Autor: Ralf Reichert) wird fast gleichzeitig über Christian von Stettens Wahlkampf-Auftakt berichtet: „Der Titelverteidiger selbst sprach am Mikro nur wenig.“

Von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Da gibt es ein Wesen, dass lieber plaudert statt Politik zu machen. Dass einem Schlagabtausch mit Herausforderer Steinmeier ausweicht, dafür aber ausgiebig über Blaubeeren, Beatles und Beten, die erste Zigarette und den ersten Kuss spricht [sic!] – anscheinend ist dafür ja jetzt die Zeit reif!

Schon in der vergangenen Woche verriet Merkel in der Frauenzeitschrift „Myself“, dass sie sich im Kanzleramt nachmittags oft „einen Teller Mohrrüben“ kommen lasse, weil sie nicht so gerne Obst möge. In „Frau im Spiegel“ spricht sie über Gottvertrauen, regelmäßige Tischgebete und Urlaubsträume. An diesem Donnerstag schwärmt sie im „Generalanzeiger“ über Beethoven. Ihre erste Schallplatte allerdings sei „Yellow Submarine“ von den Beatles gewesen, gekauft in Moskau.

Von dieser Frau kann man nur lernen: am besten nichts sagen, abwarten und dann – wieder Kanzlerin werden (der Wähler wird’s schon richten). Das wird sich wohl auch Christian von Stetten bei seinem Wahlkampfauftakt in Dörzbach gedacht haben. Bloss nichts sagen!

Der Artikel von Ralf Reichert im Hohenloher Tagblatt zeigt uns gleich zu Beginn wo’s lang geht: „Und so freute sich nicht nur der Kandidat aus Künzelsau über den mittlerweile wertvollen Merkel-Bonus. Auch die Kritiker von einst sind mit dem Abgeordneten, der sein Direktmandat verteidigen möchte, längst einer Meinung.“ (Wir hegen ja den Verdacht, dass der Autor beim Verfassen der Zeilen auf dem Schoss des Herrn von Stetten saß)

Aber es kommt noch besser! Thomas Strobl, von einem Wähler auf die Abschaffung des Soli-Beitrags angesprochen, antwortet lapidar: „Es stimmt, das ist eine Idee von mir, aber ich darf im Wahlkampf nicht darüber sprechen.“

Da soll einer sagen die CDU sei nicht lernfähig: vor den Wahlen also bloss nicht sagen, was man danach vorhat! –

Natürlich abgesehen von Steuersenkungen, Steuersenkungen, Steuersenkungen … (irgendwann – und vor allem für wen)

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,644067,00.html

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,644039,00.html

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„Wir haben keine demokratischen Verhältnisse mehr“

Früher machte er Wahlkampf für Willy Brandt, heute warnt er mit Büchern wie „Meinungsmache“ vor Lobbyismus. Im Interview mit SPIEGEL-ONLINE erklärt Albrecht Müller (NachDenkSeiten), warum die Demokratie in Deutschland in Gefahr ist – und warum die SPD ihre wirtschaftspolitischen Chancen verspielt.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Ein sehr lesenswertes Interview! O-Ton Müller: „Nein, wir sind wirklich in Not, jedenfalls was die demokratische Willensbildung betrifft. Fühlen Sie sich nicht ohnmächtig, wenn Sie sehen, wie ihre Steuergelder und die Ihrer Kinder verpulvert werden an Leute, die für eine Bank arbeiten, die eigentlich schon bankrott ist, und die damit an ihre Manager Boni in Milliardenhöhe bezahlt? Das sind Ungeheuerlichkeiten, angesichts derer man doch nur noch ausrufen kann: Wir sind in Not! Die Sanktionierung in Deutschland funktioniert nämlich nicht mehr. Wer falsch regiert, wer uns massiv schadet und belastet, muss nicht mit Strafe rechnen. Er muss nur die Meinungsmache zu seinen Gunsten perfekt organisieren. Wir haben keine demokratischen Verhältnisse mehr. Und wir haben noch Glück, dass bisher kein Rechtsradikaler aufgetaucht ist, der klug genug ist, aus dem Ärger darüber politisches Kapital zu schlagen.“

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,644223,00.html

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Schöne Neue Arbeitswelt

Spätestens kurz vor den Wahlen ist es an der Zeit, sich die Entwicklungen der letzten Jahre in der Arbeitswelt vor Augen zu halten: von der Diskussion um einen Mindestlohn, dem Niedriglohn, über Kurzarbeit, bis hin zur Leiharbeit.

Ein Überblick von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Seit Jahren wächst der Niedriglohnsektor in Deutschland. Noch im Aufschwung 2007 erhöhte sich die Zahl der Geringverdiener deutlich. Mehr als jeder fünfte abhängig Beschäftigte in Deutschland arbeitete vor der Wirtschaftskrise zu einem Niedriglohn – das heißt: im Westen für weniger als 9,62 Euro je Stunde, im Osten für unter 7,18 Euro. Insgesamt 6,5 Millionen Menschen waren 2007 somit Geringverdiener. Die bundesweite Niedriglohnquote ist zwischen 1998 und 2007 enorm gestiegen – von 14,2 auf 21,5 Prozent aller Beschäftigten. In Deutschland arbeiten 1,2 Millionen Menschen für weniger als 5 Euro die Stunde, 2,2 Millionen für keine 6 Euro – und das im Hauptberuf.

http://www.boeckler.de/pdf/impuls_2009_12_3.pdf
http://www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2009/report2009-05.pdf
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pk/2009/Erwerbstaetigkeit/begleitheft__Erwerbstaetigkeit,property=file.pdf

Die IG Metall warnt vor einem drastischen Anstieg der Leiharbeit – und stellt die bisherige Tarifpolitik der Gewerkschaften in Frage. Mittelfristig drohe die Zahl der Leiharbeiter auf 2,5 Millionen zu steigen, sagte IG-Metall-Vizechef Detlef Wetzel am Mittwoch in Frankfurt.

http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/1889841_IG-Metall-Gewerkschaft-warnt-vor-Explosion-der-Leiharbeit.html

Auch in der Wirtschaftskrise sind Europas Mindestlöhne leicht gestiegen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag, die Wirtschaft zu stabilisieren. 20 von 27 EU-Ländern haben einen gesetzlichen Mindestlohn. In Westeuropa liegt die für alle Arbeitnehmer verbindliche Lohnuntergrenze meist über 8,40 Euro.

http://www.boeckler.de/pdf/impuls_2009_12_6.pdf

Was sozial ist, schafft Arbeit! Eine globale Krise hat unseren Wohlstand auf eine Weise dezimiert, wie es das Land seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht gesehen hat. Das gesamtwirtschaftliche Einkommen ist im ersten Quartal dieses Jahres genau auf den Wert zurückgefallen, den es im dritten Quartal 2005 schon erreicht hatte. Hat der Kapitalismus eine Chance? Ja, aber nur, wenn wir beginnen, ihn zu begreifen. Wenn demnächst zusammen mit den von Entlassung bedrohten Arbeitern auch die richtigen Unternehmer und Investoren auf die Straße gehen und gegen die Zocker aufbegehren, gibt es eine Chance.

http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E883F36486D784F5AB4A053AF120B0577~ATpl~Ecommon~Sspezial.html

Ein kleines Plus von drei Promille beim Bruttoinlandsprodukt lässt Politiker kurz vor der Wahl vom Aufschwung träumen. Statistisch nicht signifikant heißt eine so kleine Änderung in der Fachsprache. Die Wirtschaftsleistung liegt trotzdem sechs Prozent niedriger als vor einem Jahr.
Um eine lang anhaltende Phase von Stagnation oder schwachem Wachstum mit hoher Massenarbeitslosigkeit abzuwenden, muss in Deutschland eine grundlegend andere Wirtschafts- und Finanzpolitik eingeschlagen werden. Künftiges Wachstum und neue gute Arbeitsplätze erfordern die Stärkung der Binnennachfrage und deutlich mehr Beschäftigung in sozialen Dienstleistungen, sowie höhere Investitionen in Klimaschutz und ökologischen Umbau. Die konkreten Alternativen und Forderungen von ver.di liegen auf dem Tisch.

Ein öffentliches Zukunftsinvestitionsprogramm würde zwei Millionen sinnvolle Arbeitsplätze schaffen und sichern: in Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen, Verkehr und ökologischem Umbau. Für die gerechte Finanzierung brauchen wir mehr Einnahmen durch höhere Besteuerung von Reichen, hohen Einkommen und finanzstarken Unternehmen. Die sozialen Leistungen dürfen keinesfalls gekürzt, sondern müssen verbessert werden, besonders für Erwerbslose. ver.di fordert außerdem die Verlängerung der Altersteilzeit. Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 muss zurückgenommen und die Altersteilzeit verlängert werden, um Auszubildende einzustellen.

https://wipo.verdi.de/wirtschaftspolitische_informationen/data/09-03-Wie-weiter-in-der-Krise.pdf

Dumpinglöhne, keine Tarifverträge, kein Kündigungsschutz: Gewerkschaften prangern den Missbrauch von Leiharbeit an. Der Arbeitssoziologe Klaus Dörre erklärt die Folgen prekärer Beschäftigung.
Deutsche Unternehmen nutzen Leiharbeit nicht mehr zum kurzfristigen Ausgleich personeller Engpässe, sondern, so die IG Metall, “als Instrument einer kurzfristigen Absicherung der Kapitalrendite oder der Profitabilität”. Die Gewerkschaft gründet diese Einschätzung auf die von ihr in Auftrag gegebene Studie “Funktionswandel von Leiharbeit”. Klaus Dörre, Professor für Arbeitssoziologie an der Universität Jena, hat die Untersuchung wissenschaftlich begleitet. Im Interview erläutert er die zentralen Ergebnisse.

http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/297/484730/text/
http://www.igmetall.de/cps/rde/xbcr/internet/docs_ig_metall_xcms_149477__2.pdf

Deutschland, Land der Billigarbeiter. In der Rezession sank die Zahl der Leiharbeiter in Deutschland – demnächst dürfte sie wieder deutlich steigen, heißt es in einer Studie. Auch das Statistische Bundesamt fand heraus: Es gibt immer weniger “klassische” Jobs hierzulande.

http://www.ftd.de/politik/deutschland/:Kritik-an-Leih-und-Teilzeitjobs-Deutschland-Land-der-Billigarbeiter/555574.html

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