Fischsterben in der Jagst: „Bürger greifen zur Selbsthilfe“ und „Anwohner fühlen sich alleingelassen“ – Zwei SWR-Sendungen zum Nachhören

Verseuchtes Löschwasser ist in die Jagst gesickert und hat unzählige Fische vergiftet. Die Anwohner fühlen sich mit ihrer Angst alleingelassen – und wollen sich nun selber helfen.

Informationen des Südwestrundfunks (SWR)

„Fischsterben in der Jagst: Bürger greifen zur Selbsthilfe“

SWR-Sendung vom 25. August 2015 (Stand: 15.02 Uhr):

Verseuchtes Löschwasser ist in die Jagst gesickert und hat unzählige Fische vergiftet. Die Anwohner fühlen sich mit ihrer Angst alleingelassen – und wollen sich nun selber helfen.

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/fischsterben-in-der-jagst-buerger-greifen-zur-selbsthilfe/-/id=13831004/did=16049904/nid=13831004/13rlcjg/index.html

„Nach Fischsterben in der Jagst: Anwohner fühlen sich alleingelassen“

SWR-Sendung vom 25. August 2015 (Stand: 19.30 Uhr):

Nach dem massenhaften Fischsterben in der Jagst hat sich die Giftdosis im Fluss anscheinend leicht verringert. Doch die Anwohner machen den Behörden trotzdem schwere Vorwürfe.

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/nach-fischsterben-in-der-jagst-anwohner-fuehlen-sich-alleingelassen/-/id=1622/did=16051648/nid=1622/d476np/index.html

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„Wie Lobbyismus in Deutschland funktioniert“ – Neuer Berlin-Stadtführer des Vereins LobbyControl ist erschienen

Heute (Donnerstag, 3. September 2015) haben wir den LobbyPlanet vorgestellt, den lobbykritischen Stadtführer durch die Berliner Lobbyszene. Bestellen Sie jetzt ein Exemplar unseres neuen Buchs, bis zum 30. September 2015 portofrei.

Von Christina Deckwirth, Berliner Büro des Vereins LobbyControl

Den lobbykritischen Stadtführer bestellen:

https://www.lobbycontrol.de/lobbyplanet-berlin-bestellen/

Weitere Informationen von LobbyControl zum neuen LobbyPlanet:

Liebe Leserinnen und Leser,

endlich – der neue LobbyPlanet ist da! Heute haben wir unseren neuen lobbykritischen Stadtführer durch die Berliner Lobbyszene der Öffentlichkeit präsentiert. Unser neues Buch ist mehr als ein Stadtführer. Auf über 100 Stationen stellt er anschaulich dar, wie Lobbyismus in Deutschland funktioniert.

Unbekannte Akteure, verborgene Treffpunkte

Immer mehr Lobbyisten siedeln sich im Berliner Regierungsviertel an. Die Szene wird immer kleinteiliger und undurchsichtiger. Mit unserem LobbyPlanet bringen wir Licht ins Dunkel. Wir klären auf über bekannte und unbekannte Akteure, verborgene Treffpunkte und fragwürdige Strategien der Einflussnahmen.

Großunternehmen und Superreiche

Der LobbyPlanet ist prall gefüllt mit Geschichten wie diesen: Der PR-Verein „Die Lebensmittelwirtschaft“ verzerrt die Ergebnisse seiner eigenen Studie, um mehr Transparenz bei der Lebensmittelkennzeichnung abzuwehren. Die Lobbyagentur Hill&Knowlton erhält Aufträge von der Tabakindustrie und promotet gleichzeitig Medikamente gegen Raucherhusten. Die Stiftung Familienunternehmen kommt daher als Interessenvertretung für den Mittelstand, ist aber in Wirklichkeit ein Lobbyverein von Großunternehmen und Superreichen.

Spezial-Routen zur Gesundheitslobby und Energielobby

Hier die Fakten zum Buch: 324 Seiten, vierfarbig, fünf Routen durch das Regierungsviertel und zwei Spezial-Routen zur Gesundheitslobby und Energielobby. Preis 10 Euro. Wenn Sie den LobbyPlanet bis zum 30. September bestellen, schicken wir ihn portofrei an Sie. Gehen Sie mit uns jetzt auf Entdeckungsreise durch den Berliner
Lobbydschungel. Wer den LobbyPlanet Berlin gelesen hat, wird die deutsche Politik mit anderen Augen sehen.

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Weitere aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus:

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„Den Bundesnachrichtendienst (BND) an die Kette legen“ – Menschenkette an der BND-Zentrale in Berlin

Wir legen den Bundesnachrichtendienst (BND) an die Kette. Am Samstag, 5. September 2015, protestieren wir in Berlin mit einer mehrere hundert Meter langen Menschenkette gegen Massenüberwachung. Der BND ist tief verstrickt in die massenhafte Überwachung der Kommunikation durch internationale Geheimdienste und verletzt damit unser aller Grundrecht auf Privatsphäre und auf informationelle Selbstbestimmung.

Vom Verein Reporter ohne Grenzen (ROG)

BND ermöglicht den Einsatz von Tötungsdrohnen der USA

Der NSA-Untersuchungsausschuss, der in der kommenden Woche nach der Sommerpause seine Arbeit wieder aufnimmt, hat nachgewiesen, dass der BND die Rechenzentren der Deutschen Telekom und den zentralen Internetknoten DE-CIX in Frankfurt anzapft und daraus gewonnene Daten an US-Geheimdienste weiterleitet. Jahrelang spionierte der BND für die USA europäische PolitikerInnen, Ministerien und Wirtschaftsunternehmen aus. Zudem ermöglicht der BND den Einsatz von Tötungsdrohnen der USA.

Unhaltbarer Zustand für einen demokratischen Rechtsstaat

Der BND führt ein Eigenleben und täuscht die Abgeordneten, die ihn kontrollieren sollen. Das ist ein unhaltbarer Zustand für einen demokratischen Rechtsstaat. Ein breites Bündnis, bestehend aus Amnesty International, Digitalcourage, Humanistische Union, Internationale Liga für Menschenrechte, Reporter ohne Grenzen, das Whistleblower Netzwerk und #wastun gegen Überwachung, ruft zu der Kundgebung auf.

Unsere Forderungen:

– Massenüberwachung beenden – Privatsphäre schützen

– Sofortige Aufklärung des BND-Skandals

– Wirksame Kontrolle der Geheimdienste

Während der Kundgebung bilden wir eine mehrere hundert Meter lange Menschenkette an der Vorderseite der BND-Zentrale, indem die Aktivisten riesige Kettenglieder halten.

Treffpunkt am Samstag, 5. September, um 12:15 Uhr:

Wir freuen uns, Sie zu „BND an die Kette“ begrüßen zu können am Samstag, 5. September, um 12:15 Uhr. Treffpunkt an der Südwestspitze der neuen BND-Zentrale, Habersaathstraße, Berlin (Nähe U6 Schwartzkopffstraße).

Weitere Informationen im Internet:

Kampagnenwebseite: https://bnd-an-die-kette.de

ROG-Klage gegen den BND unterstützen: www.reporter-ohne-grenzen.de/bnd-klage/

Diese Einladung auf der ROG-Webseite: http://t1p.de/ji2q

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„Tiersterben in der Jagst durch kunstdüngerverseuchtes Löschwasser“ – Fragen von Hohenlohe-ungefiltert: Antworten des Landratsamts Schwäbisch Hall

Hohenlohe-ungefiltert hat wegen des Tiersterbens in der Jagst beim Landratsamt Schwäbisch Hall nachgefragt. Hier die Fragen von Hohenlohe-ungefiltert und die Antworten der Pressestelle des Landratsamts vom 2. September 2015.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

1.: Warum werden die Schadstoffwerte seit Freitag nicht mehr am Mühlkanal in Lobenhausen gemessen, obwohl dort noch am vergangenen Donnerstag die höchste Ammoniumkonzentration im Landkreis war?

Landratsamt: Die Messstelle ist jetzt in Mistlau (kurz nach der Einleitstelle des Mühlkanals), da kein ausreichender Durchfluss mehr im Mühlkanal ist.

2.: Warum wurden bis Donnerstag auf Gemarkung Kirchberg an der Jagst keine Nitratwerte gemessen?

Um vertiefende Erkenntnisse zu erhalten wurde ab Donnerstag die Messstelle in Kirchberg integriert.

3. Treten derzeit noch gefährliche Stoffe von der Brandstelle und der dortigen Umgebung in die Jagst?

Nein.

4. Ist das Rückhaltebecken in Lobenhausen derzeit leer; treten von dort keine Schadstoffe mehr in die Jagst?

Ja, es treten keine Schadstoffe aus dem Rückhaltebecken aus.

5. Warum konnten Schadstoffe durch das Rückhaltebecken in die Jagst gelangen?

Wird ermittelt.

6. Warum wurde der Mühlkanal nicht gleich zu Beginn der Löscharbeiten von der Jagst getrennt?

Wird ermittelt.

7. Warum wurde der Mühlkanal nicht durch einen Damm schnellstmöglich abgedichtet, damit kein Gift in die Jagst gelangt?

Wird ermittelt.

8. Wann (Datum und Uhrzeit) hat das Landratsamt erstmals die Gemeinden flussabwärts über die kommende Giftwelle alarmiert?

Die Anrainergemeinden unterhalb des Schadortes wurden am Sonntag, 23. August 2015, um 10:39 Uhr auf Veranlassung des Landratsamtes durch die Leitstelle über die Verunreinigung der Jagst informiert. Die Anrainergemeinden wurden vom Landratsamt darum gebeten Bürgerinnen und Bürger, die Fischereiverbände sowie die Verantwortlichen ins Bild zu setzen.
Dass diese Informationskette funktioniert hat, wurde beim Arbeitskreis „Unsere Jagst“ am 1. September 2015 von den Verantwortlichen bestätigt. Selbstverständlich ist es für Landratsamt und die Gemeinden nicht möglich, sämtliche Fischereibevollmächtigte zu verständigen, da diese oft nicht bekannt sind oder weit außerhalb des Landkreises wohnhaft sind.
Die Informationskette machte es möglich, dass Fischer im Bereich Mistlau Rückzugsgewässer für Fische installieren konnten und damit einen Teil der Population retten konnten.
Im Weiteren wurden der benachbarte Hohenlohekreis und der Landkreis Heilbronn, das Regierungspräsidium Stuttgart und das Innenministerium Baden-Württemberg benachrichtigt. Der Arbeitsbereich Gewerbe und Umwelt der Polizei hatte inzwischen die Ermittlungen aufgenommen.

9. Wann hat das Landratsamt erstmals die Mühlenbesitzer flussabwärts informiert, um Zonen zu schaffen, in denen die Wassertiere vom Giftwasser verschont bleiben? Leiten des Jagstwassers durch die Mühlkanäle?

Antwort: Siehe Frage 8

10. Wann hat das Landratsamt die Fischereivereine entlang der Jagst informiert, damit diese noch möglichst viele Flusstiere vor der Giftwelle in Sicherheit bringen können?

Antworten: Siehe Frage 8; siehe hierzu auch unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall

11. Wann hat sich das Landratsamt erstmals an Süßwasserexperten gewandt, um Unterstützung und Informationen zur Eindämmung der Gefahren und Schäden zu bekommen?

Am Montagmorgen hat das Landratsamt telefonisch Kontakt mit dem LUBW und dem Fischereisachverständigen des Regierungspräsidiums (RP) aufgenommen.

12. Wohin kann ich mich als Bürger auch am Wochenende und nachts direkt wenden, wenn es brennt und die Gefahr von Schäden durch Giftstoffe besteht?

An die Integrierte Leitstelle der Polizei und Feuerwehr (112).

Zudem wurden folgende Kontakte vom Landratsamt in der Presse sowie auf der Homepage des Landkreises Hall veröffentlicht:

Fischsterben in der Jagst – Kontaktdaten:
Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz (Entsorgung der verendeten Tiere, Anforderung von Containern)
Tel. 0160 96690364, (Tierkörperbeseitigung Sulzdorf, Herr Tischer)
Tel. 07904/7007-3240, (Veterinäramt)
Tel. 07904/7007-3250 oder 0172 9237821, (Amtsleiter Dr. Schreiber)
Tel. 07904/7007-3252 (Dr. Klöss)
Bürgertelefon/Bürgerreferentin:
Tel. 0791/755-7841 (Frau Ilg)
Stadtverwaltung Kirchberg/Jagst
Tel. 07954/98010
Stadtverwaltung Ilshofen
Tel. 07904/7020
Stadtverwaltung Gerabronn
Tel. 07952/6040
Stadtverwaltung Langenburg
Tel. 07905/91020

13. Mitglieder von Umweltschutzverbänden und von Fischereivereinen sagen, dass vom Umweltamt Schwäbisch Hall viel zu lange niemand zu erreichen war. Dadurch seien viele wertvolle Stunden verstrichen, in denen viele Tiere hätten gerettet werden können. Wann konnten diese Menschen erstmals erfolgreich Kontakt mit dem Landratsamt aufnehmen?

Am Montagmorgen.

Wann hat das Landratsamt erstmals von dem Giftunglück in Lobenhausen Kenntnis erhalten?

Am Sonntag nach Sonnenaufgang (zirka 7:46Uhr) hat der Gewässerwart, der Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Kirchberg/Jagst ist, unterhalb der Brandstelle ein Fischsterben festgestellt. Die anwesende Vertreterin des Landratsamts – Fachdienst Wasserwirtschaft (ab zirka 8:30 Uhr) – hat sofort eine Beprobung des Jagstwassers durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die Werte von Ammoniumnitrat im Mühlkanal, das aus den gelagerten Düngemitteln stammt, bis zum 200-fachen für Fische kritischen Wert überschritten waren. Es wurde daraufhin sofort vom ebenfalls anwesenden Ersten Landesbeamten Michael Knaus veranlasst, dass der Mühlkanal vom Netz des Jagstgewässers getrennt wurde.

14. Warum hat es bisher im Landkreis Schwäbisch Hall noch keine Informationsveranstaltung zu dem Tiersterben in der Jagst gegeben wie im Hohenlohekreis? Wann ist eine solche Veranstaltung für den Landkreis Hall geplant?

Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.

15. Wie kommentieren Sie die Aussagen des Süßwasser-Fachmanns Michael Pfeiffer (Limnologe aus Freiburg) in der Ausgabe des Hohenloher Tagblatts vom 1. September 2015 (http://www.swp.de/crailsheim/lokales/landkreis_schwaebisch_hall/800-000-Liter-kontaminiertes-Loeschwasser-in-Crailsheim-Kritik-an-Landratsamt-erneuert;art5722,3404636und in der Stuttgarter Zeitung vom 28. August 2015 http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fischsterben-in-der-jagst-die-menschen-kaempfen-um-ihren-fluss.de1c8db6-db3a-4d0b-8102-eead45cfe1ce.html ?

Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.

16. Wie groß ist der entstandene Schaden?

Wird ermittelt.

17. Was hat die Landkreisverwaltung beim Schadensfall in Lobenhausen und entlang der Jagst falsch gemacht?

Diese Frage kann so nicht beantwortet werden. Hierzu braucht es differenzierte Analysen, da es für so einen Schadensfall bisher keine Vorgaben und Aktionspläne gibt. Das Landratsamt musste sich jegliches Vorgehen selbst erarbeiten.

Siehe hierzu auch die weitere unten anhängende Pressemitteilung, die das Landratsamt Schwäbisch Hall zusammen mit dem Hohenlohekreis verfasst hat.

18. Was wird der Landkreis nun tun, um künftig solche Unglücke zu verhindern und im Schadensfall wirkungsvoller reagieren zu können?

Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.

19. Was (außer Spenden sammeln) will der Landkreis tun, um möglichst bald wieder möglichst viele Tierarten in der Jagst anzusiedeln?

Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.

20. Wann (falls überhaupt) kann die Jagst unterhalb von Lobenhausen wieder solch einen Artenreichtum bekommen wie vor der Giftwelle?

Antwort: Siehe unten stehende Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall.

Aktueller Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 2. September 2015:

Fischsterben in der Jagst: Jetzt ermittelt der Staatsanwalt http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.fischsterben-in-der-jagst-jetzt-ermittelt-der-staatsanwalt.c7150b2f-7c1a-4810-8755-54359ef24a7d.html

Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 2. September 2015 (Die Zwischenüberschriften hat die Redaktion von Hohenlohe-ungefiltert hinzugefügt):

Jagst ist nicht ökologisch tot – Kleinstlebewesen haben überlebt

Erste Ergebnisse aus dem Arbeitskreis – Messwerte weiter im Blick

Eine sehr gute Nachricht erreichte das Landratsamt Schwäbisch Hall am Vormittag: Die Jagst ist nicht ökologisch tot, sondern entgegen aller Befürchtungen haben die Kleinstlebewesen in vollem Spektrum, nur mit Ausnahme des Flohkrebses und des Hakenkäfers, überlebt. Der Flohkrebs kam in dem Teil der Jagst aber relativ selten vor. Im Juni 2012 wurden bei Mistlau (Kirchberg/Jagst) nur drei Exemplare gefunden. Die Untersuchung des vom Landratsamt beauftragten Stuttgarter Gewässerbiologen Walter Steineck ergab, dass das biologische Gesamtbild der Jagst unterhalb der Brandstelle recht ähnlich der unbelasteten Jagst ist. „Eine Einwirkung der Schadstoffwelle ist anhand des Merkmals Makrozoobenthos praktisch nicht nachweisbar, weder im Nah- noch im Fernbereich (Mistlau beziehungsweise Oberregenbach)“, sagt der Experte unter Vorbehalt der genaueren Auswertungen, der zum Vergleich die Jagst bei Neidenfels (Gemarkung Satteldorf) untersucht hat. Das massenhafte Fischsterben habe wohl keinen benthischen Effekt ausgelöst.

Kein ökologischer Tod der Jagst

Die Nahrungsgrundlagen für Fische sind also vorhanden, daher kann nicht von einem ökologischen Tod der Jagst gesprochen werden. Die Häufigkeit des natürlichen Vorkommens von Flohkrebsen und Hakenkäfern in der Jagst oberhalb der Brandstelle wird untersucht.

Schwerer ökologischer Schaden

Auch die Fischereiforschungsstelle Langenargen schätzt die Situation vor Ort in einer Stellungnahme von Dr. Alexander Brinker optimistisch ein: „Die Jagst hat einen schweren ökologischen Schaden erlitten, der sich auch längerfristig auf die Artenzusammensetzung auswirken kann. Der positive Aspekt, wenn man das in diesem Zusammenhang sagen kann, ist, dass nach aktuell kommunizierter Sachlage nur Ammoniumnitrat eingetragen wurde. Dies bedeutet, der Fluss ist nicht strukturell geschädigt und wird in Zukunft auch sein vorher bekanntes ökologisches Potential aufweisen. Unter der Voraussetzung, dass keine Fisch-Art komplett ausgelöscht wurde, können wir berechtigter Hoffnung sein, auch die genetischen Varianten der Jagst in Zukunft zu erhalten. Der Fluss selber wird auch in den stark betroffenen Bereichen schnell wieder Leben zeigen, wenn auch die Artengemeinschaften sich in ihrer Diversität und relativen Zusammensetzung erst in der Zukunft einstellen werden. Insgesamt schätzen wir die Situation im Hinblick auf eine Genese optimistisch ein.“

Arbeitskreis „Unsere Jagst“ tagte erstmals am 1. September 2015

Um schnellstmöglich effektive Maßnahmen zur Wiederansiedlung von Fischen und anderen Lebewesen in der Jagst zwischen Kirchberg-Lobenhausen und der Kreisgrenze umzusetzen, entschied sich das Landratsamt Schwäbisch Hall dafür, die Kräfte zu bündeln, um gleich auf der fachlichen Ebene mit der Arbeit beginnen zu können. Am gestrigen späten Nachmittag tagte deshalb erstmals der Arbeitskreis „Unsere Jagst“.

Das Gremium erarbeitete insbesondere folgende vordringliche Maßnahmen beziehungsweise traf folgende Feststellungen:

– Die Nahrungskette in der Jagst muss wieder hergestellt werden, bevor Fische eingesetzt werden können. Vor der Wiedereinsetzung erfolgt deshalb eine genaue Artenanalyse.

– Im Schadensbericht durch die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) werden die heimischen Arten festgelegt, so dass ein artengerechter Wiederbesatz erfolgen kann. (http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/253160/)

– Die Durchgängigkeit der Jagst für Fische wird forciert.

– Als Ausgleichsmaßnahme sollen im Bereich der Jagst Auebiotope angelegt werden.

– Die Seitenbäche der Jagst werden auf Fische, Muscheln und Kleinlebewesen untersucht, und Bestandsdaten werden erhoben.

– Die Landwirte werden gebeten, in der Jagstaue und im Bereich der Seitengewässer auf Düngung zu verzichten, damit sich das Jagstwasser weiterhin erholen kann. Es ist darauf zu achten, dass die Gülleverordnung des Landes eingehalten wird.

– Die Kommunen werden gebeten, eine Kontaktdatenliste der Fischereiberechtigten zu erstellen, die im Gemeindegebiet vorhanden sind. Nach dem derzeitigen Fischereirecht sind die Nutzungsberechtigten nicht einheitlich erfasst.

– In der Universität Freiburg werden derzeit drei verendete Fische untersucht. Das Ergebnis wird dem Landratsamt baldmöglichst mitgeteilt.

– Die Anschwemmung von verendeten Fischen aus dem Landkreis Schwäbisch Hall im Hohenlohekreis wird von dort überwacht.

– Die Frage des Schadensersatzes für die Fischereivereine wird auch vom Landesfischereiverband geprüft.

– Das Landratsamt wird die von den Fischereivereinen gemeldeten Schäden an das Regierungspräsidium weiterleiten. Informationen über verendete Vögel, die eventuell  gefunden werden, werden an das Veterinäramt des Landratsamts weitergegeben.

– Die Klärwärter der Anrainerstädte werden regelmäßig über die laufenden Sauerstoffwerte des Jagstwassers informiert.

– Die über 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren – neben den Mitgliedern des Krisenstabs beim Landratsamt – Vertreter/innen der betroffenen Fischereivereine, der Umweltverbände, die Bürgermeister Klaus-Dieter Schumm (Gerabronn), Roland Wurmthaler (Ilshofen) und Wolfgang Class (Langenburg) sowie Ordnungsamtsleiter Jürgen Köhnlein (Kirchberg/Jagst) als Vertreter der Anliegerstädte und Vertreter des Regierungspräsidiums aus den Bereichen Naturschutz, Oberirdische Gewässer und Fischerei. In dieser Runde waren auch der Erste Landesbeamte Gotthard Wirth und der Fachbereichsleiter Wasserwirtschaft des Hohenlohekreises sowie eine Vertreterin der Gemeindeverwaltung Mulfingen beteiligt.

– Der nahezu identische Personenkreis der Hauptbetroffenen war bereits vor einer Woche, am Dienstag 25. August 2015, ins Landratsamt einberufen worden, wo Erster Landesbeamter Michael Knaus über den aktuellen Stand der Erkenntnisse berichtet hatte.

– Im Arbeitskreis „Unsere Jagst“ herrschte eine ernste, jedoch optimistische Stimmung.
Bestätigt wurde, dass die Information über den Unglücksfall bei der Lobenhausener Mühle nach der Brandnacht bereits am Sonntagvormittag bei den betroffenen Fischereivereinen angekommen ist.

– Deutlich wurde, dass sich die Fischereivereine derzeit große Sorgen um ihre Zukunft machen. Wegen der anstehenden Aufgaben, die ehrenamtlich zu bewältigen sind, befürchten sie zurückgehende Mitgliederzahlen und finanzielle Probleme. Erster Landesbeamter Michael Knaus hatte vor diesem Hintergrund veranlasst, dass bereits am vergangenen Montag ein Spendenkonto eingerichtet wurde. Mit den eingehenden Mitteln soll auch das Ehrenamt in den Fischereivereinen gefördert werden. Die Bankverbindung ist auf der Startseite der Homepage des Landkreises Schwäbisch Hall eingestellt.

– Sobald in zirka drei Wochen der Schadensbericht vorliegt, findet das nächste Zusammentreffen des Arbeitskreises „Unsere Jagst“ statt. Der Expertenkreis wird im Laufe der Arbeit noch ausgeweitet.

– Weiterhin werden die Wasserwerte laufend überprüft und Belüftungsmaßnahmen zur Verbesserung des Sauerstoffgehalts durchgeführt. Der erhöhte Ammonium-Wert in der Jagst bei Mistlau geht mehr und mehr zurück. Die aktuellen Sauerstoffwerte werden täglich aktualisiert auf der Internetseite des Landratsamts eingestellt.

Gemeinsame Pressemitteilung des Landratsamts Schwäbisch Hall und des Landratsamts Hohenlohekreis vom 1. September 2015 zur Schadstoffbelastung in der Jagst (Zwischenüberschriften von Hohenlohe-ungefiltert):

Ammonium-Werte im Wasser bis zum 200-fachen des für Fische kritischen Wertes

Am Morgen des 23. August 2015 (Sonntag) wurden unterhalb der Brandstelle in Kirchberg-Lobenhausen im Landkreis Schwäbisch Hall in der Jagst verendete Fische entdeckt. Es stellte sich heraus, dass mit Düngemittel verunreinigtes Löschwasser in unbekannter Menge in die Jagst gelangte. Bei Sonnenaufgang befand sich das kontaminierte Löschwasser schon in der Jagst und war entsprechend weiter geflossen. Die Vertreterin des Fachdienstes Wasserwirtschaft des Landratsamts Schwäbisch Hall hat unverzüglich vor Ort eine Beprobung des Wassers durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die Ammonium-Werte im Wasser bis zum 200-fachen des für Fische kritischen Wertes überschritten waren. Erster Landesbeamter Michael Knaus, Landratsamt Schwäbisch Hall, hat unverzüglich veranlasst, dass der Mühlkanal vom Netz des Jagstgewässers getrennt wurde. Im Kanal wurde per Bagger ein Wall aufgeschüttet und der Löschwasserrückhaltebehälter vollständig geleert, um zu verhindern, dass weitere Schadstoffe in die Jagst gelangen.

Gemeinden über das Fischsterben informiert

Ein Auspumpen der Jagst war faktisch nicht möglich. Dies hätte zudem zu erheblichen und unwiederbringlichen Schäden an der Ökologie der Jagst geführt, weil erhebliche Flussabschnitte trocken gefallen wären. Bereits am Vormittag wurden die betroffenen Städte im Landkreis Schwäbisch Hall über das Fischsterben informiert mit der Bitte, die Fischereiberechtigten sowie die Anwohner zu unterrichten.

Öffentlichkeit am Montag informiert

Am Morgen des 24. August 2015 trat im Landratsamt Schwäbisch Hall ein Krisenstab zusammen, der das weitere Vorgehen besprach und die weiteren Schritte im Landkreis Schwäbisch Hall sofort veranlasste. Mit Presseerklärung vom 24. August 2015 (Ausgang Landratsamt Schwäbisch Hall um 13 Uhr) wurde die Öffentlichkeit über die veranlassten Maßnahmen umfassend informiert.

Krisenstab im Hohenlohekreis

Am Dienstag, 25. August 2015 wurde auch im Landratsamt Hohenlohekreis unter der Leitung von Landrat Dr. Neth ein Krisenstab eingerichtet. Am Nachmittag des 25. August wurden die Vertreter der anliegenden Kommunen bis Mulfingen, deren Fischereivereine sowie der Hohenloher Landrat bei einem Termin im Landratsamt Schwäbisch Hall über den aktuellen Stand informiert.

Kein festgelegtes Maßnahmenkonzept

Die Schadstoffwelle erreichte am Morgen des 26. August 2015 (Mittwoch) die Kreisgrenze zum Hohenlohekreis und die Maßnahmen zum Schadstoffabbau begannen im Hohenlohekreis. Von der Grundlagenarbeit des Landratsamts Schwäbisch Hall konnten der Hohenlohekreis und der Landkreis Heilbronn profitieren, da es bei derartigen Schadensfällen an Fließgewässern kein festgelegtes Maßnahmenkonzept gibt. Regierungspräsident Johannes Schmalzl, Regierungsvizepräsident Dr. Christian Schneider und die Fischereiforschungsstelle Langenargen haben die Vorgehensweise des Landratsamtes Schwäbisch Hall als richtig bestätigt. Regierungspräsident Johannes Schmalzl: „Die Verantwortlichen in den zuständigen Landratsämtern haben in Anbetracht des Ausmaßes des Unglücks überlegt reagiert und alle Möglichkeiten zur Eindämmung des Schadens ergriffen.“

Erkenntnisse für zukünftige Arbeit nutzen

„Dank der hervorragenden Zusammenarbeit der Kreisverwaltungen sowie der großartigen Unterstützung der freiwilligen Helferinnen und Helfern konnten wir gemeinsam die zahlreichen Herausforderungen erfolgreich abarbeiten. Die Landratsämter konnten Erkenntnisse gewinnen, die sie für die zukünftige Arbeit nutzen können“, erklärt Gerhard Bauer, Landrat des Landkreises Schwäbisch Hall.

Landratsamt Heilbronn frühzeitig in Besprechungen einbezogen

Auch Dr. Matthias Neth, Landrat des Hohenlohekreises, ist dankbar über die gute Zusammenarbeit mit den Nachbarlandkreisen. „In solchen Krisensituationen ist es besonders wichtig, dass die Zusammenarbeit zwischen den Behörden funktioniert. Daher bin ich froh, dass wir auf die gute Vorarbeit des Landratsamtes Schwäbisch Hall aufbauen und somit zügig die ersten Rettungsmaßnahmen einleiten konnten“. Das Landratsamt Heilbronn wurde ebenfalls frühzeitig in Besprechungen einbezogen und über die eingeleiteten Maßnahmen informiert.

Schadstofffahne erreicht den Landkreis Heilbronn

Seit gestern (Montag, 31. August 2015) ist die Schadstofffahne nun im Landkreis Heilbronn eingetroffen. Sie wird voraussichtlich in der zweiten Wochenhälfte den Hohenlohekreis verlassen. Messungen zur Wasserqualität der Jagst werden weiterhin im Landkreis Schwäbisch Hall und im Hohenlohekreis durchgeführt. Aufgrund von Verwesungsprozessen ist nun der Sauerstoffgehalt der Jagst ein besonders wichtiger Paramater. Die Belüftungsmaßnamen werden weiterhin fortgesetzt.

Info:
Die Fließstrecken der Jagst unterhalb der Schadensstelle in Kirchberg-Lobenhausen betragen im Landkreis Schwäbisch Hall 29 Kilometer, im Hohenlohekreis und im Landkreis Heilbronn jeweils 45 Kilometer. Anschließend mündet die Jagst in den Neckar.

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„Größte Umweltkatastrophe in Baden-Württemberg seit Jahrzehnten“ – Verseuchtes Löschwasser in der Jagst: SWR-Sendungen zum Hören und Sehen

Es ist die größte Umweltkatastrophe in Baden-Württemberg seit Jahrzehnten. Nach dem Brand eines Landhandels in Kirchberg-Lobenhausen im Landkreis Schwäbisch Hall ist mit Ammonium verseuchtes Löschwasser in die Jagst geflossen.

Vom Südwestrundfunk (SWR)

SWR1-Radiosendung vom 1. September 2015 zum Nachhören:

http://www.swr.de/swr1/bw/programm/swr1-thema-heute-fischsterben-in-der-jagst-eine-region-kaempft-um-ihren-fluss/-/id=446250/did=16087014/nid=233362/hiph1a/index.html

Weitere SWR-Informationen zur Umweltkatastrophe an der Jagst:

Landratsamt räumt Pannen ein

Seit dem Chemieunfall infolge eines Mühlenbrands in Kirchberg im Kreis Schwäbisch Hall ist eine Woche vergangen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat jetzt zwar Pannen eingeräumt, sieht bei sich aber keine Fehler.

Die Behörde selbst habe alles richtig gemacht, sagte der erste Landesbeamte Michael Knaus am Dienstag. Allerdings sei mit Dünger verseuchtes Löschwasser über ein Rohr aus dem Löschwasserrückhaltebecken ungehindert in die Jagst geflossen – und das möglicherweise über Stunden. Knaus gab an, dass man jedoch erst noch klären müsse, wie das passieren konnte.

SWR-Sendung zum Nachhören:

http://www.swr.de/swr1/bw/programm/umweltkatastrophe-in-der-jagst-landratsamt-raeumt-pannen-ein/-/id=446250/did=16084412/nid=446250/m2o657/index.html

Krisenmanagment der Umweltkatastrophe an der Jagst:

„Verständnis für Ärger der Bürger“

Die Behörden arbeiten weiter daran, eine Ausweitung der Umweltkatastrophe in der Jagst zu verhindern. Michael Knaus vom Landratsamt Schwäbisch Hall sieht erste Erfolge.

Fernsehbeitrag von Landesschau aktuell Baden-Württemberg ansehen:

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/krisenmanagment-der-umweltkatastrophe-verstaendnis-fuer-aerger-der-buerger/-/id=1622/did=16069528/nid=446250/1inyfsn/index.html

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„Umpolung“ – Die Ermittlungen im Polizistenmord von Heilbronn werden seit November 2011 in eine bestimmte Richtung gelenkt – Kommentar des Journalisten Thomas Moser

„Umpolung“ – Die Ermittlungen im Polizistenmord von Heilbronn werden seit dem 4. November 2011 in eine bestimmte Richtung gelenkt. Staatsanwalt Meyer-Manoras und LKA-Beamtin Rieger standen vor dem NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg.

Von Thomas Moser, Freier Journalist

Im Stuttgarter NSU-Ausschuss

„Umpolung“  bezeichnet einen Vorgang, bei dem alle Einzelteile eines Systems komplett und einheitlich neu ausgerichtet werden. Eine Erscheinung in der Natur, die aber auch in sozialen Systemen vorkommen kann. Bei den Ermittlungen zum Polizistenmord von Heilbronn fand nach dem 4. November 2011 eine Umpolung statt, die bei Behörden, Politikern, aber auch Medien bis heute anhält. Wie sie funktioniert, zeigte die Vernehmung des Staatsanwaltes Christoph Meyer-Manoras und der Kriminalbeamtin Sabine Rieger vor dem NSU-Ausschuss in Stuttgart am 24. Juli 2015.

Staatsanwalt untersagte Veröffentlichung von Phantombildern

Die Ermittler kamen – vor 2011 – zu der Einschätzung, die Tat auf der heilbronner Theresienwiese wurde von vier bis sechs Personen begangen. Mehrere Zeugen hatten drei verschiedene blutverschmierte Männer gesehen. Das LKA sah mehrere Phantombilder als wertvoll an, wollte aber, um die Öffentlichkeit nicht zu verwirren, nur drei zur Fahndung herausgeben. Der Staatsanwalt allerdings untersagte jegliche Veröffentlichung von Phantombildern. Am 4. November 2011 änderte sich dann zudem die Ermittlungsrichtung komplett. Der NSU mit den Mitgliedern Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe wurde bekannt. Seither schreibt die Bundesanwaltschaft (BAW) die Tat, allen begründeten Zweifeln zum Trotz, Böhnhardt und Mundlos und nur ihnen allein zu. Und diesem Dogma folgen nun alle – vom Landesinnenminister bis zum Staatsanwalt von Heilbronn. Dass keines (!) der Phantombilder auch nur annähernd Böhnhardt und Mundlos ähnelt, stellt nicht etwa ihre Anwesenheit in Frage, sondern wird umgekehrt als Beleg genommen, dass die Zeugen nicht die Täter gesehen haben. Die blutverschmierten Männer sollen also nichts mit der Tat zu tun gehabt haben, sondern alle rein zufällig um dieselbe Zeit in der selben Gegend herumgelaufen sein. So werden Regeln der formalen Logik auf den Kopf gestellt.

Videoaufzeichnungen jahrelang nicht ausgewertet

Anderes Beispiel: Videoaufzeichnungen aus Geschäften und Tankstellen rund um den Tatort. Sie wurden jahrelang nicht ausgewertet. Wonach hätte man suchen sollen?, fragte der Zeuge Staatsanwalt den Untersuchungsausschuss rhetorisch. Wonach wohl? Zum Beispiel nach Personen, die den Phantombildern ähneln. Erst nach 2011 wurden die Videos ausgewertet. Weil man nun darauf nicht Böhnhardt oder Mundlos sieht, betrachtet der Staatsanwalt das als nachträgliche Rechtfertigung für die Nichtauswertung der Videos. Anstatt, dass sich auch dadurch Zweifel an ihrer Anwesenheit ergäben. Der Staatsanwalt benutzt das Böhnhardt-Mundlos-zwei-Täter-Dogma als Rechtfertigung für die Unterlassung und Verschleppung der Ermittlungen nach 2007, die er mit zu verantworten hat.

Puzzleteile werden passend gemacht

Die Ermittler kamen – vor 2011 – zu dem Ergebnis, die Angreifer mussten zwei Rechtshänder gewesen sein. Mundlos habe links des Streifenwagens der Fahrerin Kiesewetter in den Kopf geschossen, Böhnhardt rechts dem Beifahrer Arnold. Doch Böhnhardt war Linkshänder. Damit stimmt die Schussbahn nicht überein. Ein Linkshänder hätte weiter vorne stehen müssen, wäre vom Opfer gesehen worden und in die Schussbahn des anderen Täters geraten. Staatsanwalt Meyer-Manoras räumte vor dem Ausschuss ein, dass er darüber erst seit der Ausstrahlung einer TV-Dokumentation („Kampf um die Wahrheit“, 3sat, 6.7.2015) nachgedacht und ihn das ins Grübeln gebracht habe. Ziemlich freihändig meinte er dann aber, vielleicht habe ja Böhnhardt links auf Kiesewetter geschossen und Mundlos rechts auf Arnold. Motto: Wenn ein Puzzleteil nicht passt, macht man es eben passend. Von derartigen Mängeln war der Auftritt des Zeugen geprägt.

Viele Ungereimtheiten

Hinzu kamen Polemiken, die einem Funktionsträger nicht zustehen. Wie schon vor dem NSU-Bundestagsausschuss qualifizierte er Zeugen, die blutverschmierte Männer sahen, ab. Zum Beispiel die damals 71-jährige Frau W., die gegen 14 Uhr am Tattag am südlichen Eingang zur Theresienwiese einen heraneilenden blutverschmierten Mann sah, der in ein wartendes Auto einstieg. Die Zeugin glaubte auch, einige Zeit vorher Schüsse gehört zu haben. Wie schon in Berlin stellte Staatsanwalt Mayer-Manoras auch in Stuttgart den Sachverhalt unvollständig und manipulativ dar. Seine Version geht so: Die Zeugin W. habe von der Stelle, wo sie Schüsse vernommen habe, bis zu der Stelle, wo sie den blutverschmierten Mann gesehen haben will, mit ihrem Auto 40 Sekunden gebraucht. Doch die 400 Meter vom Tatort zu besagter Ampel könne man nicht in 40 Sekunden laufen. Süffisant fügte er den Weltrekord und den Weltrekordhalter über 400 Meter hinzu. Die Aussage der Frau sei deshalb unglaubwürdig. Nicht wenige Medien übernehmen diese Erzählung ungeprüft. Jedoch: An der Darstellung des Staatsanwaltes stimmt so gut wie nichts. Erstens beträgt die Entfernung vom Tatort zu der Ampel nicht 400 Meter, sondern maximal 300 Meter. Zweitens braucht man für die Strecke, die Frau W. im Auto bis zu jener Ampel zurücklegte, nicht 40 Sekunden, sondern mindestens 60 Sekunden. (Die Ampelphase nicht mitgerechnet.) Und drittens hat die Zeugin vielleicht gar keine Schüsse gehört, sondern zerplatzende Luftballons. Zu dieser Überlegung kam jedenfalls die SoKo Parkplatz, die die Tat und die Zeugenaussagen während eines Frühlingsfestes nachstellte. Dabei fiel den Ermittlern im südlichen Bereich des Festplatzes Theresienwiese ein Luftballonstand auf. Das alles wiederum ist Staatsanwalt Meyer-Manoras bestens bekannt. Er hat es zum zweiten Mal einem Ausschuss verschwiegen.

Berufliches und privates Umfeld des Opfers nicht durchleuchtet

Ein letztes Beispiel für die Haltung des „Ersten Staatsanwaltes“ von Heilbronn sei nicht vorenthalten: Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) konfrontiert ihn mit der Aussage von Rechtsanwalt Walter Martinek, der Martin A. vertritt, jenen Polizeibeamten, der den Anschlag mit viel Glück schwerverletzt überlebt hat. Der Anwalt, so Drexler, habe gegenüber dem SWR die Ermittlungen kritisiert, das berufliche und private Umfeld des Opfers sei nicht durchleuchtet worden. Antwort Meyer-Manoras: „Was Nebenkläger vor laufenden Kameras sagen, interessiert mich nicht.“ Die Liste ließe sich fortsetzen. Der Staatsanwalt mag mit seinem Verhalten zwar politisch folgsam sein, für die Ermittlungen aber ist er ein Problem.

Hinweis des Beamten wurde „keine weitere Bedeutung zugemessen“

Seit dem 4. November 2011 ist das gesamte Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg durch die Vorgaben der BAW „umgepolt“. Die Ermittlungen sollten nur noch die Täterschaft von Böhnhardt und Mundlos „nachweisen“ und nicht mehr rückhaltlos und in alle Richtungen erfolgen. Zu welchen Konsequenzen das führte, dokumentierte die Vernehmung der LKA-Beamtin Sabine Rieger auf drastische Weise. Ein Paradebeispiel: Michèle Kiesewetter verbrachte den Abend vor ihrem Tod mit dem Kollegen Marcello P. (Er wurde am 24. Juli 2015 vom Ausschuss in einem Nebenraum gehört.) P. hatte in seiner Vernehmung durch das LKA im Dezember 2010 angegeben, ihm und Kiesewetter sei an jenem Abend in Böblingen ein Mann aufgefallen, der sie auffällig beobachtet habe. Als ihm die Ermittler (u.a. Sabine Rieger) die Phantombilder von Heilbronn vorlegten, deutete er auf das Bild, das nach den Angaben des schwerverletzten Beamten Martin A. gezeichnet worden war. (Im Ermittlungsbericht das 14. Phantombild, offiziell aber Bild Nr. 7) Sie seien elektrisiert gewesen, so die LKA-Vertreterin gegenüber dem Ausschuss. Doch dann kam der 4. November 2011 mit dem Auffliegen des NSU und der Festlegung auf Böhnhardt und Mundlos als die alleinigen Attentäter von Heilbronn. Am 16. November 2011 wurden P. erneut Lichtbilder vorgelegt, die nach einem Zufallsprinzip ausgewählt wurden – vor allem zusätzlich aber auch ein Bild von Uwe Böhnhardt. „Wenn er jetzt nicht auf Böhnhardt zeigt, hat seine Aussage keine Bedeutung“, habe sie damals gedacht, so die LKA-Beamtin Rieger vor dem Ausschuss. Tatsächlich zeigte P. nicht auf Böhnhardt, sondern auf eine andere Person. Doch die galt als „verfahrensunbeteiligte Person“, weil sie keine Ähnlichkeit mit Böhnhardt oder Mundlos aufwies. Die Folge: dem Hinweis des Beamten wurde „keine weitere Bedeutung zugemessen“. Die Festlegung auf die „zwei Uwes“ als Täter erwies sich damit als Falle. Eine verordnete Ermittlungsrichtung mit verheerendem kriminalistischen Ergebnis. Als die Kriminalhauptkommissarin von der Abgeordneten Petra Häffner (Grüne) gefragt wird, wieviele Spuren verworfen worden seien, weil sie nicht zu „NSU“ gepasst haben, versteht sie zunächst die Frage gar nicht. Die Umpolung ist perfekt.

Ermittlungen mit Schlagseite

„Die Ermittlungen waren nach dem 4. November 2011 darauf ausgerichtet, die Täterschaft von Mundlos und Böhnhardt nachzuweisen.“ Zitat Innenminister Reinhold Gall, Juli 2013. Auch die grün-rote Landesregierung unterstützt bis heute dieses Dogma. Das nennt man tendenziös – ist aber gescheitert: Denn auch diese Ermittlungen mit Schlagseite konnten „keinen eindeutigen Nachweis erbringen, dass Böhnhardt und Mundlos am Tattag in unmittelbarer Tatortnähe Theresienwiese waren“. (Zitat BKA-Ermittlungsbericht, Oktober 2012) Das wiederum kann bedeuten: Die wahren Täter oder Mittäter laufen noch frei herum. Und die Verantwortung dafür haben die Bundesanwaltschaft, der Landesinnenminister, das LKA und auch der Erste Staatsanwalt von Heilbronn.

Politische Ebene des Falles: ganz nah an Ex-Justizminister Goll

Warum aber soll der Staatsanwalt 2007 die Ermittlungen hintertrieben und die Phantombilder unterdrückt haben? Gute Frage. Sie gilt aber auch für die übergeordnetere, warum die Bundesanwaltschaft nicht weitere und andere Täter sucht, als die zwei Uwes. Viele Hinweise legen inzwischen nahe, dass die Phantombilder reale Personen zeigen. Möglicherweise Personen, die besser nicht mit der Tat in Verbindung gebracht werden sollten. Meyer-Manoras muss das nicht selber gewusst haben, es reicht, dass er möglicherweise bestimmten „Ratschlägen“ von irgendeiner Seite gefolgt ist. Warum soll das abwegig sein? Dass unter der Regie der SoKo Parkplatz Nummer 1 Aktenmanipulationen vorgenommen wurden, ist jedenfalls belegt. Sie wurden im Untersuchungsausschuss bisher nur angesprochen, sind aber nicht aufgeklärt. Die Nichtveröffentlichung der Phantombilder war mit dem Generalstaatsanwalt von Stuttgart, Klaus Pflieger, abgesprochen. Vielleicht kam die Anweisung sogar von dort. Jedenfalls sind wir damit endgültig auf der politischen Ebene des Falles angekommen – und ganz nah am Justizminister, der damals Ulrich Goll hieß und der heute für die FDP-Fraktion im Untersuchungsausschuss sitzt. Wie soll er sein eigenes Regierungshandeln untersuchen? Er müsste sich selber als Zeuge befragen. Eine „Umpolung“ ist das eine. Sie als solche zu erkennen, das andere. Wer aber nicht unabhängig ist, sondern selber Teil des Systems, dem wird das nicht gelingen. Und das wiederum ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umpolung.

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„Hohenloher Piraten segeln mit frischem Wind in die Landtagswahl“ – Matthias Jahn als Direktkandidat gewählt

Die Mitglieder der Piratenpartei des Wahlkreises Hohenlohe wählten in Künzelsau die Kandidaten für die Landtagswahl 2016. Direktkandidat wurde Matthias Jahn (23). Als Ersatzkandidat wurde Ali Karakilic (44, Techniker) gewählt.

Von der Piratenpartei im Wahlkreis Hohenlohe

Digitalisierung in den Fokus nehmen

Jahn in seiner Vorstellungsrede: „Der Dialog mit den Menschen ist mir persönlich wichtig – ich möchte offen, authentisch und bürgernah landesrelevante Themen wie Bildung, Kultur und Zuwanderung behandeln und für uns Hohenloher als Sprachrohr im Landtag fungieren. Außerdem müssen wir die Digitalisierung in den Fokus nehmen, den Blick mit neuen Ideen auf die Zukunft richten, dürfen dabei aber Altbewährtes nicht vergessen.“

Bürgerbeteiligung stärken

Der angehende Fachinformatiker Matthias Jahn ist gebürtiger Künzelsauer und engagierte sich ehrenamtlich drei Jahre im Jugendrat Künzelsau. Als politische Ziele formuliert er unter anderem die Stärkung der Bürgerbeteiligung, die zeitgemäße kulturelle und sexuelle Aufklärung in den Schulen sowie die Förderung sozialer und ökologischer Projekte.

Treffen alle vier Wochen

Es besteht die Möglichkeit die Kandidaten bei den Treffen, die alle vier Wochen im Wechsel in Öhringen und Künzelsau stattfinden, persönlich kennenzulernen und sich von der Piratenpartei ein Bild zu machen. Die Piraten freuen sich auf einen spannenden Wahlkampf. Vorher steht jedoch noch die Sammlung der 150 Unterstützungsunterschriften an, damit die Piratenpartei im Wahlkreis Hohenlohe bei der Landtagswahl 2016 antreten kann.

Weitere Informationen und Kontakt:

www.piraten-hohenlohe.de

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