„Wir gehen vor! Gute Arbeit, gerechte Löhne, starker Sozialstaat“ – 1. Mai-Kundgebung in Öhringen

Dieses Jahr lädt der Deutsche Gewerkschaftsbund für Schwäbisch Hall und Hohenlohe zur Maikundgebung in Öhringen ein. Start ist am Samstag, 1. Mai 2010, um 10 Uhr mit einem Demonstrationszug von der Veranstaltungshalle Kultura aus.

Von Anne Neuberger, DGB-Region Nordwürttemberg, Büro Heilbronn

Maifest mit Arbeiterliedern und Kinderprogramm

Ab 11 Uhr findet die Kundgebung auf dem Öhringer Hafenmarkt statt, bei der die DGB-Regionssekretärin Silvia Wagner sowie die 1. Bevollmächtigte der IG Metall Schwäbisch Hall, Heidi Scharf, eine aktuelle Einschätzung der sozialpolitischen Lage geben. Begleitet wird der Demonstrationszug und die Kundgebung durch die brasilianischen Trommelrhythmen von „samba salina“ und Arbeiterlieder der „Schalmeienkapelle Schwäbisch Hall“. Beim anschließenden Maifest sorgen „Smooth ladies and gentle man“ für Unterhaltung. Eine Taekwondo-Vorführung, Infostände, Kinderprogramm und Bewirtung runden das Fest ab.

Bernhard Löffler, DGB-Regionsvorsitzender Nordwürttemberg, ruft zur Teilnahme an den 14 Kundgebungen der Region auf:

„Wir, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwirtschaften Tag für Tag den Wohlstand dieses Landes. Deshalb fordern wir zu recht: Wir gehen vor! Die Krise ist noch nicht vorbei. Bislang konnte ein starker Anstieg von Arbeitslosigkeit verhindert werden. Kurzarbeit, Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung, Konjunkturprogramm und Abwrackprämie – dafür haben die Gewerkschaften erfolgreich gekämpft.

Die Wirtschaft muss den Menschen dienen

Geleitet von der Einsicht, dass die Wirtschaft den Menschen dienen muss und nicht der Mensch der Wirtschaft, fordern die Gewerkschaften ein Umdenken: Wir sehen die Zukunft in einer neuen, nachhaltigen Form des Wirtschaftens mit mehr Mitbestimmung in den Betrieben und Verwaltungen. Die Finanzkrise hat vielen Menschen deutlich werden lassen, dass die gewerkschaftlich geforderte Regulierung des Finanzmarktes eine Notwendigkeit darstellt, denn mit den Spekulationen werden die sozialen Errungenschaften bedroht und der Sozialstaat insgesamt in Frage gestellt.

Der Sozialstaat muss die Gerechtigkeitslücke schließen

Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich weiter geöffnet. Der Sozialstaat muss die Gerechtigkeitslücke schließen. Es darf nicht sein, dass die Milliardensummen deutscher Steuersünder unbehelligt im Ausland verschwinden und die Kinderarmut im Land steigt. Deshalb müssen hohe Einkommen und Erbschaften stärker besteuert werden. Die Armut in Deutschland – einem der reichsten Länder dieser Erde – können wir uns nicht leisten. Wir streiten für einen Staat, der die Lebensrisiken Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter und Pflege verlässlich absichert. Solidarität zu leben, bedeutet, die Herstellung von Gerechtigkeit: starke Schultern in der Gesellschaft müssen mehr Lasten tragen, als die Schwachen.

Kampf für den Mindestlohn

Mit ihren Aktivitäten wehren sich die Gewerkschaften gegen die Entsolidarisierung des Gesundheitssystems durch die Kopfpauschale genauso, wie gegen die Verschlechterung der Renten und das erhöhte Renteneintrittsalter. Wir wollen soziale Ungerechtigkeiten beseitigen und kämpfen für den Mindestlohn – gegen Dumpinglöhne und prekäre Beschäftigung. Vom Arbeitseinkommen muss der Mensch leben können. Eine Regierung, die Niedriglöhne duldet, verzichtet nicht nur auf Steuereinnahmen, sie subventioniert unnötigerweise Unternehmen mit Steuermitteln und beschädigt die Würde der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir demonstrieren deshalb am 1. Mai 2010 für Gute Arbeit, gerechte Löhne und einen starken Sozialstaat. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen endlich vorgehen.“

Weitere Informationen:

DGB Region Nordwürttemberg
Büro Heilbronn
Gartenstraße 64
74072 Heilbronn
Telefon 07131/88880-10

Internet: www.nordwuerttemberg.dgb.de

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„Er donnert und dröhnt, zwitschert und flüstert“ – Harry Rowohlt liest und erzählt in Schwäbisch Hall

Harry Rowohlt: kein Problembär.

Harry Rowohlt: kein Problembär.

Er kommt nach Schwäbisch Hall. Harry Rowohlt, Übersetzer, Rezitator und Gelegenheits-Schauspieler in der „Lindenstrasse“ bietet einen unterhaltsamen Abend in dem es in bekannter „rowohlt´scher Manier“ donnert und dröhnt, zwitschert und flüstert, und auch Heiterkeit und der Humor nicht zu kurz kommen. Die Veranstaltung findet am Donnerstag, 6. Mai 2010, um 20 Uhr in der Hospitalkirche in Schwäbisch Hall statt.

Von Dietmar Winter, Schwäbisch Hall

„Der Problembär ist los, der Papst bereist Polen…“

Treue Fans und Neuentdecker können jubeln: Harry Rowohlts Zeit-Kolumne „Pooh`s Corner“ gibt’s jetzt schön handlich verpackt in zwei Bände. Wie schon der erste Band beinhaltet auch der zweite Texte zu allen relevanten Themen der vergangenen zehn Jahre, wie etwa folgenden: „Der Problembär ist los, der Papst bereist Polen, und Harry Rowohlt denkt über die Theodizee nach. Das beginnt mit einem Vorfall in seiner Stammkneipe und endet mit einer erfolglosen Bewerbung eines Harburgers bei Airbus. Auch Axel aus St. Pauli, der in der Pooh-losen Phase an Herrn Rowohlt schrieb: „Schreiben Sie verdammt nochmal endlich mal wieder einen Corner. Was soll denn die Scheiße? Sehr freundliche Grüße, Axel“, kann wieder ganz beruhigt sein.“

Er donnert und dröhnt, zwitschert und flüstert

„Es ist ein Vergnügen ihm zuzuhören – ganz besonders in der zweisprachigen Präsentation der ausgewählten Texte. Rowohlts englische, irische, amerikanische Sprachkompetenz ist umwerfend. Das donnert und dröhnt, zwitschert und flüstert, kostet die Lautmalerei beider Sprachen voll aus – und vergisst niemals die Heiterkeit, den Humor, das aufbrausende homerische Gelächter. … Der Übersetzer-Olymp jedenfalls ist ihm heute schon sicher.“ (Claudia Sandner-v.Dehn, HNA)

Botschafter des irischen Wiskeys

Harry Rowohlt, geboren am 27. März 1945, lebt in Hamburg, Eppendorf, ist Übersetzer, Rezitator und Gelegenheits-Schauspieler in der „Lindenstrasse“. Er hat weit über 100 Bücher aus dem Englischen ins Deutsche übertragen, darunter A.A. Milnes „Pu der Bär“, Frank Mc-Courts Bestseller „Die Asche meiner Mutter“, Shel Silversteins „Raufgefallen“ und Roger Boylans „Killoyle“. 2001 wurde ihm der „Göttinger Elch“ verliehen, 1999 der „Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung der Deutschen Akadamie für Sprache und Dichtung“, 1997 der „Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau“, 1996 wurde er zum „Ambassador of Irish Whiskey“ ernannt. Schliesslich hat er 2003 die Platin-Schallplatte für 250.000 verkaufte „Pu der Bär“-CDs bekommen und 2004 hat ihm der WDR den deutschen Hörbuchpreis für „Flan O´Brien, Auf Schwimmen-zwei-Vögel“ verliehen.

Kurzinfo:

Die Lesung mit Harry Rowohlt findet am Donnerstag, 6. Mai 2010, um 20 Uhr in der Hospitalkirche in Schwäbisch Hall statt.

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„Unscheinbare Kameradinnen? – Mädchen und Frauen in der rechtsextremen Szene“ – Vortrag heute in Schwäbisch Hall

Rechtsextremismus gilt als Männerdomäne. Doch längst haben Mädchen und Frauen auch diese Bastion erobert. Sie wirken nicht nur in rechtsextremen Parteien mit, sondern sie sind auf verschiedenen Ebenen des rechtsextremen Spektrums aktiv: vom rechtskonservativen Lager bis hin zur militanten Neonaziszene. Die Politikwissenschaftlerin Ellen Esen will darüber am heutigen Mittwoch, 28. April 2010, um 20 Uhr mit einem Vortrag in der Haalhalle (am Haalplatz) aufklären.

Von der Stadtverwaltung Schwäbisch Hall

Ellen Esen arbeitet mit Aussteigerinnen und Aussteigern der rechten Szene

Als politische Akteurinnen werden Mädchen und Frauen häufig nicht wahr- und ernstgenommen, was es ihnen einfach macht, die braune Ideologie zu verbreiten. Wer sind die Frauen am rechten Rand, welche Anliegen vertreten sie, was sind ihre Motive für ein Engagement ganz rechts? Ellen Esen, geboren 1960, ist Politikwissenschaftlerin und Referentin in der politischen Bildung. Sie beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren intensiv mit der rechten Szene. Aufklärung über Erscheinen, Symbole und Träger faschistischer Gruppen stellt einen Schwerpunkt ihrer Arbeit dar. Sie deckt auf, wie Jugendliche geködert werden mit kostenlosen Musik-CDs, Comics, interaktiven Websites, Konzerten und dem Versprechen von „Action“. Ellen Esen arbeitet mit Aussteigerinnen und Aussteigern der rechten Szene.

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Ausstellung „Von Lifestyle bis Hatecrime. Rechtsradikale Kleidung und Symbolik im öffentlichen Raum“ am Mittwoch, 28. April 2010, 20 Uhr, in der Haalhalle statt.

Informationen bei:

Fachbereich Jugend, Schule & Soziales, Astrid Winter, Telefon 0791/751-392

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Menschen aus dem Landkreis Schwäbisch Hall protestieren bei Anti-AKW-Demo in Biblis

Auch Butterbrote liefern erneuerbare Energie.

Auch Butterbrote liefern erneuerbare Energie.

Mit einem eigenen Protestbanner haben Menschen aus dem Landkreis Schwäbisch Hall am vergangenen Wochenende bei der Anti-Atomkraft-Demonstration in Biblis teilgenommen.

Die Forderung auf dem Transparent lautet: 100 Prozent Erneuerbare Energien Wasser, Biogas, Wind, Sonne, Butterbrote, Holz.

Das Foto hat die Bürgerinitiative Umweltschutz Offenburg e.V. (BUO), Erich Vieser, Telefon 0781/26952, zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen:

www.die-buo.de

und www.stromrebellen.de

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DGB kämpft für den Erhalt der KZ-Gedenkstätte im Besucherbergwerk Bad Friedrichshall

In den vergangenen Wochen mehrten sich die Stimmen für den Erhalt der KZ-Gedenkstätte im Besucherbergwerk Bad Friedrichhall: Sei es die Unterstützung der SPD auf Landes- und Kreisebene oder die hoffnungsfroh stimmenden Äußerungen des Heilbronner Oberbürgermeisters Himmelsbach, der im Fernsehen eine Chance für eine finanzielle Unterstützung seitens des Landes in Aussicht stellte. Bereits Anfang März 2010 hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einem Brief an die Aufsichtsratsmitglieder der SWS den Erhalt der Gedenkstätte und die Wiedereröffnung des Besucherbergwerkes gefordert.

Von der DGB-Region Nordwürttemberg

Die Chancen scheinen gut zu stehen, dass die Entscheidung des Aufsichtsrates am heutigen Mittwoch, 28. April 2010, zugunsten der Sanierung und Wiedereröffnung des Besucherbergwerkes  fallen wird. Die Stadt Heilbronn als Anteilseigner, vertreten durch Oberbürgermeister Himmelsbach, hat sich indes bislang dennoch schwer getan: So war die Aufforderung an die Miklos Klein-Stiftung, Beweise vorzulegen, dass die staatliche Salz-Saline selbst KZ-Häftlinge beschäftigt hatte, nicht nur unverständlich, sondern zeugte auch von wenig Sensibilität im Umgang mit den Überlebenden, die im Salzstock arbeiten mussten. Deutlich genug waren die Äußerungen eines der letzten Überlebenden Pierre Dawance aus Frankreich im Rahmen einer Gedenkveranstaltung im Salzwerk am 27. März 2010, der im Namen der Opfer den Erhalt der Gedenkstätte forderte.

Der DGB erinnert daran, dass die Gedenkstätte im Besucherbergwerk die einzige Erinnerungsstätte im Raum Heilbronn ist. Noch immer gibt es nichts dergleichen in Heilbronn selbst, beispielsweise für das ehemalige Konzentrationslage Heilbronn. „Unsere Generation musste die dunkle Zeiten des Faschismus glücklicherweise nicht erleben, aber wir haben als Nachfahren die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass so etwas niemals wieder geschieht“, sagt Silke Ortwein vom Heilbronner DGB. Dazu gehöre ihrer Meinung nach auch „…die Erinnerung zu bewahren. Nur wer sich erinnert, kann sich der historischen Verantwortung stellen. Die Verdrängung der Ereignisse aus dem kollektiven Gedächtnis können und dürfen wir uns nicht leisten. Da die KZ-Gedenkstätte im Besucherbergwerk die einzige im Raum Heilbronn ist und zudem durch die Authentizität des Ortes in ihrer Art einen herausragenden Platz einnimmt, muss sie unbedingt erhalten werden.“ Silke Ortwein hofft, dass die Entscheidung im Aufsichtsrat von der Verantwortung getragen wird, nicht nur für die finanziellen Belange der SWS, sondern auch gegenüber den historischen Ereignissen einzustehen, die eng verknüpft sind mit der Geschichte des Bergwerkes.

Weitere Informationen im Internet:

www.nordwuerttemberg.dgb.de

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„Halls OB Pelgrim ist kein Heilsbringer“ – Leserbrief von Berthold Krist

Leserbrief von Berthold Krist (Künzelsau) zur Landtagswahl-Kandidatur von Schwäbisch Halls Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim im Wahlkreis Hohenlohe.

Feierlich wurde die Kandidatur von Hermann-Josef Pelgrim als SPD-Landtagskandidat für Hohenlohe proklamiert. Dieses hohe Lied auf das Haller Stadtoberhaupt kann ich nur bedingt mitsummen. Pelgrims angebliche Genialität in kommunalen Finanzfragen gilt es zu relativieren. Von genial spricht der alte Lateiner, wenn etwas Neues er- und geschaffen wird. In Schwäbisch Hall hat man den Haushalt unter anderem mit altbekannten Methoden zwangsweise sanieren müssen: Verkauf des vorhandenen Tafelsilbers und Verschieben von Schulden in Schatten- beziehungsweise Nebenhaushalte.

Konkret hat man Defizite den Stadtwerken und der städtischen Tochter GWG zugeschoben. Etwas Neues oder Bahnbrechendes birgt diese Vorgehensweise mitnichten in sich. Von den über 13.000 Städten beziehungsweise Gemeinden in Deutschland wird sie von vielen angewendet. Und noch eines: Alle Kommunen in Deutschland haben mit immer engeren Finanzspielräumen zu kämpfen. Auch dort, und nicht nur in Schwäbisch Hall, gilt und galt es zu gestalten. Als Heilsbringer taugt der Haller OB genauso wenig wie alle übrigen Menschen dieser Erde.

Berthold Krist
Meisenweg 5
74653 Künzelsau

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Die Mär von der sicheren Rürup-Rente

Versicherungsvertreter preisen die Rürup-Rente als pfändungsgeschützte Altersvorsorge. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die Behauptung jedoch als Marketing-Trick.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Klarer können sich Behörden nicht ausdrücken. In einem aktuellen Schreiben des Bundesfinanzministers (Az. IV C 3 – S 2222/09/10041) wird unmissverständlich klargestellt: Rürup-Kapital ist fast vollständig pfändbar. Für viele Kunden ein Schock – verheißen doch die Werbebroschüren, mit denen Versicherungen und Vertriebler ihren Kunden diese Produkte schmackhaft machen wollen, etwas völlig anderes.

http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/privatrente/altersvorsorge-die-maer-von-der-sicheren-ruerup-rente_aid_501378.html

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„Alte Menschen wollen keine Alten-Ghettos“ – Henning Scherf berichtet über ein erfülltes, kreatives, selbstbestimmtes Leben im Alter

Zu einer Lesung, die sich vielmehr als ein lebendiger Vortag entpuppte, war Bremens langjähriger Senator und Bürgermeister Dr. Henning Scherf (SPD) vergangene Woche auf Einladung des Kirchenbezirks Blaufelden, des Evangelischen Kreisbildungswerks Schwäbisch Hall und des „Netzwerk Diakonie“ im Dekanat Blaufelden ins Spektrum nach Blaufelden gekommen. Scherf referierte zu seinem Buch: „Grau ist bunt“ über Lebensgestaltung und ein erfülltes, kreatives, selbstbestimmtes Leben im Alter.

Von Walter Leyh, Schrozberg

Jeden der 140 Besucher mit Handschlag begrüßt

Der offiziellen Begrüßung durch Bezirks-Diakoniepfarrer und stellvertretenden Dekan Bernhard Ritter (Wallhausen) und die Geschäftsführerin des Kreisbildungswerkes Birgit Schatz (Schwäbisch Hall) war Scherf bereits aufs herzlichste zuvor gekommen, indem er beim Reinkommen durch die Reihen ging und alle zirka 140 Besucher per Handschlag und mit ein paar persönlichen Worten begrüßte, er hat damit nicht nur die gespannte Aufmerksamkeit, sondern auch die Herzen der HohenloherInnen im Saal uneingeschränkt gewonnen. Er traf dabei auch auf alte Bekannte, so den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Hermann Bachmaier, mit dem er in früheren Jahren politisch eng zusammen gearbeitet hatte – sind doch beide von Haus aus Juristen und Politiker durch und durch gewesen und das bleibt man irgendwie zeit seines Lebens.

Berühmteste Wohngemeinschaft Deutschland

Henning Scherf lebt seit 22 Jahren in der wohl „berühmtesten Wohngemeinschaft Deutschlands“, wie er selbst eingangs die Presse zitiert. Scherf und „seine Luise“, wie er seine Frau immer wieder liebe- und respektvoll erwähnt“, hatten sich nach dem Auszug der drei Kinder, als sie beide gerade mal Mitte vierzig waren, mit Freunden zusammen überlegt wie sie künftig – durchaus bis zum Alter und dem Tod – leben wollten. Schließlich wurde mit Freunden und Gleichgesinnten ein großes Haus mitten in Bremen gekauft, in dem seither gemeinschaftlich und generationenübergreifend gelebt wird. Scherf  war 2005, nachdem er seit 1971 Abgeordneter im Bremer Senat, von 1978 bis 1995 Senator für verschiedene Ressorts und schließlich ab 1995 Bürgermeister war, von sich aus zurückgetreten, um Jüngeren Platz zu machen. Er wolle nicht „mit den Füßen voraus“ aus dem Rathaus getragen werden, teilte er damals mit und es gebe für ihn ein Leben nach und außerhalb der Politik.

Gibt es einen Krieg der Generationen?

Die als Lesung angekündigte Veranstaltung gestaltete Scherf als eine lebendige Erzählung. Er ging im Raum umher und sprach frei, dabei immer wieder auf Fragen aus dem Publikum eingehend.
Scherf bewegt die sich immer schneller und stärker verändernde Gesellschaft, der demografische  Wandel: überall werden alle immer älter und wir werden immer mehr, in den Industrieländern herrscht zwar eine niedrige Geburtenrate vor, durch Zuwanderung nimmt aber auch hier die Bevölkerung zu. Ist das nun eine Katastrophe oder birgt diese Entwicklung Chancen? Frank Schirrmacher, einer der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) beschreibt das erstere in seinem Buch „Methusalem-Komplott“, darin befürchtet er den Ausbruch eines militanten Krieges der Generationen und erreichte mit diesem Buch eine hohe Auflage.

Bild-Chefredakteur hat destruktive Absichten

Daneben erwähnt er Kai Dieckmann, Chefreaktuer der Bild-Zeitung. Dieser beschreibt in seinem Buch „Der große Selbstbetrug“, dass alles im Umbruch (eher zum negativen) sei und die Alten die schlimmsten Schmarotzer der Gesellschaft seien. Diese Autoren bringen keine Aufklärung und Erklärung der eigentlichen Probleme und bieten keinerlei Lösungsvorschläge, sie hätten somit eher böse und destruktive Absichten, meint Scherf. Da möchte er mit seinem Schreiben und Tun dagegen halten. Niemand müsse sich entschuldigen dafür, dass er alt wird oder behindert ist, stellt Scherf klar.

Kinder brauchen auch männliche Bezugspersonen

Es müssen Lösungen auf die Fragen und Probleme gefunden werden die eine solche sich rapide verändernde Gesellschaft mit sich bringt. Scherf richtet den Blickwinkel rasch auf den Arbeitsmarkt und das Renteneintrittsalter. Damals als JUSO wollte auch er möglichst früh erreichen, raus aus dem Maloche-System zu kommen. Klar ist, dass ein Bergarbeiter oder Maurer nicht bis 67 arbeiten könne, unter anderen Ärzte aber durchaus. Das sei sogar wichtig und sinnvoll, denn es könne sehr hilfreich sein, wenn ein Arzt eine Familie über Generationen kenne und über Familienzusammenhänge Bescheid wisse. Auch Lehrer müssten nicht früher in Pension gehen, wenn es ihre Gesundheit zulässt. Auf den Wandel vom Lehrerüberschuss zum Lehrermangel in den letzten Jahren müsse schneller und effektiver reagiert werden, betont er. Das Angebot von Sabbattikals und Umstiegsmöglichkeiten zwischen den Schularten müsse ausgebaut werden. So könne erreicht werden, dass mehr Männer für die Grundschule und Berufe in der Elementarbildung gewonnen werden können. Kinder finden und haben heute oft keine männlichen Bezugspersonen und Vorbilder mehr, diese müssen aber im Interesse einer gesunden und ganzheitlich gelingenden Erziehung und Entwicklung unserer Kinder und damit unserer Gesellschaft organisiert werden.

In die Menschen investieren, sonst fehlen bald Fachkräfte

Senioren können in Schulen gehen. Scherf schildert lebhaft und begeistert wie er seine wöchentliche Lesestunden in der Schule erlebt, die er regelmäßig wahrnimmt und nicht missen möchte. So habe auch die Bremer Jakobs-Universität einen hohen Geldbetrag zur Verfügung gestellt, um der Frage nach zu gehen, wie dafür gesorgt werden kann, dass Menschen sich lebenslang qualifizieren können. Er fordert Investitionen von Betrieben in die lebenslange Fortbildung und die Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze. So sein erstes von drei großen Themen des Vortragsabends. In Deutschland wurden in den vergangenen zwei Jahren trotz Krise die Mitarbeiter von den Betrieben weitgehend gehalten. Die Gewerkschaften, Konzernführungen und die Regierung arbeiteten – zumindest in Deutschland – eng zusammen, um die Krise zu bewältigen und zu mildern. Man muss in die Menschen investieren, fordert Scherf, sonst fehlen in Kürze Fachkräfte.
Die Gesellschaft lebt nicht nur von tariflich organisierter Arbeit sondern auch von freiwilliger Arbeit, so Scherfs zweites Thema. Als Kontrapunkt nennt er die Zustände in den postsozialistischen Staaten. Hier in Deutschland arbeiten Millionen ehrenamtlich aus Überzeugung für eine Sache und bestimmte Ziele. Selbstbetätigung sei multifunktional und für Körper und Geist sowie die gesamte Gesellschaft gut, zum Beispiel das Chorsingen.

Drohende Einsamkeit alter oder behinderter Menschen nicht nur den Profis überlassen

Scherf berichtet von der Freiwilligenagentur in Bremen, die es dort seit 1985 gibt und in der er mitarbeitet. Diese ging hervor aus den Sozialen Friedensdiensten, die 1980 zusammen mit Bremer Kirchengemeinden gegründet worden war. Es wurde dort rasch festgestellt, dass es ein Riesenfeld der sozialen Dienstleistungen und Hilfebedarfe gibt, vom Baby-Sitting bis zur Seniorenbetreuung. Gegenseitige Hilfestellungen können angeboten werden. Die drohende Einsamkeit alter oder behinderter Menschen soll nicht nur den Profis überlassen werden, es gilt auch eigene, persönliche und private Kompetenzen und Potentiale zu nutzen. So machen heute auch viele Sportvereine bereits ein umfassendes Angebot für Senioren.

Es gibt immer mehr Singles

„Wie wollen wir das Zusammenleben beim Älter-werden organisieren?“, fragt Scherf in seinem dritten thematischen Schwerpunkt. In der Regel sind Ältere, vor allem Frauen, irgendwann allein in ihrem Häuschen oder auf ihrem Hof, das geht nicht lange gut, irgendwann wird jemand zum Nachschauen und Helfen gebraucht. Bezeichnend ist, dass die Bevölkerungszahl schrumpft, die Zahl der Haushalte aber zunimmt. Es gibt immer mehr Singles. Es werden immer mehr Senioren-Wohnheime auf der grünen Wiese gebaut, nur manche sind integriert und gut. Manche sind aber regelrechte Pflegeindustriebetriebe mit weit über 500 Plätzen, die von Investoren als Gewinnbetrieb erstellt und geführt werden. In diesen Großbetrieben sterben oft die Hälfte der Neuzugänge innerhalb der ersten drei Wochen, weil sie beschließen zu sterben, anstatt in einem industriealisierten Betrieb täglich und nächtlich abgefertigt zu werden. Scherf hat eine Gesellschaft mitgegründet, um sich für eine wohnortnahe und integrierte Versorgung für ältere Menschen einzusetzen und diesen Industriebetrieben entgegen zu arbeiten. Es sollen keine neuen Heime mehr gebaut werden, die Pflegearbeit solle ambulant geleistet werden. Die zur Zeit viel zitierten generationenverbindenden Wohnformen seien keine Idee von Ursula von der Leyen, betont Scherf, diese haben vielmehr eine lange Geschichte.

Alte Menschen wollen keine Alten-Ghettos

Die Alten wollen nicht in Ruhe gelassen werden und für sich leben, sondern mitten im Leben bleiben mit Kindergarten und anderem in der Nachbarschaft, sie wollen keine Alten-Ghettos wie es sie beispielsweise in den USA gibt. Scherf kommt zurück auf seine ganz eigene Wohnform: Es wurden in den 22 Jahren des Bestehens dieser Wohngemeinschaft alle Probleme gemeinsam gelöst. Auch schwierige Dinge, wie zwei Sterbebegleitungen waren darunter, auch das wurde von der Gemeinschaft in einer guten Weise erlebt und bewältigt. Bei Gründung der WG sahen sich die Scherfs noch Vorwürfen der eigenen Kinder ausgesetzt und wurden als „postpubertäre Romantiker“ bezeichnet. Inzwischen suchen die Kinder nach ähnlichen Wohnformen, berichtet Scherf und sieht sich auf dem richtigen Weg, den er jederzeit wieder so gehen würde. Kaum ein Zuhörer wird wohl daran gezweifelt haben. Scherfs WG hat inzwischen Kontakt zu 9000 ähnlichen Projekten und manchmal kommen bis zu 1000 Anfragen pro Tag in Bremen an. Ein Erfolg, der sich auch in seinen Büchern niederschlägt und wiederspiegelt. Seine Werke fanden nach Ende des Vortrages reißenden Absatz und er musste noch viele Bücher signieren.

Schwungvoller musikalischer Abschluss

Würdig und schwungvoll wurde der Abend von der Bezirkskantorei und dem Kirchenchor Langenburg unter der Leitung von Stefanie Pfender umrahmt. Auch Scherf zeigte sich als leidenschaftlicher und erfahrener Chorsänger und Dirigent. Abgeschlossen wurde der Abend deshalb mit dem von ihm dirigierten Kanon „Dona nobis Pacem“.

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