Hohenloher Lokalzeitungen verlieren immer mehr Leser – Aktuelle Auflagenzahlen im Vergleich mit den Jahren 1999 und 2003

Kontinuierlich nach unten gehen die Auflagen der deutschen Tageszeitungen. Davon betroffen sind auch die Lokalzeitungen in der Region Hohenlohe. Dies ist vor allem auch für die Anzeigenkunden der Lokalblätter interessant. Den Anzeigenkunden dürfte nur schwer zu vermitteln sein, dass sie mit ihren Anzeigen in den Lokalzeitungen immer weniger Leser erreichen, aber trotzdem immer höhere Anzeigenpreise bezahlen sollen.

Zusammengestellt von Ralf Garmatter, Freier Journalist aus Kirchberg/Jagst

Die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) stellt jedes Vierteljahr die Auflage von Zeitungen und Zeitschriften fest. Hohenlohe-ungefiltert dokumentiert die Entwicklung der verkauften Auflage der Hohenloher Lokalzeitungen im  vierten Quartal 1999, im vierten Quartal 2003 und im vierten Quartal 2008.

Hohenloher Tagblatt (Crailsheim): 4/1999: 15259 Exemplare pro Erscheinungstag; 4/2003: 15022; 4/2008: 14424

Haller Tagblatt (Schwäbisch Hall): 4/1999: 18884; 4/2003: 17888; 4/2008: 17303

Neue Kreisrundschau (Gaildorf): 4/1999: 5168; 4/2003: 5003; 4/2008: 4689

Tauber-Zeitung (Bad Mergentheim): 4/1999: 6194; 4/2003: 5966; 4/2008: 5555. Bei der Tauber-Zeitung kam es nach IVW-Angaben im dritten Quartal 2008 zu einem Verlagswechsel. Seither heißt der Verlag, in dem die Tauber-Zeitung seither erscheint: Neue Pressegesellschaft mbH & Co. KG, Ulm; Tauber-Zeitung Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Bad Mergentheim.

Südwestpresse Ulm (Gesamtausgabe): 4/1999: 346004; 4/2003: 333621; 4/2008: 312813

Fränkische Nachrichten, Ausgabe Bad Mergentheim: 4/1999: 6044; 4/2003: 6064; 4/2008: 5984

Fränkische Nachrichten (Gesamtausgabe): 4/1999: 29285; 4/2003: 29008; 4/2008: 27960

Main-Post (Ausgabe Main-Tauber-Kreis): 4/1999: 1291; 4/2003: 1237; 4/2008: 1142

Heilbronner Stimme (Ausgabe Hohenloher Zeitung): 4/1999: 21111; 4/2003: 20692; 4/2008: 19913

Heilbronner Stimme (Gesamtauflage): 4/1999: 101300; 4/2003: 99174; 4/2008: 93110

Blick über Hohenlohe hinaus:

Fränkische Landeszeitung – Fränkischer Anzeiger (Rothenburg ob der Tauber): 4/1999: 6331; 4/2003: 6007; 4/2008: 5552

Fränkische Landeszeitung (Gesamtausgabe): 4/1999: 52899; 4/2003: 50721; 4/2008: 48089

Ipf- und Jagstzeitung / Aalener Nachrichten (Ellwangen): 4/1999: 12399; 4/2003: 11303; 4/2008: 10860

Schwäbische Post (Aalen): 4/1999: 26870; 4/2003: 26430; 4/2008: 25342

Murrhardter Zeitung (gehört seit über einem Jahr zur Backnanger Kreiszeitung): 4/1999: 3172; 4/2003: 2977; 4/2008: 2629

Backnanger Kreiszeitung: 4/1999: 17805; 4/2003: 17706; 4/2008: 16914

Waiblinger Kreiszeitung (Gesamtausgabe): 4/1999: 48293; 4/2003: 46333; 4/2008: 44873

Allgemeine Information der IVW zur Entwicklung der Auflagenhöhe von Tageszeitungen vom 21. Januar 2009:

BERLIN (ivw) – Zum Ende des Jahres 2008 präsentieren sich die einzelnen Gattungen am deutschen Pressemarkt abermals mit einer gemischten Auflagenbilanz: So liegen die Wochenzeitungen auf einem nahezu unveränderten Niveau, während die Titel der Fach- und der Kundenzeitschriften – hauptsächlich aufgrund von Neuzugängen zur Auflagenkontrolle – ihre Gesamtauflagen gegenüber dem Vorquartal leicht verbessern können. Hingegen müssen die Tageszeitungen und die Publikumszeitschriften trotz eines stabilen Abonnementgeschäfts durch Verluste bei den Einzelverkäufen am Kiosk deutliche Auflagenrückgänge hinnehmen. Dies geht aus der jetzt abgeschlossenen Auflagenerhebung der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) für das 4. Quartal 2008 hervor.

Tageszeitungen
Von den deutschen Tageszeitungen wurden einschließlich der Sonntagsausgaben und aktuellen Sonntagszeitungen zum Ende des Jahres 2008 durchschnittlich pro Erscheinungstag 23,39 Mio. Exemplare verkauft. Damit lag die verkaufte Auflage des 4. Quartals 2008 um 0,23 Mio. Stück unter dem Ergebnis des vorangegangenen Vierteljahrs. Deutlicher ist der Auflagenrückgang im Jahresvergleich (4/07: 24,04 Mio. Gesamtverkäufe) mit einem Minus von 0,65 Mio. Stück. Die aktuelle Verkaufsauflage von 23,39 Mio. Exemplaren setzt sich zusammen aus 15,30 Mio. Abonnements (gegenüber 3/08: 15,17 Mio. und 4/07: 15,55 Mio. Stück), 6,82 Mio. Einzelverkäufen (3/08: 7,28 Mio. und 4/07: 7,30 Mio.), 0,51 Mio. Bordexemplaren (3/08: 0,52 Mio. und 4/07: 0,44 Mio.) und 0,76 Mio. Sonstigen Verkäufen (3/08: 0,65 Mio. und 4/07: 0,75 Mio.). Der Vergleich der aktuellen Zahlen mit denen aus den beiden vorausgegangenen Zeiträumen zeigt, dass der Auflagenverlust der Tageszeitungen durch Rückgänge im Einzelverkauf verursacht wurde, während die Abo-Auflage sich weitgehend stabil präsentiert.

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Aufruf zur Teilnahme am Protest beim Nato-Gipfel in Straßburg und Baden-Baden

GewerkschafterInnen protestieren gegen Krieg und Militarisierung: Wir zahlen nicht für Eure Kriege. Zur Teilnahme aufgerufen sind auch Menschen aus der Region Hohenlohe.

Von Thomas Trueten, einer der Protest-Organisatoren aus Esslingen

Wir rufen auf:
Beteiligen wir uns an der Aktionswoche gegen Krise und Krieg von 28. März bis 4. April 2009!
Beteiligen wir uns an den Protesten gegen den NATO-Gipfel!
… mit der Teilnahme an den Protest-Camps vom 1. bis 5. April.
… mit der Teilnahme am Gegengipfel von 3. bis 5. April in Strasbourg!
…mit der Teilnahme an der internationalen Demonstration am 4. April in Strasbourg!
Für einen vielfältigen Widerstand gegen die Kriegspolitik der NATO!
Kontakt: Dirk Spöri, mail: spoeri@gmx.net, Tel.: 0160/7942195 / Thomas Trüten, mail: thomas@trueten.de, Tel.: 0173/3117574, www.trueten.de

Am Freitag, 3. und Samstag, 4. April 2009 soll das 60-jährige Bestehen der NATO gefeiert werden. Aus diesem Anlass treffen sich die Regierungschefs der NATO-Staaten, darunter Barack Obama, Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel, in Baden-Baden, Kehl und Strasbourg. Der Gipfel soll auch Anlass sein, eine neue NATO-Strategie zu entwickeln, die den Einsatz von Atomwaffen, die Erweiterung in Osteuropa und die Ausweitung des Einsatzes in Afghanistan vorsieht. Dagegen soll protestiert werden.

Was aber ist die NATO?
Nach ihren eigenen Worten dient die NATO in dieser unsicheren Welt der Sicherung von „Demokratie und Freiheit“.  Im Kalten Krieg bildete sie das Gegengewicht zum Warschauer Pakt und sollte die westliche Welt vor dem Sozialismus bewahren. Dafür wurden die NATO-Staaten massiv aufgerüstet. Die Angst vor dem Atom-Krieg infolge des Wettrüstens sitzt noch immer vielen in den Knochen. Inzwischen wurde die Strategie geändert: nicht mehr Verteidigung sondern Präventionskriege. Gegen „islamistischen Terror“ wird nach wie vor die westliche Welt aufgehetzt, um Kriege wie den IRAK-Krieg zu unterstützen. Dort und auch in Afghanistan wird deutlich, dass die Vorherrschaft in bestimmten Regionen und Märkten und Zugang zu Ressourcen wie Öl u.a. aufrecht erhalten oder hergestellt werden soll. Krieg führen, wo andere Maßnahmen neoliberaler Politik  nicht ausreichen. Mit den Worten von Peter Struck: „Deutschlands Sicherheit wird auch am Hindukusch verteidigt“ – das ist die Rolle der NATO in Afghanistan.

Was aber haben wir damit zu tun?
Die SPD/GRÜNE Regierung hat 2004 mit der Agenda 2010 die Verbindung zwischen Krieg und Sozialabbau deutlich gemacht: Wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit soll Hand in Hand mit außenpolitischem, militärischem Einfluss gehen. Die Mehrheit der Bevölkerung bezahlt mit Rentenkürzungen und Mehrwertsteuererhöhung für die Kriegseinsätze in Afghanistan und anderswo und für eine weitere Aufrüstung. Der Krieg nach außen ist deshalb auch ein Krieg nach innen. In allen NATO-Staaten werden soziale und demokratische Rechte beschnitten, wie zuletzt mit den neuen Versammlungsgesetzen in Bayern und Baden-Württemberg. Während hierzulande Erwerbslose kaum über die Runden kommen, werden Milliarden für die Kriege der NATO ausgegeben. Eine Billion Rüstungsausgaben weltweit, davon zwei Drittel nur aus NATO-Ländern, während in Folge der weltweiten Krise immer mehr Menschen vom Hungertod bedroht sind. Und wenn diese Menschen vor Hunger oder Krieg fliehen, stranden sie an der „Festung Europa“, wenn sie denn die Flucht überleben. Aber mit der militärischen Sicherung der Außengrenzen der EU durch Frontex, hat auch hier die NATO die Finger im Spiel.

Was aber tun gegen die NATO?
In der internationalistischen Tradition der Arbeiterbewegung stehen wir für ein friedliches Leben der Völker miteinander – einem ureigenen Interesse der arbeitenden Menschen. Deswegen stellen wir uns als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter auch gegen die Kriegseinsätze der NATO und nehmen Teil an den  internationalen Protesten gegen den NATO-Gipfel. Insbesondere in Zeiten der Krise sollten wir uns in länderübergreifenden Aktionen  gegen die  Abwälzung der Krisenlast auf die Beschäftigten stellen. Die Proteste gegen den NATO-Gipfel stehen am Ende einer Aktionswoche, an deren Beginn am 28. März 2009 bundesweite Demonstrationen unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise!“ und in deren Mitte Proteste beim G20-Finanzgipfel in London stehen. Wenn wir also gemeinsam unsere Forderungen erheben, ist das ein Teil des Kampfs gegen die NATO und ihre
zerstörerische Politik.

Thomas Trueten
Reutlinger Str. 49
73728 Esslingen
eMail: thomas@trueten.de
www.trueten.de

Pressemitteilung des Innenministeriums Baden-Württemberg wegen möglicher Verkehrsbeeinträchtigungen (NATO-Gipfel: Verkehrsbeeinträchtigungen): Verkehrsbehinderungen_Nato_Gipfel.pdf


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Rückblick: Ehemalige Hohenloher Rezzo Schlauch und Joschka Fischer sind als Lobbyisten tätig

Nicht mehr ganz neu, aber trotzdem noch berichtenswert ist das Engagement des ehemaligen Grünen-Politikers Rezzo Schlauch, der in Bächlingen (Stadt Langenburg) aufgewachsen ist, für den Atomstromkonzern Energie Baden-Württemberg (EnBW). Auch der in Gerabronn geborene und in den ersten Lebensjahren in Langenburg aufgewachsene Ex-Außenminister Josef Fischer (Grüne) ist nach seiner politischen Karriere als Lobbyist tätig geworden. Die hier veröffentlichten Informationen stammen von der Internetseite von „LobbyControl – Initiative für Transparenz und Demokratie“ www.lobbycontrol.de/blog/

Zusammengestellt von Ralf Garmatter, Freier Journalist aus Kirchberg/Jagst

Lobby-Control-Bericht vom 14. März 2006: Rezzo Schlauch neu im EnBW-Beirat

Der Grünenpolitiker Rezzo Schlauch sitzt nun im EnBW-Konzernbeirat, berichtet die Stuttgarter Zeitung und beschreibt die Netzwerk-Funktion des Beirats: “Utz Claassen ist ein begabter Netzwerker. Viel Zeit und Geschick verwendet der Vorstandschef der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) darauf, Kontakte zu pflegen und neue zu knüpfen. Es kann schließlich nie schaden, wichtige Leute zu kennen – nicht dem eigenen Unternehmen und auch nicht der eigenen Karriere. Eines der Foren, das Claassen für solche Zwecke nutzt, ist der Konzernbeirat der EnBW. Eine illustre Schar von Prominenten hat er in dem 37-köpfigen Gremium versammelt. Da sind ehemalige Bundesminister wie Klaus Kinkel, Theo Waigel und Matthias Wissmann. Da sind Managerkollegen wie Hartmut Mehdorn (Deutsche Bahn), Klaus Mangold (Daimler-Chrysler) oder Willem van Agtmael (Breuninger). Und da sind Vertreter von Institutionen, denen der Stromkonzern irgendwie verbunden ist – zum Beispiel Präsident Erwin Staudt vom VfB Stuttgart, Roland Mack vom Europapark in Rust oder Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster.”

Rezzo Schlauch behauptet dagegen, er wolle in dem Beirat für Erneuerbare Energien werben und lehne Atomkraft weiter ab. EnBW betreibt zwei Atomkraftwerke in Deutschland und gehört zu knapp der Hälfte dem französischen Atromstromkonzern EDF. Und wenn ein Solarunternehmen eine atomkritische Anzeige im Programmheft eines EnBW-gesponsorten Tennisturniers schalten will, kann es schon mal Krach geben. Atomstrom ist ein zentraler Geschäftsbereich von EnBW – da wird Rezzo Schlauch nichts daran ändern. Eher lässt er sich für die Pflege eines grünen Images durch EnBW instrumentalisieren.(…)

LobbyControl-Bericht vom 22. März 2006: Schlauch schon früher bei EnBW – Metzger redet vom “Klassenfeind”

Laut Focus war Rezzo Schlauch schon seit Oktober 2005 Mitglied im EnBW-Beirat. Da war er noch Staatssekretär. Allerdings war die Bundestagswahl bereits gelaufen und klar, dass Schlauch den Posten verlieren wird. Schlauch hatte behauptet, er sei erst nach seiner Entlassung in den Beirat berufen worden. Interessant ist auch die Reaktion von Oswald Metzger (laut Focus): “Dass ausgerechnet ein Veteran der grünen Anti-Atomkraft-Bewegung zum Klassenfeind überläuft, nervt vor allem die Wahlkämpfer in Baden-Württemberg. „Diese Tätigkeit eines früheren Fraktionschefs einer Anti-Atompartei gefährdet die Glaubwürdigkeit“, kritisiert der grüne Landtagskandidat Oswald Metzger. Auch als Privatmann könne er sich „seines politischen Umfeldes nicht entledigen“. Ein Grüner müsse aufpassen, „wenn er faktisch zum Klassenfeind wechselt“.”

Ausgerechnet Oswald Metzger benutzt die Formulierung “Klassenfeind” – Metzger, der seit Jahren für die Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die Bertelsmann-Stiftung oder den Konvent für Deutschland durch die Lande und die Medien tingelt und sich dafür bis zu 3000 Euro pro Vortrag bezahlen lässt… Dabei wurde er meist als “Grüner” vorgestellt, obwohl er weder ein Mandat noch Amt hatte. Er hatte damit eine größere Glaubwürdigkeit, als beispielsweise ein Arbeitgeber-Funktionär hätte erreichen können. Dass sich Metzger jetzt über Schlauch aufregt und vom “Klassenfeind” spricht, lässt sich nur als Wahlkampf-Manöver deuten.

Anmerkung von Hohenlohe-ungefiltert: Oswald Metzger ist inzwischen zur CDU übergelaufen und hat sich in der Region Oberschwaben mehrfach vergeblich als Kandidat um einen CDU-Wahlkreis beworben.

LobbyControl-Bericht vom 1. Oktober 2008: Hildegard Müller und Joschka Fischer in neuen Jobs
Die ehemalige Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Hildegard Müller (CDU), tritt heute ihren neuen Job als Energielobbyistin an. Die Merkel-Vertraute legt ihr Bundestagsmandat nieder, um den Vorsitz der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft zu übernehmen. Auch wenn Müller kein politisches Amt mehr bekleidet, so ist ihr nahtloser Wechsel von der Politik in einen Lobbyjob problematisch. Fnanzstarke Wirtschaftsakteure wie die Energielobby kaufen sich so mit lukrativen Angeboten für ehemalige Politiker und ranghohe Beamte politische Kontakte und Insiderwissen, die ihnen einen Vorteil gegenüber anderen gesellschaftlichen Interessen verschaffen.

Neuer Job für Fischer
Die frühere Staatsministerin ist kein Einzelfall. Eine Studie von LobbyControl zeigt, dass allein aus dem zweiten Kabinett Schröder 12 Personen nach dem Ende ihrer Amtszeit in Lobbytätigkeiten gewechselt sind (Margarete Wolf damals noch nicht mitgezählt). Auch Joschka Fischer war nach dem Ende seiner Zeit als Außenminister nicht untätig. Er hielt Vorlesungen an der renommierten Princeton University, war Mitbegründer eines Think-Tanks zur Förderung einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik und er gründete mit der Joschka Fischer Consulting eine eigene Beratungsfirma. Nun kann er laut Spiegel einen weiteren Job in seine Tätigkeitsliste aufnehmen: Er wird Berater in der Albright Group LLC – einer Beratungsfirma von Fischers ehemaliger amerikanischer Amtskollegin Madeleine Albright. Die Albright Group liefert Risikoeinschätzungen für die Investitionen ihrer Kunden, tritt aber auch als Verhandlungspartner gegenüber Regierungen für sie auf.

Was Kunden und Bezahlung angeht, herrscht in der Albright Group höchste Diskretion. Für die Reporter des Spiegels war nicht herauszufinden, wen die Albright Group berät oder was der frühere Bundesaußenminister für seine Tätigkeiten kriegen wird. Auch Fischer selber äußert sich nicht zu seinem Verdienst. Wie viele Seitenwechsler sieht er sich nach seiner politischen Laufbahn ausschließlich als Privatperson, die der Öffentlichkeit keine Rechenschaft schuldig ist.

Mehr Transparenz und Schranken für Seitenwechsler
Die Seitenwechsler vergessen dabei, dass sie ihre lukrativen privaten Tätigkeiten auch ihren öffentlichen Ämter verdanken. Diese haben ihnen das Wissen und die persönlichen Verbindungen verschafft, die sie als politische Berater erst interessant machen. Zudem nutzen sie ihre Kenntnisse und Kontakte um Einzelinteressen in gesellschaftlich relevanten Fragen durchzusetzen. Daher fordert LobbyControl mehr Transparenz und Schranken für den Übergang von politischen in Lobby-Tätigkeiten, insbesondere eine mehrjährige Karenzzeit, damit sich finanzstarke Einzelinteressen keinen privilegierten Zugang zur Politik erkaufen können. Außerdem brauchen wir in Deutschland ein verpflichtendes Lobbyistenregister – dann müssten auch ehemalige Regierungsmitglieder ihre Kunden offen legen, wenn sie Lobbyarbeit betreiben.

PS: Neuer Staatsminister im Kanzleramt ist aber heute Hermann Gröhe, bisher Justiziar der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag (siehe u.a. Financial Times Deutschland)

LobbyControl-Bericht vom 13. Juni 2008: Elitetreffen der Bilderberger 2008
In der Nähe von Washington fand letztes Wochenende das Treffen der sogenannten Bilderberg-Gruppe statt. In vertraulicher Runde kommen hierbei gut 100 Vertreter der Einflussreichen in Wirtschaft, Politik, Militär und Medien aus aller Welt zusammen, um sich über die Zukunft der Weltwirtschaft und -politik auszutauschen. Nach im Internet kursierenden Teilnehmerlisten waren aus Deutschland dabei: Josef Ackermann, Joschka Fischer, Wolfgang Ischinger (früher deutscher Botschafter, jetzt Cheflobbyist des Allianz-Konzerns), Eckart von Klaeden (CDU), Matthias Naß (Stellvertretender Chefredakteur der Zeit) und Volker Perthes (Stiftung Wissenschaft und Politik).

Das Medienecho war wie immer gering: in der Jungen Welt und der Frankfurter Rundschau erschienen Artikel vom gleichen Autor, sonst war wenig zu sehen. Letztes Jahr hatte das Medienmagazin Message einen großen, lesenswerten Artikel über die Rolle von Journalisten bei den Bilderberg-Treffen veröffentlicht, der aber leider nur im Anriß online zugänglich ist. Denn es sind immer wieder Journalisten und Vertreter der Medienunternehmen bei den Bilderberg-Treffen dabei. So hat Matthias Naß seine Teilnahme am diesjährigen Treffen gegenüber LobbyControl bestätigt. Nur: die teilnehmenden Journalisten berichten nicht über das Treffen, sondern halten sich an die strikten Verschwiegenheitsregeln (siehe auch Junge Welt: Nichtangriffspakt mit den Mächtigen).

“Die Zeit” spielt eine besondere Rolle bei diesem Elitenzirkel – schildert Theo Sommer (heute Editor-at-Large der Zeit) im Interview mit der Medienfachzeitschrift Message:

“Für Deutschland saßen im Lenkungsausschuss immer zwei Leute: einer, den [sic] den intellektuellen Input brachte, der sagte: Das wäre ein Thema, das wäre ein Redner. Und einer, der die Finanzen besorgte, der Fundraising betrieb bei Banken und großen Unternehmen. Lange Zeit war ich der ideelle Part und der finanzielle war Alfred Herrhausen. Nach mir hat sich dieser Sitz innerhalb der Zeit vererbt. Erst kam Christoph Betram und jetzt ist Matthias Nass im steering committee.” (”Networking auf sehr hohem Niveau”. In: message 3/ 2007, S. 61)

Das ganze message-Interview ist lesenswert. Wer sich für das Bilderberg-Treffen und die Medien interessiert, kann sich das Heft 3/ 2007 nachbestellen. Internetadresse www.message-online.com/

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Regionale Medienkritik / 19. März 2009: Christian von Stetten, die A6 und das Public-Private-Partnership-Modell

Im Hohenloher Tagblatt darf Christian von Stetten sich schon mal für den Wahlkampf warm laufen. Im Artikel >Stetten: A6-Ausbau mit privaten Investoren – Bundestagsabgeordneter will heute CDU- und SPD-Antrag in das Parlament einbringen< von Jochen Korte macht sich unser Bundestagsabgeordneter für einen sechsspurigen Ausbau der A6 zwischen Bretzfeld und Crailsheim durch private Investoren stark.
Von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Von Stetten schlägt ein “Public-Private-Partnership-Modell” (PPP) vor. Damit könnte man den Ausbau vorziehen und wäre nicht mehr auf den aktuellen Bundesverkehrswegeplan angewiesen, der frühestens 2014 gesetzlich korrigiert werden kann.
Was hier als große Chance, als innovatives Modell verkauft wird, ist gerade in einem Gutachten vom Bundesrechnungshof schwer kritisiert worden. In der >jungen Welt< (vom 16.03.2009) wird das Gutachten folgendermaßen zusammengefasst: “Vier Pilotprojekte des Bundes zum Bau und Betrieb von Autobahnen durch Privatunternehmen drohen zu einem finanziellen Fiasko in Milliardenhöhe zu werden. Das geht aus einem am Wochenende bekannt gewordenen Gutachten des Bundesrechnungshofes (BRH) zu öffentlich-privaten Partnerschaften (PPP) im Bundesfernstraßenbau hervor. Darin stellt der BRH die Grundannahmen für die Projekte nachdrücklich in Frage. Kerndaten beschreiben die Finanzkontrolleure als derart widersprüchlich, dass bei der Umsetzung zwei Gefahren drohten: Entweder gerieten die Privatunternehmen in »erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten (Insolvenz)«, oder der Bund erleide »erhebliche wirtschaftliche Nachteile«.“ http://www.jungewelt.de/2009/03-16/026.php?print=1
http://bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/sonderberichte/V3-2006-0201.pdf

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