Schlachthof des Konzerns VION in Crailsheim ist „Spitze“ – zumindest bei den EU-Agrarsubventionen in Hohenlohe – Auch der Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten und die Würth-Tochter Marion kassierten Geld aus dem EU-Agrartopf

Nahrungsmittelkonzerne erhalten hierzulande die höchsten EU-Agrarsubventionen. Wie aus einer am Dienstag, 16. Juni 2009, veröffentlichten Datenbank des Bundeslandwirtschaftsministeriums hervorgeht (Internetseite www.agrar-fischerei-zahlungen.de/Suche), geht das meiste Geld an Zuckerproduzenten, Molkereien, Süßwarenhersteller oder Fleischverarbeiter. Dies trifft auch für die Region Hohenlohe zu. Die höchsten EU-Zahlungen in Hohenlohe im Jahr 2008 erhielt nach Recherchen von Hohenlohe-ungefiltert die Firma VION GmbH, in Crailsheim. VION betreibt in Crailsheim einen großen Schlachthof für Rinder und Schweine. VION erhielt im Jahr 2008 aus EU-Mitteln 840.576,16 Euro. Auch im Jahr 2007 erhielt VION mit 407.549 Euro die höchsten Zahlungen aus EU-Mitteln in der Region Hohenlohe.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Bundestagsabgeordneter von Stetten erhielt 1024,68 Euro aus ELER-Mitteln

Überraschend ist aber, dass auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten für das Jahr 2007 einen Betrag von 1024,68 Euro aus dem EU-Agrartopf erhalten hat. Welche Art von landwirtschaftlichem Betrieb der Bundestagsabgeordnete und Multi-Unternehmer aus Künzelsau-Schloss Stetten persönlich betreibt, um in den Genuss solcher Zahlungen zu kommen, hat der 38-jährige Parlamentarier bisher noch nicht offengelegt. Möglich auch, dass er das Geld auch für die „Steigerung der Lebensqualität im ländlichen Raum und Förderung der Diversifizierung der Wirtschaft“, was ebenfalls eines der drei Kriterien für den Erhalt von ELER-Mitteln ist.

Veröffentlichung der Subventionsempfänger über sechs Wochen verspätet – Bayern weigert sich, die Daten zu veröffentlichen – Klage vor dem Europäischen Gerichtshof droht

Bereits seit dem 30. April 2009 hätte Deutschland die Liste der Empfänger von EU-Agrarsubventionen offenlegen müssen. Vollständig getan hat Deutschland dies noch immer nicht. Bayern weigerte sich bisher, die Liste der bayerischen Subventionsempfänger zu veröffentlichen. Die Europäische Kommission leitete deshalb ein Verfahren gegen Deutschland ein. Es gehe um den Bruch von Europarecht, begründet die Kommission ihr Vorgehen. Ein solches „Vertragsverletzungsverfahren“ kann zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) führen und hohe Strafgelder für die Bundesregierung zur Folge haben. Hohenlohe-ungefiltert meint: Die Steuerzahler (auch in Bayern) haben ein Recht darauf, zu erfahren, für wen und für was ihr Geld von der EU verwendet wird. Deshalb sollte auch Bayern schleunigst die Daten der Subventionsempfänger veröffentlichen. (Mehr Infos zur anhängigen Klage unter www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,630848,00.html)

Liste wartet auch für Hohenlohe mit einigen Überraschungen auf

Seit Dienstag, 16. Juni 2009 ist die Liste der Empfänger von EU-Agrarsubventionen der Haushaltsjahre 2007 und 2008 im Internet auf der Seite www.agrar-fischerei-zahlungen.de/Suche für jedermann einsehbar. Ein Blick auf die Internetseite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bringt für die Region Hohenlohe einige überraschende Ergebnisse. (Benutzerhinweis von Hohenlohe-ungefiltert: Um auf einen Schlag möglichst viele Subventionsempfänger einer bestimmten Ortschaft/Gemeinde oder Stadt auf einmal einsehen zu können, empfiehlt es sich, nur die Textfelder „PLZ“ oder „Ort“ einzugeben und dann gleich den Button „Suche starten“ zu drücken.) Unter Niedernhall findet sich auch Marion Würth, die Tochter des Schrauben-Milliardärs Reinhold Würth. Sie bekam von der EU für das Jahr 2008 Agrar-Subventionen in Höhe von 51773,16 Euro überwiesen. 2007 waren es 17.511,86 Euro.

Andere Medien über EU-Agrarsubventionen:

Fernsehbeitrag der NDR-Sendung Zapp vom 13. Mai 2009 unter der Überschrift Keine Transparenz: Die Bauern und ihre EU-Subventionen: www3.ndr.de/sendungen/zapp/media/zapp3304.html

Süddeutsche.de vom 17. Juni 2009: Kein anderer Staat hat sich so schwer getan, die Empfänger von EU-Agrarsubventionen zu veröffentlichen. Am Dienstag haben es endlich auch die Deutschen geschafft, mit sechswöchiger Verspätung. Und es hakte bis zuletzt. Technische Pannen verzögerten die Offenlegung um Stunden, die Datenbank im Internet lief nur quälend langsam. Dazu kommen politische Probleme: Bayern weigert sich, die Empfänger offenzulegen und riskiert damit, dass Deutschland auf der Anklagebank landet.Anders aber ist es bei den wenigen Agrarfirmen und Großgrundbesitzern, die allein wegen ihrer großen Flächen oder der Masse ihrer Exporte Millionen bekommen. An sie fließt der größte Teil des EU-Geldes. Was die Großen kassieren, fehlt den Kleinen, die um ihre Existenz kämpfen. Das Geld sollte besser an echte Bauern gehen. (Ganzer Text unter www.sueddeutsche.de/wirtschaft/803/472329/text/)

Faz-Net vom 16. Juni 2009: www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~E920A5408BB0D40EE92E435EDC441A5F5~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Weiterer Artikel von Faz-Net (16. Juni 2009): www.faz.net/s/RubD16E1F55D21144C4AE3F9DDF52B6E1D9/Doc~E452B3479C2574163BADD7A479D3071A2~ATpl~Ecommon~Scontent.html

www.heise.de/newsticker/EU-Agrarsubventionen-Deutschland-beugt-sich-der-Veroeffentlichungspflicht-im-Internet–/meldung/140544

Die Top 10 der Empfänger von EU-Agrarsubventionen (nach Angaben von ZeitOnline www.zeit.de/online/2009/25/eu-agrar-subventionen-liste-deutschland):

Unter den Empfängern der EU-Agrarsubventionen finden sich zahlreiche Großunternehmen – an der Spitze die Südzucker AG mit mehr als 34 Millionen Euro (2008). Hier die bislang bekannten Top 10 der Empfänger (ohne Bayern):

1.) Südzucker AG, Mannheim: 34.365.579,87 Euro
2.) Land Schleswig-Holstein: 10.277.767,82 Euro
3.) Emsland Stärke GmbH, Emlichheim/Niedersachsen: 8.124.878,77 Euro
4.) August Töpfer & Co. (gmbh & Co) KG, Hamburg: 7.393.378,99 Euro
5.) Centrale Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA), Bonn: 5.828.023,93 Euro
6.) Doux Geflügel, Grimmen/Vorpommern: 4.691.352,57 Euro
7.) Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LVLF), Brandenburg: 4.416.449,07 Euro
8.) AVEBE Kartoffelstärkefabrik, Dallmin/Brandenburg: 4.279.487,81 Euro
9.) Osterhuber Agrar GmbH Gut Ferdinandshof, Wilhelmsburg/Mecklenburg-Vorpommern: 4.038.552,87 Euro
10.) Gausepohl Fleisch GmbH, Dissen/Niedersachsen: 3.632.751,66 Euro

Weitere Informationen im Internet:

www.wer-profitiert.de/de/home/

www.greenpeace.de/themen/landwirtschaft/nachrichten/artikel/agrarsubventionen_etappensieg_fuer_greenpeace/

www.handelsblatt.com/politik/deutschland/konzerne-kassieren-eu-agrarsubventionen;2365098

nachrichten.finanztreff.de/news_news,awert,ticker,id,28847196,quelle,ftd,sektion,uebersicht.html

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Regionale Medienkritik / 18. Juni 2009: Eberhard Gienger (CDU) sorgt sich wegen Bildungsstreiks um das Ansehen Deutschlands

In dieser Rubrik befassen wir uns regelmäßig mit Veröffentlichungen in den lokalen Hohenloher Medien. Wir wollen in dieser Rubrik journalistische Fehler aufzeigen, Kritik an Veröffentlichungen üben, aber auch Hintergründe benennen, wie bestimmte Berichte anderer Medien einzuordnen sind.

Von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Donnerstag, 18.Juni 2009: Eigentlich ohne großen Kommentar, nur mit einem fassungslosen Kopfschütteln, könnte man sich die Äußerungen von Eberhard Gienger (CDU) im Hohenloher Tagblatt zu den aktuellen Bildungsstreiks im Lande zu Gemüte führen:

„Dieser organisierte Bildungsprotest ist kontraproduktiv und schädlich für Studenten, Hochschulen und das Ansehen Deutschlands. Mit Gewalt gegen die Bildungspolitik zu protestieren, ist sinnlos und dafür habe ich auch kein Verständnis. Es gibt sicherlich Nachbesserungsbedarf, wie es häufig nach Reformen vorkommt. Aber Diskussionen sollten bitte auf anderer Ebene geführt werden.“ Eberhard Gienger (CDU), Neckar-Zaber

Das ist nicht nur frech, sondern hier zeigt sich die ganze Ignoranz der Macht. In Wahlkampfzeiten eifrig mit Bildungsthemen die Straßenlandschaft vollplakatieren, gleichzeitig aber
– marode Hochschulen mit überfüllten Hörsälen,
– ein Bildungssystem, das in den 70ern stecken geblieben ist,
– die planlose Einführung von G8,
– eine zunehmende Privatisierung von Bildung (Stichwort Bertelsmannstiftung ->
http://mikenagler.linkeblogs.de/?p=474)
in Kauf nehmen!

Man kann nun mal eine Hochschule nicht wie ein Unternehmen führen (Stichwort Exzellenzinitiative II. Siehe auch die aktuelle Diskussion in Stuttgart über die ‚Umwidmung‘ von über 20 Professorenstellen)

Hohenlohe ungefiltert meint: Eberhard Gienger ist kontraproduktiv für den Fortschritt der Bildungspolitik in Baden-Württemberg. Seine Äußerungen schaden dem Ansehen Deutschlands. Wir empfehlen ihn auf “eine andere Ebene“ zu führen – sprich ihn abzuwählen!
(Kommentar von Axel Wiczorke, Hohenlohe ungefiltert)

Der Lesetipp:
Konrad Paul Liessmann: Theorie der Unbildung. Die Irrtümer der Wissensgesellschaft. 176 S., geb., € 18,40 (Zsolnay Verlag, Wien)

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