Let’s make money: Wenn Geld und Profit die Menschen gierig macht (mit Film über Diskussion)

Starken Eindruck hat gestern Abend (24. Februar 2009) die Hohenlohe-Premiere des Dokumentarfilms „Let’s make money“ des österreichischen Regisseurs Erwin Wagenhofer („We feed the world“) im Prestige-Filmtheater Künzelsau auf die Besucher gemacht. Zahlreiche Gäste mussten wieder nach Hause geschickt werden, weil der Kinosaal schon früh ausverkauft war. Interessante Einblicke in die Politik und Finanzwirtschaft bot die anschließende Diskussion mit dem Bundestagsabgeordneten Christian von Stetten (CDU), dem Grünen-Abgeordneten Gerhard Schick und Werner Gassert, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Hohenlohekreis.

Von Ralf Garmatter, Freier Journalist aus Kirchberg/Jagst

„Gier frisst Hirn“, lautete das Fazit von Christian von Stetten, Bundestagsabgeordneter aus Künzelsau-Schloss Stetten über den Film und er brach eine Lanze für die regionalen Geldinstitute wie Volksbanken und Sparkassen. Zum Hintergrund: Der 38-jährige CDU-Mann sitzt auch im Verwaltungsrat der Sparkasse Hohenlohe. Gewinne ohne Arbeit lehnt der Politiker und Multiunternehmer nach eigenen Worten ab. „Wenn jemand fürs Nichtstun 13, 14 oder sogar 20 Prozent Zinsen erhält, dann leidet jemand anderes darunter“, sagte von Stetten.

Steueroasen austrocknen

Noch vor der Sommerpause sollen nach seinen Ankündigungen „bestimmte Mechanismen“ durch den Bundestag geändert werden, die eine Finanz- und Steuerflucht in die Steueroasen Österreich, Schweiz oder Luxemburg begünstigen. In dem Film „Let’s make money“ ist dem derzeit einzigen Hohenloher Bundestagsabgeordneten die Weltbank zu schlecht weggekommen. „Ich würde gerne bald mit jemandem von der Weltbank hierher kommen, um mit ihm und Ihnen hier über aktuelle Themen zu sprechen“, kündigte von Stetten an. „Man darf nicht nur über, sondern muss mit den Leuten reden“, meinte der 38-jährige Politiker und Geschäftsmann weiter. Christian von Stetten ist trotz seines Bundestagsmandats an zahlreichen Firmen beteiligt. Im Prestige-Kino zeigte sich der Politiker nicht als lupenreiner Neoliberaler. Er wolle nicht, dass alle Subventionen abgeschafft werden. Was er in dem Künzelsauer Kino allerdings nicht sagte ist, dass er selbst von Subventionen profitiert. Aus dem EU-Agrarfonds erhielt er im Haushaltsjahr 2007 exakt 1024,68 Euro (siehe Internetseite www.agrar-fischerei-zahlungen.de). Christian von Stetten wünscht sich für die Zukunft, dass Deutschland gestärkt aus der Finanzkrise hervorgeht und in dieser Krise etwas dazulernt.

Eine Trillion überfordert auch den Hohenloher Sparkassenchef

Dass die derzeit kursierenden riesigen Zahlen und Geldsummen auch den Sparkassenchef Werner Gassert und viele Kino-Besucher überfordern, wurde in der Frage- und Diskussionsrunde bei der Veranstaltung des Filmklubs Künzelsau deutlich. „Wie viele Nullen hat eine Trillion?“, fragte Moderator Matthias Stolla von der Hohenloher Zeitung den Vorstandsvorsitzenden der Künzelsauer Bank. Wie aus der Pistole geschossen antwortete dieser „zwölf“. Ein Fragesteller behauptete später, die richtige Antwort wäre „15“ gewesen. Doch auch dies ist falsch. Ein Blick ins Internet klärt auf: Eine Trillion hat 18 Nullen. Die Zahlenfolge im Deutschen ist: eine Million (mit 6 Nullen), Milliarde (9), Billion (12), Billiarde (15), Trillion (18). Im US-Englischen wird die  deutsche Milliarde als billion bezeichnet. Trillion steht dort für die deutsche Billion (mit zwölf Nullen). Damit ist Werner Gassert mit seiner Antwort nicht ganz falsch gelegen ist, allerdings bewegte er sich im amerikanischen Zahlensystem. Warum ein deutscher Sparkassenbänker dies tut, wo die Sparkasse doch ein regional tätiges Geldinstitut sein will, ließ Gassert offen.

„Mehr Zins bringt mehr Risiko“

„Mehr Zins bringt mehr Risiko“, resümierte Gassert. Nach seinen Aussagen hätten die Sparkassen über die Landesbanken in geringem Umfang Geld ihrer Kunden auch in riskanten Geschäftsfeldern und Fonds angelegt gehabt.

Der Finanzmarkt habe sich weit von der Realwirtschaft entfernt, sagte er. Geld müsse immer einen realen Hintergrund haben. Es sei nicht dazu da, um sich selbst zu vermehren. Gasserts Prognose lautete: „Aus dieser Krise kommen wir nur mit großer Staatsverschuldung raus.“ Die Weltbank sei nur durch gemeinsamen starken politischen Druck zu beeinflussen, antwortete er auf eine Besucherfrage.

Warum nehmen Menschen so lange eine schlechte Politik hin?

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick aus dem Wahlkreis Mannheim wunderte sich in Künzelsau, dass „so viele Menschen so lange eine schlechte Politik hinnehmen“. Der 36-jährige Volkswirt ist seit 2007 finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Durch Gier und neoliberale Politik wollte man die Wirtschafts- und Finanzmaschinerie immer schneller machen, berichtete er über die negativen Auswüchse der vergangenen Jahre. Durch 138 Investitionsschutzabkommen profitiere das politisch einflussreiche Deutschland bei Geschäften in vielen Ländern der Erde, wies er auf Vorteile gegenüber vielen anderen Ländern der Welt hin. Einige seiner Forderungen lauteten: Die Politik und Finanzwelt müssen entflochten werden. Verbraucherschutz müsse wieder stärker in den Vordergrund rücken. „Wir als Grüne fordern in der gegenwärtigen Krise einen New Deal mit dem Ziel einer nachhaltigen und stabilen Wirtschaft.“

Aufruf zur Demo: „Wir zahlen nicht für eure Krise“

Bevor Schick vom Podium abtrat und zu einem Internetchat der  ZDF-Sendung Frontal21 eilte, rief er die Besucher am 28. März dieses Jahres auf, bei den Demos in Frankfurt oder Berlin mitzumachen. Deren Motto lautet: „Wir zahlen nicht für eure Krise.“

INFOs: Internetseite des Films www.letsmakemoney.de

Aufruf zur Demo „Wir zahlen nicht für eure Krise“ www.28maerz.de/aufruf/

Das Kino Klappe in Kirchberg an der Jagst veranstaltet am Donnerstag, 12. März 2009, 20 Uhr, einen Abend zum Film „Let’s make money“. Titel der Veranstaltung lautet „Knete, Mäuse und Moneten“ – ein Finanzabend von Bündnis90/DIE GRÜNEN mit Dr. Gerhard Schick MdB und Fritz Vogt, dem jahrzehntelangen Geschäftsführer der Raiffeisenbank Gammesfeld, einer der kleinsten, wenn nicht sogar der kleinsten noch selbstständigen Bank Deutschlands.

Der Filminhalt von „Let’s make money“ (Film-Website):

„Let’s make MONEY“ folgt dem Weg unseres Geldes, dorthin wo spanische Bauarbeiter, afrikanische Bauern oder indische Arbeiter unser Geld vermehren und selbst bettelarm bleiben. Der Film zeigt uns die gefeierten Fondsmanager, die das Geld ihrer Kunden jeden Tag aufs Neue anlegen. Zu sehen sind Unternehmer, die zum Wohle ihrer Aktionäre ein fremdes Land abgrasen, solange die Löhne und Steuern niedrig und die Umwelt egal ist. Wir erleben die allgegenwärtige Gier und die damit verbundene Zerstörung, die mit unserem Geld angerichtet wird.
Der Film zeigt uns mehrere Ebenen des Finanzsystems. Wir erfahren auch, warum es auf dem Globus zu einer unglaublichen Geldvermehrung gekommen ist. Wir lernen deren Konsequenzen für unser Leben kennen. Täglich werden Milliardensummen, die möglichst hoch verzinst werden sollen, mit Lichtgeschwindigkeit um den Globus transferiert.
„Let’s make MONEY“ zeigt uns einige Zwischenstationen dieser Geldver-mehrungsreise, wie die Schweiz, London oder Jersey. Warum ist die Kanalinsel das reichste Land Europas? Steueroasen nutzen Konzerne und Reiche, um Steuern zu sparen. Bislang hat die Politik dies nicht verhindert. Dabei setzten die Regierungen die Spielregeln für das weltweite Geldsystem fest. Seit den 70er Jahren erleichterten sie den Geldfluss und schufen so die Grundlage für den Boom der weltweiten Finanzindustrie mit ihren Zentren in London, New York oder Frankfurt. Es ging dabei immer um Interessen von wenigen Mächtigen. So konnten der Internationale Währungsfonds und die Weltbank vielen Entwicklungsländern eine Privatisierung von Altersvorsorge, Stromerzeugern oder Baumwollfabriken aufzwingen, nachdem deren Regierungen durch eine hohe Verschuldung erpressbar geworden waren. Dies eröffnet neue Anlagemöglichkeiten für unser Geld. Doch dieser „Ausverkauf“ von sozialen Errungenschaften wie Gesundheitssystem, Pensionswesen, Energieversorgung und öffentlicher Verkehr passiert nicht nur in der fernen „dritten“ Welt. Wir alle sind direkt davon betroffen. Und genau davon handelt der Film: Wir erleben keine Finanzkrise, sondern eine Gesellschaftskrise – die wir mit unserem Geld beeinflussen können.

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