Haller Tagblatt – Detjen: „Es muss nicht unbedingt verkauft werden“

Nicht im Detail Stellung zu den Übernahmeplänen der Ulmer Südwestpresse will Claus Detjen, der Eigentümer, Herausgeber und Geschäftsführer des möglichen Übernahmekandidaten Haller Tagblatt nehmen. „Ich prüfe alle Möglichkeiten des Handelns“ sagte er am Freitag, 27. Februar 2009, im Telefongespräch mit Hohenlohe-ungefiltert. Das Bundeskartellamt wollte ursprünglich bis zum 6. März 2009 entscheiden, ob es einer Übernahme zustimmt und zu welchen Bedingungen. Diese Frist wurde jetzt bis 13. März verlängert. Das Kartellamt hat „wettbewerbliche Bedenken“.

Von Ralf Garmatter, Freier Journalist, Kirchberg/Jagst

Printprodukt Zeitung ist von vielen Seiten gefährdet

„Es muss nicht unbedingt verkauft werden“, meint der 73-jährige Unternehmer, der 2002 das Haller Tagblatts mit Hilfe eines Millionenkredits der Südwestpresse gekauft hat. „Ich habe zwar eine Krebserkrankung, aber das ist nicht der Grund für die derzeitigen Aktivitäten. Die Krankheit ist soweit im Griff“, erklärte Detjen im Telefongespräch. Die Finanzkrise und die derzeitige Wirtschaftslage sei auch am Haller Tagblatt nicht spurlos vorbei gegangen, meint der ehemalige Journalist, Ex-Bundesgeschäftsführer des Zeitungsverlegerverbands und frühere Herausgeber der zur Südwestpresse gehörenden Märkischen Oderzeitung in Frankfurt/Oder. Nach Ansicht Detjens ist das Printprodukt Zeitung momentan von vielen Seiten gefährdet. Konkurrenz durch Online-Dienste seien nur ein Teil des Problems. Es sei in den vergangenen Jahren bei vielen Menschen eine grundlegende Veränderung der Informationsgewohnheiten festzustellen.

Detjen: Viel Herzblut ins Haller Tagblatt gesteckt

Nach eigenen Angaben hat Detjen „viel Herzblut“ in das Haller Tagblatt gesteckt. Bei der Lokalzeitung (Auflage 18000) gibt es derzeit nach Detjens Angaben auf Vollzeitstellen gerechnet 55 Mitarbeiter. Beim Kauf des Zeitungsverlags im Februar 2002 waren es laut eines damaligen Zeitungsberichts im Haller Tagblatt noch 85 Mitarbeiter, die Detjen mit übernommen hat. „Es ist schön, eine kleine Zeitung vom Totenbett runter zu holen – das ist gelungen“, erinnert sich der Geschäftsmann an die Anfangszeit in Schwäbisch Hall. Er wünscht sich für die Zukunft eine „lokal verwurzelte Zeitung in bestmöglicher Qualität“. Positiv sei, dass die Zeitungsleser im Landkreis Schwäbisch Hall noch immer drei unterschiedliche Lokalteile lesen könnten (Hohenloher Tagblatt, Haller Tagblatt und Rundschau Gaildorf). Zum Hintergrund. Zwei der Zeitungen (Hohenloher Tagblatt und Gaildorfer Rundschau) gehören aber schon seit Jahren mehrheitlich oder ganz der Südwestpresse. Alle drei Zeitungen beziehen schon seit Jahrzehnten den Mantelteil der Südwestpresse. Seit dem Kauf durch Detjen arbeitet das Haller Tagblatt viel enger mit der Südwestpresse zusammen als zuvor. Alle drei Lokalzeitungen des Landkreises nutzen seit Jahren das gleiche computergestützte Redaktionssystem, bei dem jeder Redakteur der jeweiligen Zeitung auf die Seiten der anderen im Südwestpresse-Verbund kooperierenden Zeitungen zugreifen kann.

Überdurchschnittlich hohe Fluktuation in der Redaktion des Haller Tagblatts

Angesprochen auf die auffallend hohe Fluktuation der redaktionellen Mitarbeiter beim Haller Tagblatt seit dem Kauf der Zeitung durch ihn wollte Detjen nicht näher eingehen. Höchstbedauerlich findet der Verleger den Todesfall des früheren Chefs vom Dienst (CvD) und Wirtschaftsredakteur Kurt Neuffer. Der langjährige Mitarbeiter des Haller Tagblatts ist im mittleren Alter plötzlich gestorben und hinterließ seine Frau und fünf Kinder. Andere Redakteure sind während der Detjen-Zeit aus gesundheitlichen Gründen berufsunfähig geworden, in den vorgezogenen Ruhestand gegangen oder haben die Zeitung freiwillig verlassen. Auf zu hohe Arbeitsbelastung, negativen Stress oder psychischen Druck will Detjen dies allerdings nicht zurückführen.

Regionale Lesermärkte und lokaler Anzeigenmarkt wären von Übernahme betroffen

Dass das Kartellamt bei einer Übernahme durch die Südwestpresse wettbewerbliche Bedenken hat, sieht Detjen im Moment gelassen. Bis spätestens 13. März 2009 will das Bundeskartellamt entschieden haben, ob die Übernahme des Haller Tagblatts durch die Südwestpresse zulässig ist. Die Pressestelle des Bundeskartellamts teilte am Donnerstag, 26. Februar 2009, auf Nachfrage von Hohenlohe-ungefiltert folgenden aktuellen Sachstand mit: „Das Verfahren ist nach wie vor nicht abgeschlossen, so dass wir leider auch keine näheren Angaben machen können. Von dem Vorhaben sind regionale Lesermärkte für Abonnement-Tageszeitungen im Kreis Schwäbisch Hall sowie ein lokaler Anzeigenmarkt betroffen. Das Bundeskartellamt hat den Beteiligten mitgeteilt, dass das Vorhaben auf wettbewerbliche Bedenken stößt. Die Beteiligten haben nun Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Frist zur Entscheidung in der Sache läuft bis zum 13. März 2009.“ (Lesen Sie zu diesem Thema auch den Hintergrundartikel Kartellamt hat Bedenken bei Übernahme des Haller Tagblatts durch die Südwestpresse)

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