Mut – und die Folgen im Jahre 1938 – Gerabronner Schülerinnen beleuchten die Wahlmanipulation in Langenburg

Dass eine Wahl, wie die Bundestagswahl manipuliert werden könnte, würde heutzutage in Deutschland niemand ernsthaft in Erwägung ziehen. Es ist nahezu unvorstellbar. Während der Zeit des Faschismus in Deutschland vor 70 Jahren war dies allerdings anders – auch in Langenburg.

Artikel einer Schülergruppe der 11. Klasse des Gymnasiums Gerabronn

Dekan Brecht warnte Bürger in seiner Predigt

Ein Großteil der Langenburger ging am 10. April 1938 zur Volksabstimmung. Auf den damaligen Wahlzetteln stand: „Bist du deutscher Mann und deutsche Frau mit dem Werk des Führers, Adolf Hitler, einverstanden?“ Die meisten Bürger Langenburgs stimmten mit „Ja“. Es gab aber auch elf Nein-Stimmen. Auch Erich und Paula Gunzenhauser aus Atzenrod haben mit „Nein“ gestimmt. Sie waren schon vor der Sonntagspredigt wählen gegangen. Alle, die am damaligen Wahlsonntag in der Langenburger Kirche waren, stimmten höchstwahrscheinlich mit „Ja“. Denn Dekan Brecht warnte die Bürger in seiner Predigt indirekt, dass es besser wäre, mit „Ja“ zu stimmen.

Aus der NS-Frauenschaft ausgeschlossen – Ehemann verlor alle Ehrenämter

Kurz nach der Wahl wurde Erich Gunzenhauser, da er Parteimitglied der NSDAP war, verhaftet. Er musste für fünf Tage in Gestapo-Haft nach Ellwangen. Dies sollte für Gunzenhauser eine „Schutzhaft“ sein. Denn laut Gestapo würden sonst nachts die Bürger Langenburgs kommen, um den Landwirt zu töten. Paula Gunzenhauser war sich jedoch sicher, dass kein einziger Bürger gekommen wäre um, ihrem Mann etwas anzutun und somit die Schutzhaft nur ein Vorwand gewesen war. Paula Gunzenhauser, die zu dieser Zeit Mitglied der NS-Frauenschaft war, wurde – wie ihr Mann – unmittelbar nach der Wahl von der Partei ausgeschlossen und ihr Mann Erich verlor zudem sämtliche Ehrenämter.

Stimmzettel waren markiert

Die Wahlzettel, auf denen die Frage mit „Nein“ beantwortet worden war, wurden mit Hilfe von manipulierten Stimmzetteln ermittelt. Diese Manipulation war allen damaligen Bürgermeistern des Bezirks aufgetragen worden – wurde aber nicht von allen ausgeführt. Durch die manipulierten Stimmzettel konnten die Nein-Abstimmer ausfindig gemacht und bestraft werden. Der Bürgermeister von Langenburg hat bei diesem üblen Spiel seine Rolle mitgespielt. Er hatte seinem Amtsdiener aufgetragen, die Stimmzettel zu markieren. Der Bürgermeister war es auch, der die Nein-Abstimmer der Kreisleitung in Crailsheim weiter meldete.

Aus der Langenburger Gemeinschaft ausgeschlossen

Erich Gunzenhausers Sohn, Alfred, berichtete, dass seine Eltern nach der Wahl 1938 praktisch aus dem Langenburger Gemeindeleben ausgeschlossen wurden. Die Ausbildungserlaubnis von Lehrlingen wurde ihnen entzogen, das Kaufen oder Pachten von Land war ihnen verboten und die meisten Dorfbewohner mieden die Gunzenhausers, um selbst keine Schwierigkeiten zu bekommen. An diesem Beispiel der manipulierten Stimmzettel wird deutlich, dass es auch in der Region um Langenburg zur NS-Zeit mutige Menschen gab, die sich gegen Hitlers Politik stellten und dafür bestraft wurden. Wie beschrieben, gab es dort aber auch Menschen, die ihre Mitmenschen denunzierten.

Zu der Schülergruppe des Gerabronner Gymnasiums gehören:

Kim Hofmann, Judith Trenz, Laura Pfänder, Anna Stradinger und Sophia Neidlein

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