„Auf den Spuren der Sinti- und Romakinder in Mulfingen“ – Gedenkvortrag heute Abend (Mittwoch) in Mulfingen

Heute jährt sich zum 68. Mal der Jahrestag der Verschleppung der Sinti- und Roma-Kinder aus der St. Josefspflege in Mulfingen ins Konzentrationslager Auschwitz. Dazu gibt es heute, Mittwoch, 9. Mai 2012, um 20 Uhr eine Gedenkveranstaltung im Container der Bischof-von-Lipp-Schule in Mulfingen (Bachgasse 90).

Von der St. Josefspflege Mulfingen

Referent: Diözesanhistoriker Dr. Stephan Janker

Der Diözesanhistoriker Dr. Stephan Janker hält einen Vortrag mit dem Titel „Auf den Spuren der Sinti- und Romakinder in Mulfingen“. Herzliche Einladung geht an die älteren Schülerinnen und Schüler der Bischof-von-Lipp-Schule und an die gesamte Mulfinger Bevölkerung sowie alle interessierten Bürgerinnen und Bürger.

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Pressemitteilung der Dözese Rottenburg-Stuttgart:

„Der schwärzeste Tag“  – Historiker Janker klärt Deportation von Sinti-Kindern aus Mulfingen auf

Rottenburg/Mulfingen. 8. Mai 2012. Der 9. Mai 1944 war für den katholischen Pfarrer des hohenlohischen Ortes Mulfingen der „schwärzeste Tag“ im Leben der örtlichen St. Josefspflege. An diesem Tag wurden 33 Kinder aus Sinti-Familien von den Nationalsozialisten in Mulfingen abgeholt und zum Bahnhof Crailsheim gebracht.

39 Kinder und eine Schwangere nach Auschwitz verschleppt

Von dort wurden insgesamt 40 Sinti, eine Schwangere und 39 Kinder, in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Der Rottenburger Diözesanhistoriker Stephan Janker konnte jetzt anhand von Archivmaterialien nachweisen, dass die Untermarchtaler Schwestern, die das Heim in Mulfingen betreuten, entgegen anders lautender hartnäckiger Gerüchte keine aktive Rolle bei der Deportation übernahmen. „Sie begleiteten die Kinder aus Fürsorgepflicht bis Crailsheim, sie waren selber Opfer des NS-Regimes“, sagt der promovierte Historiker.

Es war eine herzzerreißende Szene

Zu den von Janker ausgewerteten Dokumenten gehört ein Brief, in der die Oberin an eine Mutter schreibt: „Es war ein schwerer Tag und eine schwere Stunde, als der große Wagen anfuhr und die Kinder, von der Liste abgelesen, einsteigen mussten. Der Abschied ging gegenseitig sehr schwer. Es war eine herzzerreißende Szene. Auch die Leute vom Ort nahmen warmen Anteil an den Kindern und unserem Wehe. Auf unsere Bitte hin durften Fräulein Lehrerin und ich die Kinder begleiten bis Crailsheim. Von hier bis Künzelsau ging die Fahrt mit dem Postauto, in Künzelsau mussten wir in den abgedunkelten, abgesperrten Gefängniswagen einsteigen. In Crailsheim wurden noch eine Frau und mehrere Kinder dazugeladen. Nochmals munterten wir die großen Kinder auf, für die Kleinen besorgt zu sein, wieder herzzerreißendes Weinen und Wehklagen – wir zwei mussten den Zug verlassen und sehen, wie wir über Geleise und Schienen wieder auf einem Wege uns zurecht fanden.“

Rassische und eugenische Selektion

Mit weiteren Dokumenten kann Historiker Janker zeigen, wie willkürlich das NS-Regime mit kirchlichen Fürsorgeanstalten umgesprungen ist. Die Josefspflege in Mulfingen war durch den württembergischen NS-Heimerlass von 1938 zur ausschließlichen Aufnahme von schulpflichtigen Kindern der Kategorie V – „Zigeuner und Zigeunerähnliche“ – bestimmt worden. Über die rassische und eugenische Selektion der Heimkinder entschied und wachte der Landesjugendarzt Dr. Max Eyrich.

Pfarrer Volz sorgte sich vor „feindlicher Übernahme des Heims durch die Nationalsozialisten“

In einem von Janker gefundenen Schreiben an das Bischöfliche Ordinariat zeigt sich der Pfarrer und Anstaltsleiter Alois Volz zwei Tage nach der Kinderdeportation besorgt, das Mulfinger Heim könne gewissermaßen feindlich von den Nationalsozialisten übernommen werden. Seiner Ansicht nach sei „mit noch mehreren Aktionen in ein Lager zu rechnen …, da noch nicht alle Kinder, die nach Rasse dafür bestimmt sind, am letzten Dienstag fortgebracht [worden] sind.“ Die Sorge des Pfarrers galt nun den verbliebenen Sinti-Kindern, von denen mindestens zwei nachweislich sterilisiert worden sind.

Acht Kinder auf den Empfang der Erstkommunion vorbereitet

Für Janker ist nach Sichtung der historischen Dokumente klar, dass Pfarrer und Schwestern unter dem Zwang des Regimes praktisch keine Handlungsalternativen hatten. Als ihnen bekannt wurde, wer von den Kindern für die Deportation ausgesucht worden war, entschlossen sie sich, noch acht der Kinder auf den Empfang der Erstkommunion vorzubereiten. Dies gelang ihnen nur, wie die Oberin an anderer Stelle mitteilte, weil „der Transportwagen … einige Tage später eingelaufen [ist] als angesagt war“.

Reisekostenrechnungen der Kriminalpolizei Stuttgart gefunden

Als kleine Sensation bezeichnet der Diözesanhistoriker die von ihm aufgefundenen Reisekostenrechnungen der Kriminalpolizei Stuttgart. In ihnen sind die Verantwortlichen der Deportation namentlich genannt. Demnach reiste am 9. Mai 1944 der Leiter der „Dienstelle für Zigeunerfragen“ bei der Kriminalpolizeileitstelle Stuttgart, Adolf Scheufele, nach Crailsheim, um die Abwicklung der Deportation zu überwachen. Nachdem der Deportationszug Crailsheim um 18:44 Uhr verlassen hatte, kehrte Scheufele nach Stuttgart zurück. Eine zweite „Reisekostenabrechnung“ gibt mehr Auskunft. Sie berichtet „über eine auf Anordnung des Reichssicherheitshauptamts Berlin (RSHA) nach Auschwitz ausgeführte Dienstreise“ der Kriminalassistentin Kienzle aus Esslingen von 9. bis 15. Mai 1944. Als Zweck der Reise gibt Kienzle an: „Transport von Zigeunerkindern mit mehreren Begleitern“. Auf dem Rückweg unterbrach sie ihre Dienstreise, um den Sonntag in Wien zu verleben.

Ein Verbrechen, das an unschuldigen Kindern verübt wurde

Der Befund sei zweifelsfrei, sagt Janker: „Die Kripo Stuttgart, die für die Deportation der Sinti zuständig war, stellte für den Kindertransport nach Auschwitz extra eine weibliche Kriminalpolizistin ab. Die angesprochene Frau ist im Jahr 2002 verstorben.“ Zehn Jahre nach ihrem Tod dürfe nun ihr Name genannt werden. Der Transport aus Mulfingen traf bekanntlich am 12. Mai 1944 in Auschwitz ein. Nur vier Kinder überlebten. „Ein Verbrechen, das an unschuldigen Kindern verübt wurde, das wahrlich zum Himmel um Rache schreit“, heißt es in der Mulfinger Pfarrchronik.

Am Mittwoch, 9. Mai, gedenken in der Mulfinger Josefspflege Kinder und Eltern der Opfer der damaligen Deportation.

Ergänzung durch Hohenlohe-ungefiltert:

Bei einem Gottesdienst am Mittwoch, 9. Mai 2012, um 11 Uhr in der katholischen Kirche in Mulfingen gedachten die Schülerinnen und Schüler der Bischof-von-Lipp-Schule den deportierten Sinti- und Roma-Kindern. Heute Abend (Mittwoch, 9. Mai 2012, um 20 Uhr) hält der Diözesanhistoriker Dr. Stephan Janker einen Vortrag mit dem Titel „Auf den Spuren der Sinti- und Romakinder in Mulfingen“.

 

 

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„Offen für alle“ – Piraten Hohenlohe treffen sich morgen (Donnerstag) in Öhringen

Die Piratenpartei lädt am Donnerstag, 10. Mai 2012, ab 19 Uhr zum offenen Treff nach Öhringen ein. Treffpunkt ist im Tryncino im Ö-Center. Es wird über regionale und bundespolitische Themen diskutiert. Alle interessierten Bürger und Mitglieder sind herzlich eingeladen.

Von Martin Siebig, Piraten Hohenlohe

Themenvorschläge für das nächste Treffen:

Vorstellungsrunde, Festlegung Moderator und Zeiten, Themensammlung, Rückblick Bundesparteitag 2012.1, Schnelles Internet Hohenlohe-update, Kommunikation der Hohenloher Piraten außerhalb des Stammtisches, Dein Thema? oder Deines?? Offene Runde

Wichtige Termine:

13.05.2012 Stammtisch Kocher-Jagst Wahlparty in Crailsheim

15./16.09.2012 Landesparteitag 2012.2

24./25.11.2012 Bundesparteitag 2012.2

Offene Runde

Weitere Infos unter: www.piraten-hohenlohe.de

Weitere Informationen im Internet über Martin Siebig und die Piraten in Hohenlohe:

Martin Siebig, Ansprechpartner der Piraten Hohenlohe für die Presse

http://www.piratenpartei-hohenlohe.de

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„Vernunft muss her, statt Militär“ – Rede von Jochen Dürr zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus

Jochen Dürr aus Schwäbisch Hall, Landessprecher der VVN-BdA Baden-Württemberg hat bei einer Gedenkfeier in Heidenheim am 6. Mai 2012 eine Rede zum 67. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus gehalten. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die Rede in voller Länge.

Von Jochen Dürr aus Schwäbisch Hall, Landessprecher der VVN-BdA Baden-Württemberg

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde,

der 67. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 2012 ist ein historisches Datum. Als Landessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) in Baden Württemberg ein Tag des Erinnerung, aber auch des Feierns. Letzteres geht immer etwas unter.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland ruiniert

Klar ist: Beide Weltkriege gingen von deutschem Boden aus. Nach dem Ersten Weltkrieg war Deutschland ruiniert, nach dem Zweiten verwüstet. Der Faschismus hat Massenmord in einem Ausmaß praktiziert, den die Menschheit bis dahin nicht gekannt hatte. Und er hat die Welt in einen Krieg gestürzt, der zu mehr als 60 Millionen Toten geführt und Europa in Trümmer gelegt hat. Diese klaren Fakten am Anfang zu benennen, ist deswegen wichtig, weil im Zuge des Totalitarismus das faschistische Treiben relativiert oder sogar negiert wird

Viele Deutsche sahen das Kriegsende nicht als Tag der Befreiung

Wenn wir heute hier bei unserer Gedenkfeier einen Rückblick auf das Ende des Hitlerfaschismus werfen, ist festzustellen, dass viele Deutsche den 8. Mai 1945 damals nicht als Tag der Befreiung gesehen haben. Bis kurz vor der bedingungslosen Kapitulation wurden tausende von Häftlingen in Konzentrationslagern, Soldaten die sich weigerten weiterzukämpfen, oder Zivilisten, die mit weißen Fahnen signalisierten, dass sie Frieden wollten, auf höchst richterlichen oder militärischen Befehl hin erschossen.

Filbinger ließ Todesurteile noch kurz vor Kriegsende vollstrecken

Erinnern wir uns: Auch in Baden Württemberg hatten wir einen Ministerpräsidenten (Filbinger), der Todesurteile noch kurz vor Kriegsende vollstrecken ließ und diese im Nachhinein damit begründete, „dass was damals Recht war, heute kein Unrecht sein könne…“ Einer seiner Nachfolger machte ihn deshalb auch zum Widerstandskämpfer!

Für Überlebende ein Tag zum Feiern

Die Opfer des Faschismus werden wir nie vergessen und es ist für uns als VVN-BdA eine Verpflichtung alles zu tun, dass sie auch in Zukunft ein würdiger Teil der deutschen Geschichte bleiben. Für diese Menschen und für viele, die noch später an den Folgen des Krieges und der Haft starben, kam der 8. Mai viel zu spät. Doch für die Überlebenden und für uns ist dieser Tag ein Grund zu feiern.

Freundinnen und Freunde,

der Nationalsozialismus war kein blindes Schicksal, Hitler kein Betriebsunfall der Geschichte. Sofort nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wurde die Arbeiterbewegung zerschlagen. Es gab zwar viele lokale und regionale Widerstände, aber der Generalstreik der Gewerkschaften blieb aus.

Und die Zukunft beginnt in der Gegenwart.

Carl von Ossietzky formuliert es so:

„Es wird die Stunde kommen, wo alles Gegenwart sein wird, was jetzt noch Zukunft ist, wo die Zeit selber von uns Rechenschaft fordern wird, was wir getan haben. Von unserer Arbeit wird es abhängen, ob wir ihren Weg teilen dürfen, oder ob sie über uns hinweggehen wird.“

Nationalsozialismus in den Köpfen war nicht besiegt

Es gab 1945 eben keine Stunde Null – der Nationalsozialismus war auf dem Schlachtfeld, nicht aber in den Köpfen besiegt. Was Auschwitz, Buchenwald, Dachau, Sachsenhausen, Treblinka, Majdanek, Bergen-Belsen möglich machte, schwand, wenn überhaupt, nur allmählich und nicht als Folge einer besseren Einsicht, sondern nur als Konsequenz biologischer Gesetzmäßigkeiten.

Politik muss Konsequenzen aus dem Gedenken und den historischen Erfahrungen ziehen

Deshalb: es reicht nicht, der Befreiung in schönen Worten zu gedenken. Notwendig ist heute eine Politik, die die Konsequenzen aus dem Gedenken und den historischen Erfahrungen zieht und eine Wiederholung der Ereignisse des Nationalsozialismus unmöglich macht. Der 8. Mai 1945 bedeutete das Ende eines sechsjährigen Angriffskrieges und das Ende einer zwölfjährigen Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus. Er bedeutete auch das Ende des in der Menschheitsgeschichte einmaligen Massenmord es an den europäischen Juden, den Sinti und Roma, an Homosexuellen, an Menschen mit Behinderung, an sogenannten Asozialen und nicht zuletzt an politisch Andersdenkenden, an Kommunisten, Sozialdemokraten, Christdemokraten und Gewerkschaftern. Polnische und russische Kriegsgefangene wurden gequält und ermordet.

Freundinnen und Freunde,

für die ganze Welt und nicht nur für die Überlebenden der Konzentrationslager war das erzwungene Ende der Nazidiktatur am 8. Mai ein Tag der Freude. Hundertausende alliierter Soldaten, Partisanen, Widerstandskämpfer und Widerstandskämpferinnen haben für diesen Tag ihr Leben riskiert.

Peter Gingold, Antifaschist und Widerstandskämpfer, schildert sein Erleben des 8. Mai 1945 so:

„Die Befreiung! Der deutsche Faschismus endgültig zerschmettert, die Menschheit vor dem Untergang und der Barbarei gerettet. Ich hatte Tränen der Freude, aber auch der Trauer, wenn ich an all jene dachte, die ihr Leben für diesen Tag eingesetzt hatten, ihn aber nicht mehr erleben konnten.“ Die Männer und Frauen aus unseren Reihen wollten 1945 ein friedliches, antikapitalistisches Deutschland aufbauen. Das war der Anspruch an ein neues Deutschland!

Ehemaliger KZ-Häftling bekommt heute nur 300 Euro Rente

Doch da gibt es den 85-jährigen Arbeiter, der acht Jahre im KZ war und heute von einer Rente von 300 Euro und Sozialhilfe leben muss. Doch da gibt es die Frau, die Auschwitz überlebte, und der von einem Berliner Gericht die Verfolgten-Rente gestrichen wurde, weil sie sich mit dem Abreißen von Wahlplakaten einer Neonazi Partei strafbar gemacht hatte. Doch da gibt es den Mann aus Saloniki, den die Nazis in ein Vernichtungslager verschleppt haben und dessen Entschädigungsantrag von der Bundesrepublik abgelehnt wurde, weil er sich nicht schon 1919 im Bundesgebiet oder Berlin aufgehalten hat.

Und was muss man von einer Versicherungsanstalt halten, die von dem einzigen Überlebenden einer Sinti-Sippe den Nachweis verlangte, dass er aus rassistischen Gründen im KZ saß?

Freundinnen und Freunde,

jahrzehntelang weigerte sich die Bundesregierung den 10 Millionen Zwangsarbeitern auch nur eine kleine Entschädigung für die erlittenen Qualen zu bezahlen. Die VVN-BdA erreichte zusammen mit Alfred Hausser, unserem Ehrenvorsitzenden, dass im Jahre 2000 eine Bundesstiftung gegründet wurde, die –  endlich – 55 Jahre nach Kriegsende damit begonnen hat, die kleine noch verblieben Zahl von Zwangsarbeitern zu entschädigen. Dies hat auch in der Industrie zu einem Umdenken geführt. Ex Daimler-Finanzvorstand Manfred Gentz bemerkte positiv, dass die Unternehmen damit begannen sich mit ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen.

Für viele andere aber gilt: was soll’s – wir haben’s doch:

– eine Armee, die wieder weltweit eingesetzt werden kann, wir sind wieder wer

– die Bild-Zeitung als Meinungsbildung und ein rostfreies, wetterbeständiges gutes Gewissen.

– Wir standen doch nicht an der Rampe von Auschwitz!

– Wir trugen doch nicht die SS Uniform.

Und irgendwann muss ja auch Schluss sein mit den Schuldzuweisungen und dem schlechten Gewissen. Und es besteht ja auch Hoffnung: Irgendwann werden ja auch die letzten Überlebenden gestorben sein!

Engagement vieler junger Menschen macht Mut

Aber es zeigt sich zum Glück auch, dass ein solches Meinungsbild Grenzen hat. Viele junge Menschen denken anders und das macht Mut! In den antifaschistischen Bündnissen engagieren sich immer mehr Schülerinnen und Schüler. Sie stellen sich den braunen Horden entgegen. Bei Antinaziprotesten gegen Naziaufmärschen in vielen Städten Baden – Württembergs, am 1. Mai … der Tag der Gewerkschaften … blockieren sie in der ersten Reihe die Aufmärsche von Nazis … 2010 in Ulm, letztes Jahr in Heilbronn und vor wenigen Tagen in Mannheim … zusammen mit AntifaschistInnen aller Generationen … sie stehen mutig dort !

Nazi-Gegner werden kriminalisiert

Die Sorge der Ordnungsbehörden gilt oft zu sehr dem störungsfreien Ablauf der Naziaktionen. Die neueste Nazitaktik, mit Bus- und Bahntouren in vielen kleinen Städten wie zuletzt in Eislingen, Göppingen und Esslingen ihre braune Soße in den Straßen und auf den Plätzen vieler kleiner Städten im Ländle zu verbreiten, macht deutlich, dass wir als AntifaschistInnen immer wieder neu und kreativer unseren Widerstand deutlich machen müssen. Protestaktionen von Antifaschistinnen und Antifaschisten werden zunehmend kriminalisiert und als verfassungsfeindlich behandelt. Klagen von VVN-Mitgliedern, beispielsweise gegen den Heilbronner Kessel am 01. Mai 2011, müssen wir öffentlich unterstützen. Sie stellen ja das Recht der Nazis auf freie Meinungsäußerung in Frage! Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Das gilt auch 2012 noch!

Naziförderung beenden, V-Leute abschalten, NPD verbieten!

Freundinnen und Freunde,

weil Antifaschistinnen und Antifaschisten, insbesondere die VVN-BdA sich diesen alten und neuen Nazis entgegenstellen, werden wir in den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Organisation gerückt und vom Verfassungsschutz beobachtet! Am 19. Dezember 2011 protestierten wir als Landesvereinigung der VVN-BdA Baden-Württemberg vor dem Gebäude des Landesamts für Verfassungsschutz in Stuttgart. Die Protestaktion stand unter dem Titel: Naziförderung beenden, V-Leute abschalten, NPD verbieten! Mit dieser Aktion wollten wir auf die besonders dubiose Rolle des baden-württembergischen Verfassungsschutzes in die gewalttätige Neonaziszene und die Verbrechen der Terrorgruppe „NSU“ hinweisen. Kein einziger der in den letzten Jahren bekannt gewordenen Nazimorde, Anschläge oder Versuche dazu wurde von diesen V-Leuten oder dem Verfassungsschutz als Ganzes aufgedeckt oder gar verhindert. Der Bombenbastler von Lörrach, der 2009 plante, in Freiburg eine Splitterbombe zu legen blieb unbehelligt, bis AntifaschistInnen der Polizei die entscheidenden Hinweise gaben. Mit völligem Unverständnis reagierte deshalb die VVN-Bund der Antifaschisten auf das Urteil des Amtsgerichts Lörrach vorletzte Woche gegen den aktiven Neonazi Thomas Baumann. Nach Hinweisen von antifaschistischen Aktivisten hatte die Polizei beim „Stützpunktleiter“ der Jugendorganisation der NPD in Lörrach neben zahlreichen Schuss- und Stichwaffen rund 22 Kilo chemische Substanzen, Zünder und Rohrmantel sowie eine Anleitung zum Bau von Rohrbomben entdeckt, die in kurzer Zeit zu einer Bombe zusammengebaut hätten werden können. Diese Materialien hatte sich Baumann zu eben diesem Zweck zielstrebig beschafft. Aus seinem E-Mailverkehr konnte unschwer geschlossen werden, dass er tatsächlich einen Bombenanschlag auf einen Treffpunkt Freiburger AntifaschistInnen, ersatzweise auch auf das Freiburger Gewerkschaftshaus und/oder die Wohnung des DGB-Vorsitzenden vorbereitete. Im Internet hatte er sich zudem nach den Namen und Adressen weiterer Antifaschisten erkundigt. Im Prozess spielte dies nun keine Rolle mehr. Verurteilt wurde Baumann zu 100 Euro Geldstrafe und 8 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und zwar lediglich wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Sein offenkundiger Versuch eine Bombe herzustellen, die ein Blutbad hätte auslösen können, blieb völlig ungeahndet. Offensichtlich ist der Versuch, Sprengstoffanschläge auf linke und gewerkschaftliche Einrichtungen vorzubereiten, also nicht strafbar. Nach dem Bekanntwerden des Versagens der Sicherheitsbehörden beim Umgang mit der Nazi-Terrorgruppe NSU ist dies ein weiterer veritabler Justizskandal. Dieses Urteil ist ein verheerendes Signal für die immer gewalttätigere Neonaziszene in Deutschland.

Oft an den Haaren herbeigezogene „Gesetzesübertretungen“

In dramatischem Kontrast dazu steht der juristische Umgang mit „Delikten“ von NazigegnerInnen die im Rahmen der grundgesetzlich geschützten Meinungs- und Versammlungsfreiheit oftmals vermeintlich begangen werden. So sind zum Beispiel Strafen wegen unerlaubten Spendensammelns auf Demonstrationen und anderen, oft an den Haaren herbeigezogenen Gesetzesübertretungen an der Tagesordnung. Vorletzte Woche wurden in Stuttgart zwei AktivistInnen der Friedensbewegung verurteilt, weil sie bei einer Protestaktion gegen einen Bundeswehr-Werbestand versehentlich Ketchupflecken auf dem Teppich verursacht hatten. Wäre dem Bombenbastler von Lörrach nicht rechtzeitig von Antifaschisten das Handwerk gelegt worden, wäre es mit Sicherheit nicht bloß um Ketchupflecken gegangen. Mit Thomas Baumann ist nun auch in Zukunft ein Waffennarr und bombenbaubefähigter aktiver Neonazi mit offenkundiger Gewaltbereitschaft unterwegs. Er ist leider nicht der einzige. Breivik lässt grüßen!

Zurück zur NDP und den staatlich bezahlten Nazis :

V-Leute sind Neofaschisten, die oftmals mit ihren aus Steuergeldern finanzierten Honoraren den Aufbau der Nazistrukturen unterstützen. Der Verfassungsschutz stellt sich immer mehr als eine unkontrollierbare Gefahr für die Demokratie heraus. Deshalb gehört er aufgelöst! Keine/r braucht ihn!

Freundinnen und Freunde,

die VVN-BdA bekämpft im Bündnis mit allen demokratischen Kräften alle faschistische Aktionen und Bestrebungen. Unsere Verfassung bestimmt, dass „die zur Befreiung des deutschen Volkes erlassenen Rechtsvorschriften“ bestehen bleiben. Gemäß Artikel 139 GG sind alle neofaschistischen Gruppen und Organisationen aufzulösen.

Freundinnen und Freunde,

lasst uns die antifaschistische Arbeit auch stärker mit der sozialen Frage verknüpfen. Ein sozialer Staat kann und darf Armut und soziale Ausgrenzung in mitten einer reichen Gesellschaft nicht zulassen. Es ist eine Schande, dass Menschen, die durch jahrelange Arbeit zum Wohlstand unseres Landes und ihrer Arbeitgeber beigetragen haben, durch Hartz-Gesetze, Leih – und Zeitarbeit zu würdelosen Arbeitssklaven degradiert werden, die gezwungen sind, jede Arbeit und jeden Lohn zu akzeptieren.

Es ist genügend Geld da, es ist nur in den falschen Händen!

Wir brauchen eine Umverteilung von oben nach unten, umgekehrt wurde lange genug verteilt! Unser Ziel muss sein, Altersarmut zu vermeiden, Arbeits- und Perspektivlosigkeit zu bekämpfen, eine gute Ausbildung und attraktive Jobs für Jüngere zu schaffen und unsrer jungen Generation eine gesicherte Zukunft zu bieten. Machen wir uns doch nichts vor: das Problem Neofaschismus wird sich durch die Folgen der Krise nur verstärken. Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Armut, Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit und dem gilt es entgegen zu steuern.

Kameradinnen und Kameraden,

auch deshalb kämpft die VVN-BdA um ein Verbot der NPD. Ein Verbot muss aber die Konsequenz aus einer antifaschistischen Bewegung sein und nicht das Verbot eines Staates, der Stärke demonstriert, obwohl sich dahinter eine schwache Demokratie verbirgt. Ein Verbot ersetzt nicht die Aktivitäten der Bevölkerung gegen Rechts. Wir müssen Neofaschismus, Rassismus und Militarisierung bekämpfen. Wir dürfen ihnen keine Nahrung geben, wir müssen die Wurzeln beseitigen. Demokratie muss gestärkt und ausgebaut werden. Wir müssen in allen Bereichen für die sozialen und politischen Menschenrechte und für soziale Gerechtigkeit werben.

Wir brauchen Friedenspolitik und keine Kriegspolitik!

Deshalb lasst uns auch die Friedensfrage stärker mit der sozialen Frage verknüpfen. Denn mit dem Geld, das für Rüstung und Kriege ausgegeben wird, können Sozialstaaten geschaffen werden, die diesen Namen verdienen. Jede Mark für Rüstung ist eine Mark weniger für Brot, sagt ein alter Satz, der nach wie vor seine Richtigkeit besitzt. Wir wollen eine Gesellschaft ohne soziale Ungerechtigkeiten, ohne Massenarbeitslosigkeit und Krieg, ohne Rassismus und ohne Rechtsradikalismus.

Freundinnen und Freunde,

bereits seit 1998 ist das Undenkbare geschehen: von deutschem Boden ging wieder Krieg aus! Militärische Gewalt ist wieder zum akzeptierten Mittel der Politik geworden, ob mit oder ohne UNO-Mandat.

Auf der Strecke geblieben dabei, ist das Völkerrecht und das Grundgesetz

Militärplaner betrachten den völkerrechtswidrigen Krieg als willkommenen Präzedenzfall, dem das Völkerrecht angepasst werden soll. Doch das Grundgesetz mit seinem Verbot von Angriffskriegen muss wieder gelten. Deutschland schuldet der Welt keine Soldaten, sondern Beiträge für Frieden und Abrüstung. Die Bundeswehr versucht zunehmend größeren Einfluss auf das Bildungswesen zu nehmen, um die Sicherheits- (Kriegs-)Politik der Bundesrepublik Deutschland darzulegen. Mittlerweile haben acht Bundesländer Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr unterzeichnet, die der Bundeswehr beziehungsweise den Jugendoffizieren Vorrang in den Bildungseinrichtungen einräumen. In Baden-Württemberg wurde diese Vereinbarung am 4. Dezember 2009 mit dem Kultusministerium getroffen. Die Arbeit von Jugendoffizieren in Schulen soll dabei verbessert werden. Insbesondere in die Ausbildung der ReferendarInnen und die LehrerInnenfortbildung sollen Jugendoffiziere stärker eingebunden, so genannte Bildungsangebote der Bundeswehr in Medien der Kultusministerien veröffentlicht werden.

Die Kooperationsvereinbarung in Baden-Württemberg zurücknehmen

Die VVN-BdA Baden-Württemberg tritt weiter dafür ein, Dde Kooperationsvereinbarung in Baden-Württemberg zurückzunehmen, auf dem Weg zu einer bundeswehrfreien Schule, um langfristig Militärs aus allen Bildungseinrichtungen zu verdrängen. Schülerinnen und Schüler sollen nicht für das Töten von Menschen angeworben werden, sondern zum Frieden erzogen werden.

Kein Werben fürs Sterben

Auch die Agenturen für Arbeit/Jobbörsen usw. dürfen nicht zum WERBEN FÜR STERBEN genutzt wird. Besonders profitiert die Bundeswehr von der Verschärfung der Auflagen für unter 25-jährige HARTZ 4-Empfänger. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Sozialabbau als Rekrutierungsgehilfe der Bundeswehr. Dies geht mittlerweile soweit, dass die Bundeswehr in zahlreichen Arbeitsagenturen und Argen (unter anderem in Heilbronn, Waiblingen, Reutlingen, Aalen) regelmäßig Rekrutierungsveranstaltungen abhält und sogar Berichte vorliegen, dass HARTZ 4-Empfänger Leistungskürzungen angedroht wurden, sollten sie sich weigern, an Rekrutierungsveranstaltungen teilzunehmen. In Schwäbisch Hall wird es solche Veranstaltungen nicht mehr geben, dies ist der Erfolg intensiver Gespräch mit dem örtlichen Leiter der Agentur für Arbeit.

Zum Abschluss zitiere ich aus dem Aufruf des Friedensnetzes Baden-Württemberg:

Auch deutsche Außenpolitik darf sich keine militärischen Optionen vorbehalten. Das verlangt das Grundgesetz schon als unabweisbare Lehre aus der eigenen Geschichte. Dennoch sind Aufrüstung, Kriegsvorbereitung und eine zunehmende Militarisierung deutlich zu beobachten. Die Bundeswehr wird zur „Armee im Einsatz“ umgerüstet. Statt bisher 7.000 Soldaten sollen demnächst 15.000 gleichzeitig in Kriegseinsätze geschickt werden. Der Umbauprozess und die Aussetzung der Wehrpflicht dienen nicht dem Frieden, sondern sollen die Bundeswehr für den weltweiten Einsatz rüsten.

Mit Krieg und Rüstung wird Geld verdient:

Deutschland hat sich Platz 3 der Rüstungsexportnationen gesichert. Auch in Baden-Württemberg sitzen die Profiteure des Krieges, allen voran Europas zweitgrößter Rüstungsproduzent EADS. Über ein Dutzend Firmen im Bodenseeraum produzieren schwere Waffen. In Oberndorf widmet sich Heckler & Koch dem tödlichen Geschäft mit der Rüstung. Die dort produzierten Handwaffen sind in nahezu jedem kriegerischen Konflikt auf dieser Erde im tödlichen Einsatz. Statt einer Politik der militärischen Optionen brauchen wir eine Politik des gleichberechtigten Austausches von Gütern und Ideen, der Zusammenarbeit zwischen den Staaten und Menschen, der Bekämpfung von Hunger, Krankheit und Armut.

Vernunft muss her, statt Militär!

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.

Weitere Informationen und Kontakt:

http://schwaebisch-hall.vvn-bda.de/

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