„Deutsche Tea-Partys bestimmen die Meinung“ – Leserbrief von Jochen Dürr zu Griechenland und Euro-Krise

Die öffentliche Meinung ist aus meiner Sicht weitgehend gesteuert. Aktuelle Beispiele sind die deutsche „Tea-Party“ mit tausenden Mails an Bundestagsabgeordnete gegen Euro-Hilfen, die FDP mit dem gleichen Thema auf dem Weg zur rechtsradikalen Partei und die SPD auf dem Weg in die Arme eines vermeintlichen Kanzlerkandidaten Steinbrück.

Leserbrief von Jochen Dürr, Schwäbisch Hall

FDP-Chef Rössler sind Meinungsumfragen wichtiger als der europäische Gedanke

Die Diskussion um den Ausschluss von Griechenland aus der Gemeinschaft ist nur der bisherige Höhepunkt wiedererstarkender nationaler Egoismen. Politiker wie FDP-Chef Rössler sind die wöchentlichen Zustimmungswerte in Meinungsumfragen wichtiger als der europäische Gedanke. Wer die aktuelle politische Diskussion rund um die Eurokrise aufmerksam verfolgt, wähnt sich in einem Seminar für TheologInnen. Es wird lieber über Schuld und Sühne debattiert. Aus Sicht von Herrn Rössler und anderen hat sich die griechische Politik an den „heiligen Stabilitätskriterien“ versündigt, als sie ihre Wahlgeschenke mit Defiziten bezahlte, auf die sich nach den Buchstaben der Euro-Verträge nicht hätte einlassen dürfen. Um sich von dieser Sünde reinzuwaschen, reichen jedoch nicht mal fünf Rosenkränze und zehn Vaterunser – auf die neun fetten Jahre seit Einführung des Euros sollen wohl nun neun magere Jahre der Buße folgen.

Wo bleibt denn hier die viel beschworene Solidarität?

Griechenland hat fast genau so viele EinwohnerInnen wie Baden-Württemberg und eine Wirtschaftsleistung, die mit der des Bundeslandes Hessen zu vergleichen ist. Die Staatsschulden Griechenlands entsprechen nicht einmal 1,5 Prozent des Geldvermögens der EU-BürgerInnen. Für Griechenland wäre ein Austritt aus der Eurozone jedoch eine ökonomische Katastrophe. Analysten rechnen mit einem volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von 50 bis 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, andere weisen ferner daraufhin, dass ein Austritt aus der Eurozone gleichzusetzen wäre mit einer massiven Kapitalflucht, Handelsproblemen, Energie- und Lebensmittelengpässen und einer massiven Steigerung der Arbeitslosigkeit einhergehen würde. Wenn selbsternannte Fachleute wie Hans-Werner Sinn darauf hinweisen, dass Griechenland am Ende dieses Prozesses Wettbewerbsvorteile hätte, so muss das als blanker Zynismus bezeichnet werden. Muss ein Land wie Griechenland erst zerstört werden, um es wettbewerbsfähig zu machen? Wo bleibt denn hier die viel beschworene Solidarität?

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„Freiheit für Chris! – Gegen Repression und Polizeigewalt!“ – Solidaritätskundgebung am Freitag, ab 9 Uhr, vor dem Stuttgarter Amtsgericht

Zu einer Solidaritätskundgebung für Chris, einen Stuttgarter Antifaschisten, ruft die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) Baden-Württemberg am Freitag, 16. September 2011, ab 9 Uhr auf. Die Gerichtsverhandlung gegen Chris im Amtsgericht Stuttgart (zweiter Verhandlungstag) beginnt um 10 Uhr. Die Kundgebung vor dem Amtsgericht (Hauffstraße 5, Nähe Neckartor) startet um 9 Uhr.

Von Jochen Dürr, Landessprecher der VVN-BdA Baden-Württemberg

Antirassistischer Protest

Am 4. August 2011 wurde ein Stuttgarter Antifaschist festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Vorgeworfen wird ihm die Beteiligung an antirassistischen Protesten gegen einen „islamkritischen Kongress“ und den Gründungsparteitag des Landesverbandes der Partei „Die Freiheit“ Anfang Juni dieses Jahres. Im Rahmen dieser Aktivitäten soll der Antifaschist an zwei Körperverletzungsdelikten beteiligt gewesen sein.

Widersprüchliche und unklare Zeugenaussagen

Nach dem ersten Prozesstag am 2. September 2011 wird das Verfahren nun auf einen zweiten Termin ausgeweitet. Widersprüchliche und unklare Zeugenaussagen sowie eine offensive Staatsanwaltschaft sorgten für einen Verfahrensverlauf, der die politische Intention des Prozesses deutlich offenbarte. Über 100 ProzessbesucherInnen zeigten sich solidarisch mit dem Angeklagten, hielten eine Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude ab und besuchten den Prozess. Am anstehenden zweiten Prozesstag am 16. September werden noch weitere Zeugen gehört und das Urteil verkündet.

Besucht die Gerichtsverhandlung diesen Freitag! Solidarisiert euch mit dem Antifaschisten!

Weitere Informationen: www.solikreis-stuttgart.tk

Anfahrt zum Amtsgericht Stuttgart: http://www.amtsgericht-stuttgart.de/servlet/PB/menu/1172282/index.html?ROOT=1172201

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