„Wie verändern Globalisierung und Finanzkrise Europa?“ – Film auf Youtube

Wie verändern Globalisierung und Finanzkrise Europa? Als Reaktion auf die politischen und sozialen Verflechtungen kommt es vermehrt zu Ausschreitungen. Ein Drittel aller Ausschreitungen weltweit im Jahr 2009 gab es in Europa.

Zugesandt von Roman Schmitt, Kirchberg/Jagst-Hornberg

Link zum Arte-Film auf Youtube:

http://www.youtube.com/watch?v=UOkQ8zfKijw#at=1437

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„In Spendierroben: Wie Richter ohne Kontrolle Geld aus Prozessen verteilen“ – Die vernachlässigten Top-10-Themen des Jahres 2013

Die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) stellte vor kurzem die vernachlässigten Top-10-Themen des Jahres 2013 vor. In diesem Jahr starten die INA, die Crowdfunding-Plattform Krautreporter.de und das Online-Magazin und Watchblog “Pressefreiheit in Deutschland” ein Experiment: Zehn Journalisten(-Teams) bearbeiten die aktuellen TOP 10 der vernachlässigten Themen deutscher Medien.

Von der Initiative Nachrichtenaufklärung (INA)

Geld für die Recherche vernachlässigter Themen sammeln

Bei Krautreporter.de sammeln die Reporter in den kommenden Wochen Geld für ihr Rechercheprojekt. Ist das Budget eingeworben, verfassen und veröffentlichen sie Beiträge zu den vernachlässigten Themen – die dadurch, hoffen wir, die breite Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Zu den Projekten.

Richter verteilen jährlich etwa 100 Millionen Euro

Über Strafprozesse liest man auf allen Titelseiten. Was mit den 100 Millionen Euro geschieht, die Gerichte jährlich an Geldauflagen einnehmen, bleibt undurchsichtig. Das Spitzen-Thema auf der diesjährigen Liste der vernachlässigten Nachrichten lautet: „In Spendierroben: Wie Richter ohne Kontrolle Geld aus Prozessen verteilen“.

Die zehn Top-Themen im Einzelnen:

1: In Spendierroben: Wie Richter ohne Kontrolle Geld aus Prozessen verteilen

Der Niedersächsische Landesrechnungshof stuft Richter als besonders korruptionsgefährdet ein. Denn: Sie entscheiden jedes Jahr über die Verwendung von zirka 100 Millionen Euro, die die Justiz als Geldauflagen in Prozessen einnimmt. Dieses Geld vergeben die Gerichte an gemeinnützige Vereine oder die Staatskasse. Wer wie viel Geld bekommt, entscheiden letztlich allein die Richter. Staatsanwälte haben nur ein Vorschlagsrecht. Inzwischen gibt es sogar Marketingunternehmen, die Vereinen helfen, auf die Empfängerlisten zu kommen. Über diese in jedem Gerichtsbezirk existierenden Geldflüsse wird in den Medien kaum berichtet.

2: Das Geschäft mit der Abschiebepraxis

Flüchtlinge mit abgelehntem Asylantrag werden mit Hilfe deutscher Fluglinien abgeschoben. Sammelabschiebungen werden als lukrative öffentliche Aufträge ausgeschrieben und von der Grenzpolizei Frontex bezahlt. In den Medien wird meist nur über Einzelfälle berichtet, zum Beispiel, wenn Abzuschiebende sich stark wehren und Piloten sich dann weigern, die Abschiebung durchzuführen. Vielen Reisenden in Deutschland ist daher vermutlich nicht bewusst, dass sie im gleichen Flugzeug mit Abschiebungspassagieren sitzen.

3: UN-Welternährungsprogramm ist intransparent

Eine der größten humanitären Organisationen der Welt, das Welternährungsprogramm (WEP) der Vereinten Nationen, hilft bei Hungersnöten in aller Welt. Die Nahrungsmittel, die in Krisenregionen geliefert werden, sollen dabei möglichst vor Ort bei Kleinbauern eingekauft werden. Zugleich hat das WEP aber die Vorgabe, immer die günstigsten Anbieter zu wählen. Am günstigsten können in der Regel Großkonzerne liefern. Wie das WEP diesen Widerspruch in seiner Beschaffungspolitik in der Praxis auflöst, ist nicht nachprüfbar. Die Verwendung der Mittel wird nicht offengelegt. Deutschland ist der sechstgrößte Geldgeber, dennoch berichten die Medien hierzulande nur vereinzelt über bestimmte Hilfsprojekte oder Großspenden.

4: Fehlende Kontrolle von Au-Pair-Agenturen in Deutschland

Etwa 8000 Au-Pairs kommen jedes Jahr nach Deutschland und arbeiten ungeschützt in einem weitgehend rechtsfreien Raum. Bis 2002 brauchten Agenturen, die Au-Pairs vermitteln, eine Lizenz von der Bundesagentur für Arbeit. Die Vermittlungsagenturen wurden regelmäßig von Mitarbeitern der Bundesagentur kontrolliert. Diese Lizenzpflicht und damit die staatliche Kontrolle fiel mit der Liberalisierung des Marktes für Dienstleistungen weg. Seitdem kann jedermann eine Au-pair-Vermittlung gründen. Voraussetzung: ein Gewerbeschein für rund 30 Euro. Inzwischen hat sich ein undurchsichtiger Markt von Vermittlungsagenturen in Deutschland gebildet. Darunter leiden viele Au-Pairs in Deutschland. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Einzelfälle bekannt, bei denen Au-Pairs insbesondere aus Afrika misshandelt wurden.

5: Die gehörlose Generation

Zu laute Musik schadet dem Gehör. Laut einer Studie der Berufsgenossenschaft Bau ist inzwischen jeder vierte Jugendliche bereits vor Eintritt in das Berufsleben hörgeschädigt. 45 Prozent schätzen sogar die Lautstärke eines Presslufthammers (120 Dezibel) als ungefährlich ein. Die Folgen sind Erkrankungen, die zu Arbeitsausfällen und Kosten für das Gesundheitssystem führen. Obwohl Politik und Wirtschaft von der Problematik wissen, wird zu wenig unternommen, um die Verbraucher aufzuklären. Zwar dürfen Hersteller aufgrund einer EU-Richtlinie nur Geräte vermarkten, die einen Schalldruckpegel von maximal 85 Dezibel aufweisen, dennoch werden weiterhin von fast allen namhaften Herstellern Geräte produziert, die mittels weniger Handgriffe Musik lauter abspielen können.

6: E-Discovery: deutsche Unternehmensdaten für die USA

Aus Angst vor Sanktionen in den USA bereiten sich deutsche Unternehmen auf eine umfangreiche Datenoffenlegung auch von sensiblen elektronischen Geschäftsunterlagen vor. Hintergrund sind US-amerikanische Gesetze zur sogenannten „E-Discovery“, die schon im Vorfeld eines Gerichtsverfahrens die Offenlegung aller prozessrelevanten Daten inklusive elektronischer Daten von der Gegnerseite verlangen. Von diesem Prozess der elektronischen Aktenoffenlegung können alle deutschen Unternehmen betroffen sein, wenn sie Geschäftsbeziehungen in die USA haben – und entsprechend auch ihre Mitarbeiter. Dieses Verfahren ist mit deutschem Datenschutz nicht vereinbar. Deutsche Unternehmen müssen sich in den meisten Fällen einer E-Discovery beugen, um einen hohen Kostenaufwand und mögliche Sanktionen zu vermeiden.

7: Bonuszahlungen für Ärzte – auch bei nicht zugelassener Medikation

Krankenkassen in Deutschland zahlen Ärzten teils hohe Boni, wenn diese mit einem günstigeren Medikament therapieren. Belohnt wird dabei im konkreten Fall auch der Einsatz eines Medikamentes, das für diesen Zweck gar nicht zugelassen ist (sogenannter „Off-Label-Use“). Dadurch entsteht faktisch ein Anreiz, die geltenden Standards der Medikamenten-Zulassung zu umgehen. Über Bonuszahlungen an Ärzte wurde in Deutschland bisher vor allem berichtet, wenn die Zahlungen von Pharma-Unternehmen ausgingen. Dass auch die Kassen auf diese Weise Einfluss auf die Verschreibungspraxis nehmen, ist dagegen weitgehend unbekannt.

8: Voluntourismus: Geschäfte mit der guten Tat im Ausland

Gerade junge Leute wollen ihren Urlaub oder die Zeit nach dem Schulabschluss darauf verwenden, anderen Menschen in Entwicklungsländern zu helfen. Kommerzielle Reiseveranstalter bieten darum sogenannten “Voluntourismus” an. Doch anders als bei spezialisierten Hilfsorganisationen werden die Interessenten hier weder überprüft noch ausreichend auf ihren Aufenthalt vorbereitet. Kritische Tourismus-Organisationen stellen die Nachhaltigkeit und Wirksamkeit dieser meist auf kurze Zeit angelegten Einsätze in Frage. Gerade bei Tätigkeiten in Waisenhäusern oder Schulen wird diskutiert, ob der verursachte Schaden nicht den Nutzen des Voluntourismus übersteigt. Tourismusexperten sehen Aufklärungsbedarf.

9: Waffenexporte werden unzureichend kontrolliert

Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Die Bundesregierung hat sich einem verantwortungsvollen Umgang mit Waffenexporten verschrieben. Die Außenwirtschaftsverordnung fordert von jedem Empfänger eines Waffenexportes eine Endverbleibserklärung. Länder, die deutsche Waffen gekauft haben, sollen nachweisen, dass sie diese so einsetzen, wie es mit der Bundesregierung abgesprochen wurde. Sie müssen zusichern, dass deutsche Waffenexporte nicht weitergehandelt werden und über Drittländer in Krisengebiete gelangen. Was in der Theorie gut klingt, scheitert in der Praxis immer wieder: Deutsche Waffen sind bei Kriegsverbrechen und Bürgerkriegen wie beispielsweise in Libyen, Georgien oder im mexikanischen Drogenkrieg zu finden.

10: Polizeiliche Demonstrationsverbote für rechtswidrig erklärt

Demonstrationsverbote beim G8-Gipfel in Heiligendamm hat das Oberverwaltungsgericht Greifswald in letzter Instanz im August 2012 für rechtswidrig erklärt. Im Juli 2007 trafen sich die Staats- und Regierungschefs der G8-Länder in Heiligendamm. Während dieses Gipfels kam es zu zahlreichen Protesten von Globalisierungskritikern. Die Polizeistrategie, richterlich genehmigte Demonstrationen vor Ort zu verbieten, wurde auch bei späteren Protesten in Dresden oder Frankfurt am Main angewandt. Die allgemeine Bedeutung des Greifswalder Gerichtsurteils wurde in den Medien kaum thematisiert.

Die Jury der INA:

Die Jury der INA setzt sich aus Wissenschaftler(inne)n und Journalist(inn)en zusammen, u.a. Dr. Tobias Eberwein (TU Dortmund), Prof. Dr. Peter Ludes (Jacobs University Bremen), Prof. Dr. Kim Otto (MHMK und Monitor), Prof. Dr. Horst Pöttker (TU Dortmund), Prof. Dr. Christian Schicha (Mediadesign Hochschule), Rita Vock (Deutschlandfunk).

Weitere Informationen im Internet:

http://www.derblindefleck.de/

https://de.wikipedia.org/wiki/Initiative_Nachrichtenaufkl%C3%A4rung

Crowdfunding für die Recherche vernachlässigter Themen:

https://krautreporter.de/de/pages/ina

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„Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ – Georg Büchners „Der Hessische Landbote“ ruft zum Widerstand gegen die Obrigkeit auf

Ungerechtigkeit und Schinderei des Volkes durch die Obrigkeit prangerte Georg Büchner in seiner Flugschrift „Der Hessische Landbote“ im Jahr 1834 an. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den Text in voller Länge. Zur besseren Gliederung und Lesbarkeit hat die Hohenlohe-ungefiltert-Redaktion Zwischenüberschriften eingefügt.

Erste Botschaft

Darmstadt, im Juli 1834

Vorbericht

Dieses Blatt soll dem hessischen Lande die Wahrheit melden, aber wer die Wahrheit sagt, wird gehenkt, ja sogar der, welcher die Wahrheit liest, wird durch meineidige Richter vielleicht gestraft. Darum haben die, welchen dies Blatt zukommt, folgendes zu beobachten:

Nur an treue Freunde weitergeben

Sie müssen das Blatt sorgfältig außerhalb ihres Hauses vor der Polizei verwahren; sie dürfen es nur an treue Freunde mitteilen; denen, welchen sie nicht trauen, wie sich selbst, dürfen sie es nur heimlich hinterlegen; würde das Blatt dennoch bei Einem gefunden, der es gelesen hat, so muß er gestehen, daß er es eben dem Kreisrat habe bringen wollen; wer das Blatt nicht gelesen hat, wenn man es bei ihm findet, der ist natürlich ohne Schuld.

Friede den Hütten! Krieg den Palästen!

Im Jahr 1834 sieht es aus, als würde die Bibel Lügen gestraft. Es sieht aus, als hätte Gott die Bauern und Handwerker am fünften Tage, und die Fürsten und Vornehmen am sechsten gemacht, und als hätte der Herr zu diesen gesagt: Herrschet über alles Getier, das auf Erden kriecht, und hätte die Bauern und Bürger zum Gewürm gezählt. Das Leben der Vornehmen ist ein langer Sonntag, sie wohnen in schönen Häusern, sie tragen zierliche Kleider, sie haben feiste Gesichter und reden eine eigne Sprache; das Volk aber liegt vor ihnen wie Dünger auf dem Acker. Der Bauer geht hinter dem Pflug und treibt ihn mit den Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und läßt ihm die Stoppeln. Das Leben des Bauern ist ein langer Werktag; Fremde verzehren seine Äcker vor seinen Augen, sein Leib ist eine Schwiele, sein Schweiß ist das Salz auf dem Tische des Vornehmen.

Im Großherzogtum Hessen sind 718,373 Einwohner, die geben an den Staat jährlich an 6,363,364 Gulden, als

1) Direkte Steuern: 2,128,131 fl.
2) Indirekte Steuern: 2,478,264 fl.
3) Domänen: 1,547,394 fl.
4) Regalien: 46,938 fl.
5) Geldstrafen: 98,511 fl.
6) Verschiedene Quellen: 64,198 fl.
__________
Gesamt: 6,363,363 fl.

Die Presser berufen sich auf die Regierung

Dies Geld ist der Blutzehnte, der von dem Leib des Volkes genommen wird. An 700.000 Menschen schwitzen, stöhnen und hungern dafür. Im Namen des Staates wird es erpreßt, die Presser berufen sich auf die Regierung und die Regierung sagt, das sei nötig die Ordnung im Staat zu erhalten. was ist denn nun das für gewaltiges Ding: der Staat? Wohnt eine Anzahl Menschen in einem Land und es sind Verordnungen oder Gesetze vorhanden, nach denen jeder sich richten muß, so sagt man, sie bilden einen Staat. Der Staat also sind Alle; die Ordner im Staat sind die Gesetze, durch welche das Wohl Aller gesichert wird, und die aus dem Wohl Aller hervor gehen sollen. – Seht nun, was man in dem Großherzogtum aus dem Staat gemacht hat; seht was es heißt: die Ordnung im Staate erhalten! 700,000 Menschen bezahlen dafür 6 Millionen, d.h. sie werden zu Ackergäulen und Pflugstieren gemacht, damit sie in Ordnung leben. In Ordnung leben heißt hungern und geschunden werden.

 Das Volk ist ihre Herde

Wer sind denn die, welche diese Ordnung gemacht haben, und die wachen, diese Ordnung zu erhalten? Das ist die Großherzogliche Regierung. Die Regierung wird gebildet von dem Großherzog und seinen obersten Beamten. Die anderen Beamten sind Männer, die von der Regierung berufen werden, um jene Ordnung in kraft zu erhalten. Ihre Anzahl ist Legion: Staatsräte und Regierungsräte, Landräte und Kreisräte, Geistliche Räte und Schulräte, Finanzräte und Forsträte u.s.w. mit allem ihrem Heer von Sekretären u.s.w. Das Volk ist ihre Herde, sie sind seine Hirten, Melker und Schinder; sie haben die Häute der Bauern an, der Raub der Armen ist in ihrem Hause; die Tränen der Witwen und Waisen sind das Schmalz auf ihren Gesichtern; sie herrschen frei und ermahnen das Volk zur Knechtschaft. Ihnen gebt ihr 6,000,000 fl. Abgaben; sie haben dafür die Mühe, euch zu regieren; d.h. sich von euch füttern zu lassen und euch eure Menschen- und Bürgerrechte zu rauben. Sehet was die Ernte eures Schweißes ist.

Sie sprechen sich durch ihr eigenes Machwerk die Herrschaft zu

Für das Ministerium des Innern und der Gerechtigkeitspflege werden bezahlt 1,110,607 Gulden. Dafür habt ihr einen Wust von Gesetzen, zusammengehäuft aus willkürlichen Verordnungen aller Jahrhunderte, meist geschrieben in einer fremden Sprache. Der Unsinn aller vorigen Geschlechter hat sich darin auf euch vererbt, der Druck, unter dem sie erlagen, sich auf euch fortgewälzt. Das Gesetz ist das Eigentum einer unbedeutenden Klasse von Vornehmen und Gelehrten, die sich durch ihr eignes Machwerk die Herrschaft zuspricht. Diese Gerechtigkeit ist nur ein Mittel, euch in Ordnung zu halten, damit man euch bequemer schinde; sie spricht nach Gesetzen, die ihr nicht versteht, nach Grundsätzen, von denen ihr nichts wißt, Urteile, von denen ihr nichts begreift. Unbestechlich ist sie, weil sie sich gerade teuer genug bezahlen läßt, um keine Bestechung zu brauchen.

Die Justiz ist in Deutschland die Hure der deutschen Fürsten

Aber die meisten ihrer Diener sind der Regierung mit Haut und Haar verkauft. Ihre Ruhestühle stehen auf einem Geldhaufen von 461,373 Gulden (so viel betragen die Ausgaben für die Gerichtshöfe und die Kriminalkosten). Die Fräcke, Stöcke und Säbel ihrer unverletzlichen Diener sind mit dem Silber von 197,502 Gulden beschlagen (so viel kostet die Polizei überhaupt, die Gendarmerie u.s.w.). Die Justiz ist in Deutschland seit Jahrhunderten die Hure der deutschen Fürsten. Jeden Schritt zu ihr müßt ihr mit Silber pflastern, und mit Armut und Erniedrigung erkauft ihr ihre Sprüche. Denkt an das Stempelpapier, denkt an euer Bücken in den Amtsstuben, und euer Wachestehen vor denselben. Denkt an eure Sporteln für Schreiber und Gerichtsdiener. Ihr dürft euren Nachbarn verklagen, der euch eine Kartoffel stiehlt; aber klagt einmal über den Diebstahl, der von Staatswegen unter dem Namen von Abgabe und Steuern jeden Tag an eurem Eigentum begangen wird, damit eine Legion unnützer Beamten sich von eurem Schweiße mästen: klagt einmal, daß ihr der Willkür einiger Fettwänste überlassen seid und daß diese Willkür Gesetz heißt, klagt, daß ihr die Ackergäule des Staates seid, klagt über eure verlorne Menschenrechte: Wo sind Gerichtshöfe, die eure Klage annehmen, wo die Richter, die rechtsprächen? – Die Ketten eurer Vogelsberger Mitbürger, die man nach Rokkenburg schleppte, werden euch Antwort geben.

Gerechte werden selbst geschunden

Und will endlich ein Richter oder ein andrer Beamte von den Wenigen, welchen das recht und das gemeine Wohl lieber ist, als ihr Bauch und der Mammon, ein Volksrat und kein Volksschinder sein, so wird er von den obersten Räten des Fürsten selber geschunden.

Für das Ministerium der Finanzen 1,551,502 fl.

Damit werden die Finanzräte, Obereinnehmer, Steuerboten, die Untererheber besoldet. Dafür wird der Ertrag eurer Äcker berechnet und eure Köpfe gezählt. Der Boden unter euren Füßen, der Bissen zwischen euren Zähnen ist besteuert. Dafür sitzen die Herren in Fräcken beisammen und das Volk steht nackt und gebückt vor ihnen, sie legen die Hände an seine Lenden und Schultern und rechnen aus, wie viel es noch tragen kann, und wenn sie barmherzig sind, so geschieht es nur, wie man ein Vieh schont, das man nicht so sehr angreifen will.

Für das Militär wird bezahlt 914,820 Gulden.

Dafür kriegen eure Söhne einen bunten Rock auf den Leib, ein Gewehr oder eine Trommel auf die Schulter und dürfen jeden Herbst einmal blind schießen, und erzählen, wie die Herren vom Hof, und die ungeratenen Buben vom Adel allen Kindern ehrlicher Leute vorgehen, und mit ihnen in den breiten Straßen der Städte herumziehen mit Trommeln und Trompeten. Für jene 900,000 Gulden müssen eure Söhne den Tyrannen schwören und Wache halten an ihren Palästen. Mit ihren Trommeln übertäuben sie eure Seufzer, mit ihren Kolben zerschmettern sie euch den Schädel, wenn ihr zu denken wagt, daß ihr freie Menschen seid. Sie sind die gesetzlichen Mörder, welche die gesetzlichen Räuber schützen, denkt an Södel! Eure Brüder, eure Kinder waren dort Brüder- und Vatermörder.

Für die Pensionen 480,000 Gulden.

Dafür werden die Beamten aufs Polster gelegt, wenn sie eine gewisse Zeit dem Staate treu gedient haben, d.h. wenn sie eifrige Handlanger bei der regelmäßig eingerichteten Schinderei gewesen, die man Ordnung und Gesetz heißt.

Für das Staatsministerium und den Staatsrat 174,600 Gulden.

Die größten Schurken stehen wohl jetzt allerwärts in Deutschland den Fürsten am nächsten, wenigstens im Großherzogtum: Kommt ja ein ehrlicher Mann in den Staatsrat, so wird er ausgestoßen. Könnte aber auch ein ehrlicher Mann jetzo Minister sein oder bleiben, so wäre er, wie die Sachen stehen in Deutschland, nur eine Drahtpuppe, an der die fürstliche Puppe zieht und an dem fürstlichen Popanz zieht wieder ein Kammerdiener oder ein Kutscher oder seine Frau und ihr Günstling, oder sein Halbbruder – oder alle zusammen. In Deutschland steht es jetzt, wie der Prophet Micha schreibt, Kap. 7, V. 3 und 4: »Die Gewaltigen raten nach ihrem Mutwillen, Schaden zu tun, und drehen es, wie sie es wollen. Der Beste unter ihnen ist wie ein Dorn, und der Redlichste wie eine Hecke.« Ihr müßt die Dörner und Hecken teuer bezahlen; denn ihr müßt ferner für das großherzogliche Haus und den Hofstaat 827,772 Gulden bezahlen.

Ihr Feldgeschrei, wenn sie euer Gerät versteigern, euer Vieh wegtreiben, euch in den Kerker werfen

Die Anstalten, die Leute, von denen ich bis jetzt gesprochen, sind nur Werkzeuge, sind nur Diener. Sie tun nichts in ihrem Namen, unter der Ernennung zu ihrem Amt, steht ein L. das bedeutet Ludwig von Gottes Gnaden und sie sprechen mit Ehrfurcht: »im Namen des Großherzogs.« Dies ist ihr Feldgeschrei, wenn sie euer Gerät versteigern, euer Vieh wegtreiben, euch in den Kerker werfen. Im Namen des Großherzogs sagen sie, und der Mensch, den sie so nennen, heißt: unverletzlich, heilig, souverän, königliche Hoheit. Aber tretet zu dem Menschenkinde und blickt durch seinen Fürstenmantel. Es ißt, wenn es hungert, und schläft wenn sein Auge dunkel wird. Sehet, es kroch so nackt und weich in die Welt, wie ihr und wird so hart und steif hinausgetragen, wie ihr, und doch hat es seinen Fuß auf eurem Nacken, hat 700,000 Menschen an seinem Pflug, hat Minister die verantwortlich sind, für das, was es tut, Gewalt über Eigentum durch die Steuern, die es ausschreibt, über euer Leben, durch die Gesetze, die es macht, es hat adliche Herrn und Damen um sich, die man Hofstaat heißt, und seine göttliche Gewalt vererbt sich auf seine Kinder mit Weibern, welche aus ebenso übermenschlichen Geschlechtern sind.

Ihr drückt euch selbst die Dornenkrone auf den Kopf

Wehe über euch Götzendiener! – Ihr seid wie die Heiden, die das Krokodil anbeten, von dem sie zerrissen werden. Ihr setzt ihm eine Krone auf, aber es ist eine Dornenkrone, die ihr euch selbst in den Kopf drückt; ihr gebt ihm ein Zepter in die Hand, aber es ist eine Rute, womit ihr gezüchtigt werdet; ihr setzt ihn auf euren Thron, aber es ist ein Marterstuhl für euch und eure Kinder. Der Fürst ist der Kopf des Blutigels, der über euch hinwegkriecht, die Minister sind seine Zähne und die Beamten sein Schwanz. Die hungrigen Mägen aller vornehmen Herren, denen er die hohen Stellen verteilt, sind Schröpfköpfe, die er dem Lande setzt. Das L. was unter seinen Verordnungen steht, ist das Malzeichen des Tieres, das die Götzendiener unserer Zeit anbeten. Der Fürstenmantel ist der Teppich, auf dem sich die Herren und Damen vom Adel und Hofe in ihrer Geilheit übereinander wälzen – mit Orden und Bändern decken sie ihre Geschwüre und mit kostbaren Gewändern bekleiden sie ihre aussätzigen Leiber.

Die Töchter des Volkes sind ihre Mägde und Huren

Die Töchter des Volkes sind ihre Mägde und Huren, die Söhne des Volkes ihre Lakaien und Soldaten. Geht einmal nach Darmstadt und seht, wie die Herren sich für euer Geld dort lustig machen, und erzählt dann euren hungernden Weibern und Kinder, daß ihr Brot an fremden Bäuchen herrlich angeschlagen sei, erzählt ihnen von den schönen Kleidern, die in ihrem Schweiß gefärbt, und von den zierlichen Bändern, die aus den Schwielen ihrer Hände geschnitten sind, erzählt von den stattlichen Häusern, die aus den Knochen des Volks gebaut sind; und dann kriecht in eure rauchigen Hütten und bückt euch auf euren steinichten Äckern, damit eure Kinder auch einmal hingehen können, wenn ein Erbprinz mit einer Erbprinzessin für einen anderen Erbprinzen Rat schaffen will, und durch die geöffneten Glastüren das Tischtuch sehen, wovon die Herren speisen und die Lampen riechen, aus denen man mit dem Fett der Bauern illuminiert.

Diese deutschen Fürsten sind keine rechtmäßige Obrigkeit

Das alles duldet ihr, weil euch Schurken sagen: »diese Regierung sei von Gott.« Diese Regierung ist nicht von Gott, sondern vom Vater der Lügen. Diese deutschen Fürsten sind keine rechtmäßige Obrigkeit, den deutschen Kaiser, der vormals vom Volke frei gewählt wurde, haben sie seit Jahrhunderten verachtet und endlich gar verraten. Aus Verrat und Meineid, und nicht aus der Wahl des Volkes ist die Gewalt der deutschen Fürsten hervorgegangen, und darum ist ihr Wesen und Tun von Gott verflucht; ihre Weisheit ist Trug, ihre Gerechtigkeit ist Schinderei. Sie zertreten das Land und zerschlagen die Person des Elenden. Ihr lästert Gott, wenn ihr einen dieser Fürsten einen Gesalbten des Herrn nennt, das heißt: Gott habe die Teufel gesalbt und zu Fürsten über die deutsche Erde gesetzt. Deutschland, unser liebes Vaterland, haben diese Fürsten zerrissen, den Kaiser, den unsere freien Voreltern wählten, haben diese Fürsten verraten und nun fordern diese Verräter und Menschenquäler Treue von euch! – Doch das Reich der Finsternis neigt sich zum Ende. Über ein Kleines und Deutschland, das jetzt die Fürsten schinden, wird als ein Freistaat mit einer vom Volk gewählten Obrigkeit wieder auferstehn. Die heilige Schrift sagt: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist. Was ist aber dieser Fürsten, der Verräter? – Das ist Teil von Judas!

Für die Landstände 16,000 Gulden.

Im Jahr 1789 war das Volk in Frankreich müde, länger die Schindmähre seines Königs zu sein. Es erhob sich und berief Männer, denen es vertraute, und die Männer traten zusammen und sagten, ein König sei ein Mensch wie ein anderer auch, er sei nur der erste Diener im Staat, er müsse sich vor dem Volk verantworten und wenn er sein Amt schlecht verwalte, könne er zur Strafe gezogen werden. Dann erklärten sie die Rechte des Menschen: »Keiner erbt vor dem anderen mit der Geburt ein Recht oder einen Titel, keiner erwirbt mit dem Eigentum ein Recht vor dem anderen. Die höchste Gewalt ist in dem Willen Aller oder der Mehrzahl. Dieser Wille ist das Gesetz, er tut sich kund durch die Landstände oder die Vertreter des Volks, sie werden von Allen gewählt und Jeder kann gewählt werden; diese Gewählten sprechen den Willen ihrer Wähler aus, und so entspricht der Wille der Mehrzahl unter ihnen dem Willen der Mehrzahl unter dem Volke; der König hat nur für die Ausübung der von ihnen erlassenen Gesetze zu sorgen.« Der König Schwur dieser Verfassung treu zu sein, er wurde aber meineidig an dem Volke und das Volk richtete ihn, wie es einem Verräter geziemt. Dann schafften die Franzosen die erbliche Königswürde ab und wählten frei eine neue Obrigkeit, wozu jedes Volk nach der Vernunft und der heiligen Schrift das Recht hat. Die Männer, die über die Vollziehung der Gesetze wachen sollten, wurden von der Versammlung der Volksvertreter ernannt, sie bildeten die neue Obrigkeit. So waren Regierung und Gesetzgeber vom Volk gewählt und Frankreich war ein Freistaat.

Die junge Freiheit wuchs im Blut der Tyrannen

Die übrigen Könige aber entsetzten sich vor der Gewalt des französischen Volkes, sie dachten, sie könnten alle über der ersten Königsleiche den Hals brechen und ihr mißhandelten Untertanen möchten bei dem Freiheitsruf der Franken erwachen. Mit gewaltigem Kriegsgerät und riesigem Zeug stürzten sie von allen Seiten auf Frankreich und ein großer Teil der Adligen und Vornehmen im Lande stand auf und schlug sich zu dem Feind. Da ergrimmte das Volk und erhob sich in seiner Kraft. Es erdrückte die Verräter und zerschmetterte die Söldner der Könige. Die junge Freiheit wuchs im Blut der Tyrannen und vor ihrer Stimme bebten die Throne und jauchzten die Völker. Aber die Franzosen verkauften selbst ihre junge Freiheit für den Ruhm, der ihnen Napoleon darbot, und erhoben ihn auf den Kaiserthron. – Da ließ der Allmächtige das Heer des Kaisers in Rußland erfrieren und züchtigte Frankreich durch die Knute der Kosacken und gab den Franzosen die dickwanstigen Bourbonen wieder zu Königen, damit Frankreich sich bekehre vom Götzendienst der erblichen Königsherrschaft und dem Gotte diene, der die Menschen frei und gleich geschaffen. Aber als die Zeit seiner Strafe verflossen war, und tapfere Männer im Julius 1830 den meineidigen König Karl den Zehnten aus dem Lande jagten, da wendete dennoch das befreite Frankreich sich abermals zur halberblichen Königsherrschaft und band sich in dem Heuchler Louis Philipp eine neue Zuchtrute auf.

Deutschland wurde betrogen wie Frankreich

In Deutschland und ganz Europa aber war große Freude als der zehnte Karl vom Thron gestürzt ward, und die unterdrückten deutschen Länder richteten sich zum Kampf für die Freiheit. Da ratschlagten die Fürsten, wie sie den Grimm des Volkes entgehen sollten und die listigen unter ihnen sagten: Laßt uns einen Teil unserer Gewalt abgeben, daß wir das Übrige behalten. Und sie traten vor das Volk und sprachen: Wir wollen euch die Freiheit schenken um die ihr kämpfen wollt. – Und zitternd vor Furcht warfen sie einige Brocken hin und sprachen von ihrer Gnade. das Volk traute ihnen leider und legte sich zur Ruhe. – Und so ward Deutschland betrogen wie Frankreich.

Die Verfassungen in Deutschland sind nichts als leeres Stroh

Denn was sind die Verfassungen in Deutschland? Nichts als leeres Stroh, woraus die Fürsten die Körner für sich herausgeklopft haben. Was sind unsere Landtage? Nichts als langsame Fuhrwerke, die man einmal oder zweimal wohl der Raubgier der Fürsten und ihrer Minister in den Weg schieben, woraus man aber nimmermehr eine feste Burg für die deutsche Freiheit bauen kann. Was sind unsere Wahlgesetze? Nichts als Verletzungen der Bürger- und Menschenrechte der meisten Deutschen. Denkt an das Wahlgesetz im Großherzogtum, wonach keiner gewählt werden kann, der nicht hoch begütert ist, wie rechtschaffen und gutgesinnt er auch sei, wohl aber der Grolmann, der euch um die zwei Millionen bestehlen wollte. Denkt an die Verfassung des Großherzogtums. – Nach den Artikeln derselben ist der Großherzog unverletzlich, heilig und unverantwortlich. Seine Würde ist erblich in seiner Familie, er hat das recht Krieg zu führen und ausschließliche Verfügung über das Militär. Er beruft die Landstände, vertagt sie oder löst sie auf. Die Stände dürfen keinen Gesetz-Vorschlag machen, sondern sie müssen um das Gesetz bitten, und dem Gutdünken des Fürsten bleibt es unbedingt überlassen, es zu geben oder zu verweigern. Er bleibt im Besitz einer fast unumschränkten Gewalt, nur darf er keine neuen Gesetze machen und keine neuen Steuern ausschreiben ohne Zustimmung der Stände.

Das ganze deutsche Volk muß sich die Freiheit erringen

Aber teils kehrt er sich nicht an diese Zustimmung, teils genügen ihm die alten Gesetze, die das Werk der Fürstengewalt sind, und er bedarf darum keiner neuen Gesetze. Eine solche Verfassung ist ein elend jämmerlich Ding. Was ist von Ständen zu erwarten, die an eine solche Verfassung gebunden sind? Wenn unter den Gewählten auch keine Volksverräter und feige Memmen wären, wenn sie aus lauter entschlossenen Volksfreunden bestünden?! Was ist von Ständen zu erwarten, die kaum die elenden Fetz en einer armseligen Verfassung zu verteidigen vermögen! – Der einzige Widerstand, den sie zu leisten vermochten, war die Verweigerung der zwei Millionen Gulden, die sich der Großherzog von dem überschuldetem Volke wollte schenken lassen zur Bezahlung seiner Schulden. Hätten aber auch die Landstände des Großherzogtums genügende Rechte, und hätte das Großherzogtum, aber nur das Großherzogtum allein, eine wehrhafte Verfassung, so würde die Herrlichkeit doch bald zu Ende sein. Die Raubgeier in Wien und Berlin würden ihre Henkerskrallen ausstrecken und die kleine Freiheit mit Rumpf und Stumpf ausrotten. Das ganze deutsche Volk muß sich die Freiheit erringen. Und diese Zeit, geliebte Mitbürger, ist nicht ferne. – Der Herr hat das schöne deutsche Land, das viele Jahrhunderte das herrlichste Reich der Erde war, in die Hände der fremden und einheimischen Schinder gegeben, weil das Herz des deutschen Volkes von der Freiheit und Gleichheit seiner Voreltern und von der Furcht des Herrn abgefallen war, weil ihr dem Götzendienste der vielen Herrlein, Kleinherzoge und Däumlings-Könige euch ergeben hattet.

In ihrem Innern stirbt der Wurm nicht und ihre Füße sind von Lehm

Der Herr, der den Stecken des fremden Treibers Napoleon zerbrochen hat, wird auch die Götzenbilder unserer einheimischen Tyrannen zerbrechen durch die Hände des Volkes. Wohl glänzen diese Götzenbilder von Gold und Edelsteinen, von Orden und Ehrenzeichen, aber in ihrem Innern stirbt der Wurm nicht und ihre Füße sind von Lehm. – Gott wird euch Kraft geben ihre Füße zu zerschmeißen, sobald ihr euch bekehret von dem Irrtum eures Wandels und die Wahrheit erkennet: »daß nur Ein Gott ist und keine Götter neben ihm, die sich Hoheiten und Allerhöchste, heilig und unverantwortlich nennen lassen, daß Gott alle Menschen frei und gleich in ihren Rechten schuf und daß keine Obrigkeit von Gott zum Segen verordnet ist, als die, welche auf das Vertrauen des Volkes sich gründet und vom Volke ausdrücklich oder stillschweigend erwählt ist; daß gegen die Obrigkeit, die Gewalt, aber kein Recht über ein Volk hat, nur also von Gott ist, wie der Teufel auch von Gott ist, und daß der Gehorsam gegen eine solche Teufels-Obrigkeit nur so lange gilt, bis ihre Teufelsgewalt gebrochen werden kann; – daß der Gott, der ein Volk durch seine Sprache zu Einem Leibe vereinigte, die Gewaltigen, die es zerfleischen und vierteilen, oder gar in dreißig Stücke zerreißen, als Volksmörder und Tyrannen hier zeitlich und dort ewiglich strafen wird, denn die Schrift sagt: was Gott vereinigt hat, soll der Mensch nicht trennen; und daß der Allmächtige, der aus der Einöde ein Paradies schaffen kann, auch ein Land des Jammers und des Elends wieder in ein Paradies umschaffen kann, wie unser teuerwertes Deutschland war, bis seine Fürsten es zerfleischten und schunden.«

Bürger und Bauern ausgesaugt

Weil das deutsche Reich morsch und faul war, und die Deutschen von Gott und von der Freiheit abgefallen waren, hat Gott das Reich zu Trümmern gehen lassen, um es zu einem Freistaat zu verjüngen. Er hat eine Zeitlang »den Satans-Engeln« Gewalt gegeben, daß sie Deutschland mit Fäusten schlügen, er hat den »Gewaltigen und Fürsten, die in der Finsternis herrschen, den bösen Geistern unter dem Himmel« (Ephes. 6), Gewalt gegeben, daß sie die Bürger und Bauern peinigten und ihr Blut aussaugten und ihren Mutwillen trieben mit Allen, die Recht und Freiheit mehr lieben als Unrecht und Knechtschaft. – Aber ihr Maß ist voll!

Meineidige Landstände

Sehet an das von Gott gezeichnete Scheusal, den König Ludwig von Baiern, den Gotteslästerer, der redliche Männer vor seinem Bilde niederzuknien zwingt, und die, welche die Wahrheit bezeugen, durch meineidige Richter zum Kerker verurteilen läßt; das Schwein, das sich in allen Lasterpfützen von Italien wälzte, den Wolf, der sich für seinen Baals-Hofstaat für immer jährlich fünf Millionen durch meineidige Landstände verwilligen läßt, und fragt dann: »Ist das eine Obrigkeit von Gott zum Segen verordnet?«

Ha! du wärst Obrigkeit von Gott?
Gott spendet Segen aus;
Du raubst du schindest, kerkerst ein,
Du nicht von Gott, Tyrann!

Hecken und die Dörner niederreißen und auf einem Haufen verbrennen

Ich sage euch: sein und seiner Mitfürsten Maß ist voll. Gott, der Deutschland um seiner Sünden willen geschlagen hat durch diese Fürsten, wird es wieder heilen. »Er wird die Hecken und die Dörner niederreißen und auf einem Haufen verbrennen.« (Jesaias 27,4)

Ihr Maß ist voll

So wenig der Höcker noch wächset, womit Gott diesen König Ludwig gezeichnet hat, so wenig werden die Schandtaten dieser Fürsten noch wachsen können. Ihr Maß ist voll. Der Herr wird ihre Zwingburgen zerschmeißen und in Deutschland wird dann leben und Kraft, der Segen der Freiheit wieder erblühen. Zu einem großen Leichenfelde haben die Fürsten die deutsche Erde gemacht, wie Ezechiel im 37. Kapitel beschreibt: »Der Herr führte mich auf ein weites Feld, das voller Gebeine lag, und siehe, sie waren sehr verdorrt.« Aber wie lautet des Herrn Wort zu den verdorrten Gebeinen: »Siehe ich will euch Adern geben und Fleisch lassen über euch wachsen, und euch mit Haut überziehen, und will euch Odem geben, daß ihr wieder lebendig werdet, und sollt erfahren, daß Ich der Herr bin.« Und des Herrn Wort wird auch an Deutschland sich wahrhaftig beweisen, wie der Prophet spricht: »Siehe es rauschte und regte sich und die Gebeine kamen wieder zusammen, ein jegliches zu seinem Gebein. – Da kam Odem in sie und sie wurden wieder lebendig und richteten sich wieder auf ihre Füße, und ihrer war ein sehr groß Heer.«

So weit ein Tyrann blicket, verdorret Land und Volk

Wie der Prophet schreibet, so stand es bisher in Deutschland: eure Gebeine sind verdorrt, denn die Ordnung, in der ihr lebt, ist eitel Schinderei. 6 Millionen bezahlt im Großherzogtum einer Handvoll Leute, deren Willkür euer Leben und Eigentum überlassen ist, und die anderen in dem zerrissenen Deutschland gleich also. Ihr seid nichts, ihr habt nichts! Ihr seid rechtlos. Ihr müsset geben, was eure unersättlichen Presser fordern, und tragen, was sie euch aufbürden. So weit ein Tyrann blicket – und Deutschland hat deren wohl dreißig – verdorret Land und Volk. Aber wie der Prophet schreibet, so wird es bald stehen in Deutschland: der Tag der Auferstehung wird nicht säumen. In dem Leichenfelde wird sichs regen und wird rauschen und der Neubelebten wird ein großes Heer sein.

Wer das Schwert erhebt gegen das Volk, der wird durch das Schwert des Volkes umkommen

Hebt die Augen auf und zählt das Häuflein eurer Presser, die nur stark sind durch das Blut, das sie euch aussaugen und durch eure Arme, die ihr ihnen willenlos leihet. Ihrer sind vielleicht 10,000 im Großherzogtum und Eurer sind es 700,000 und also verhält sich die Zahl des Volkes zu seinen Pressern auch im übrigen Deutschland. Wohl drohen sie mit dem Rüstzeug und den Reisigen der Könige, aber ich sage euch: Wer das Schwert erhebt gegen das Volk, der wird durch das Schwert des Volkes umkommen. Deutschland ist jetzt ein Leichenfeld, bald wird es ein Paradies sein. Das deutsche Volk ist ein Leib ihr seid ein Glied dieses Leibes. Es ist einerlei, wo die Scheinleiche zu zucken anfängt. Wann der Herr auch seine Zeichen gibt durch die Männer, durch welche er die Völker aus der Dienstbarkeit zur Freiheit führt, dann erhebet euch und der ganze Leib wird mit euch aufstehen.

„Herr, zerbrich den Stecken unserer Treiber…“

Ihr bücktet euch lange Jahre in den Dornäckern der Knechtschaft, dann schwitzt ihr einen Sommer im Weinberge der Freiheit, und werdet frei sein bis ins tausendste Glied. Ihr wühltet ein langes Leben die Erde auf, dann wühlt ihr euren Tyrannen ein Grab. Ihr bautet die Zwingburgen, dann stürzt ihr sie, und bauet der Freiheit Haus. Dann könnt ihr eure Kinder frei taufen mit dem Wasser des Lebens. und bis der Herr euch ruft durch seine Boten und Zeichen, wachet und rüstet euch im Geiste und betet ihr selbst und lehrt eure Kinder beten: »Herr, zerbrich den Stecken unserer Treiber und laß dein Reich zu uns kommen, das Reich der Gerechtigkeit. Amen.«

Weitere Informationen im Internet:

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Hessische_Landbote

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„Kündigungen zurücknehmen“ – Diak-Miarbeiter demonstrieren für ihre KollegInnen vom Hol- und Bring-Dienst

Über 80 KollegInnen des Diakonieklinikums Schwäbisch Hall zeigten vor kurzem in einer symbolischen Schirmaktion vor dem Haupteingang des Diaks Solidarität mit sechs KollegIinnen des Hol- und Bringdienstes.

Von Jochen Dürr, Vorsitzender Fachbereich 03 im Ver.di-Bezirk Heilbronn-Neckar-Franken

Appell an die Diak-Geschäftsführung

Zu der Aktion hatte die Gewerkschaft Ver.di aufgerufen. In einem kurzen Redebeitrag rief Marianne Kugler-Wendt, Geschäftsführerin von Ver.di, die Geschäftsführung des Klinikums dazu auf, die ausgesprochenen und vorgesehenen Kündigungen für die KollegIinnen zurückzunehmen.

Weitere Informationen im Internet über Ver.di im Bezirk Heilbronn-Neckar-Franken:

 http://heilbronn.verdi.de/

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„Das Mainzer Personalchaos und die FDP“ – Leserbrief von Christian Kümmerer aus Schwäbisch Hall

Momentan überschlagen sich die Meldungen über die Pannen am Mainzer Hauptbahnhof. Wegen akuten Personalmangels fällt hier jeden Abend beziehungswesei über Nacht der Zugverkehr komplett aus. Verärgerte Pendler aber auch gravierende Nachteile im Fernverkehr sind die Folge.

Leserbrief von Christian Kümmerer, Schwäbisch Hall

Brüderle und Döring fordern Börsengang der Bahn

Da nun gerade Wahlkampf ist, versuchen auch die etablierten Parteien mit dem Thema bei den Wähler/innen zu punkten. Besonders bizarr ist der Vorschlag von P. Döring und R. Brüderle von der FDP, die man am 16. August 2013 im Handelsblatt lesen durfte. Beide fordern allen Ernstes nun endlich den verschobenen Börsengang durchzuführen und die Bahn teilweise zu privatisieren.

Wegen Maximalprofit wurde Personal abgebaut

Man kommt sich vor wie bei den Quacksalbern im Mittelalter, die den Patienten – hier die DB – zu Tode therapieren. Nachdem der Patient nach dem ersten Adlerlass keine Symptome der Genesung zeigen mag, fordert man sofort den nächsten Aderlass, frei nach dem Motto, mehr von der selben bitteren Medizin. Ohne zu erkennen, dass gerade die Privatisierungspolitik bei der Bahn für das gegenwärtige Chaos verantwortlich ist. Um die Bahn auf Maximalprofit und Börsengang zu trimmen, wurde massiv Personal bei den Fahrdienstleitern abgebaut. Statt einer fundierten und lösungsorientierten Problemanalyse verharren beide Protagonisten im reflexartigen Loblied für die Privatisierung und in neoliberalen Denkmustern.

FDP geht es um gewinnbringende Anlagemöglichkeiten für ihre Wählerklientel

Zunächst mag man meinen, hier habe jemand zu tief ins Rieslingglas geschaut, bei näherer Betrachtung ergeben die Vorschläge durch aus Sinn. Den Herren geht es wohl weniger um einen funktionierender Bahnverkehr als vielmehr um gewinnbringende Anlagemöglichkeiten ihrer Wählerklientel. Aus diesem Grund steht man auch vehement hinter dem Bahnprojekt Stuttgart 21, welches vielmehr ein Immobilien- und Spekulationsprojekt ist und eigentlich keine Verbesserung für den Bahnverkehr mit sich bringt. Die Bahninfrastruktur bezeihungsweise deren Zukunftsfähigkeit kann den Liberalen auch egal sein, bringen die Stammwähler nach gelungenem Coup ihre abgeschöpften Gewinne ohnehin im Privatjet auf die Caymaninseln oder im Porsche Cayenne nach Liechtenstein.

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„Schutzbehauptungen helfen nicht weiter, Schutzmaßnahmen sind nötig“ – Vortrag von Rose B. Folson in Schwäbisch Hall über den Ku-Klux-Klan und Nazismus

Einen Vortrag zum Thema „Der Ku-Klux-Klan (KKK) und seine Ableger in Deutschland“ hat die Professorin Rose Baaba Folsson vor kurzem in Schwäbisch Hall gehalten. Sie ist in Ghana geboren und wohnt in Deutschland. Zum Vortrag eingeladen hatte der Club Alpha 60. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die schriftliche Zusammenfassung des Vortrags und die Quellenangaben.

Von Rose Baaba Folson

Einführung:

Die Verbrechen, die aus dem Gedankengut der KKK, Nationalsozialismus, Faschismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziginismus, Antihomosexualität sind alt and umfangreich. Seit Dekaden setzen sich zahlreiche Bürger und Bürgerinnen zur Wehr. Die Arbeit ist mühsam, gefährlich und sie wiederholt sich von Generation zu Generation ständig. Zahlreiche Presse unterstützt diese Arbeit, wobei welche auf „Sensationstrip“ sind. Es fragt sich nur, wie solche „Sensationen“ oder „neuere Kenntnisse“ aussehen sollen!

Konstruktion von „Guten“ und „Schlechten“ unzuverlässig

Sicherlich sind wir als WissenschaftlerInnen neugierig auf neuere Erkenntnisse, aber leider gibt es „alte“ Themen, die uns dauerhaft begleiten und fordern, uns tagtäglich neue Einsätze und Herangehensweißen zu entwickeln. Zahlreiche Menschen sehen die Gesellschaft als eine Polarisierung von „guten“ und „schlechten“ Menschen, und die „Guten“ haben alle ein moralisches Recht, den „Schlechten“ zu verurteilen. Während eine Diskussion über die mögliche Infiltration des KKK in deutsche Behörden, wurde ich gefragt von einer der „Guten“, ob ich nicht überzeugt wäre, dass ich von einem „KKK-Polizisten“ schlechter behandelt werde als eine weiße Deutsche bei einem gleichen Vergehen. Ich antwortete: Der Polizist muss nicht Mitglied des Ku Klux Klan sein, um mich rassistisch anzugreifen. Ganz „normale“ weiße Menschen in der Gesellschaft tun dies alltäglich, privat und institutionell.
Wie zu sehen ist, ist die Konstruktion von „Guten“ und „Schlechten“ unzuverlässig, denn oft lässt sich ihre Betrachtung und das Benehmen gegenüber dem „Anderen“ kaum unterscheiden.

Am Ende steht Mord

Manche politischen Aktivisten und Juristen in Deutschland sind krampfhaft dabei, eine Unterscheidung zwischen dem KKK und anderen Rechtsgruppierungen vorzunehmen. Es fragt sich nur zu welchem Zweck, denn wichtig ist, dass am Ende der Angriffe der KKK und anderen Rechtsgruppierungen MORD steht. Bleiben wir beim Thema „Unterscheidung“. In Texas/USA, machen Sprecher des KKK oft solche unintelligenten Aussagen wie, „Wir sind keine NAZIS, denn wir sind keine Nationalisten!“ Dennoch greifen sie „dunkel-aussehende Menschen“ an, weil sie mit „Mexikanern“ verwechselt werden. Soviel zur „Unterscheidung“.

Deutsche Behörden wissen über KKK und Rechte bescheid

Die Agenda des KKK und anderer Rechtsgruppierungen in Deutschland sind kein Geheimnis. Sie sind überall zu finden, insbesondere im Internet. Ihren Bezug zu Nazi-Netzwerken wie „Blood & Honour“, „Combat 18“ and ihre Agenda wie, „Der politische Soldat“, den „bewaffneten Rassekrieg“, „Kampf um das Überleben der weißen Rasse“, „Kampf gegen Überfremdung und Multikulti“, „White Pride“, „Weiße Bruderschaft Erzgebirge (WBE)“, „The Aryan Law and Order“, „Wir müssen die Existenz unserer Rasse und die Zukunft für die weißen Kinder sichern“, sind den deutschen Behörden sehr lange bekannt.

Rechte sehen sich als „Vollstrecker einer Volksmeinung“

Es ist institutioneller Rassismus, in der Gesellschaft verbreiteter Rassismus, Antisemitismus, Homophobie/Blackphobie, Geschichtsamnesie, unverantwortliche Asyl-Diskussion von den „Guten“ und den „Schlechten“, die die KKK, Nazis und andere Rechtsgruppierung beflügelt haben, die sich als „Vollstrecker einer Volksmeinung“ erklärt haben.

Zu den „Ermittlungspannen“, schrieb der SPIEGEL bereits im Jahr 1984:

„So sehr die Auswirkungen jener Ermittlungspanne mit der Sonnenbrille den beiden Staatsanwälten heute zu schaffen machen – es ist nur ein Teilstück aus einer Kette von Versäumnissen und Fehlgriffen der Strafverfolgungsbehörden. Sie beruhen keineswegs auf Pannen. Im Nürnberger Hoffmann-Prozeß werden die Auswirkungen spürbar, in welchem Umfang das Gefahrenpotential der Rechtsextremisten über Jahre hinweg unterschätzt worden ist“ (SPIEGEL 47/1984).

Geld, Waffen, Bomben und Reisepässe für die Mörder

In den 1980er Jahren wurden institutionellen Verstrickung in rechte kriminelle Aktivitäten als „Schreibtischtäterschaft“ genannt, denn wir wussten nicht, dass die „Schreibtischtäterschaft“ sich in Geld, Waffen, Bomben und Reisepässe für die Mörder erweitert hat. Stėphan Hessel würde einfach sagen, „Mensch, empört euch (Deutsche Zivilgesellschaft)“!

Die Entwicklung und Verbreitung des Gedankenguts des KKK in Deutschland:

Der KKK wurde am 24. Dezember 1865 in den Südstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika gegründet mit dem Ziel, die Schwarzen in Gehorsamkeit zu halten oder sie zu ermorden. Seine Gewalttaten richteten sich zunächst gegen Schwarze und deren BeschützerInnen, und später gegen andere benachteiligte Gruppen in der Gesellschaft.

In Deutschland existierte bereits in den 1920ern ein Ku-Klux-Klan-Ableger

Es gibt enge Verbindungen des KKKs zu anderen rassistischen Gruppierungen in den USA und im Ausland, zum Beispiel in Kanada, Australien und mehreren europäischen Ländern, darunter Deutschland. In Deutschland existierte bereits in den 1920ern ein Ku-Klux-Klan-Ableger. Die Gruppe mit dem Namen Ritter des Feurigen Kreuzes soll etwa 1000 Mitglieder gehabt haben, die nach dem Aufstieg der Nationalsozialisten zwangsaufgelöst wurde.

Ihre Ableger reichen bis in die Gegenwart:

– In den 1950er wurde „Stay-behind“ gegründet von offizieller deutscher Stelle in Kollaboration mit den US-Gruppen;

– 1980 erneute Gründung in Bitburg in Kollaboration mit US-Rechten und US-Soldaten;

– 1991 Kollaboration der West- und Ost-Klan-Gruppen mit einem demonstrativen Marsch durch Bayreuth unter Polizeischutz;

– 1994 Re-Gruppierung in Jena;

– 2001 Der KKK wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz zunächst als „rechtsextrem“ eingestuft, obwohl er seit den 1990ern als “aktiv” in der Bundesrepublik Deutschland eingestuft worden war.

– 2012 Aufnahme-Rituale im Landkreis Schwäbisch Hall, bei dem zwei Polizisten in den KKK aufgenommen wurden, kamen an die Öffentlichkeit.

Der Umgang des Rechtssystems:

Der Umgang der Politik in der Vergangenheit und heute, bezüglich Demokratieverständnis und Menschenrechtsverständnis der PolitikerInnen und der Behörden; multikulturelle Gesellschaften und die so genannten „Werte unserer offenen und freiheitlichen Gesellschaft“; „Sorge um der Wirtschaftsstandort Deutschland“

Der Umgang der Medien:

Der Spiegel und die Stern haben in der 1980er vereinzelt kritische Berichterstattung gebracht. Zur Zeit verursachen die widersprüchliche Berichterstattung über die Verstrickung des Bundes- und der Länderverfassungsschutzbehörden, BKA und anderen Behörden bei den Attentaten der Nazis, Faschisten und des KKK Verwirrung.

Der Umgang der Politik:

Die konsistente starke Neigung zur Einzeltäter-Theorie von Politikern seit den 1980er Jahren deutet auf eingeübte Unterschätzung von Gefahr.

Perspektiven:

Was können wir als Zivilgesellschaft besser machen, um effektiver, der Nährboden zur Verbreitung und Akzeptanz von  KKK-Gedankengut entgegenzutreten?

– Wege aus der Kultur der Verharmlosung erarbeiten;

– Abschied nehmen vom Drang zu schnellen Erklärungen ohne tiefe Reflektion;

– Abschied nehmen von der Personalisierung von struktureller Probleme;

– Raus aus der Konfliktverschwiegenheit;

– Politiker und Politikerinnen entlarven, die mit Schutzbehauptungen punkten wollen, ohne jegliche Intention, effektive Schutzmaßnahmen in die Wege zu leiten.

Exkurs über Stephane Hessel:

Stephane HESSEL war ein Jude. Er wurde in Berlin geboren in 1917. 1924 wandert er mit seiner Eltern aus, nach Frankreich. Er kämpfte mit der Resistance gegen die Nazis. 1940 kam er in das Konzentrationslage Buchenwald. Er war Mit-Verfasser der Menschenrechts-Charta der Vereinten Nationen. Kurz vor seinem Tod, im Alter vom 93 Jahren, publizierte HESSEL das Buch „Empört Euch“.

Für eine gerechte Gesellschaft kämpfen

„Wir alle sind aufgerufen, unsere Gesellschaft so zu bewahren, dass wir auf sie stolz sein können: nicht diese Gesellschaft der in die Illegalität Gedrängten, der Abschiebungen, des Misstrauens gegen Zuwanderer, in der die Sicherung des Alters, die Leistungen der Sozialversicherung brüchig geworden sind, in der die Reichen die Medien beherrschen – nichts davon hätten wir zugelassen, wenn wir uns dem Vermächtnis des Nationalen Widerstandsrates wirklich verpflichtet gefühlt hätten“.

Es gibt kein schlechtes Volk per se

HESSEL spricht von Verpflichtung, Verantwortung, Überzeugung, Passion und Liebe! Ohne diese Werte ist unser politisches Engagement wirkungslos. 1985 in einer politischen Gremienarbeit, diskutierten wir über Eingriffe auf jüdische Friedhof in Berlin und über Israelischen Angriff auf Palästina. Es entstand „Lähmung“. Wie lange wollen PolitikerInnen entscheidungsunfähig bleiben wegen der deutschen Nazi-Vergangenheit. Man kann die deutsche Vergangenheit nicht wegzaubern, aber man kann damit leben, indem man sie effektiv verarbeitet. Nur so können wir PASSION entwickeln, um Widerstand gegen eine Wiederholung zur entwickeln. Nur so kann sich Deutschland aus der Lähmung, die von schlechtem Gewissen hervorgebracht wird, befreien. Es gibt kein schlechtes Volk per se.
Es gibt schlechtes Gedankengut und dessen Umsetzungen. Diese Haltung entwickelt sich sehr oft zu einer Kultur, die von einer Gesellschaft geduldet wird. Und mit der Zeit entwickelt sich diese Haltung zur Norm, die den Menschen so „normal“ und vertraut vorkommt, dass es keine Notwendigkeit mehr besteht, dagegen anzugehen.

Das Leid anderer nicht einfach wegschieben

Das Leid anderer wegzuschieben ist eine eingeübte Kulturtechnik. Die kollektive Verharmlosung ist auch eine eingeübte Kulturtechnik. Vor 1945 übersahen viele nichtjüdische Deutsche das Verschwinden ihrer Nachbarn und Bekannten. Heute werden diese Menschen von ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln verteidigt. Obwohl diese Haltung, keineswegs den Massenmord an den Juden zu bestreiten, ES IST DENNOCH EINE UNAKZEPTABLE RECHTFERTIGUNG.

Jüngste Entwicklungen:

Von den 1960er bis in die 1980er Jahre starben in Europa mehrere hundert Menschen durch rechtsextremistische Mörder. Die meisten Täter und ihre Hintermänner/Frauen wurden nie ermittelt. Diese Welle terroristischer Anschläge wurde später festgestellt als die von einer als „Gladio“ bekannt gewordenen Geheimarmee geplant und ausgeführt wurde. Gladio ist eine Art Ableger von „stay-behind“ (Haltet euch zurück).

Im Kalten Krieg als Untergrundarmee gegründet 

Stay-behind ist eine Organisation, die von deutschen nationalen Geheimdiensten in den 1950er Jahren unter der Regie des US-Armeegeheimdienstes aufgebaut worden waren, vorbei an den Parlamenten und unter Bruch der Nationalverfassungen. Ursprünglich war sie im Kalten Krieg als Untergrundarmee gegründet worden, um im Fall eines militärischen Angriffs von Truppen des Warschauer Pakts gegen Westeuropa, hinter den Linien einen Guerillakrieg aufzunehmen.

Einfluss kommunistischer und ganz allgemein linker Strömungen eindämmen

Die vermuteten sowjetischen Panzerkolonnen kamen nicht und so wandelte sich die Mission der Geheimsöldner im Lauf der Zeit. Es galt, den Einfluss kommunistischer und ganz allgemein linker Strömungen einzudämmen, gar deren Erreichen einer Mehrheit bei demokratischen Wahlen zu verhindern. Dafür schreckte man nicht vor Terror und Mord zurück. Alte and junge Nazis, ausgewiesene Antikommunisten, wurden angeheuert, in einem naiven Glauben, dass man diese Menschen steuern könne. Diese ultra-rassistische, antisemitistische Gruppe verselbstständigte ihre Tätigkeiten. Viele Schwarze und Ausländer sind in der Zeit umgekommen.

KKK ist seit 1920 in Deutschland aktiv

Im Jahr 1973 baute Karl-Heinz Hoffmann eine Wehrsportgruppe (WSG) auf, die 1980 etwa 400 Anhängern hatte und in verschiedene Ortsgruppen aufgeteilt war. Die Agenda von Gladio, der WSG  und des KKK waren identisch (white supremacy), dennoch wurde eine Verbindung zum KKK verschwiegen, denn der KKK wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz erst  2001 als „rechtsextrem“ eingestuft, obwohl er seit den 1990er Jahren als “Aktiv” in der Bundesrepublik Deutschland „eingestuft“ wurde. Der KKK war seit 1920 in Deutschland als Ritter des Feurigen Kreuzes aktiv, mit etwa 1000 Mitgliedern.

Wehrsportgruppe Hoffmann wurde 1980 verboten

Hoffmann und sein WSG wurden vom Bundesnachrichtendienst lediglich als verfassungsfeindlich klassifiziert.  Seine Verbindung zum KKK wurde einfach ignoriert, denn der KKK war zu dem Zeitpunkt nicht als „rechtextrem“ eingestuft. Im Januar 1980 wurde die WSG vom Bundesinnenministerium verboten, aus ganz anderen Gründen:

WSG wollte die Macht im deutschen Staat übernehmen

Sie arbeite darauf hin, „die Macht im Staat zu übernehmen … nicht mit demokratischen Mitteln“. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte dieses Verbot: Die Wehrsportgruppe „verfolgt in kämpferisch-aggressiver Form das Ziel, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zu untergraben und schließlich zu beseitigen“ (Spiegel 47/1984).

Hoffmann wurde nicht einmal wegen Antisemitismus angeklagt

Die Strafgesetz-Paragraphen 129 und 129 a, bezüglich krimineller und terroristischer Vereinigung, wurden bei der Strafverfolgung nicht angewandt. Hoffmann wurde nicht einmal wegen Antisemitismus angeklagt.

Gruppenorganisierung der Ableger des KKK

1980 hatten in Bitburg stationierte US-Soldaten gemeinsam mit Nazis einen KKK-Ableger gegründet. Ein erneute Kollaboration zwischen dem KKK und Deutschland, wie vor 30 Jahren mit „Stay-behind“. Kurz danach wurden in Hamburg zwei Vietnamesen durch das KKK-Ritual der Verbrennung ermordet. 9/1980 wurde ein jüdischer Verleger und seine Frau in Erlangen exekutiert. Monatelang suchte die Polizei den Lewin-Mörder keineswegs im Spektrum von rechtsaußen, sondern unter Angehörigen der jüdischen Gemeinde. Die gleiche Haltung gab es 25 Jahre später als die Morde an acht Türken als „Döner Morde“ bezeichnet wurden. Die Polizei suchte die Mörder in der türkischen Community. Beflügelt durch den laschen Umgang der Regierung, Justiz und der Zivilgesellschaft gab es kurz nach den Attentaten in Hamburg und dem Mord an Levin, einen Bombenanschlag mit 13 Toten, beim Oktoberfest 1980 in München. Dieser Anschlag wurde von der Friedhelm-Busse-Gruppe „Kommando Omega“ verübt, angeblich mit Beteiligung von Hoffmann und seiner Wehrsprotgruppe. Hier lässt sich eine gewisse Gruppenorganisierung der Ableger des KKK erkennen.

Laut der Spiegel (1980):

Unverantwortliche politische Haltung und Verharmlosung

„Symptomatisch für diese Fehleinschätzung, die sich von der politischen Ebene über Justizbehörden bis in die Medien ausbreitete, ist der Ausspruch des Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß: „Mein Gott, wenn ein Mensch sich vergnügen will, indem er am Sonntag auf dem Land mit einem Rucksack und mit einem mit Koppel geschlossenen “Battle Dress“ spazieren geht, dann soll man ihn in Ruhe lassen.“ (im Fall Hoffmann). Dies ist  eine unverantwortliche politische Haltung und Verharmlosung.

Tandler: Die Gefahr droht von links

Zwei Monate vor dem Mord an dem jüdischen Verleger Lewin und seiner Frau in Erlangen, verstieg sich Strauß´ Innenminister Tandler noch zu folgender Lagebeurteilung – ZITAT:
„Wer die Lage kennt, der weiß, daß es zwar einen Rechtsextremismus gibt, aber daß die eigentlichen großen Gefahren von Seiten des Linksextremismus kommen.“

Entwicklung seit 1989:

Während in Deutschland immer noch an der Einzeltäter Theorie festgehalten wurde, erteilte Brüssel ein Verbot der Omega-Gruppe im Januar 1982.
1989 reiste Michael Kühnen nach Ost-Berlin, um die 15000 DDR-Faschisten zu stärken und zu organisieren.
1991 bildete sich erneut eine KKKlan-Gruppe und marschierte unbehelligt durch Bayreuth als  Ost/West-Verbund, um Macht zur demonstrieren.
1992 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen die Klan-Gruppe eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt waren sie sehr gut organisiert und von Behörden infiltriert, so konnten sie zahlreiche organisierte Morde und versuchte Morde ausüben, ohne gefasst zu werden.
In Hoyerswerda: Bei Verbrennung von Asylheim 200 Vietnamesen waren verletzt.
1992 Mölln – drei Türken getötet
1993 Morde von Solingen

Bundeskanzler Kohl sprach von „asozialer Verhaltensweise, die es überall gibt“!

Mitte der 1990er Jahre trafen sich etwa 20 Nazis in der Nähe von Jena, verbrannten Kreuze und bauten Bomben. Dies ist ein KKK-Ritual. Teilnehmer waren die NSU-Mitglieder, die teilweise in Haft sind. Es stecken natürlich viel mehr Gruppen dahinter, die das juristische System verhöhnen.
2012 wurde bekannt, dass in Baden-Württemberg zwei Polizisten Mitglieder der European White Knights of the Ku Klux Klan waren. Dieser Ableger soll von 2000 bis 2002 mit etwa 20 Mitgliedern existiert haben. Die beiden Polizisten waren auf der Geyersburg in Untermünkheim (Kreis Schwäbisch Hall) mit einem Blutritual in den Ku-Klux-Klan aufgenommen worden.
Seitdem gibt es ein wirres Durcheinander von Informationen über die Nazis, den KKK, faschistische Angriffe und Mörder. Es lässt ein klares Muster erkennen, das die Vergangenheit wiederspiegelt.

Ämter und Kontrollgremien praktizieren Informationsverweigerung

Wir in der Wissenschaft haben nur einen Bruchteil der Informationen. Der BND, Bundesamt und Landesämter für Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst, parlamentarische Kontrollgremien, parliamentalische Kontrollkomission, der britische CI5, das US-FBI und CIA , DIA und andere internationale Experten, Überwachungsorganisationen und Institutionen wissen weitaus mehr. Aber aus komplexen Gründen, die nur ihnen bekannt sind, praktizieren sie Informationsverweigerung.

Entnazifizierung – Kalter Krieg – erneute Geburt des KKK

Irmgard Hochreither (2005) fasste den Entnazifizierungsprozess zusammen:

„Es war die breite deutsche Mitte, die sich Hitler und seiner Politik verschrieben hatte. Die schwungvoll gestartete Entnazifizierung endet im Westen als Farce und im Osten als Selbstbeweihräucherung. Experten mit brauner Vergangenheit sind auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs bald wieder gefragt“.

Entnazifizierung mit hohem bürokratischen Aufwand

Am 2. August 1945 im Potsdamer Abkommen, kamen die Alliierten zu einem Konsens, wie das NS-System zerstört und seine Stützen bestraft werden sollten. Die Prozedur hat wegen des bürokratischem Aufwands die Besatzer schnell überfordert. Die Amerikaner versuchten, mit einer gigantischen Fragebogenaktion Nazis aufzuspüren, aber mit den Millionen Fällen waren sie schnell überfordert.

Bevölkerung zeigte keine Reue

Die Bevölkerung zeigte kein Reue. Anstatt Reue empörte sie sich und übte Kritik über „ungerechte Behandlung“, „Willkür der Obrigkeit“ und „Sippenhaft“. Der Fokus war weggelenkt! Und auf etwas anderes gerichtet. In diesem Fall auf „ungerechte Behandlung“, „Willkür der Obrigkeit“ und „Sippenhaft“.

Sich als Opfer stilisieren

Jetzt sind sie die Opfer! Nicht die Juden, Kommunisten, Homosexuellen, Schwarzen, Behinderten, Roma und Sinti und andere Holocaust-Opfer. Diese Verhaltensweise, diese eingeübte Verhaltenstechnik darf nicht unterschätzt und verharmlost werden. Sie hat die deutschen Medien, Politik und Zivilgesellschaft seither in Sachen Rassismus, Antisemitismus, Morde der KKK und ihrer Komplizen begleitet. Selbst als neun Menschen exekutiert wurden, haben es deutsche Medien, Politik und Zivilgesellschaft geschafft, den Fokus von den wesentlichen Fakten auf eine konstruierte „Döner-Mafia“ zu lenken. So wurden beispielsweise Familienangehörige falsch verdächtigt und das Augenmerk in die falsche Richtung gelenkt.

Flucht ins Ausland ermöglicht

Auch beim Lewin-Mord 1980, hat die Polizei keineswegs im Spektrum von Rechtsaußen, sondern unter Angehörigen der jüdischen Gemeinde ermittelt. Auf diese Art und Weise wurde Spielraum geboten, um Beweismittel zu vernichten und eine Flucht ins Ausland zu ermöglichen. Die Opfer wurden als Kriminelle angesehen. Und Deutschland verfällt wieder einmal in kollektive Beleidigung, denn “die Ausländer beschmutzen ihr Nest“. Die Mehrheit der Behörden sind gewöhnt, erst zu jammern, dann sich viel Zeit zu nehmen, um die Beleidigten zu spielen, dann vielleicht passiert mal etwas.

NSDAP hatte am Kriegsende 6,5 Millionen Mitglieder

Bei Kriegsende führte die NSDAP-Kartei 6,5 Millionen Mitglieder. Über 65 Prozent der Beamten, mehr als 80 Prozent aller Richter und Justizbeamten waren Parteigenossen. Der NS-Lehrerbund meldete 491.000 Mitglieder. Der Ärztebund 72.000 Gefolgsleute.

Bilanz der Entnazifizierung

Am 30. Juni 1949, kurz nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland, präsentierte die amerikanische Militärregierung ihre Entnazifizierungsbilanz, nach der angeblich 99,8 Prozent aller Fälle abgeschlossen waren. Erfasste Nazis beliefen sich auf über 13 Millionen, bei einer Gezamtzahl von zirka 49 Millionen Erwachsenen. Gegen rund 3,5 Millionen war Anklage erhoben worden, etwa 2,5 Millionen waren ohne Verfahren amnestiert worden. Es ist wichtig, zur Kenntnis zu nehmen, dass eines der ersten Gesetze, das der Deutsche Bundestag 1949 erließ, das einstimmig verabschiedete Amnestiegesetz war. Es folgte 1954 die zweite Bundesamnestie, nach der die große Mehrheit der verurteilten NS-Täter begnadigt und die Urteile aus dem Strafregister gelöscht wurden.

Gustav Heinemann, ehemalige Bundespräsident, fasste die Entnazifizierungsprozess zusammen:

„Anstelle einer Isolierung der wirklichen Verantwortlichen des Dritten Reiches hat sich eine Solidarität ergeben, die man mit Renazifizierung einigermaßen richtig bezeichnen kann.“

Am 31. Januar 1951 wurde in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen alle Verbrecher und Verbrecherinnen die weniger als 15 Jahre Freiheitsstrafe erhalten hatten vom amerikanischen Hochkommissar amnestiert. Als wäre nichts geschehen, kehrten NS-Spitzenleute auf ihre Posten zurück in die Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Kultur, Medien und Wissenschaft und das undemokratische Gedankengut der Nazis wurde weitergetragen. Der Fokus wird immer wieder auf andere Länder gelenkt, wo es angeblich „viel schlimmer ist“.

Perspektiven:

Wie integriert ist das Thema im Bildungssystem in Deutschland?

Politiker müssen aufhören, aus Opportunismus zu vertuschen

Das Thema wird zwar behandelt, wird jedoch unzureichend gelehrt über die Parallelen und Kontinuitäten, die im Nationalsozialismus zu finden sind, kritisch analysiert. Auch die globale Vernetzung des KKK und anderer Rechtsgruppierung sind ernst zunehmen. An der Universität Düsseldorf gibt eine NS-Forschungsstelle. In Dresden gibt es die Hannah Arendt-Forschungsstelle zum Totalitarismus. Politiker und Politikerinnen müssen das „Kind beim Namen nennen“, um die Möglichkeit zu schaffen, Problemlösungsansätze zu entwickeln. Sie sollen aufhören aus opportunistischen Gründen zu vertuschen. Wenn ernsthaft gewollt ist sind sie in der Lage effektiv gegen solche Verbrechen anzugehen.
Sie müssen sich empören und furchtlos, ohne opportunistische Haltung, Stellung zwischen Recht und Unrecht zu beziehen, anstatt sich hinter einer fabrizierten Grauzone zwischen Recht und Unrecht zu verstecken. Die Zivilgesellschaft muss sich daran erinnern, die „Verteidigung von Werten unserer offenen und freiheitlichen Gesellschaft“, ernst zu nehmen.  Sie müssen es vormachen.

Hoffnung:

Viele Menschen haben Zivilcourage gezeigt und effektives Engagement durchgesetzt, darunter:

Die Rosa Luxemburg Stiftung,Veranstaltungen  durchführen zum Thema; ein kleiner Fernsehsender, Radio Weser im Land Bremen hat am 17. Februar 2013 eine Sendung zur Entnazifizierung ausgestrahlt. Von der Ortsbehörde, Polizei Bremerhaven (Wesermunde) kritisierte das Demokratieverständnis in Deutschland, in einem Vortrag.

Von Inlandsgeheimdiensten gefördert

NTV und Phönix leisten gute Arbeit zum Thema. Die Universität und die Schulbehörden müssen ihre Arbeit ausweiten. Das müssen wir als Teil der Zivilgesellschaft zu unserer Aufgabe machen und Vorschläge unterbreiten. Viele kritischer Autoren schreiben ununterbrochen zum Thema. Sie entlarven Verschwörungstheoretiker. Sie erleuchten wie die Rechtsterroristen von den Strafverfolgungsbehörden behelligt und von den Inlandsgeheimdiensten gefördert wurden. Se kommentieren wie von offizieller Seite, der größte Geheimdienstskandal in der Geschichte der Bundesrepublik als „Panne“ verharmlost wurde, trotz allen zuverlässigen Enthüllungen. Dadurch wird das wahre Ausmaß verschleiert.

Täter kommen aus ganz „normaler“ Mittelschicht

Sie nennen Verharmloser, Vertuscher und Förderer beim Namen. Sie leuchten die Parallelen des Terrors der Nazis heute und während des Nationalsozialismus. Sie zeigen, dass Mitglieder der Naziterrorgruppen aus der ganz „normalen“ Mittelschicht kommen und es sich nicht, wie es die Mehrheit der Gesellschaft gern haben möchte, um „asoziale Verhaltensweisen, die überall gibt“, handelt.

Markus Bernhardt (2012) plädiert:

„…dass die zur Staatsdoktrin erhobene Gleichsetzung von „rot“ und „braun“ letztlich ein ideologisches und politisches Instrument gegen einen konsequenten Antifaschismus darstellt und wirksame Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus verhindert“.

Literatur:

Annas, G. & Grodin, M. (Eds.). The Nazi Doctors and the Nuremberg Code: Human Rights in Human Experimentation. Amazon, 1995.
Arendt, H. Elemente und Urspruenge totaler Herrschaft. Munich/Zurich: Piper 1986. [Elements and Origin of Totalitarian Rule]
Bernhardt, Markus (2012). Das brauene Netz. Naziterror-Hintergründe, Verharmloser, Förderer. Köln: Papy Rossa Verlag.
Bunting, B. The Rise of the South African Reich. Revised ed.: International Defense and Aid Fund for Southern Africa, 1969. Reprint, 1986.
Fuchs, Christian/Goetz, John (2012). Rechter Terror in Deutschland. Reinbek: Rowohlt Verlag.
Hochreither, Irmgard, Stern 22. März 2005 „http://www.stern.de/politik/geschichte/entnazifizierung-eine-zweite-chance-fuer-hitlers-helfer-538077.html
Ramelow, Bodo (Hrsg.)(2013). Schreddern, Spitzel, Staatsversagen. VSA: Verlag Hamburg
Staud, Toralf/Radke Johannes (2012, 2. Auflage). Neue Nazis. Jenseits der NDP: Populisten, Autonome Nationalisten und der Terror von rechts. Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch.
DER SPIEGEL 47/1984.

KKK in Deutschland

Von Professor Rose B. Folson Ph.D.

Der Umgang des Rechtssystems

Entnazifizierungsprozesse in Deutschland: 3/1946 bis zur Gründung der Bundesrepublik 5/1949;
Bei Kriegsende im Mai 1945 hatte die NSDAP 6,5 Millionen Mitglieder; über 65 Prozent der Beamten, mehr als 80 Prozent aller Richter und Justizbeamten waren NSDAP-Parteigenossen; der NS-Lehrerbund meldete 491.000 Mitglieder; der Ärztebund 72.000 Gefolgsleute;
Im Januar 1951 wurden in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen alle VerbrecherInnen, die weniger als 15 Jahre Freiheitsstrafe erhalten hatten, von dem amerikanischen Hochkommissar amnestiert.

Der Umgang der Politik in der Vergangenheit:

Gustav Heinemann, damaliger Justizminister in Nordrhein-Westfalen, kritisiert sehr scharf (12/1947):
„Anstelle einer Isolierung der wirklichen Verantwortlichen des Dritten Reiches hat sich eine Solidarität ergeben, die man mit Renazifizierung einigermaßen richtig bezeichnen kann.“
Kurz vor dem Mord an dem jüdischen Verleger Lewin und seiner Frau in Erlangen (9/1980) und des Attentats auf dem Oktoberfest, das von Hoffmann und seiner Wehrsportgruppe ausgeübt wurde, bemerkte der bayerische Innenminister Tandler Folgendes zur Lagebeurteilung: „Wer die Lage kennt, der weiß, dass es zwar einen Rechtsextremismus gibt, aber dass die eigentlichen großen Gefahren von Seiten des Linksextremismus kommen. Man soll nicht ein Schattenreich aufbauen, eine Schattengefahr aufbauen über das hinaus, was existiert.„ (DER SPIEGEL 47/1984).

Strauß über Hoffmann: „Mein Gott, wenn ein Mensch sich vergnügen will, indem er am Sonntag auf dem Land mit einem Rucksack und mit einem mit Koppel geschlossenen “Battle Dress“ spazieren geht, dann soll man ihn in Ruhe lassen.“ (DER SPIEGEL 47/1984)

Der Umgang der Politik heute:

1989 reiste Kühnen unbehelligt nach Ost-Berlin, um die 15000 DDR-Faschos zu mobilisieren;
1991 bildete sich erneut eine Klan-Gruppe-Ost-West und marschiert durch Bayreuth;
1992: Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die Klan-Gruppe;

Danach zahlreiche organisierte Morde und versuchte Morde:

1982 Hoyerswerda: Bei Verbrennung eines Asylbewerberheims wurden 200 Vietnamesen verletzt;
1992 Mölln: drei Tote;
1993 Solingen: fünf Tote; und viele andere unvermittelte Überfälle;

Politische Antwort: Laut Bundeskanzler Kohl, „asoziale Verhaltensweise, die es überall gibt“! Weizsäcker widersprach der Aussage Kohls;
2013: Haltung von PolitikerInnen zum Holocaust-Leugner Kardinal Williamsen.

Perspektiven:

– Wege aus der Kultur der Verharmlosung;
– Abschied vom Drang zu schnellen Erklärungen ohne tiefe Reflektion;
– Abschied von der Personalisierung struktureller Probleme;
– Raus aus der Konfliktverschwiegenheit;
– Schutzmaßnahmen statt Schutzbehauptung.

Zum Weiterlesen:

Abella, I. None Is Too Many: Canada and the Jews of Europe, 1993-1948. Toronto: Lester and Orpen Dennys, 1982.
Adam, Heribert. “Negotiating the Non-Negotiable in South Africa and Israel/Palestine. (Watson Institute for International Studies, 1992. Unpublished manuscript)
Annas, G. & Grodin, M. (Eds.). The Nazi Doctors and the Nuremberg Code: Human Rights in Human Experimentation. Amazon, 1995.
Arendt, H. Elemente und Urspruenge totaler Herrschaft. Munich/Zurich: Piper 1986. [Elements and Origin of Totalitarian Rule]
Bannerji, H. The Dark Side of the Nation: Essays on Multiculturalism, Nationalism and Gender. Toronto: Canadian Scholars‘ Press Inc., 2000.
Bernhardt, Markus (2012). Das brauene Netz. Naziterror-Hintergründe, Verharmloser, Förderer. Köln: Papy Rossa Verlag.
Bunting, B. The Rise of the South African Reich. Revised ed.: International Defense and Aid Fund for Southern Africa, 1969. Reprint, 1986.
DER SPIEGEL 47/1984
Duehring, E. Die Judenfrage als Frage des Racencharakters und seiner Schaedlichkeit fuer Voelkerexistenz. Berlin, 1901. [The Jewish Question as a Question of Race…]
Duckitt, J., The Development and Validation of the Subtle Racism Scale in South Africa. South African Journal of Psychology, 23, 1933-1967, 1991.
Durrheim, K., White Opposition to Racial Transformation. Is it Racism? South African Journal of Psychology, 33, (4), 241-249, 2003.
Folson, R. B. Bourgeois Morality, Sexualities, and Racism (Book: forthcoming)
Fuchs, Christian/Goetz, John (2012). Rechter Terror in Deutschland. Reinbek: Rowohlt Verlag.
Furlong, Patrick J. The Mixed Marriages Act: An Historical and Theological Study: Center for African Studies, University of Cape Town, 1983.
Between Crown and Swastika: The Impact of the Radical Right on the Afrikaner Nationalist Movement in the Fascist Era. Hanover and London: Wesleyan University Press, 1991.
Gilman, S. The Jewish Body. New York: Routledge, 1991.
Gilman, S. „Black Bodies White Bodies: Toward an Iconography of Female Sexuality in Late Nineteenth-Century Art, Medicine and Literature. „In „Race“, Culture and Difference, edited by J. Donal, A.Rattansi. London: Open University Press, 1992.
Freud, Race, Gender. New York/London: Routledge, 1993
Hall, S., ed. Representation: Cultural Representations and Signifying Practices. London: Sage Publications, 1997.
Goldberg, D. T. Racist Culture-Philosophy and Politics of Meaning. Oxford: Blackwell, 1993.
Goldberg, D.T. Racial Subjects. New York: Routledge, 1997.
Goldberg, D.T. The Racial State. Oxford: Blackwell, 2004.
Henry, F., C. Tator, W. Mattis, and T. Rees. The Colour of Democracy: Racism in Canadian Society. Edited by Toronto, Harcourt Brace and Co., 1995.
Lipstadt, D. Denying the Holocaust: The Growing Assault on Truth and Memory. Free Press/Macmillan, 1993.
Linke, U. German Bodies. Race and Representation After Hitler. New York: Routledge, 1999.
Merry, S. E., Getting justice and getting even; legal consciousness among working class Americans. Chicago: University of Chicago Press, 1990.
McLaren, A. Our Own Master Race, Eugenics in Canada, 1885-1945. Oxford University Press, 1990.
McClintock, A. Imperial Leather: Race, Gender and Sexuality in the Colonial Contest. New York: Routledge, 1995.
Moser, J. „Die Entrechtung der Juden im Dritten Reich. Diskriminierung und Terror durch Gesetze, Verordnungen, Erlasse“. In: Walter H. Pahle (Eds.), Der Judenpogrom 1938. Von der ‚Reichkristallnacht‘ zum Voelkermord. Frankfurt/M: Fisher, 1993.
Mosse, G. L. Nationalism and Sexuality: Middle-Class Morality and Sexual Norms in Modern Europe. Madison, WI: University of Wisconsin Press, 1985.

Nationalismus und Sexualitaet. Reinbek: Rowohlt, 1987.
Mueller, Ingo. Hitler’s Justice: The Courts of the Third Reich”. Harvard University Press, 1992.
Staud, Toralf/Radke Johannes (2012, 2. Auflage). Neue Nazis. Jenseits der NDP: Populisten, Autonome Nationalisten und der Terror von rechts. Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch.
STERN 22. März 2005

Weitere Informationen im Internet:

www.nuremberg.law.harvard.edu

South African History Online: http://www.sahistory.org.za/ web-site

World History Archives: http://worldhistoryarchive.org/

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„Wer nicht fair bezahlt wird, kann auch keine gute Arbeit leisten“ – Leserbrief von Siegfried Hubele zur geplanten Entlassung von Diak-MitarbeiterInnen

Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, „Baden Württemberg zu einem Musterland für gute Arbeit und sichere Arbeit zu machen.“ Die derzeitige Leitung des Diak in Schwäbisch Hall handelt konkret gegen diese Grundsätze. Den Beschäftigten des Hol- und Bringedienstes wird für ihre Arbeit ein fairer Tariflohn verwehrt. Die Diak-Leitung schreckt dabei sogar vor Kündigungen nicht zurück.

Von Siegfried Hubele, ehrenamtlicher DGB-Kreisvorsitzender Schwäbisch Hall

Besonders christlich erscheint diese Haltung nicht!

Wir kennen solche Arbeitgeber, die ethisch und moralisch eher anspruchslos, ausschließlich nach kapitalistischen Verwertungsprinzipien mit Lohn und Arbeit umgehen. Gut ist, was billig ist. Bis zu 500 Euro monatlich weniger verdienen Beschäftigte im Hol- und Bringdienst, die nicht nach den gültigen Tarifverträgen bezahlt werden.

 Werden Spätfolgen verlustreicher Kapitalspekulationen ausgeglichen?

Ob mit dieser Diak-Politik die Spätfolgen seiner verlustreichen Kapitalspekulationen ausgeglichen werden sollen, oder ob die neue Leitung unter Pfarrer Lenke sich die Prekarisierung der Arbeit auf die Fahne geschrieben hat, wird die Zukunft zeigen. Denn es gäbe noch viele Bereiche im Diak-Krankenhaus, die nach dem Motto – Gut ist was billig ist – ausgegliedert werden könnten.

Niedriglöhne, schlechte Arbeitsbedingungen und Altersarmut

Nicht existenzsichernde Teilzeitarbeit, Leiharbeit und der Missbrauch regulärer Beschäftigung im Diak, mittels Ausgliederung durch Werkverträge an Billiganbieter, führen zu Niedriglöhnen, schlechten Arbeitsbedingungen und Altersarmut. Wer nicht fair bezahlt wird, kann auch keine gute Arbeit leisten, die gerade im Krankenhaus lebenswichtig sein kann.

Nicht wie im Mittelalter die Kirchenfürsten über die Mittelverwendung alleine entscheiden

Die Kirchen erhalten von der öffentlichen Hand (Bund,Land,Kommunen) jedes Jahr etwa 19 Milliarden Euro (!) an Zuschüssen. Nur etwa zehn Prozent der Einnahmen aus der Kirchensteuer geben die Kirchen für öffentliche soziale Zwecke aus. Wer in diesem Ausmaß seine Einrichtungen über öffentliche Zuschüsse finanziert, der kann nicht wie im Mittelalter die Kirchenfürsten über die Mittelverwendung alleine entscheiden.

Abgeordnete sollen sich für die bedrohten Beschäftigten einsetzen

Der DGB-Kreisvorstand fordert deshalb das Land, den Landkreis und die Stadt Schwäbisch Hall sowie die Bundes- und Landtagsabgeordneten auf, sich in diesen Konflikt über die Arbeitsbedingungen im Diak einzuschalten. Ein Krankenhaus wie das Diak kann entsprechend dem verfassungsrechtlichen Auftrag nicht  nach privatkapitalistischen Prinzipien organisiert und geleitet werden. Das Gesundheitswesen ist eine öffentliche Aufgabe und damit auch die Arbeits- und Einkommensbedingungen der dort Beschäftigten, die im wesentlichen den Verfassungsauftrag durch ihre tägliche Arbeit am Patienten umsetzen müssen.

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„Weg mit den Sanktionen bei Hartz IV“ – Kommentar von Jochen Dürr, Schwäbisch Hall

Am selben Tag, als die Agenturen für Arbeit ihre neuesten Arbeitslosenstatistiken veröffentlichte, fand vor dem Hamburger Arbeitsgericht der Prozess über die Freistellung der Hamburger JobCentermitarbeiterin Inge Hannemann statt.

Kommmentar von Jochen Dürr, Schwäbisch Hall

Trauriges Rekordjahr 2012

Sie wurde bekannt mit ihren Berichten über die Sanktionspraxis der JobCenter und weil sie sich klar für die Abschaffung der Hartz IV-Sanktionen ausspricht. 2012 war hierzu ein trauriges Rekordjahr. Verhängt wurden 1.025.000 Sanktionen, wovon 69 Prozent der Sanktionen auf Meldeversäumnisse zurückgehen.

Pure existenzielle Not und Ausgrenzung aus der Gesellschaft

Unter Sanktionen versteht man/frau, dass das ohnehin zu niedrige Arbeitslosengeld II gekürzt wird: erst 30 Prozent des Regelsatzes, dann 60 Prozent,  dann 100 Prozent Arbeitslosengeld 2, inklusive der Kosten für Unterkunft und Heizung. Für die betroffenen Menschen bedeutet das pure existenzielle Not und Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Die Zahlen fürs erste Quartal 2013 sind statistisch immer noch deutlich höher als die Quartalszahlen von 2011 und den Jahren davor: keine Entwarnung an der Sanktionsfront. Mittels Sanktionen wird auf dem Rücken der Erwerbslosen und Aufstockenden gespart – und, das ist mir als Gewerkschafter ganz wichtig zu erwähnen, auch auf dem Rücken der Beschäftigten in den Jobcentern, die dazu verdonnert werden, von der Spitze der Bundesagentur für Arbeit, um jeden Preis Einsparungen vorzunehmen.

Auf eine offene Stelle kommen sechs Arbeitssuchende

Viele glauben immer noch an den Satz: Wer suchet, der findet. Doch die Zahlen widerlegen aus meiner Sicht diese Mär: Nach den offiziellen Zahlen kommen auf eine offene Stelle bei der Bundesagentur für Arbeit und bei den Jobcentern sechs Arbeitsuchende. Bei Berichtigtigung der offentlichtlich geschönten Statistik  kommen sogar acht Arbeitsuchende auf eine Stelle. Kaum bekannt ist, dass ein Drittel der offenen Stellen Leiharbeitsstellen sind. Ist das attraktiv?!

Hartz IV durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzen

Aus meiner Sicht müssen Sanktionen bei Hartz IV abgeschafft – sowohl im Interesse von Erwerbslosen wie Beschäftigten. Hartz IV muss durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt werden. Leiharbeit gehört verboten. Hohen Respekt verdienen vor diesem Hintergrund couragierte Frauen wie Inge Hannemann.

Weitere Informationen im Internet über Inge Hannemann:

http://www.ndr.de/regional/hamburg/ingehannemann101.html

Der Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit für Juli 2013:

http://statistik.arbeitsagentur.de/

 

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„Mit Unterschriften gegen Kündigungen protestieren“ – MitarbeiterInnen des Hol- und Bringdienstes im Schwäbisch Haller Diakonieklinikum werden gekündigt

Die Gewerkschaft Ver.di des Bezirks Heilbronn-Neckar-Franken sammelt derzeit Unterschriften zur Unterstützung von sechs MitarbeiterInnen des Hol- und Bringdienstes des Haller Diakonieklikums.

Zugesandt von Jochen Dürr aus Schwäbisch Hall, Vorsitzender des Fachbereichs 03 im Ver.di-Bezirk Heilbronn-Neckar-Franken

Hier der Link zum Datenflugblatt und der Unterschriftenliste für die gekündigten KollegIinnen des Hol- und Bringdienstes des Haller Diakonieklikums:

https://heilbronn.verdi.de/ueber-uns/fachbereiche/fachbereich-3-heilbronn-neckar-franken/++co++e42423be-f8ec-11e2-b493-525400438ccf

Die ersten beiden KollegInnen haben die Kündigung schon erhalten, die anderen vier erwarten sie täglich.

Die ausgefüllten Unterschriftenlisten müssen bis zum 9. August 2013 an ver.di zurückgesandt werden. Die Postadresse:

Arne Gailing
ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Heilbronn-Neckar-Franken
Gartenstraße 64
74072 Heilbronn

Weitere Informationen und Kontakt:

Für weitere Fragen steht der Kollege Arne Gailing, Telefon +49 7131 9616-800, Fax: +49 7131 9616-199, E-Mail: Arne.Gailing@verdi.de  oder per Handy 0160 93602379 oder die Kollegin Irene Gölz, Ver.di-Landesbezirk Baden-Württemberg über mobil 0151 11806284 zur Verfügung.

Aufruf der Gewerkschaft Ver.di:

Diak Schwäbisch Hall HuB: Hol- und Bringdienst nicht privatisieren!

Im Diakonischen Krankenhaus in Schwäbisch Hall ist beabsichtigt den Hol- und Bringdienst (HuB) zu privatiesieren. Dies treibt die betroffenen Beschäftigten zusammen mit ihrer Gewerkschaft ver.di zum Protest. Im Klinikum soll den HuB zukünftig ein externer Dienstleister erledigen. Die  DIAK-Dienstleistungs-GmbH (DDL) will dies an die Firma „RTS-Reinigungstechnik Schmöller GmbH“ vergeben.

Das darf nicht geschehen!

Die derzeit Beschäftigten des HuB beim Diak sehen keine Notwendigkeit den HuB an eine andere Firma zu geben. Die Zukunft der KollegInnen ist zudem völlig unklar. Die Geschäftsführung des Klinikums redet mit den dortig Beschäftigten und deren  VertreterInnen nicht mehr. Ein untragbarer Zustand. Zur weiteren Information und Unterstützung haben wir ein Faktenblatt und eine Unterschriftenliste bereitgestellt.

Fakten zur geplanten Fremdvergabe des Hol- und Bringdienstes:

Keine Fremdvergabe des Hol-und Bringdienstes – Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
den Hol- und Bringdienst (HuB) im Klinikum soll zukünf-
tig ein externer Dienstleister erledigen. Er soll von der
DIAK-Dienstleistungs-GmbH (DDL) an die Firma RTS –
Reinigungstechnik Schmöller GmbH vergeben werden.
Das darf nicht geschehen. Die Zukunft der KollegIn-
nen, die im HuB beschäftigt sind, ist völlig unklar. Die
Geschäftsführung des Klinikums redet mit ihnen und ih-
ren Vertreter/innen nicht mehr. Ein untragbarer Zu-
stand.
Wir fordern die Leitung des Klinikums auf,

– den Hol- und Bringdienst nicht an eine Fremdfir-
ma zu vergeben,
– den Hol- und Bringdienst wieder direkt im Klini-
kum anzusiedeln,
–  den Versorgungsprozess nicht zu verschlechtern,
– alle im Hol- und Bringdienst beschäftigten Kolle-
ginnen und Kollegen ins Klinikum zu überneh-
men und nach AVR Württemberg zu bezahlen.
Im Folgenden wollen wir zu Ihrer Information die Hin-
tergründe der Auseinandersetzung darstellen, die zu
diesen Forderungen führen.

Hintergründe:

Die DIAK-Dienstleistungs-GmbH (DDL) ist eine pri-
vatwirtschaftliche Tochtergesellschaft des Diakonie-
klinikums mit ca. 160 Beschäftigten. Minderheitsgesell-
schafter ist die Fa. Sodexo. Die DDL ist im Gegensatz
zum Klinikum nicht Mitglied im Diakonischen Werk. In
der DDL sind die Mitarbeiterinnen des Reinigungsdiens-
tes angestellt.
Die DDL agiert zudem seit Jahren als Verleiherin von
Personal an das Klinikum. Die Leiharbeitnehmer/innen
arbeiten am Empfang, im HuB, als Verpflegungs-/ Ver-
sorgungsassistentinnen oder wurden (bis Mai 2013) als
Pflegeassistentinnen im Klinikum eingesetzt.

Im Hol- und Bringdienst des Klinikums (Aufgaben:
Transport von PatientInnen innerhalb des Klinikums, de-
ren Lagerung in der Nacht, Transport von Geräten, Blut-
transfusionen usw.) werden freie Stellen seit 2005 nicht
mehr besetzt. Dafür stellt die DDL Beschäftigte ein und
verleiht diese dann an das Klinikum. Die betroffenen Be-
schäftigten haben einen Leiharbeitsvertrag mit der DDL.
Ausschließlicher Einsatzort ist das Klinikum und dort der
HuB. Derzeit sind drei Stellen noch mit Beschäftigten
des Klinikums besetzt.
Vergleicht man das Einkommen einer beim Klinikum be-
schäftigten Arbeitnehmerin im HuB mit dem einer Leih-
arbeitnehmerin bei der DDL, beträgt die Differenz allein
beim Grundlohn etwa 500 € monatlich, ganz abgese-
hen von niedrigeren Zuschlägen, der deutlich geringe-
ren Jahressonderzahlung sowie der fehlenden betriebli-
chen Altersvorsorge, die die Beschäftigten des Klinikums
erhalten.
Seit der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungs-
gesetzes (AÜG) im Dezember 2011 ist eine dauerhafte
Verleihung von Arbeitnehmer/innen nicht mehr mög-
lich. Das Klinikum sieht dies wohl auch so, denn die
Pflegeassistentinnen wurden bereits im Mai 2013 ins
Klinikum übernommen. Sechs Leiharbeitnehmer/innen
im HuB werden weiterhin dauerhaft bei einem Entleiher
(Klinikum) und dort ständig im HuB eingesetzt. Dies ist
unzulässige Leiharbeit.

Aktivitäten:

Die KollegInnen des HuB sowie die MAV machen schon
seit längerer Zeit bei zahlreichen Gelegenheiten auf ihre
Situation aufmerksam. Bereits im Jahr 2011 war die An-
gelegenheit in der Presse nachzulesen. Ohne Erfolg. Deshalb haben die KollegInnen mit Unter-
stützung der Gewerkschaft ver.di im April 2013 ein Ar-
beitsverhältnis mit dem Klinikum geltend gemacht.
Grundlage dafür ist die Tatsache, dass Leiharbeitneh-
mer/innen, die dauerhaft bei einem einzigen Entleiher
(hier: Klinikum) eingesetzt sind, nach dem AÜG und bestä-
tigt durch neuere Rechtsprechung automatisch ein Ar-
beitsverhältnis mit dem Entleiher haben.
Das Klinikum hat daraufhin ein Gespräch angeboten, das
nach mehrmaligem Verschieben durch die Geschäftsfüh-
rung am 17. Juni 2013 stattgefunden hat.

Ankündigung der Ausgliederung

Bei diesem Gespräch hat die Geschäftsführung angekün-
digt, dass der HuB im Rahmen eines Werkvertrages an die
RTS – Reinigungstechnik Schmöller GmbH vergeben wird.
Der Grund: man wolle Rechtssicherheit. Die betroffe-
nen Beschäftigten könnten sich entweder auf drei Teilzeit-
stellen in der Pflege im Klinikum (ausschließlich im Nacht-
dienst!) oder bei der RTS bewerben. Sollte keine Stelle
gefunden werden, könnte dies auch betriebsbedingte
Kündigungen zur Folge haben. Von der Ausgliederung be-
troffen seien auch die drei im Klinikum verbliebenen Be-
schäftigten des HuB.
Im Verlauf des Gespräches wurden zwei Kompromisse zur
Ausgliederung diskutiert (einer davon ein Vorschlag der
Geschäftsführung), zu denen sich das Klinikum bis zum
28. Juni äußern wollte.
Während die sechs Leiharbeiter/innen hofften, dass bis
zum 28. Juni eine Lösung gefunden wird, ist die neue Fir-
ma bereits am Tag des o.g. Gesprächs im HuB in Erschei-
nung getreten: RTS-Beschäftigte werden seither im HuB
eingesetzt; eine Kollegin hat bereits wieder gekündigt. Die
Auslagerung wird sichtlich zügig vorbereitet.
Die Beschäftigten der RTS könnten übrigens im Klinikum
nur dann eingesetzt werden, wenn die RTS eine Genehmi-
gung zur Verleihung von Arbeitnehmer/innen hätte oder
wenn das „Gewerk“ Hol- und Bringdienst im Rahmen ei-
nes Werkvertrages an die RTS vergeben wäre. Beides ist
wohl nicht der Fall – ein weiterer Rechtsbruch.
Es drängt sich die Vermutung auf, dass das Klinikum
sechs Kolleginnen und Kollegen, die es gewagt haben,
sich gegen ihre Dumpinglöhne zu wehren, schlichtweg
loswerden will. Man geht dabei bewusst das Risiko ein,
dass der Einsatz eines nicht an Weisungen von Klinikbe-
schäftigten gebundenen, externen Dienstleisters an dieser
außerordentlich wichtigen Schnittstelle des Klinikums den
Versorgungsprozess verschlechtern könnte. Der HuB stellt
die reibungslose Versorgung der PatientInnen in unter-
schiedlichen Abteilungen sicher. Diese Dienstleistung muss
deshalb gut in den Versorgungsprozess integriert sein.

Breite Solidarität

Als im Klinikum bekannt wurde, dass die Vergabe an die
RTS und möglicherweise die Kündigung der Kolleginnen
und Kollegen vorbereitet wird, hat sich eine beeindru-
ckende Solidarität mit den KollegInnen des HuB entwi-
ckelt, die bei einer Mitarbeiterversammlung am 26. Juni
deutlich gezeigt wurde.
Übrigens hat die Geschäftsführung ver.di und den Anwäl-
ten den Zutritt zu dieser Mitarbeiterversammlung im
Klinikum verweigert. Sie seien unerwünscht wurde mit-
geteilt. Da ver.di und die Anwälte sich im Gegensatz zur
Geschäftsführung an die bis zum 28.Juni vereinbarte 2-
Wochen-Frist gehalten haben, hatten sie gar nicht vor, zu
kommen! Die Security war deshalb ganz umsonst bestellt.

Klagen eingereicht

Anstatt einer Äußerung zu den Kompromissen kam von
der Geschäftsführung am 28.6. nur ein weiteres Ge-
sprächsangebot. Dies haben alle als Hinhaltetaktik gewer-
tet. Deshalb wurde das Gesprächsangebot zwar ange-
nommen, aber zudem Klagen gegen das Klinikum
eingereicht. Es muss nun gerichtlich festgestellt werden,
ob ein Arbeitsverhältnis mit dem Klinikum besteht. Der
Gütetermin findet am 24. Juli um 15 Uhr vor dem Arbeits-
gericht in Crailsheim statt. Für weitere Gespräche sind die
Betroffenen, ihre Anwälte und ver.di jederzeit offen.
Allerdings will nun die Geschäftsführung nicht mehr mit
den HuB-KollegInnen, ihren Anwälten und ver.di reden.
Deshalb kam ein Gespräch am 5.7.13 nicht zustande.

Um was geht’s jetzt?

Es geht darum, den Hol- und Bringdienst als Abteilung
von der DDL wieder ins Klinikum zurückzuholen und die
Vergabe an einen externen Dienstleister zu verhindern
Es geht darum, dass die Kolleginnen und Kollegen des
HuB einen Arbeitsvertrag mit dem Klinikum bekommen, in
die AVR Württemberg eingegliedert werden und endlich
den Lohn bekommen, der ihnen zusteht.
Herr Dr. Haun und Herr Pfarrer Lenke, holen Sie den Hol-
und Bringdienst mit allen seinen Beschäftigten ins Klinikum
zurück – im Interesse des Erhalts der guten Qualität der Pa-
tientenversorgung, im Interesse der Lebenssituation der
KollegInnen des HuB und im Interesse der Diakonie.

Die ver.di-Betriebsgruppe im Diak Schwäbisch Hall

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