„Keine Verhandlungen, mehr Waffen, mehr Widerstand“ – Deutschland: Dreht sich die Stimmung zu Waffenlieferungen im Ukraine-Krieg?

Keine Verhandlungen – mehr Waffen – mehr Eskalation: Es wird immer offensichtlicher, dass sich die westliche Ukraine-Politik auf diese knappe Formel zusammenfassen lässt. Im Zentrum steht dabei die Lieferung schwerer Waffen, die für eine ukrainische Offensive zur Rückeroberung verlorener Gebiete gedacht sind.

Artikel von Jürgen Wagner, auf der Internetseite heise-online vom 7. Mai 2022 / Informationen zugesandt von Paul Michel aus Schwäbisch Hall

Deutschland wird Kriegspartei

Auch Deutschland wird insbesondere mit der nun beschlossenen Lieferung von Panzerhaubitzen immer mehr zur Kriegspartei. Doch je deutlicher sich die Konturen dieser überaus riskanten Stellvertreter-Strategie herauskristallisieren, desto stärker wandelt sich trotz medialer Dauermobilmachung die Stimmung in der Bevölkerung, die wenn sie vielleicht auch nicht komplett kippt, sich dennoch in jüngster Zeit deutlich verschiebt.
Keine Verhandlungen

Verhandlungslösung

Es lohnt noch einmal ein Blick zurück: Ende März 2022 waren die Medien voll mit Berichten, die Ukraine und Russland stünden kurz vor einer Verhandlungslösung zur Beendigung des Krieges. Beim Redaktionsnetzwerk Deutschland hieß es:

Russlands Krieg gegen die Ukraine könnte durch die Verhandlungen schneller beendet werden, als Beobachter bisher angenommen haben. […] Demnach gebe es einen ersten Entwurf des Waffenstillstandsdokuments, in dem einige der Forderungen Russlands aber fehlen. […] Russland [soll] in dem Dokument nicht mehr an seinen Forderungen festhalten, die Ukraine zu "entnazifizieren" und zu "entmilitarisieren". […]

Die Ukraine [soll] in den Gesprächen angeboten haben […], über die Zukunft der Krim Verhandlungen über einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren zu akzeptieren. […] Zudem sei die Ukraine angeblich bereit, einen neutralen Status zu akzeptieren, wenn es Sicherheitsgarantien verschiedener Staaten für den Fall eines erneuten russischen Angriffs geben sollte - darunter auch China.
Redaktionsnetzwerk Deutschland 

Annäherung

Selbst ein EU-Beitritt scheint wohl Gegenstand der Gespräche gewesen und von Russland akzeptiert worden zu sein. Kurz nach Abschluss der Istanbul-Verhandlungen wurde Moskaus Unterhändler Wladimir Medinski mit den Worten zitiert: „Die Russische Föderation hat keine Einwände gegen Bestrebungen der Ukraine, der Europäischen Union beizutreten.“ Was dann genau geschehen ist, wird, wenn überhaupt, wohl erst in vielen Jahren herauskommen. Unmittelbar nach der Annäherung bei den Verhandlungen mehrten sich jedenfalls schon skeptische Stimmen westlicher Regierungschefs, namentlich von Boris Johnson und Joseph Biden. Bereits am 5. April 2022 berichtete die Washington Post darüber, innerhalb der NA werde die Fortsetzung des Krieges gegenüber einer Verhandlungslösung derzeit präferiert (siehe: Schwere Waffen für die Ukraine: „Raus aus der Eskalationslogik“).

Am 7. April 2022 meldete sich dann Russlands Außenminister Sergej Lawrow mit der Aussage, es seien von ukrainischer Seite Änderungen an den Verhandlungsdokumenten vorgenommen worden, die eine Einigung erschweren würden. Anfang Mai 2022 wiederholte Lawrow diese Aussage erneut:

Wir haben den Gesprächen auf Ersuchen von Wolodymyr Selenskyj zugestimmt, und sie begannen, an Dynamik zu gewinnen. Im März wurden auf einem Verhandlungstreffen in Istanbul Vereinbarungen getroffen, die auf den öffentlichen Äußerungen von Wolodymyr Selenskyj beruhten. Er sagte, die Ukraine sei bereit, ein neutrales, blockfreies Land ohne Atomwaffen zu werden, wenn sie Sicherheitsgarantien erhalte.

Wir waren bereit, auf dieser Grundlage zu arbeiten, vorausgesetzt, das Abkommen würde vorsehen, dass die Sicherheitsgarantien nicht für die Krim und den Donbass gelten, wie die Ukrainer selbst vorgeschlagen hatten. Unmittelbar nach diesem Vorschlag, den sie unterzeichnet und uns übergeben haben, haben sie ihre Position geändert.

Westen will derzeit keine Verhandlungslösung

Vor diesem Hintergrund deuten die Indizien deutlich darauf hin, dass der Westen (oder zumindest die USA und eine Reihe weiterer Verbündeter) derzeit von einer Verhandlungslösung nichts wissen will – und dies der Ukraine auch signalisiert haben. Stattdessen soll die sich nun bietende Gelegenheit wohl genutzt werden, um Russland so weit als möglich zu schwächen. Dies wurde im Übrigen von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin nach seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski Ende April 2022 auch ganz offen als zentrales Ziel der USA so benannt. Erreicht wird dies, indem erst verhandelt werden soll, wenn die russischen Truppen militärisch vollständig aus der Ukraine vertrieben sind – also erst dann, sollten sie faktisch besiegt worden sein. Ende April äußerte sich beispielsweise die britische Außenministerin Liz Truss derart in einer Grundsatzrede namens „Die Geopolitik ist zurück“, der die britische Regierung auch extra eine deutsche Übersetzung spendierte:

Wir müssen unsere Unterstützung für die Ukraine deutlich ausbauen. […] Der Krieg in der Ukraine ist unser Krieg – er ist unser aller Krieg, denn der Sieg der Ukraine ist für uns alle eine strategische Notwendigkeit. Schwere Waffen, Panzer, Flugzeuge – wir greifen tief in unsere Waffenarsenale, fahren die Produktion hoch. Das alles ist notwendig. […] Wir werden noch schneller noch mehr tun, um Russland aus der gesamten Ukraine zu vertreiben.

Die „Logik“ schwerer Waffen

Die nun von immer mehr westlichen Staaten, unter anderem von Deutschland, beschlossene Lieferung schwerer Waffen passt zur westlichen Stellvertreter-Strategie. Denn die bisherige ukrainische Bewaffnung war zwar „geeignet“, um den russischen Vormarsch zu erschweren, aber für eine Rückeroberung verlorener Gebiete war sie weitgehend untauglich. Dafür braucht es schweres Gerät, das nun massenweise an die Ukraine geliefert wird – zusammen mit der wohl unmissverständlichen Forderung im Gepäck, in die Offensive zu gehen.

Katastrophaler Stellvertreter-Krieg

Das ist jedoch nichts anderes, als das Rezept für einen lang andauernden katastrophalen Stellvertreter-Krieg, wie etwa der Historiker Jörg Baberowski, der seit Jahren eher durch recht putinkritische Töne auffiel, recht unmissverständlich ausführte:

Ich habe Zweifel, ob es gelingen wird, durch die Lieferung schweren Kriegsgeräts an die Ukraine den Konflikt zu beenden. Putin wird sich nicht geschlagen geben, weil er sich eine Niederlage nicht leisten kann. Die Folgen eines langwierigen Zerstörungs- und Vernichtungskrieges werden für Russland und die Ukraine verheerend sein. […] Jetzt kommt es darauf an, einen neutralen Vermittler zu finden, der einen Frieden aushandelt, von dem beide Seiten einen Gewinn haben. Eine andere Lösung kann es gar nicht geben, wenn wir einen langen Zermürbungskrieg verhindern wollen.

Dennoch – oder wohl: gerade deswegen – nimmt die Lieferung schwerer Waffen immer weiter Fahrt auf. Allein die USA sollen seit Kriegsbeginn Waffen im Wert von 3,7 Milliarden US-Dollar an die Ukraine geliefert haben – doch das ist nichts gegenüber dem, was US-Präsident Joseph Biden erst kürzlich zusätzlich dazu beim Kongress beantragt hat:

Die US-Regierung rüstet die Ukraine im großen Stil auf, um das Land im Krieg gegen Russland zu unterstützen. Biden hatte […] angekündigt, den Kongress hierzu um die Bewilligung von weiteren 33 Milliarden US-Dollar (31,4 Milliarden Euro) zu bitten. 20 Milliarden davon sollen für Militärhilfe genutzt werden.
Berliner Zeitung 

50 Gepard-Flugabwehrpanzer bewilligt

Deutschland wiederum will den Großteil der Mitte April neu ausgelobten zwei Milliarden Euro für die „Ertüchtigung“ befreundeter Akteure für die Ukraine verwenden. Zwar berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland erst vor wenigen Tagen, aus einer Anfrage der Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen gehe hervor, der Wert deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine würde sich bislang „nur“ auf rund 190 Millionen Euro belaufen, allerdings dürfte dieser Wert mit der nun beschlossenen Lieferung schwerer Waffen schnell in die Höhe schießen.

Schon Ende April wurden 50 Gepard-Flugabwehrpanzer bewilligt, während es zunächst um die Lieferung von Panzerhaubitzen 2000 noch widersprüchliche Informationen gab (siehe Schickt Scholz Panzerhaubitzen der Bundeswehr in die Ukraine?). Am 6. Mai wurde dann aber auch über deren Bewilligung berichtet:

Deutschland will der Ukraine weitere schwere Waffen liefern: Nach Angaben von Verteidigungsministerin Lambrecht soll Kiew sieben Panzerhaubitzen vom Typ 2000 erhalten. Auch eine Ausbildung werde den ukrainischen Streitkräften angeboten.
Tagesschau 

Kriegsteilnahme

Damit droht Deutschland aber laut dem im Auftrag der Linken erstellten Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste: „Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme“ die Schwelle zur Kriegspartei zu überschreiten. Bei der bisherigen Unterstützung handele es sich um eine „Gratwanderung“, heißt es darin. Mit ihr seien „gravierende rechtliche und militärische Folgen verbunden – von einer geographischen Ausweitung des Konfliktgebietes bis hin zum (nuklearen) Eskalationspotential“.

Allerdings sei im Falle einer – beim Ukraine-Krieg eindeutigen – Verletzung des Gewaltverbots der UN-Charta „kein Staat mehr zur ‚Neutralität‘ gegenüber den Konfliktparteien verpflichtet“. Dabei wäre durch eine „militärische Unterstützung einer bestimmten Konfliktpartei in Form von Waffenlieferungen […] noch nicht die Grenze zur Konfliktteilnahme“ überschritten.

Allerdings legt das Gutachten nahe, dass durch die nun beschlossene, in Deutschland erfolgende Ausbildung ukrainischer Soldaten für den Gebrauch der Panzerhaubitze 2000 diese rote Linie wohl endgültig überquert werden könnte:

Wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die »Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.
Gutachten Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag 

Gefährlicheres Spiel mit dem Feuer

Zwar weist der militärnahe Blog Augen geradeaus richtigerweise darauf hin, dass sich diese Einschätzung nur auf eine Quelle beziehe, den zitierten Bochumer Völkerrechtler Pierre Thielbörger. Dennoch ist völlig klar, dass die Bundesregierung wie auch ihre Nato-Verbündeten ein immer gefährlicheres Spiel mit dem Feuer betreiben, dem ein immenses Eskalationspotential innewohnt.

Dreht sich die Stimmung?

Augenscheinlich nimmt die Zahl derer, die im Eskalationskurs des Westens und der Bundesregierung eine große Gefahr erblicken, an Zahl zu. Deutlichstes Beispiel hierfür war der von der Emma veröffentlichte und zunächst von 28 Intellektuellen und Künstler:innen unterzeichnete offene Brief an Olaf Scholz. In ihm wird sowohl vor dem „Risiko der Eskalation dieses Krieges zu einem atomaren Konflikt“ und dem „Maß an Zerstörung und menschlichem Leid unter der ukrainischen Zivilbevölkerung“ gewarnt, die von der westlichen Stellvertreter-Strategie verursacht werden (siehe „Risiko einer Ausweitung des Krieges auf ganz Europa“).

Sorgen eines immer größeren Teils der Bevölkerung

Sofort wurde scharf gegen die Unterzeichner:innen geschossen, unter anderem mit einem von rund 50 Personen unterstützten offenen Brief des Zentrums für Liberale Moderne, das sich immer mehr als Bastion der Hardliner etabliert. Trotz aller Häme gegenüber dem – zugegebenermaßen teils nicht sonderlich elegant formulierten – Schreiben, das in der Emma veröffentlicht wurde, scheint es die Sorgen eines immer größeren Teils der Bevölkerung auf den Punkt gebracht zu haben. Den in eine Petition umgewandelten offenen Brief an Olaf Scholz haben inzwischen immerhin bereits rund 235.000 Menschen unterzeichnet.

Generell bestätigen jüngste Umfrageergebnissen, dass sich die Stimmung in Deutschland dreht – so berichtet das RTL/ntv-Trendbarometer am 3. Mai über seine jüngsten Befragungsergebnisse:

Hatten sich in der letzten Erhebung Anfang April noch 55 Prozent der Bundesbürger für eine Lieferung von Offensivwaffen und schwerem Gerät an die Ukraine durch Deutschland ausgesprochen, ist dieser Anteil im aktuellen RTL/ntv Trendbarometer auf 46 Prozent gesunken. Von 33 auf 44 Prozent gestiegen ist demgegenüber der Anteil der Bundesbürger, die sich generell gegen die Lieferung von Offensivwaffen und schwerem Gerät an die Ukraine aussprechen.
RTL/ntv Trendbarometer


Link zum Originalartikel auf der Internetseite von heise-online:

https://www.heise.de/tp/features/Keine-Verhandlungen-mehr-Waffen-mehr-Widerstand-7078407.html?seite=all
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„Mit großen Opfern bezahlt“ – Die Geschichte des 1. Mai als Tag der Arbeit

„Es ist schon eine eigene Sache um den Weltfeiertag des Proletariats, um die Feier des 1. Mai. Ein Fest ist er, aber eins, das immer mit schweren Opfern bezahlt wurde, das Aussperrungen brachte und Blut fließen sah.“ Dies Fazit zog 1926 die „Gewerkschaft“, das Organ des Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter. Und dies war keine Übertreibung.

Informationen der Gewerkschaft ver.di

1890 erster „Weltfeiertag der Arbeit“

Im Jahre 1890 begingen erstmals Millionen arbeitender Menschen in mehreren europäischen Ländern und in den USA gleichzeitig den »Weltfeiertag der Arbeit«. Sie folgten damit einem Beschluss des Internationalen Arbeiterkongresses von Paris 1889. Dort war zu einer »großen internationalen Manifestation« für den 1. Mai 1890 aufgerufen worden. Im Mittelpunkt stand die Forderung, »den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen«.

Arbeitsniederlegungen

Der 1. Mai 1890 war von den Delegierten des Kongresses auserkoren worden, da der Amerikanische Arbeiterbund (American Federation of Labor) für diesen Termin bereits »eine solche Kundgebung« beschlossen hatte. Für die amerikanische Arbeiterschaft war der 1. Mai ein wichtiges Datum. Traditionell wurden an diesem auch als »Moving Day« bekannten Tag neue Arbeitsbedingungen ausgehandelt. Zudem hatten schon am 1. Mai 1886 in den Vereinigten Staaten Hunderttausende die Arbeit niedergelegt, um den Achtstundentag durchzusetzen. In Chicago war es dabei zu erbitterten Auseinandersetzungen gekommen, bei denen es mehrere Tote gab, darunter auch Polizisten. Sieben Arbeiterführer wurden daraufhin in einem fragwürdigen Indizienprozess zum Tode verurteilt. Vier von ihnen starben am Galgen.

Erste Maifeier 1890 war allgemein, aber nicht einheitlich

Diese Ereignisse beeinflussten die Entscheidung, den 1. Mai zum internationalen Kampf- und Feiertag der Arbeiter zu proklamieren. Nur wie er begangen werden sollte, ob durch eine allgemeine Arbeitsruhe oder Demonstrationen nach Arbeitsschluss, blieb den einzelnen Ländern überlassen. In Deutschland wurde darüber kontrovers diskutiert.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion warnte vor einer allgemeinen Arbeitsruhe. Mit den Reichstagswahlen am 20. Februar 1890 war sie zu einer starken Kraft im Parlament geworden, obgleich noch das berüchtigte »Sozialistengesetz«, das »Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie« von 1878 galt. Sie fürchtete um die »Früchte des Sieges«, sollte es am 1. Mai zur allgemeinen Arbeitsruhe kommen. Daher schlug sie vor, nur dort, »wo immer man eine Arbeitsruhe am 1. Mai ohne Konflikte erwirken kann, da möge es geschehen«.

»Die erste deutsche Maifeier war zwar allgemein, aber sie war nicht einheitlich«, resümierte nach dem 1. Mai 1890 August Bebel, Vorsitzender der SPD. So waren in vielen Orten Arbeiterinnen und Arbeiter abends zusammengekommen, um den 1. Mai 1890 mit Versammlungen und Festen zu feiern. Etwa 100.000, vor allem in Hamburg und Berlin, hatten die Arbeit niedergelegt.

Langer Streit um Arbeitsruhe am 1. Mai

In Hamburg konterten die Unternehmer mit Massenaussperrung und Maßregelungen. Bis in den September zogen sich die Auseinandersetzungen. Viele erhielten die Arbeit erst zurück, nachdem sie aus ihrer Gewerkschaft ausgetreten waren. Die Mitgliederzahl der Hamburger Gewerkschaften ging um fast zwei Drittel zurück auf knapp 12.000.

Auch in den folgenden Jahren reagierten Unternehmer mit Aussperrung und Entlassung. Der Stempel im Arbeitsbuch »Entlassen am 2. Mai« war für viele Arbeiterinnen und Arbeiter die Folge des Engagements. Mit diesem »Kainsmerkmal« gelang es nur schwer, eine neue Beschäftigung zu finden. Dennoch gewann die Idee einer Maifeier immer mehr Anhänger.

Die Frage der Arbeitsruhe am 1. Mai blieb lange Zeit Streitpunkt in der deutschen Arbeiterbewegung. Angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts betonte die SPD den Gedanken einer allgemeinen Arbeitsruhe. So heißt es m einem Beschluss des Parteitages von Gotha 1896: »Als würdigste Feier des 1. Mai betrachtet die Partei die allgemeine Arbeitsruhe«.

Vorsichtiger in diesem Punkt verhielten sich die Gewerkschaften. Sie hatten die Ausgesperrten finanziell zu unterstützen, was für viele der noch jungen Verbände kaum möglich war. So beschlossen beispielsweise die im Handel- und Transportgewerbe beschäftigten Hilfsarbeiter, spezielle Maimarken für diejenigen herauszugeben, die am 1. Mai zur Arbeit gingen. Dazu stellten sie fest: »Die Maimarke im Mitgliedsbuch jedes einzelnen organisierten Kollegen sei der zielbewusste Ausdruck seines Solidaritätsgefühls und sein Stolz, in würdiger Weise zur erhebenden Feier des 1. Mai beigetragen zu haben«.

Seit 1919 allgemeiner Feiertag in Deutschland

Mit dem Ende des Kaiserreiches schien für die arbeitenden Menschen ein besseres Zeitalter zu beginnen: Der Achtstundentag wurde vereinbart und die Gewerkschaften »als berufene Vertretung der Arbeiterschaft anerkannt«. Zudem beschloss die Weimarer Nationalversammlung, den 1. Mai 1919 zum allgemeinen Feiertag zu erklären.

Das Erstarken der reaktionären Kräfte in der Weimarer Republik verhinderte jedoch eine reichseinheitliche Regelung für den 1. Mai. Den Ländern blieb es überlassen, die Feiertagsregelung festzulegen.

Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und politische Straßenkämpfe bildeten den Hintergrund der Maifeiern Ende der 1920er Jahre. Aus Furcht vor Ausschreitungen verbot der sozialdemokratische Polizeipräsident von Berlin, Karl Zörgiebel, Demonstrationen am 1. Mai 1929. Die KPD widersetzte sich, organisierte Kundgebungen. Mittags fielen die ersten Schüsse, die Gewalt eskalierte. Gesamtbilanz: 31 Tote und fast 200 Verletzte.

2. Mai 1933: SS und SA stürmen die Gewerkschaftshäuser

Die Nationalsozialisten, Ende Januar 1933 an die Macht gekommen, funktionierten den 1. Mai zum bezahlten »Nationalen Feiertag des deutschen Volkes« um.  Am 1. Mai 1933 inszenierten sie in Berlin ein gigantisches Massenspektakel. Bereits einen Tag später stürmten SS und SA die Gewerkschaftshäuser und zerschlugen die freien Gewerkschaften. Auch in den folgenden Jahren der Nazi-Diktatur wurde die Maifeier missbraucht: Unter dem Motto »Freut euch des Lebens« sollten befohlene Aufmärsche aller »Volksgenossen« die Idee des Klassenfriedens symbolisieren.

Der Gedanke, den 1. Mai in seiner ursprünglichen Form zu feiern, ließ sich jedoch nicht zerstören. Er lebte in kleinen Gruppen weiter, die sich unter großen Gefahren in Ausflugslokalen oder im Wald zu illegalen Kundgebungen trafen. Selbst in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft war der Maigedanke nicht totzukriegen.

1946: Erstmals wieder freie Maifeiern nach dem Krieg

Knapp ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, im April 1946, bestätigte der alliierte Kontrollrat den 1. Mai als Feiertag. Nun konnten zum 1. Mai wieder freie Maifeiern stattfinden. Noch waren die alliierten Siegermächte allerdings skeptisch, erlaubten bei den Demonstrationen und Kundgebungen keine Fahnen und Spruchbänder. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer war es jedoch, wie ein Zeitzeuge berichtet, »ein erhebendes Gefühl, dass wir uns nach der faschistischen Tyrannei wieder frei bewegen konnten«.

Bei der ersten Maifeier nach dem Kriege konzentrierten die Gewerkschaften ihre Forderungen auf Probleme des täglichen Lebens: Verpflegung, Obdach, Kleidung. In den Jahren danach rückten die Parolen »Frieden in Freiheit und soziale Gerechtigkeit« in den Vordergrund der Maikundgebungen. Fragen eines geordneten Wiederaufbaus der Städte sowie der Wiedervereinigung standen dabei ganz oben an.

Am 1. Mai 1955 verkündete der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sein erstes Aktionsprogramm. Hauptforderungen waren: kürzere Arbeitszeit, höhere Löhne und Gehälter, größere soziale Sicherheit, gesicherte Mitbestimmung, verbesserter Arbeitsschutz. »Samstags gehört Vati mir« lautete die Maiparole 1956. Doch auch die Einheit Deutschlands blieb Thema: »Wiedervereinigung: ohne Gewalt – doch bald«, hieß die Losung 1957.

In der DDR entwickelten sich die Maifeiern zu Militärparaden, mit denen die Wehrfähigkeit und -bereitschaft des »ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaates« vorgeführt werden sollten. 

Maiparolen – Spiegel gesellschaftspolitischer Entwicklungen 

In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wandten sich die Demonstranten am 1. Mai gegen die geplanten Notstandsgesetze: »Die Grundrechte sichern« (1963). Mit Beginn der Wirtschaftskrise und bei steigender Arbeitslosigkeit in den 1970er Jahren wurde eine alte Forderung wieder aktuell: »Recht auf Arbeit« (1978). In den achtziger Jahren lautete das Leitmotiv Vollbeschäftigung: »Arbeit für alle« (1982).

Im Jahr der deutschen Einheit 1990 feierten die deutschen Gewerkschaften 100 Jahre 1. Mai. Vergangenheit und Zukunft wurden verknüpft: »Solidarität sichert unsere Zukunft«. Die Losung zum 1. Mai 1991, der ersten gemeinsamen Maifeier im vereinten Deutschland, lautete: »Soziale Einheit in Frieden und Freiheit«. In den folgenden Jahren rückte die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit in den Vordergrund: »Deine Stimme für Arbeit und soziale Gerechtigkeit« (1998). „Wer, wenn nicht wir?“ – Mit diesem Slogan sollten im Jahr 2000 die klassischen Kompetenzen der Gewerkschaften herausgestellt und ihre Zukunftsorientierung deutlich werden.

Die Würde des Menschen zu achten, ihn nicht zu einem Kostenfaktor zu degradieren, war Zielrichtung der Maiparole 2005. Hieran knüpft der Slogan für 2006 an: »Deine Würde ist unser Maß«. Ein Leben in Würde ist für viele Menschen keine Selbstverständlichkeit mehr. Im Aufruf heißt es: »Ein Leben in Würde ist für viele Menschen keine Selbstverständlichkeit mehr. Millionen von Menschen sind dauerhaft arbeitslos. Weitere Millionen arbeiten Vollzeit zu Armutslöhnen. Dazu kommt die zunehmende Angst vor Arbeitslosigkeit und das drohende Abrutschen in Hartz IV. Die angekündigte weitere Verschlechterung des Kündigungsschutzes verschärft diese Situation noch. Auf der anderen Seite explodieren die Firmengewinne und Managergehälter. Selbst profitable Unternehmen entlassen Tausende von Beschäftigte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sagt: So geht es nicht weiter. Wir treten ein für existenzsichernde Einkommen durch Tarifvertrag und Mindestlöhne, für eine gerechte Teilhabe der Beschäftigten am Wohlstand. «

Wie verlief der 1. Mai in der Pandemie? (2020/2021)

Der Tag der Arbeit war in den Jahren 2020 und 2021 stark von den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie geprägt. Dennoch ist es den Gewerkschaften gelungen, auch in diesem beiden Jahren ein verbindendes Element zu schaffen und den Tag der Arbeit gemeinsam begehen zu können. Mit jeweils 90-minütigen Livestreams kamen sich die Gewerkschafter*innen trotz Abstand näher und sangen sogar zum Abschluss gemeinsam in einem großen Chor. Wie ungewöhnlich der 1. Mai in diesen beiden Jahren verlief, zeigt auch die Rede des ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke. Er sprach 2021 in einem Autokino in Duisburg. Hupen statt Applaus, aber das tat dem Zusammenhalt keinen Abbruch.

Link zum Originalartikel auf der Verdi-Internetseite:

https://www.verdi.de/ueber-uns/idee-tradition/jahrestage-gedenktage/++co++1e9e0de6-792e-11ec-a15d-001a4a16012a?pk_campaign=

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„Wir streiten weiter für Frieden, gute Löhne, gute Arbeit und soziale Sicherheit“ – Rede von Irene Gölz am 1. Mai 2022 in Schwäbisch Hall

Irene Gölz, Landesfachbereichsleiterin Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft von ver.di Baden-Württemberg hat am 1. Mai 2022 als Hauptrednerin bei der Mai-Kundgebung in Schwäbisch Hall gesprochen. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die Rede von Irene Gölz in voller Länge.

Rede von Irene Gölz, Landesfachbereichsleiterin Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft von ver.di Baden-Württemberg


Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es tut so gut, dass wir nach mehr als zwei Jahren endlich wieder zusammenkommen können. Ich bin froh, euch alle hier live zu sehen. Gewerkschaften leben vom Miteinander, dem gemeinsamen Handeln, von Solidarität und spürbarer Kollegialität. Überall auf der Welt versammeln wir uns heute, um für unsere Rechte, gute Löhne, gute Arbeit, aber auch für eine friedliche, gerechte und lebenswerte Welt einzutreten. Auch hier in Schwäbisch Hall. Ein herzliches Willkommen euch allen!

Völkerrechtswidriger Angriffskrieg

Der 1. Mai 2022 – das ist jedoch auch ein Tag der Arbeit, der aus einem anderen Grund so anders ist als in den letzten Jahren. Es ist auch ein Tag des klaren Zeichens gegen den Krieg und ein Tag der Anteilnahme. Seit dem 24. Februar hat der völkerrechtswidrige, imperialistische Angriffskrieg auf die Ukraine tausende Opfer gefordert. Auf Befehl Putins wurde die Bevölkerung und zivile Einrichtungen, die Infrastruktur, Krankenhäuser, Entbindungskliniken und vor allem Wohnhäuser gezielt angegriffen. Hunderttausende sind eingekesselt, verletzt und leiden Hunger. Die Heimat von Millionen ist nach zwei Monaten völlig zerstört.
In Butscha und höchstwahrscheinlich an weiteren Orten wurde brutal gemordet. Im Übrigen ein Vorgehen Russlands, das bereits in Syrien zu unsäglichem Leid und Zerstörung geführt hat. Auch die Türkei geht im Nordirak so vor – ohne, dass dies genauso verurteilt wird. Die Verantwortlichen, vor allem Präsident Putin müssen dafür vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zur Rechenschaft gezogen werden!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die gemeinsame Botschaft der freien, der demokratischen Gewerkschaften lautet: Unser Respekt, unsere Anteilnahme und unsere Solidarität gehören den bedrohten Menschen in der Ukraine. Unser Respekt und unsere Solidarität gehören aber auch den Menschen in Russland und Belarus, die sich trotz massiver Repressionen mutig gegen diesen Krieg stellen.

Freiheit für die Ukraine! Stoppen Sie diesen Krieg, Präsident Putin!

Unsere Anteilnahme und Solidarität gilt allen Menschen, die unter Krieg und Vertreibung leiden! In viele Ländern der Welt herrscht Krieg. Von unserem Ziel, eine Welt ohne Krieg, sind wir meilenweit entfernt. Schmerzhaft zeigen uns diese Kriege was Willy Brandt gesagt hat: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Wir müssen die europäischen Grenzen gemeinsam offenhalten, um allen Geflüchteten vor Krieg und Vertreibung helfen zu können – ohne Unterschied. Es macht mich so wütend, dass Geflüchtete in zwei Klassen eingeteilt werden. Da sind auf der einen Seite die Menschen aus der Ukraine, die zu uns fliehen. Auf der anderen Seite Menschen z.B. aus Syrien oder Afghanistan, die z.B. hier in quälend langen Anerkennungsverfahren stecken und nicht arbeiten dürfen, obwohl wir viele von ihnen so dringend brauchen würden. Viele, die abgeschoben werden in eine ungewisse, oft bedrohte Zukunft. Zweite-Klasse-Geflüchtete sind aber auch aus der Ukraine geflüchtete Roma-Familien, denen unter anderem der Zugang zu Aufenthaltsräumen im Mannheimer Bahnhof verwehrt wurden.

Blanker Rassismus

Das, liebe Kolleginnen und Kollege, ist blanker Rassismus, dem wir uns mit aller Kraft entgegenstemmen müssen. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist auch für uns deutlich spürbar. Da ist die große Welle der Solidarität. Tausende Freiwillige versorgen die Geflüchteten mit Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten, unterstützen mit Unterkünften. Allen gilt unser Respekt und Dank. Es kommt jetzt aber auch erneut eine riesige Aufgabe auf die Städte und Gemeinden zu, ebenso wie z.B. auf die Bundesagentur für Arbeit.

Schuldenbremse und Aufrüstung

Was durch unsere Kolleginnen und Kollegen in den Wohlfahrtsverbänden und den verschiedenen öffentlichen Institutionen und Einrichtungen geleistet wird, ist großartig! Darunter sind sehr, sehr viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter – und wir sind gemeinsam stolz auf unsere Kolleginnen und Kollegen!
Damit sie ihre Arbeit weiter tun können, muss unsere Daseinsvorsorge jetzt aber endlich personell und finanziell besser ausgestattet werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Genau das Gegenteil droht nun aber mit Hinweis auf die Schuldenbremse und die Aufrüstung.
Die Bundesregierung hat in Reaktion auf Putins Angriffskrieg ein milliardenschweres Aufrüstungsprogramm angekündigt. Deutschland soll zukünftig zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Verteidigung ausgeben. Damit steigen die Militärausgaben um jährlich weitere 25 Milliarden Euro. Zusätzlich soll durch eine Grundgesetzänderung ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro geschaffen werden. Beides lehnen wir ab. Bereits jetzt beträgt der Verteidigungshaushalt 50 Milliarden Euro jährlich. Völlig unverständlich ist zudem, dass jetzt als erste große Investition ausgerechnet ein atomwaffenfähiger Kampfjet für Deutschland gekauft werden soll. Die Diskussion um mehr Sicherheit in Europa darf nicht allein aus einer militärischen Perspektive geführt werden.

George B. Shaw sagte dazu sehr treffend: „Krieg ist ein Zustand, bei dem Menschen aufeinander schießen, die sich nicht kennen auf Befehl von Menschen, die sich wohl kennen, aber nicht aufeinander schießen.“

Ziel bleibt eine Welt ohne Waffen

Die Probleme des 21. Jahrhunderts sind herauffordernd genug, wir brauchen dazu nicht noch die Irrwege des 20. Jahrhunderts. Unser Ziel bleibt eine Welt ohne Waffen. Insbesondere mit ohne atomaren Waffen. Wir wollen keinen neuen Rüstungswettlauf, der auf Kosten der dringlichen Investitionen in Soziales, in Bildung und den Schutz des
Klimas geht. Waffenlieferungen müssen immer verbunden sein mit einer Verhandlungsoffensive für Frieden. Und schwerwiegende Entscheidungen müssen mit sehr viel Bedacht und Abwägung getroffen werden und dürfen nicht der Spielball für parteipolitische Winkelzüge sein oder über die Sozialen Medien getrieben werden – so erlebe ich die Diskussion um das Thema schwere Waffen. Das ist widerlich und brandgefährlich. Denn zu groß ist die Gefahr eines dritten Weltkrieges.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Herausforderungen, die durch die Beendigung der Abhängigkeit von Importen von Öl und Gas aus Russland entstehen, bleiben enorm. Um die Lücke zu füllen, müssen die erneuerbaren Energien deutlich schneller ausgebaut werden als geplant. Die Automobilindustrie ist mitten im Umbruch. Um die Klimaziele zu erreichen, muss massiv in den Öffentlichen Personennahverkehr investiert werden.

Fatale Folgen für solidarische Belegschaften

Corona hat zu einem Digitalisierungsschub geführt. In vielen Dienstleistungsbranchen wird Homeoffice zum hautsächlichen Arbeitsort. Und um Kosten zu sparen, geben beispielsweise Banken und Versicherungen im großen Stil Büroflächen ab, auch wenn die Beschäftigten daheim nur unter improvisierten Bedingungen arbeiten können, mit meiner Meinung nach fatalen Folgen für solidarische Belegschaften, die sich gemeinsam für Veränderungen einsetzen. Wie soll das gehen, wenn sich die Kolleginnen und Kollegen so gut wie nicht mehr sehen – eine große Herausforderung für uns Gewerkschaften, der wir uns stellen werden.

Mehr Personal und bessere Bezahlung

Im Handel und auch der Gastronomie kommen bestehende Geschäftsmodelle unter Druck – Amazon und Lieferando boomen. Und auch das haben die letzten zwei Jahre der Pandemie schonungslos offengelegt. Vom Gesundheitswesen und der Pflege bis zur Kita und den Schulen – der Bedarf an Investitionen in mehr Personal und einer besseren Bezahlung ist unübersehbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter können Veränderung! Viele Dinge kommen zusammen: Die Digitalisierung, ein umweltfreundlicher Umbau unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft. Die Sicherung der Daseinsvorsorge. Wir Gewerkschaften fordern, dass diese Veränderungen gemeinsam mit den Beschäftigten organisiert werden. Veränderungen werden nur dann im Sinne der Menschen gestaltbar sein, wenn es in Deutschland eine Politik für mehr Gerechtigkeit, einen faireren Arbeitsmarkt und einen modernen Sozialstaat gibt. Dafür treten wir als Gewerkschaften an – das fordern wir gerade an diesem 1. Mai ein. Das machen wir selbstbewusst und unabhängig – auch gegenüber der neuen Bundesregierung, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen.

Gesetzlicher Mindestlohn steigt im Oktober 2022 auf zwölf Euro pro Stunde

Wir begrüßen, dass noch im Oktober diesen Jahres der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro angehoben werden soll. Damit wird eine der wichtigsten Forderungen der Gewerkschaften umgesetzt. Er ist wichtig, um die Tariflöhne von unten zu stabilisieren. Von der Anhebung des Mindestlohns profitieren mehr als sechs Millionen Beschäftigte und das ist angesichts steigender Inflation mehr als notwendig! Und gleichzeitig gilt leider: von zwölf Euro kann niemand in Baden-Württemberg leben, schon gar nicht in den Großstädten oder Städten mit Universitäten. Die Arbeitgeberverbände haben nun angekündigt, gegen die Anhebung des Mindest-
lohns klagen zu wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dieses Ereignis belegt: Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände will Armutslöhne verfestigen – und das in Zeiten rasant steigender Preise und Mieten. Das ist nicht hinnehmbar und da werden wir gegenhalten. Es gibt noch immer zu viele unsichere Beschäftigungsmöglichkeiten in Deutschland. – viele Arbeitgeber nutzen das aus. Viele der betroffenen Kolleginnen und Kollegen werden darüber krank.

Deshalb fordern wir:
– Weg mit allen sachgrundlosen Befristungen und Ketten-befristungen!

– Weg mit Minijobs, denn sie sind die Vorprogrammierung von Altersarmut, insbesondere
für Frauen.

– Zur Neuordnung des Arbeitsmarktes gehört auch die Überwindung des Hartz-IV-Systems. Das Sanktionsregime, die verschärften Zumutbarkeitsregeln und die niedrigen Regelsätze machen Hartz IV zu einer Stütze des Niedriglohnsektors. Damit muss Schluss sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

– Wir fordern das Ende von prekärer Arbeit! Wir kämpfen für mehr Tarifschutz – auch durch eine erleichterte Allgemeinverbindlichkeit! Wir streiten für eine Arbeitswelt, in der es fair und gerecht zugeht!

– Niemand darf unter unsäglichen Arbeitsbedingungen arbeiten müssen, nirgendwo auf
der Welt.

Pseudo-Gewerkschaft „Zentrum

Und wir tun dies gemeinsam – liebe Kolleginnen und Kollegen. Gemeinsam als Gewerkschaftskolleginnen – in den Betrieben, Einrichtungen und Verwaltungen und in der Tarifpolitik. Wir sind mitten in den Betriebsratswahlen. In über 10.000 Betrieben bundesweit wählen die Beschäftigten in diesen Wochen ihre Interessenvertretungen. Jede abgegebene Stimme stärkt die Demokratie und stärkt die Beschäftigten in den Betrieben. Erste Ergebnisse liegen vor – die Kandidatinnen und Kandidaten der DGB Gewerkschaften gehen bislang gestärkt aus den Wahlen hervor. Rechte Listen z.B. der rechtsextremen Pseudo-Gewerkschaft Zentrum (bisher Zentrum Automobil) haben bislang kaum einen Stich machen können und das, obwohl sie im Windschatten der Debatte um die einrichtungsbezogene Impfplicht im Sozial- und Gesundheitswesen versucht haben, auch dort Fuß zu fassen! Dass die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben diesen rechten Gruppierungen nicht auf dem Leim gegangen sind, ist ermutigend, aber wir werden weiter wachsam sein müssen. Allen bereits gewählten Kolleginnen und Kollegen gratuliere ich herzlich und wünsche ihnen viel Kraft und Energie für ihre so wichtige Arbeit.

Arbeiten über dem Limit

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Gewerkschaften im DGB verhandeln dieses Jahr für knapp zehn Millionen Beschäftigte Tarifverträge. Eine riesige Herausforderung in einer Zeit mit stark steigenden Lebenshaltungskosten und Mieten. Ganz besonders wichtig ist es mir als Teil des ver.di-Fachbereichs Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft, die Kolleginnen und Kollegen aus den Sozial- und Gesundheitsberufen hier auf dem Platz herzlich zu begrüßen. Wir streiten seit vielen Jahren gemeinsam dafür, dass Sozial- und Gesundheitsberufe aufgewertet und entlastet werden. Wir haben Erfolge erzielt, sind aber noch nicht am Ziel. Fast jede und jeder fünfte Beschäftigte arbeitet heute in einem Erziehungs-, Gesundheits- oder Pflegeberuf – 80 Prozent davon sind Frauen. Die seit Jahren vorgebrachten, dringenden Anliegen u.a. der Erzieherinnen, Sozialarbeiterinnen, Heilerziehungs-pflegerinnen, Pflegepersonen werden noch immer nicht ernst genommen. Der Arbeitsalltag sozialer Berufe ist körperlich und psychisch anstrengend. Ständig ist das Personal knapp und die beruflichen Anforderungen
nehmen zu. Die Pandemie hat diese schwierige Situation noch verschärft. Die Kolleginnen arbeiten seit Beginn der Coronapandemie nicht mehr nur am, sondern über dem Limit, auch hier in der Region im Diak, im Krankenhaus Crailsheim, im Sonnenhof oder in der Samariterstiftung in Obersontheim. Nun kommt mit der wichtigen Aufgabe der Integration der Geflüchteten eine weitere Herausforderung auf die ohnehin schon überlasteten Kolleginnen des Sozial- und Erziehungsdienstes zu. Es braucht deshalb Entlastung und Aufwertung! Das ist die Botschaft, die gehört werden muss – jetzt endlich!

Soziale Berufe aufwerten

Und wir sind da dran. Wir befinden uns aktuell in einer heftigen Tarifauseinandersetzung im Sozial- und Erziehungsdienst, die wir im Auftrag und mit den Kolleginnen und Kollegen führen, die täglich für Kinder und Jugendliche da sind, die sich in der sozialen Arbeit für Menschen einsetzen, die Menschen mit Behinderungen begleiten, haben sich aufgemacht und kämpfen um die Aufwertung ihrer Berufe. Sie fordern mehr Gehalt, bessere Arbeitsbedingungen und Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel.
Die kommunalen Arbeitgeber dagegen warnen vor zu hohen Personalkosten. Sie beziffern die gewerkschaftlichen Forderungen auf mindestens 500 Millionen Euro. Glauben die Arbeitgeber im Ernst, dass diese Zahl im Jahr 2022 noch jemanden beeindruckt? Andersherum wird ein Schuh draus. Wenn die Aufwertung und Entlastung sozialer Berufe ernsthaft an 500 Millionen Euro scheitern sollte, dann ist das erbärmlich. Es sind im Übrigen dieselben Arbeitgeber, die in Sonntagsreden den Fachkräftemangel beweinen und sich dann, wenn es in Tarifverhandlungen drauf ankommt, an dieses Problem nicht erinnern. Ich bin stocksauer. Schade, dass der OB heute nicht da ist. Ich hätte ihn sonst aufgefordert, hier und heute zu versprechen, sich für die Kolleginnen und Kollegen einzu-
setzen, die zum Beispiel die Betreuung der Kitakinder in seiner Stadt gewährleisten.

Noch kein verhandlungsfähiges Angebot der Arbeitgeber

Es braucht jetzt in der dritten Verhandlungsrunde am 16./17. Mai 2022 endlich ein verhandlungsfähiges Angebot, verehrte Arbeitgeber! In den nächsten beiden Wochen wird es deshalb bundesweit zu weiteren Streiks kommen. Wir rechnen mit zehntausenden von Streikenden und nochmal so vielen Unterstützerinnen aus Bereichen wie der Diakonie und der Caritas, die im Nachgang von einem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst profitieren. Ich rufe euch alle auf: jetzt kommt es auf Jeden und Jede an. Seid dabei bei den Streiks, Kundgebungen und Demonstrationen – als von der Tarifrunde Betroffene oder als Unterstützerin.

Solidarisch mit Kolleg:innen aus dem Sozial- und Erziehungsdienst

Wir wissen, dass die Streiks für Eltern eine weitere Belastung sind. Aber vergessen wir nicht: Im Gegensatz zu den Schulen waren die Kitas nie zu: Notbetreuung, erweiterte Notbetreuung und fast immer Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen haben die letzten zwei Jahre geprägt. In der Omikronwelle war zweitweise sage und schreibe ein Viertel des Personals erkrankt. Seid deshalb solidarisch – unterstützt die Kolleginnen aus dem Sozial- und Erziehungsdienst! Ihr Kampf ist unser gemeinsamer Kampf!

Steigende Preise

In den allermeisten weiteren Tarifrunden dieses Jahres stehen – angesichts stark steigendender Preise – die Forderungen nach prozentualen Einkommenssteigerungen im Vordergrund. In der chemischen Industrie ebenso in den Unikliniken in Baden-Württemberg konnte ein Zwischenergebnis bis in den Herbst erzielt werden – dann geht es weiter. In diesem Jahr stehen unter anderem noch Tarifverhandlungen bei der Telekom und in der Metall- und Elektroindustrie an. Ab Januar 2023 dann im öffentlichen Dienst und bei der Post – und dann folgen weitere Tarifbereiche.

Beschäftigte verzichten nicht

Arbeitgeber und einige Ökonomen malen jetzt das Schreckgespenst einer so genannten Lohn-Preis-Spirale an die Wand. Sie warnen davor, durch zu hohe Lohnabschlüsse die Inflation anzuheizen. Deswegen sollten wir uns bei den Lohnforderungen zurückhalten. Darauf, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen wir uns nicht ein! Es kann doch nicht sein, dass in den Vorstandsetagen dank steigender Gewinne die Vergütungen in den Himmel klettern und außerdem die Aktionäre bedient werden – die Beschäftigten aber verzichten sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir stellen uns auf harte Tarifrunden ein – und wir nehmen die Herausforderung an! Noch ein weiterer Punkt. Seit Jahren fordern wir Entlastung für die Beschäftigten in den Krankenhäusern und Altenpflege durch ein verbindliches Verfahren, das festlegt, wie viel Personal es für wie viele Patientinnen oder Bewohnerinnen braucht. Sowohl für die Altenpflege als auch für die Krankenhäuser lagen Konzepte in der Schublade von Herrn Spahn und liegen noch in der von Herr Lauterbach. Wir fordern den Gesundheitsminister auf, umgehend für Entlastung der Beschäftigten durch mehr Personal auf der Basis eines verbindlichen Personalbemessungsverfahren zu sorgen.

Als letzten Punkt noch mal ein Wort zu den Preisen:
Die derzeitige hohe Inflation hat eine soziale Schieflage. Die steigenden Preise belasten Menschen, die durchschnittliche oder eher niedrige Einkommen haben, besonders stark. Das gilt erst recht für die Menschen, die von der Grundsicherung leben müssen. Und die Preise steigen immer weiter – auch für wichtige Nahrungsmittel. Es braucht daher jetzt auch politische Maßnahmen, um die Auswirkungen der Preissteigerungen zu begrenzen. Die Bundesregierung hat erste Schritte auf den Weg gebracht – das reicht aber noch nicht! Es braucht mehr und mutigere Maßnahmen: Der Gaspreis muss für Normal- und Geringverdiener gedeckelt werden. Wir fordern ein Mobilitätsgeld – damit der Weg zur Arbeit nicht den Lohn auffrisst. Und es darf nicht wieder vorkommen, dass ausgerechnet Rentnerinnen und Rentner bei den Entlastungen vergessen werden!

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat neulich gesagt:
„Der Krieg in der Ukraine macht uns alle ärmer – und diesen Wohlstandsverlust kann auch der Staat nicht auffangen.“ Und das Beraterumfeld von Christian Lindner – beispielsweise Professor Lars Feld, geht dann noch einen Schritt weiter und führt aus, ein Rückbau des Sozialstaates und Rentenkürzungen seien unausweichlich. Aber stimmt die These überhaupt – werden wirklich „alle ärmer“?

Die Antwort ist eindeutig Nein.

Einige werden trotz Corona und Krieg immer reicher – und gleichzeitig leidet die Breite der Bevölkerung unter stark steigenden Preisen. Jeder sechste Mensch in Baden-Württemberg ist von Armut bedroht, ist heute in der Presse zu lesen. Zwischen Kiel und München leben über 130 Milliardäre und 1,2 Millionen Millionäre, davon überproportional viele in Baden-Württemberg. Das private Vermögen wiegt mehr als 13 Billionen Euro. Und dieses Vermögen ist trotz Corona weiter gewachsen.

Reichste Menschen sind Eigentümer von Handelsunternehmen

Das reichste Promille der Bevölkerung – 70.000 Reiche – besitzt ein Viertel des gesamten Vermögens in Deutschland. Die Hälfte der Bevölkerung geht hingegen völlig leer aus. Das ist übrigens alles nachzulesen. Das Magazin FORBES hat die aktuelle Liste der reichsten Deutschen erst vor ein paar Tagen veröffentlicht. An der Spitze der Reichen-Liste in Deutschland stehen übrigens die Eigentümer von Handelsunternehmen.

International wirksame Besteuerung von Unternehmensgewinnen

Ich frage: Wann, wenn nicht jetzt ist es endlich an der Zeit, dass die Reichen und die Superreichen einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwohls übernehmen?! Durch eine Abgabe auf hohe Vermögen. Durch eine angemessene Besteuerung von Kapitaleinkünften und von hohen Erbschaften, durch eine international wirksame Besteuerung von Unternehmensgewinnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
unsere Botschaft an diesem 1. Mai ist klar und deutlich: Wir stehen für eine solidarische und gerechte Gesellschaft, in der Menschen gleich welcher Herkunft, gleich welchen Glaubens, teilhaben können. Wir stehen solidarisch an der Seite des ukrainischen Volkes und fordern ein Ende der Gewalt – überall auf der Welt. Und wir streiten weiter für gute Löhne, gute Arbeit und soziale Sicherheit. Das machen wir gemeinsam – hier in Schwäbisch Hall – und solidarisch mit unseren Kolleginnen und Kollegen weltweit! Herzlichen Dank, dass Ihr heute hier seid und fürs Zuhören!

Link zur Rede des DGB-Kreisvorsitzenden Jochen Dürr am 1. Mai 2022 in Schwäbisch Hall:

„Du sollst dich nie vor einem lebenden Menschen bücken“ – Rede des DGB-Kreisvorsitzenden Jochen Dürr am 1. Mai 2022 in Schwäbisch Hall

https://www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=29395

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„Du sollst dich nie vor einem lebenden Menschen bücken“ – Rede des DGB-Kreisvorsitzenden Jochen Dürr am 1. Mai 2022 in Schwäbisch Hall

Der DGB-Kreisvorsitzende Jochen Dürr hat am 1. Mai 2022 in Schwäbisch Hall eine Rede gehalten. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die Rede des Schwäbisch Haller DGB-Kreisvorsitzenden in voller Länge.

Von Jochen Dürr, DGB-Kreisvorsitzender Schwäbisch Hall

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
was sind das für spooky Zeiten, in denen wir heute zu unserem Tag der Arbeit am 1. Mai 2022 auf der Straße zusammen kommen. Seid herzlich willkommen! Ich begrüße Euch alle als Kolleginnen und Kollegen aus den Einzelgewerkschaften unseres Deutschen Gewerkschaftsbundes – der IG Metall, Ver.di, GEW, NGG, IG BAU, IG BCE, EVG, IG BCE, GdP! Ich begrüße ganz besonders unsere Hauptrednerin, unsere Kollegin Irene Gölz aus Stuttgart – Irene ist Landesfachbereichsleiterin Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft – ich freue mich ganz
persönlich, dass Du heute da bist , weil wir seit Jahren sehr intensiv im Landesfachbereichsvorstand zusammenarbeiten und schon viele gemeinsamen Aktionen auf der Straße gerockt haben – schön, das Du da
bist.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
viele von Euch sind mit einer Selbstverständlichkeit Mitglied in einer DGB Gewerkschaft und aktiv im Betrieb und in Gremien Eurer Gewerkschaft. Das ist super. Aber wir müssen noch mehr werden! Viele von Euch sind gewählte Vertrauensmänner und Frauen Eurer Gewerkschaft im Betrieb / Vorsitzende der Vertrauensleutekörper – ihr
seid das Gesicht in den Betrieben! Viele von Euch sind in einen Personalrat einer Verwaltung / Behörde / Krankenkasse oder Mitarbeiterinnenvertretung in einer diakonischen Einrichtung gewählt worden Viele von Euch wurden in den letzten Wochen als Betriebsrätinnen wiedergewählt oder ihr wurdet als neue Mitglieder in einen Betriebsrat Eures Arbeitgebers gewählt. Dazu gratuliere ich Euch ganz herzlich – eure Gewerkschaften im DGB brauchen starke und mutige Persönlichkeiten, die mit uns aktiv zusammenarbeiten und uns noch stärker machen.

Betriebsräte von ebm papst und Würth

Besonders begrüße ich zwei Kollegen unter – der Kollege Michael Stieglitz, frisch gewählter Betriebsratsvorsitzender bei ebm Papst, Mulfingen und der Kollege Jürgen Daffner, Betriebsrat beim Würth in Künzelsau. Beide werden nach der Rede von Irene in zwei kurzen Beiträgen ihre betriebliche Situation uns berichten. Seid Ihr und Eure Kolleginnen aus Euren Betrieben heute ganz besonders willkommen Liebe Kolleginnen, seid uns ganz herzlich willkommen … Ich begrüße in unserer Mitte als Vertreterinnen zahlreicher Verbände und befreundeter Organisationen stellvertretend …. für den VdK Herrn Walter Frank / für die AOK Heilbronn – Franken, Herr Thomas Kruck. Ich begrüße aus dem Bereich der Politik zahlreiche Vertreterinnen der SPD / Bündnis – Die Grünen und der Linken, stellvertretend hierfür für die SPD Kevin Leiser, für Bündnis 90/Die Grünen Jutta Niemann, für die Linke Ellena Schumacher-Koelsch.

Für die Forderungen einsetzen

Viele von Euch / Ihnen sind als Zuhörerinnen und Teilnehmerinnen auf unserer DGB Demo und Kundgebung – Ihr und Sie werden heute mit klaren Botschaften in Eure / Ihre Parteien zurückkehren und wir erwarten als Deutscher Gewerkschaftsbund, dass Ihr / Sie sich aktiv für unsere Forderungen und Haltungen in ihren Mandaten einsetzen.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
als neugewählter Kreisvorsitzender des DGB in Schwäbisch Hall ist es mir zu Beginn unserer Abschlusskundgebung hier auf dem Unterwöhrd in Schwäbisch Hall wichtig, vor der Hauptrede von Irene Gölz ein paar Botschaften an Euch loszuwerden.

  1. Der Krieg gegen die Ukraine ist ein Angriffskrieg des Autokraten Wladimir Putin und wird von uns als DGB eindeutig verurteilt. Es muss ein sofortiger Waffenstillstand von Russland hergestellt werden – die Waffen müssen schweigen, sonst kann hier kein dauerhafter Frieden hergestellt werden. Ein Aufrüstungsprogramm von 100 Milliarden Euro und die Festschreibung von zwei Prozent Rüstungsausgaben ins Grundgesetz durch Deutschland ist nicht nur als DGB kritisch zu sehen, sondern ich sage ganz persönlich: es ist abzulehnen. Waffenlieferungen und Aufrüstung sorgen in der ganzen Welt für Krieg, Leid und Zerstörung und führen dazu, dass viele Menschen zu uns nach Europa als Flüchtlinge kommen. Es darf hier keine Unterscheidung geben, wenn Menschen vor Kriegen, Elend zu uns kommen – sie verdienen alle eine dezentrale Unterkunft, eine schnelle Klärung ihres Aufenthaltsstatus und ihrer Arbeitsgenehmigung. Wir liefern aus Deutschland Waffen und wundern uns, dass Menschen aus ihren Ländern ohne ihre Familienangehörige zu uns kommen. Deswegen arbeitet der DGB Kreisverband im neu gegründeten Schwäbisch Haller Friedensnetzwerk mit.
  2. Die Corona-Pandemie hat nicht nur seit über zwei Jahren uns als Gewerkschaften schwer belastet, sondern vor allem uns als Beschäftigte noch einmal einen erhöhten Arbeitsdruck verschafft. Es ärgert mich sehr, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, dass für VerkäuferInnen, Erzieherinnen, Pfleger*innen und andere besonders hart getroffenen Berufsgruppen in Schaufenster-Reden Beifall gezollt wurden. Davon kann sich aber niemand erhöhte Mieten, Energie- und Lebensmittelpreise leisten, sondern wir brauchen andere Arbeitsbedingungen und eine Aufwertung dieser Arbeit, die auch den Namen dazu verdient. Dazu wird Irene nachher ausführlich reden.
  3. Wir Gewerkschafterinnen fordern für die Beschäftigten im Einzelhandel, der Pflege und Betreuung, der öffentlichen Daseinsvorsorge in den Ämtern der Landkreise eine Aufwertung Ihrer Arbeit durch eine bessere tarifliche Aufwertung. In vielen Betrieben im Organisationsbereich der IG Metall flüchten Arbeitgeber aus der Tarifbindung – das muss aufhören. Viele Beschäftigte im Bereich der NGG wie die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft in Schwäbisch Hall wenden keinen Tarifvertrag an und haben keinen Betriebsrat in ihren Einrichtungen. Hier sind oft Beschäftigte aus Osteuropa unter schlechtesten Tarifbedingungen beschäftigt. Wer vorgibt, hochwertige Lebensmittel zu produzieren, muss auch ordentliche Tarifverträge anwenden. Gemeinsam mit unseren Kolleginnen dernNGG werden wir hier nicht locker lassen – das verspreche ich Euch! Werkverträge und Leiharbeit sind Sklavenarbeit und muss als Beschäftigungsgrundlage verschwinden – das war und bleibt die klare Haltung des DGB Kreisverbands Schwäbisch Hall, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
  4. Hier wende ich mich an Euch / Sie anwesenden Stadträtinnen / Kreisrätinnen besonders: Für die Kommunen und Landkreise heißt das: Wenn öffentliche Aufträge in ihren Gremien vergeben werden, dann genügen uns als DGB Kreisverband Schwäbisch Hall nicht die Bedingungen des Landestariftreuegesetzes in Baden-Württemberg. Hier sind zum Beispiel soziale Anbieterinnen ausgenommen. Zwei Grundbedingungen sind hier zu erfüllen: es muss ein Tarifvertrag einer DGB-Gewerkschaft angewandt werden und die Anbieterinnen müssen einen Betriebsrat haben. Nehmen sie / nehmt das als klare Botschaft in die Gremien mit! Ladet uns / laden sie uns ein – wir kommen gerne!
  5. Ich möchte zum Schluss kommen. Um unsere Solidargemeinschaft der Gewerkschaften zu stärken, brauchen wir noch mehr Mitglieder in unseren Einzelgewerkschaften des DGB – werbt in Euren Bekannten- und Familienkreisen für eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft. Mischt Euch in Euren Betrieben, Einrichtungen und Verwaltungen ein – wir brauchen Euch alle! Es sind die Gewerkschaften, die immer wieder und gerade heute eine solidarische Gesellschaft einfordern, und dies selbstbewusst und im Wissen unserer Geschichte mit der Forderung NIE WIEDER KRIEG / NIE WIEDER RASSISMUS verbinden. Will Bleicher, der ehemalige Buchenwaldhäftling und langjährige Bezirksleiter in Baden Württemberg drückte dies mit wenigen Worten aus:
    Du sollst dich nie vor einem lebenden Menschen bücken! Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!

Link zur Rede von Irene Gölz am 1. Mai 2022 in Schwäbisch Hall:

„Wir streiten weiter für Frieden, gute Löhne, gute Arbeit und soziale Sicherheit“

https://www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=29398

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„Atomkrieg verhindern“ – Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz unterschreiben

28 Intellektuelle und KünstlerInnen schreiben einen Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz. Sie befürworten seine Besonnenheit und warnen vor einem 3. Weltkrieg. Der vollständige Brief hier. Ebenso die Gesamtliste der ErstunterzeichnerInnen. Ab sofort kann jede und jeder den Offenen Brief online unterzeichnen.

Informationen zugesandt von Ulrike Hölzel, Michelbach/Bilz

Offenen Brief unterschreiben:

https://www.change.org/p/offener-brief-an-bundeskanzler-scholz?recruiter=1263059096&recruited_by_id=707cc780-c7b0-11ec-b13c-f51ede250610&utm_source=share_petition&utm_medium=copylink&utm_campaign=petition_dashboard

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

wir begrüßen, dass Sie bisher so genau die Risiken bedacht hatten: das Risiko der Ausbreitung des Krieges innerhalb der Ukraine; das Risiko einer Ausweitung auf ganz Europa; ja, das Risiko eines 3. Weltkrieges. Wir hoffen darum, dass Sie sich auf Ihre ursprüngliche Position besinnen und nicht, weder direkt noch indirekt, weitere schwere Waffen an die Ukraine liefern. Wir bitten Sie im Gegenteil dringlich, alles dazu beizutragen, dass es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand kommen kann; zu einem Kompromiss, den beide Seiten akzeptieren können.

Bruch des Völkerrechts

Wir teilen das Urteil über die russische Aggression als Bruch der Grundnorm des Völkerrechts. Wir teilen auch die Überzeugung, dass es eine prinzipielle politisch-moralische Pflicht gibt, vor aggressiver Gewalt nicht ohne Gegenwehr zurückzuweichen. Doch alles, was sich daraus ableiten lässt, hat Grenzen in anderen Geboten der politischen Ethik.

Keine schweren Waffen liefern

Zwei solche Grenzlinien sind nach unserer Überzeugung jetzt erreicht: Erstens das kategorische Verbot, ein manifestes Risiko der Eskalation dieses Krieges zu einem atomaren Konflikt in Kauf zu nehmen. Die Lieferung großer Mengen schwerer Waffen allerdings könnte Deutschland selbst zur Kriegspartei machen. Und ein russischer Gegenschlag könnte so dann den Beistandsfall nach dem NATO-Vertrag und damit die unmittelbare Gefahr eines Weltkriegs auslösen. Die zweite Grenzlinie ist das Maß an Zerstörung und menschlichem Leid unter der ukrainischen Zivilbevölkerung. Selbst der berechtigte Widerstand gegen einen Aggressor steht dazu irgendwann in einem unerträglichen Missverhältnis.

Kein Motiv für atomaren Konflikt geben

Wir warnen vor einem zweifachen Irrtum: Zum einen, dass die Verantwortung für die Gefahr einer Eskalation zum atomaren Konflikt allein den ursprünglichen Aggressor angehe und nicht auch diejenigen, die ihm sehenden Auges ein Motiv zu einem gegebenenfalls verbrecherischen Handeln liefern. Und zum andern, dass die Entscheidung über die moralische Verantwortbarkeit der weiteren „Kosten“ an Menschenleben unter der ukrainischen Zivilbevölkerung ausschließlich in die Zuständigkeit ihrer Regierung falle. Moralisch verbindliche Normen sind universaler Natur.

Gemeinsame Vielfalt

Die unter Druck stattfindende eskalierende Aufrüstung könnte der Beginn einer weltweiten Rüstungsspirale mit katastrophalen Konsequenzen sein, nicht zuletzt auch für die globale Gesundheit und den Klimawandel. Es gilt, bei allen Unterschieden, einen weltweiten Frieden anzustreben. Der europäische Ansatz der gemeinsamen Vielfalt ist hierfür ein Vorbild.

Hoffnung auf eine gemeinsame friedliche Zukunft

Wir sind, sehr verehrter Herr Bundeskanzler, überzeugt, dass gerade der Regierungschef von Deutschland entscheidend zu einer Lösung beitragen kann, die auch vor dem Urteil der Geschichte Bestand hat. Nicht nur mit Blick auf unsere heutige (Wirtschafts)Macht, sondern auch in Anbetracht unserer historischen Verantwortung – und in der Hoffnung auf eine gemeinsame friedliche Zukunft.

Wir hoffen und zählen auf Sie!

Hochachtungsvoll

DIE ERSTUNTERZEICHNERiNNEN:

Andreas Dresen, Filmemacher
Lars Eidinger, Schauspieler
Dr. Svenja Flaßpöhler, Philosophin
Prof. Dr. Elisa Hoven, Strafrechtlerin
Alexander Kluge, Intellektueller
Heinz Mack, Bildhauer
Gisela Marx, Filmproduzentin
Prof. Dr. Reinhard Merkel, Strafrechtler und Rechtsphilosoph
Prof. Dr. Wolfgang Merkel, Politikwissenschaftler
Reinhard Mey, Musiker
Dieter Nuhr, Kabarettist
Gerhard Polt, Kabarettist
Helke Sander, Filmemacherin
HA Schult, Künstler
Alice Schwarzer, Journalistin
Robert Seethaler, Schriftsteller
Edgar Selge, Schauspieler
Antje Vollmer, Theologin und grüne Politikerin
Franziska Walser, Schauspielerin
Martin Walser, Schriftsteller
Prof. Dr. Peter Weibel, Kunst- und Medientheoretiker
Christoph, Karl und Michael Well, Musiker
Prof. Dr. Harald Welzer, Sozialpsychologe
Ranga Yogeshwar, Wissenschaftsjournalist
Juli Zeh, Schriftstellerin
Prof. Dr. Siegfried Zielinski, Medientheoretiker

Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz unterzeichnen:

https://www.change.org/p/offener-brief-an-bundeskanzler-scholz?recruiter=1263059096&recruited_by_id=707cc780-c7b0-11ec-b13c-f51ede250610&utm_source=share_petition&utm_medium=copylink&utm_campaign=petition_dashboard

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„Aktivistenwochenende“ der Identitären in Baden-Württemberg – Haus des Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) in Kirchberg/Jagst-Herboldshausen

Am 11. März 2022 kündigten die „Wackren Schwaben“, ein Label der extrem rechten „Identitären Bewegung Schwaben“, in den Sozialen Netzwerken ein „Aktivistenwochenende“ an. Die Veranstaltung sollte am 7. und 8. Mai 2022 stattfinden. Der Veranstaltungsort: geheim. Ein Monat nach der Ankündigung, am 14. April 2022, posteten die „Wackren Schwaben“ via Telegram, das „Aktivistenwochenende“ habe bereits am 9. und 10. April 2022 stattgefunden. Der Veranstaltungsort sei „in Schwaben“ gewesen. Eine exklusive Recherche zeigt: Das „Aktivistenwochenende“ fand nicht in Schwaben, sondern im Domizil des völkischen „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V.” in Hohenlohe (Baden-Württemberg) statt.

Von Timo Büchner, zuerst veröffentlicht am 28. April 2022 auf Belltower News

Link zu Beltower News:

https://www.belltower.news/exklusiv-aktivistenwochenende-der-identitaeren-in-baden-wuerttemberg-130519/?fbclid=IwAR3k3hsnLo__27svT_sgiKsNlkbN8SbFRS-jPi2OIc7MO5R1Pie27aqa2Tc

Die extrem rechte „Identitäre Bewegung Schwaben“ veranstaltete am 9. und 10. April 2022 ein „Aktivistenwochenende“ in Kirchberg/Jagst-Herboldshausen. Die ersten Autos kamen bereits am 8. April 2022 an.

Autokennzeichen abmontiert

Das „Aktivistenwochenende“ beginnt mit einem schwarzen Mercedes. Das Auto trägt ein Augsburger Kennzeichen. Es kommt am Freitagnachmittag, 9. April 2022, in Herboldshausen (Baden-Württemberg) an. Weitere Autos folgen am Abend und in der Nacht. Die meisten kommen aus Baden-Württemberg und Bayern, drei aus der Schweiz und einzelne aus Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Autos parken recht auffällig. Am Hauseingang, unmittelbar an der Straße. Offenbar sind die „Aktivisten“ überzeugt, unbeobachtet zu sein. Auch ein silberfarbener Mercedes mit Gütersloher Kennzeichen parkt an der Straße. Allerdings nur am ersten Tag. Denn am zweiten Tag wird das Auto versteckt, die Kennzeichen werden abmontiert.

Jugendheim Hohenlohe

Das Abmontieren der Kennzeichen ist in der extremen Rechten eine beliebte Methode, um unerkannt und im Verborgenen zu bleiben. Die Methode konnte in Herboldshausen – einem Weiler, der im Wesentlichen aus ein paar Bauernhöfen besteht – schon häufig dokumentiert werden. Denn hier besitzt der völkische „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V.“ (BfG) seit den 1970er-Jahren ein altes Bauernhaus („Jugendheim Hohenlohe“). Der BfG ist Teil des bundesweiten Ludendorff-Netzwerks. Das Netzwerk verbreitet die „Deutsche Gotterkenntnis“, die antisemitische und rassistische Ideologie Mathilde Ludendorffs (1877-1966) aus den 1920er-Jahren.

Der BfG und die „Identitäre Bewegung Schwaben“

Das BfG-Domizil in Herboldshausen ist ein Hotspot der extremen Rechten in Süddeutschland. Das „Jugendheim” geriet 2020 und 2021 in die Schlagzeilen, als die NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ einen „Gemeinschaftstag“ und die regionale Organisation „WIR Heilbronn“ um den Neonazi-Kader Michael Dangel einen „Thing der Titanen“ im Haus veranstaltete. Der „Thing“ war ein geheimes Vernetzungstreffen der deutschen Neonazi-Szene. Nun fand das „Aktivistenwochenende“ der „Identitären Bewegung Schwaben“ im Haus statt.

Rassistisches Weltbild

Das ist kein Zufall: BfG und Identitäre teilen ein rassistisches Weltbild. Auf seiner Website nannte der BfG die Ankunft von Geflüchteten 2015/16 einen „ungeheuren Zustrom von Menschen fremder Abstammung“. Die Immigration sei ein „geschichtlich einmaliger Vorgang, der das Überleben unseres Volkes schwer gefährdet“. Sie führe zur „Vermischung der Völker“. Die Identitären behaupten, Einwanderung führe zur „Islamisierung“ und zum „Großen Austausch“. Eine mächtige Elite forciere die „Umvolkung“ und die Vernichtung der Weißen. Sowohl BfG als auch Identitäre fürchten den „Volkstod“ durch Immigration.

Familie Klink/Sawallisch ist aktiv

2016 trat ein BfG-Mitglied für die „Identitäre Bewegung Schwaben“ in Erscheinung: Sonnhild Sawallisch, Geschäftsführerin der BfG-nahen „Lühe-Verlag GmbH“ und Tochter der BfG-Bundesvorsitzenden Gudrun Klink aus Ingelfingen (Baden-Württemberg), nahm am 28. Juli 2016 an einer Aktion der „Identitären Bewegung Schwaben“ in Reutlingen (Baden-Württemberg) teil. Dr. Hartmut Klink, der Vater von Sonnhild Sawallisch, verwaltet das „Jugendheim Hohenlohe“ in Herboldshausen. Er war am ersten Tag des „Aktivistenwochenendes“ vor Ort, um handwerkliche Arbeiten im Haus zu erledigen.

Die Teilnehmer: Bodybuilding, „New Balance“, Undercut

Am „Aktivistenwochenende“ nahmen etwa 30 Männer zwischen (schätzungsweise) 18 und 30 Jahren teil. Frauen waren eine Rarität. Die meisten wirken muskulös und als würden sie Kampfsport betreiben. Undercut mit Seitenscheitel und Schuhe der Marke „New Balance“ gehören zum Outfit. Unter Neonazis ist die Marke seit Jahren beliebt. Das große „N“, das an die Seiten der Schuhe gestickt ist, soll „Nationalist“ bzw. „Nationalsozialist“ heißen.

Die Teilnehmer – einige trugen das dunkelblaue „T-Hemd“ vom „Aktivistenwochenende“ – stammen offenbar größtenteils aus Süddeutschland. Das zeigten nicht zuletzt die Kennzeichen der Autos. Darunter sind identitäre Kader aus „Ortsgruppen“ wie Augsburg und Ulm. Beispielsweise nahmen die Identitären Anton H. und Nicolas B. der „Ortsgruppe Ulm“ teil. Einzelne Teilnehmer, wie der Identitäre Torsten G. kommen aus dem Rest der Republik. Fotos, die mit Recherchen aus der Schweiz verglichen wurden, legen nahe, dass auch Mitglieder der Schweizer Neonazi-Kameradschaft „Junge Tat“ das „Aktivistenwochenende“ besuchten.
Das Programm: Ideologie, Musik, Sport

Tarnvereins „Schwäbischer Kulturverein e.V.“

Die „Identitäre Bewegung Schwaben“ veranstaltet ihre „Aktivistenwochenenden“ schon seit mehreren Jahren. So fand Mitte 2020 eines auf Schloss Ebersberg (Baden-Württemberg) statt. Die Identitären nutzten die Adresse ihres Tarnvereins „Schwäbischer Kulturverein e.V.“, um die Räumlichkeiten des Schlosses mieten zu können. Das Programm der „Aktivistenwochenenden“ ist eine Mischung aus Ideologie, Musik sowie Ausdauer- und Kampfsport.

Die Mischung wurde bereits im Logo des aktuellen „Aktivistenwochenendes“ deutlich, das sowohl in der Ankündigung als auch auf den offiziellen „T-Hemden“ einiger Männer zu sehen war. Das Logo zeigt ein Buch, eine Gitarre, ein Lagerfeuer und ein Paar Boxhandschuhe. Offiziell begann das Programm am Samstagfrüh. Es umfasste, wie ein Teilnehmer nach der Veranstaltung in den Sozialen Netzwerken kommentierte, „Kraft-, Kampf- und Ausdauereinheiten“. Am Samstagabend folgten ein Liederabend und Lagerfeuerromantik.

„Grundlagen der Kulturrevolution von Rechts“

Die Vermittlung rechter Ideologie spielte eine zentrale Rolle. Nach der Veranstaltung schrieben die Identitären via Telegram, man habe die „Grundlagen der Kulturrevolution von Rechts“ thematisiert. „Tiefgehend“ seien die „Theorien von Antonio Gramsci bis Alain de Benoist“ analysiert worden. Philip Thaler, der Bundesvorsitzende der „Identitären Bewegung Deutschland e.V.“, referierte über „Metapolitik“. Thaler war Co-Moderator des extrem rechten YouTube-Kanals „Laut gedacht“ und soll 2017 eine internationale Konferenz der extrem rechten Partei „CasaPound Italia“ besucht haben. Die Partei propagiert einen „Faschismus des dritten Jahrtausends“.

Dass das „Aktivistenwochenende“ am 9. und 10. April 2022 stattfand und Thaler im Rahmen der Veranstaltung referierte, ist erstaunlich. Denn: Am selben Wochenende veranstaltete das rechtsextreme „Institut für Staatspolitik“ um Götz Kubitschek in Schnellroda (Sachsen-Anhalt) seine „Frühjahrsakademie“. Martin Sellner, der Gründer und Kopf der „Identitären Bewegung Österreich“, war angekündigt. Üblicherweise ist die „Frühjahrsakademie“ eine Art Pflichtveranstaltung unter Identitären. Mehr als 100 Menschen aus dem Umfeld der „Bewegung” nahmen an der Veranstaltung teil.

Tarnung gelang nicht

Die „Identitäre Bewegung Schwaben“ ergriff mehrere Maßnahmen, um das „Aktivistenwochenende“ unbeobachtet durchführen zu können: Sie nannte im Vorfeld ein falsches Veranstaltungsdatum und im Nachgang einen falschen Veranstaltungsort. Und sie hoffte offenbar, am Wochenende würden alle Augen auf die „Frühjahrsakademie“ und nicht auf das „Jugendheim Hohenlohe“ gerichtet. Die Maßnahmen schlugen fehl: Unbeobachtet blieb die Veranstaltung nicht.

Link zum Artikel auf Beltower News und weiteren Informationen:

https://www.belltower.news/exklusiv-aktivistenwochenende-der-identitaeren-in-baden-wuerttemberg-130519/?fbclid=IwAR3k3hsnLo__27svT_sgiKsNlkbN8SbFRS-jPi2OIc7MO5R1Pie27aqa2Tc

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„Raus aus der Eskalationslogik“ – Kommentar von Paul Michel aus Schwäbisch Hall

Nach mehr als fünf Wochen des von Putin vom Zaun gebrochenen verheerenden Krieges, der mit jedem Tag unendliches Leid für die ukrainische Bevölkerung bringt, ist deutlich, dass keine der beiden Seiten ihre Kriegsziele erreichen werden. Jeder weitere Tag Krieg bedeutetet: Noch mehr Menschen sterben, es gibt noch mehr Leiden, die Städte in der Ukraine werden noch schlimmer zerstört. Die Menschen brauchen einen sofortigen Waffenstillstand. Eine Lösung des Konflikts und einen Interessenausgleich kann es nur am Verhandlungstisch geben. Statt mit der Lieferung schwerer Waffen den Krieg zu verschärfen, sollte die Bundesregierung alle Anstrengungen darauf richten, zur Beilegung des Konflikts eine Verhandlungslösung auf den Weg zu bringen.

Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Völlig unverantwortliche Zielsetzung

Leider sieht es danach nicht aus. Seit ihrer Ukrainereise forderten die drei Abgeordneten Toni Hofreiter (Grüne), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Michael Roth (SPD) vehement die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. Panzer, Kampfjets, Kriegsschiffe und Artilleriegeschütze sind laut Michael Roth zur Realisierung dessen nötig, was er für die einzige akzeptable Option hält: Eine ukrainischen Gegenoffensive, die zur Rückeroberung sämtlicher Gebiete führen soll – eine angesichts der realen Kräfteverhältnisse völlig unverantwortliche Zielsetzung, die nur zu mehr Eskalation, mehr Leiden, mehr Zerstörung und mehr Toten führen kann.

Sicherheitsgarantien

Damit werden alle bescheidenen Ansätze für eine mögliche Verhandlungslösung ad acta gelegt, die bei den Gesprächen zwischen Russland und der Ukraine Ende März 2022 in Istanbul erkennbar wurden. Dort hatte die Ukraine Neutralität und den Verzicht auf einen Nato-Beitritt angeboten, wenn ihr im Gegenzug Sicherheitsgarantien geboten würden. Der russische Unterhändler Wladimir Medinski hatte von „konstruktiven Gesprächen“ gesprochen. Selbst direkte Gespräche zwischen Putin und Selenskyj schienen möglich.

Krieg scheint für die wichtigen NATO-Staaten zur alleinigen Option geworden zu sein

Erschreckend ist, wie die Regierungen von Großbritannien und der USA auf diese Verhandlungen reagiert haben. Boris Johnson warnte den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij vor zu schnellem Friedensschluss. US-Außenminister Blinken erklärte, er erkenne bei den Friedensgesprächen zwischen Russland und der Ukraine keine wirklichen Fortschritte. Am 5. April 2022 berichtete die „Washington Post“, zahlreiche Nato-Staaten seien zu keinerlei Zugeständnissen bereit, um diplomatische Verhandlungen voranzubringen. Anstatt die in Istanbul vorgetragenen ukrainischen Vorschläge für eine Verhandlungslösung positiv aufzugreifen, stellte Boris Johnson die Lieferung „tödlicherer Waffen“ in Aussicht. Am 2. April 2022 meldete die „ZEIT“: USA weiten Waffenlieferungen an Ukraine aus. Es scheint so als sei Krieg für die wichtigen NATO-Staaten zur alleinigen Option geworden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell twitterte: „Dieser Krieg wird auf dem Schlachtfeld gewonnen werden.“

Konfliktparteien an den Verhandlungstisch bringen

Die Hauptverantwortung für den Krieg liegt bei Putin. Er hat den Krieg ohne Not vom Zaun gebrochen und setzt nach wie vor starrsinnig auf die militärische Karte. Deswegen wird von Seiten der Friedensbewegung gegen den reaktionären Despoten demonstriert. Aktuell sollten sich alle Anstrengungen darauf richten, zu einem sofortigen Waffenstillstand zu kommen und die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen. Das tun die Regierungen in Washington, Brüssel, London und Berlin leider nicht. Deswegen ist es richtig, dass zum Beispiel bei den Ostermärschen auch gegen deren Politik demonstriert wird.

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„Gelochte Augenblicke“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden achter Teil

„Gelochte Augenblicke“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden achter Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

VIII Krise

… Die Gründe für den seltsam einmütigen Absturz von Hagenstein, Fade und Dreist konnten nie richtig aufgeklärt werden. So wurde ein tragischer Unfall angenommen. Selbstmord wurde definitiv ausgeschlossen; dadurch konnten sich die Hinterbliebenen wenigstens an den Ausschüttungen der jeweiligen Lebensversicherungen freuen. Von den Erinnerungen an die gruselige Bruchlandung des einstmals so derart perfekt intrigierenden Banktrios inspiriert, sinnierte Carl über sein eigenes bevorstehendes Ableben. Erst vor kurzem hatte er ein Buch über das Sterben gelesen. Darin erzählten Menschen über ihre Nahtoderlebnisse. Diese Berichte fasste er nun als eine ganz wunderbare Anregung auf, sich bald in eine andere Daseinsart zu begeben. Und weil es ihm schon lange enorm auf den Wecker ging, was weltweit für Krisen inszeniert wurden, fand er die Möglichkeit sich hier und jetzt aus dieser Welt zu verabschieden, doch ganz passabel.

Freiheiten beraubt

Nachdem im Jahr zweitausendzweiundzwanzig die Weltbevölkerung fast durchweg entmündigt, in bestehenden demokratischen Ordnungen die Grundrechte gnadenlos zusammengestrichen und damit Menschen gänzlich ihrer Freiheiten beraubt wurden, erkannte Carl nun in den weiteren ausgerufenen Krisen eine gezielt eingesetzte Methode, die Bevölkerung unter ständig wechselnden Vorwänden von einer Angst in die nächste zu bugsieren und unaufhörlich zu schröpfen. Seiner Meinung nach, ging es da bei der angeblich klimatischen Krise genau so wenig um den Schutz der Umwelt und Natur, wie es bei der derzeitigen Kriegstreiberei um das Anstreben eines Friedens im Osten Europas geht. Carl Eugen hatte im Bubengymnasium gelernt, dass die vier Alliierten Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in Zonen aufteilten. Die von den Siegermächten besetzten vier Gebiete wurden zunächst auch von diesen verwaltet
und erst nach und nach in relativ eigenständige Bundesländer entlassen. Lediglich die westlichen Gebiete gaben sich unter der Besetzung von Frankreich Großbritannien und den USA, als Bundesrepublik ein Grundgesetz. Und an dieser festgelegten Aufteilung hatte sich bis zum heutigen Tag kaum etwas geändert. Weder der Fall des Eisernen Vorhangs, noch die Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands und auch nicht die Zerstreuung der ehemaligen Sowjetunion, brachten einen Friedensvertrag.

Politisch gemacht

Wie konnte es sein, dass sämtliche regierende Parteien in den gewählten Parlamenten in Deutschland dieses wichtige Thema der staatlichen Souveränität nie aufgegriffen haben? Warum scheute man sich vor diesem Thema? Waren denn alle demokratisch gewählten Parlamentarier seit Jahren komplett blind für diese Grundlagenschaffung
gewesen und geblieben? Mit einem Grundgesetz allein, so fand Carl, entsteht ja noch lange kein souveränes Staatswesen. Wenn er sich nun aber die gesammelten Auswüchse der Parlamente in ihrer Gesamtheit betrachtete, dann wunderte es ihn nicht mehr. Vor kurzem erst haben sich die Bundestagsabgeordneten eine kleine Erhöhung der Saläre genehmigt. Man schämte sich keineswegs jedem Abgeordnetem dreihundert Euro mehr zuzuschieben, wo man dieselbe Summe keinem der tagaus und tagein arbeitenden Pendler für die exorbitanten Spritpreise im Frühjahr zweitausendundzweiundzwanzig gönnte. Diese enormen Preissteigerungen waren, aus seiner Sicht als Steuerberater, ja sowieso in keinem Fall gerechtfertigt, sondern politisch gemacht – der Rohölpreis war nicht in diesem Ausmaß angestiegen. Aber der Staatsapparat würde sich fast unbemerkt an den satten siebzig Prozent Steuern bereichern.

Kriegsmaschinerie

Und Carl fragte sich, ob die Mitglieder des Bundestages wohl von ihrem Volk so weit entfernt sind, dass sie die dreihundert Euro als kleinen Abschlag für künftig zu vertretende Beschlüsse ausloben? Sie wagen es vom Rednerpult aus nach schweren Waffen zu rufen, wo es auf den Straßen und Plätzen andauernde Demonstrationen mit Friedenstiteln gibt? Wo von deutschem Boden aus nie wieder ein Krieg stattfinden sollte? Nach Kriegswaffen zu schreien bedeutet nämlich einen Krieg zu wollen! Carl konnte nur noch mit dem Kopf schütteln. Ausgerechnet die grün angemalte Ökopartei hatte sich beim Anwerfen der Kriegsmaschinerie in eine führende Rolle begeben. Kriege gewinnen jedoch nur Eliten, die sie am grünen Tisch planen. Mit Hilfe der Parlamente werden jetzt scheinbar nötige Beschlüsse umgesetzt, um dann gezielt die Rüstungsindustrie abkassieren zu lassen – bezahlt werden diese Waffen, mit denen man Menschen totschießt und gewachsene Strukturen in Grund und Boden stampft, von den Völkern, die man dafür bluten lässt. Derzeit trifft es Mitteleuropa nicht mit einem direkten Blutzoll, sondern listig versteckt durch die Erhöhung der Ausgaben für Mordgeräte. Man hält dezent ein Feigenblatt vor die bedrohliche Natoscham und legalisiert die Kriegsunterstützung einfach über einen cleveren parlamentarischen Trick.

Nahrungsknappheit

Gut durchdacht dieses Manöver, es war so ähnlich wie bei der Karinakrise, wo man der Pharma- und Technoindustrie Vorschub leistete, resümierte Carl angewidert. Und er sinnierte weiter: Es hat geschätzt wohl zehn große Vermögensverwalter der Welt, also globale Spieler, die mit ihren Firmen auch an den Börsen tituliert sind. Diese meinen ohne jede demokratische Legitimation, dafür jedoch mit Hilfe gekaufter Medien, unter anderem die Weltbevölkerung durch gezielte Vergiftung reduzieren zu können, zu bestimmen, wer mit wieviel Wasser duschen oder baden darf, in welche Ecke man die nächste Flüchtlingslawine treiben kann. Derzeit kaufen sie munter die gigantischsten Ländereien auf, welche zum Anbau von Grundnahrungsmitteln gebraucht werden, um dann die nächste Krise der Nahrungsknappheit anstimmen zu können.

Paula

Es wehte ein mildes Lüftchen um Carls Nase und wehte ihm einen feinen Duft zu. Fast war es ihm, als würde er aufstehen und durch die laue Luft spazieren können. Doch er musste zur Kenntnis nehmen, dass ihm nicht nur das Blut unwiederbringlich aus dem Körper, sondern auch die Kraft ganz langsam aus seinen Adern rann. Carl Eugen Friedner wollte wenigstens in den allerletzten Minuten noch einen klaren Kopf bewahren und das Leben bis ganz zum Schluss genießen, also atmete er tief durch und verwob den intensiven Blütenduft mit liebevollen Gedanken an seine Paula …

Fortsetzung folgt.

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„GeMAInsam Zukunft gestalten! Das ist unser Auftrag!“ – Aufruf zur Maikundgebung 2022 in Schwäbisch Hall

Unter dem Motto „GeMAInsam Zukunft gestalten! Das ist unser Auftrag!“ ruft der DGB-Kreisverband Schwäbisch Hall zur Teilnahme an der Demonstration und Kundgebung am Sonntag, 1. Mai 2022, in Schwäbisch Hall auf. Beginn ist um 10.30 Uhr an der Agentur für Arbeit in der Bahnhofstraße in Schwäbisch Hall. Von dort aus startet der Demonstrationszug durch die Haller Innenstadt. Etwa um 11.30 Uhr beginnt die Abschlusskundgebung vor dem Globe Theater.

Vom DGB-Kreisverband Schwäbisch Hall

Irene Gölz spricht über Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft

Nach der Begrüßung durch Jochen Dürr, den DGB Kreisvorsitzenden, hält Irene Gölz, die Ver.di-Landesfachbereichsleiterin Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft Baden–Württemberg die Mairede. Irene Gölz ist hauptamtliche Gewerkschaftssekretärin für den größten Fachbereich in der Gewerkschaft Ver.di in Baden–Württemberg und koordiniert als Verhandlungsführerin die Tarifauseinandersetzungen zum Beispiel für die Unikliniken in Baden–Württemberg.

Arbeitsbedingungen in der Pflege und Betreuung verbessern

Die Arbeitsbedingungen in der Pflege und Betreuung und was aus gewerkschaftlicher Sicht, mit klaren Forderungen an die Politik, getan werden muss, um diese massiv zu verbessern, werden im Mittelpunkt Ihrer Rede steht.
Die Abschlusskundgebung wird kulturell von den Peaceful Peace mit Singer–Songwriter–Folk umrahmt. Zwei junge Frauen aus Stuttgart mit tollen Stimmen und eindrucksvollen Texten.

Der DGB hat in diesen Tagen einen klaren Leitfaden: Frieden, Gerechtigkeit und sozialer Zusammenhalt kommen nicht von selbst. Sie müssen immer wieder gemeinsam erkämpft werden. Die Menschen spüren das in diesem Jahr vor allem durch die Pandemie so intensiv wie seit vielen Jahren nicht mehr. In diesen Zeiten tiefgreifender Veränderungen stehen die Gewerkschaften für ein solidarisches Miteinander. Gemeinsam gehen wir in diesem Jahr wieder auf die Straßen in Schwäbisch Hall und setzen am Tag der Arbeit ein sichtbares Zeichen für eine gerechte und friedvolle Zukunft.

Denn wir wissen: Solidarität braucht Nähe!

Durch den brutalen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine sterben jeden Tag Menschen. Millionen Menschen, insbesondere Frauen und Kinder, sind auf der Flucht. Dieser Krieg ist auch ein Angriff auf die europäische Friedensordnung, die auf Freiheit, Menschenrechten, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit basiert.

Unsere Botschaft zum 1. Mai lautet:

Solidarität, Frieden und Selbstbestimmung für die Ukraine! Wir sind geeint in der Überzeugung: Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder! Weltweit!

Deshalb, so Jochen Dürr: „Unsere Haltung NIE WIEDER KRIEG hat auch dazu geführt, dass wir als DGB-Kreisverband im neugegründeten Friedensnetzwerk Schwäbisch Hall mitarbeiten und eine Gegenöffentlichkeit zur Berichterstattung über Kriegspropaganda in Schwäbisch Hall schaffen wollen.“

„Wir brauchen starke Mitbestimmung und eine hohe Tarifbindung“

Mit rasanter Geschwindigkeit hat sich das Leben in den vergangenen Jahren verändert. Klimaschutz, Digitalisierung und Globalisierung haben enorme Auswirkungen darauf, wie wir arbeiten, leben und konsumieren. Für uns ist klar: Diese wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation können wir nur mit einer starken Mitbestimmung und einer hohen Tarifbindung erfolgreich gestalten. Gute Arbeit, nachhaltigen Wohlstand und sozialen Fortschritt gibt es nur mit einem Ausbau der Arbeitnehmerinnenrechte und starken Gewerkschaften. Die Menschen brauchen Sicherheit, gerade in Krisenzeiten und in Zeiten des Wandels. Daher fordern wir als DGB eine gute Qualifizierung der Beschäftigten für die Herausforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt und eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik.

„Sozialabbau zur Gegenfinanzierung der gegenwärtigen Krisen lehnen wir ab“

Wir fordern die Erneuerung des Sicherheitsversprechens für einen solidarischen Sozialstaat mit guten Renten sowie einer Bürger- und Pflegevollversicherung. Sozialabbau zur Gegenfinanzierung der gegenwärtigen Krisen lehnen wir ab: Sozialabbau ist eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere Demokratie! Silvia Wagner, DGB-Regionssekretärin hierzu: „Wir stehen gerade im dritten Jahr der Coronapandemie vor massiven gesellschaftlichen Herausforderungen. Klatschen reicht nicht – wir benötigen eine tatsächliche Aufwertung, vor allem in sogenannten „Frauenberufen“. Jochen Dürr, DGB Kreisvorsitzender ergänzt: „Die haupt- und ehrenamtlichen Gewerkschafterinnen im DGB und seinen Einzelgewerkschaften stehen mit all ihren Möglichkeiten hinter den Tarifforderungen der Gewerkschaft Ver.di für den Sozial– und Erziehungsdienst. Wer jetzt wie die öffentlichen Arbeitgeber mauert und Aufbesserungen ablehnt, der muss die geballte Wut vieler Menschen spüren. Wir sind dabei!“

„Niemanden alleine lassen“

Der DGB steht für eine demokratische, gerechte und solidarische Gesellschaft und Arbeitswelt. Wir stehen für die solidarische Kraft der Vielen! Die Herausforderungen unserer Zeit können wir meistern, in Deutschland und Europa, wenn wir gemeinsam handeln und niemanden bei den Veränderungen, die vor uns liegen, alleine lassen.

Weitere Informationen und Kontakt:

Internet: https://heilbronn-franken.dgb.de/ueber-uns/kreis-und-stadtverbaende/kv-schwaebisch-hall

DGB Bezirk Baden-Württemberg

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Schlichtweg 4

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