„Bürger müssen Vorgänge kontrollieren können“ – Mehrzahl der Sitzungen des Kirchberger Gemeinderats sind nichtöffentlich, sollten aber öffentlich sein

Die Mehrzahl der Sitzungen des Kirchberger Gemeinderats sind nichtöffentlich. Das steht im Widerspruch zur Gemeindeordnung (GemO) von Baden-Württemberg. Nur wenige Ausnahmen dürfen nichtöffentlich verhandelt werden.

Von Ralf Garmatter, Kirchberg/Jagst

„Volksverbundenheit der Verwaltung“

Im Kommentar zur GemO des Kohlhammer-Verlags (4. Auflage, 18. Lieferung, Januar 2012) steht, „die Öffentlichkeit der Sitzungen ist eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten und die Volksverbundenheit der Verwaltung zu gewährleisten. Sie gibt dem Bürger die Möglichkeit, die von ihm meist unter dem Gesichtspunkt einer Persönlichkeitsauslese in den Gemeinderat Gewählten bei ihrer Tätigkeit zu beobachten und erlaubt der Öffentlichkeit eine allgemeine Kontrolle über die wichtigsten Vorgänge in der Gemeinde.“ (…)

Öffentliche Sachdiskussion

In einem anderen Kommentar zur Gemeindeordnung steht zur nichtöffentlichen Behandlung eines Tagesordnungspunkts, „es genügt nicht die lediglich entfernte Möglichkeit, dass Sachverhalte, die eine nichtöffentliche Erörterung rechtfertigen zur Sprache kommen. (…) Eine generelle Vorberatung durch den Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung ohne Vorliegen der Kriterien des §35 Abs. 1 Satz 2, die dazu führt, dass in der öffentlichen Sitzung keine Sachdiskussion mehr stattfindet, ist mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz nicht vereinbar. (…)

Wesentlicher Verfahrensfehler

Die Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes stellt einen wesentlichen Verfahrensfehler dar. Beschlüsse, die zu Unrecht in nichtöffentlicher Sitzung gefasst wurden, sind rechtswidrig und unwirksam. Eine Bestätigung dieser Beschlüsse in einer späteren öffentlichen Sitzung beseitigt diese Rechtsfolge nicht. Vielmehr sind die Verhandlungsgegenstände insgesamt in vollem Umfang in einer späteren öffentlichen Sitzung zu behandeln. (…) Nachzulesen im Kommentar von Aker, Hafner, Notheis zur Gemeindeordnung von Baden-Württemberg, Boorberg-Verlag 2012, Seite 377 f..

Öffentliche Sitzung zwischen zwei nichtöffentlichen

Wenn es so klar geregelt und juristisch interpretiert ist, warum sind dann in Kirchberg/Jagst 52 Prozent der Sitzungsstunden nichtöffentlich und nur 48 Prozent öffentlich ? Warum wird die öffentliche Sitzung meist von zwei nichtöffentlichen Sitzungen in die Zange genommen ? Der Ablauf an einem normalen Sitzungsabend seit Mai 2015: Nichtöffentliche Sitzung, öffentliche Sitzung, anschließend noch einmal nichtöffentliche Sitzung.

„Mehr Mut“

Werden Punkte der öffentlichen Sitzung in der vorgeschalteten nichtöffentlichen Sitzung vorberaten ? Werden Äußerungen einzelner Stadträte während der öffentlichen Sitzung in der gleich anschließenden nichtöffentlichen Sitzung kommentiert, bewertet, kritisiert? Der Spekulation ist bei diesem Sitzungsablauf Tür und Tor geöffnet. Ich wünsche dem Kirchberger Gemeinderat den Mut, die Sitzungen wieder transparenter zu gestalten. Wenn es nichts zu verbergen gibt, spricht nichts dagegen, wieder mehr Sitzungszeiten öffentlich zu machen. Die Gemeindeordnung sieht das so vor.

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