„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden fünfzehnter Teil

„Lang beschattete Täler“ – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden fünfzehnter Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig und sind weder gewollt noch beabsichtigt.

Von Birgit Häbich

XV Solidarität

… Carl Eugen Friedner verscheuchte seine dunklen Gedanken an Paulas Leid mit einem tiefen Seufzer – er würde morgen mit seinem Freund Paul darüber reden. Er musste sich nämlich jetzt schleunigst um die Mandanten kümmern, die wegen der anhaltenden >Karinakrise< in existenzielle Schwierigkeiten geraten waren. Unter diesen Mandanten waren ebenfalls freiberufliche Künstler, kleine Gastronomen und verschiedene Freiberufler, die seit März, vermutlich genauso wie Paula Engel, erheblich weniger Aufträge bekamen und damit auch wesentlich weniger Einkommen verbuchen konnten, als vor dem Lahmlegen der Wirtschaft und des kompletten öffentlichen Lebens. Carl wusste nicht, wie er diesen fleißigen Menschen einfühlsam erklären sollte, dass er keinerlei Chance sah, wie sie ihre Solobetriebe unter den derzeitigen Umständen aufrechterhalten könnten.

Sicherer Hungertod

Im April und Mai gab es noch einen limitierten Zuschuss für drei Monate, dieser war auch relativ einfach zu beantragen. Aber wenn diese Soforthilfe des Landes Baden-Württemberg aufgevespert sein würde, konnte kein weiterer Zuschuss mehr beantragt werden. Wie er aus zuverlässigen Quellen aus dem Wirtschaftsministerium in Stuttgart erfahren hatte, würde sich das Land Baden-Württemberg lediglich an das Darlehensprogramm des Bundes* anhängen und kein weiteres eigenes Zuschussprogramm mehr auflegen. Und die mittlerweile ziemlich komplizierten Antragsverfahren zu diesen Krediten sollten auch nur noch von Steuerberatern beantragt werden können und dann durch die L-Bank abgewickelt werden. Man machte betroffene Betriebe und Unternehmer dadurch zu Bittstellern in einer ungewollten Kreditangelegenheit, und ließ sie mit den Belastungen – welche sie unverschuldet zu verantworten haben würden – einfach im Regen stehen. Sie würden leidlich vom so genannten Arbeitslosengeld II leben müssen. Ihre Arbeit würde keine Früchte mehr tragen, sondern ihre oft über Jahre hinweg mühevoll aufgebauten kleinen Betriebe würden den sicheren Hungertod erleiden.

Absurder Kreislauf

Alleine schon bei der Überlegung, wie man aufgenommene Schulden von wenig oder keinem Umsatz zurückbezahlen sollte, musste Carl Eugen angesichts der Ausweglosigkeit seine Augen schließen. Es war ein absurder Kreislauf, in den man viele Betriebe und Freiberufler durch den staatlich angeordneten Stillstand, und dann in Folge durch das entstandene Vorgabenchaos und die neue und immer wieder modifizierte Hygieneverordnung, gebracht hatte. Dass kaum nennenswerte oder keine Umsätze nicht nur kein Einkommen bedeuten würden, sondern auch keine Steuern mehr bezahlt werden könnten, wagte er nicht zu Ende zu denken. Letztlich würde dieses staatlicherseits verordnete Drucken von Geld* nämlich gar nicht helfen, sondern nur die Schuldenberge zu Lasten der ehrlichen Steuerzahler erhöhen und die Reichen immer reicher werden lassen. Carl erinnerte sich an die letzten Erhebungen; danach befinden sich derzeit sechshundert Milliarden Euro Vermögen von deutschen Staatsbürgern in so genannten Steueroasen*. Vermögende, die sich in dieser Art unsolidarisch verhalten, tragen das Geld, welches sie mit der hiesigen Infrastruktur erwirtschafteten, ohne mit der Wimper zu zucken, weiterhin auf Kosten derer, die man zum Tragen der Lasten verpflichtet, zum Land hinaus. Wo, so fragte sich Carl Eugen Friedner, war nun die Solidarität, an die man in der >Karinakrise< so heftig appelliert hatte?

Skandinavien

Da fiel ihm ein, dass er Paul morgen zu Kaffee und Kuchen eingeladen hatte, und so machte er sich zügig auf, um im Skandinavium – dem urgemütlich eingerichteten kleinen Café mitten in seinem Heimatstädtle – ein paar feine Stücke Kuchen zu kaufen. Carl Eugen Friedner setzte sich früher noch manchmal zum Zeitung lesen in das skandinavische Café, aber seit es sich herumgesprochen hatte, dass es da wunderbar frischgebackene Kuchen gab, war das Café stets sehr gut besucht. Nur noch selten fand er da einen ruhigen Platz für sich, und so holte er die edlen Feingebäcke stücklesweise ab und machte es sich daheim gemütlich. Bei einer Mischung aus Käse- und Obstkuchen wäre sicherlich etwas Passendes für Paul dabei. Zur Sicherheit ließ Carl sich aber noch eine Tüte von den hausgemachten Keksen zusammenstellen. In dieser Art war er nun auf den morgigen Besuch von Paul für erste gut ausgestattet. Zu Hause angekommen, verstaute er die Kuchenstücke im Kühlschrank und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch, um sich mit den Unterlagen seiner Mandanten zu beschäftigen. Zudem wollte er ein von Heiner empfohlenes Buch zum „Neuen denken“ lesen.

Versagt

Paula Engel und das anstehende Wiedersehen mit ihr beherrschte jedoch nach wie vor seine Gedanken – und er fragte sich abermals, warum er sie damals so feige verraten hatte. Was hatte ihn in der immens wichtigen Gerichtsverhandlung gegen den selbsternannten Bauhistoriker geritten, um als ihr Rechtsbeistand derart zu versagen? Ihr genau dort in den Rücken zu fallen, wo er sich für Paula und den Erhalt ihres Vermögens hätte einsetzen müssen! Carl konnte sich selber keine schlüssige Antwort auf diese Frage geben; diese Ratlosigkeit quälte ihn. Überdies würde Paula jetzt beim erneuten Zusammentreffen dieses Thema sicherlich nicht aussparen. Ansonsten hatte Carl ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und wollte ihr auch in diesem Punkt endlich offen gegenübertreten. Daher versuchte er sich jetzt intensiv in Paula hineinzuversetzen und ließ die damalige Situation nochmals aus ihrer Sicht Revue passieren, um dem Grund seines Verhaltens näherzukommen – er hatte mit seinen eingesetzten Worten nicht nur die Gerichtsverhandlung in Heilbronn gezielt zum Scheitern gebracht und ihr Erbe verspielt, sondern er hatte Paula Engel damit schlussendlich in eine völlig aussichtslose Situation hineinmanövriert.

Zeitenwende in der Energiepolitik

Vielleicht würde ihm morgen sein Freund Paul bei dieser wichtigen Erkenntnisfindung weiterhelfen. In der kommenden Woche wollten sich Paul Malibo und er in der Dreierrunde von Heiner Grün die Linachtalsperre* zeigen lassen. Carl freute sich auf diesen Ausflug in den Hochschwarzwald. Auf vielen ihrer Spaziergänge in und um Hoheitshausen hatten sie damals bereits die energiepolitischen Ziele Heiners ausgiebig diskutiert. Regenerative, umweltschonende Stromerzeugung und deren Verteilung war ja nicht nur der grüne Schlüssel einer zukunftsorientierten Wirtschaft, sondern der Strom sollte ja gerade auch lokal hergestellt und demokratisch verwaltetet und verteilt werden. Da war die Linachtalsperre, sowohl in ihrer Entstehung, als auch in der Reaktivierung, geradezu ein Paradebeispiel. Und jetzt, da Heiner den Zeitpunkt zur Umsetzung der Europäischen Energierichtlinie als gekommen ansah, wollten er und Paul sich die Zusammenhänge vor Ort erklären lassen, um die neue Wertvorstellung der Zeitenwende in der Energiepolitik* nicht zu versäumen … Fortsetzung folgt.

Erläuterungen:

*Geldflüsse:
https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderprogramme-und-aufrufe/liste- foerderprogramme/ueberbrueckungshilfe-corona/

https://de.wikipedia.org/wiki/Geldsch%C3%B6pfung

http://www.vermoegensteuerjetzt.de/topic/21.vermoegensuhr.html

https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/angeblich-600-mrd-dm-auf-der- flucht/45172.html

http://kuenstlersoforthilfe-stuttgart.de/

*Linachtalsperre:
https://de.wikipedia.org/wiki/Linachtalsperre

http://www.voehrenbach.de/linachtalsperre/gedealinachkg/index.html

*Energieversorgung und *Zeitenwende:
https://cdn.website- editor.net/f2e4bd5c50274b788f195797ce845591/files/uploaded/QzO-2b- Gew%25C3%25A4hrleistung%2520der%2520Stabilit%25C3%25A4t-ACER- Beitrag.pdf

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/maja-goepels- neues-buch-unsere-welt-neu-denken-16724788.html

Kontaktaufnahme zur Autorin ist möglich unter folgender E-Mail-Adresse:

b.haebich@web.de

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