Der Karstadt-Krimi

Spannender und unglaublicher als jeder Tatort – die Hintergründe der Karstadt-Insolvenz.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Ein Kommentar auf Youtube bringt es auf den Punkt: „Da hat eine kleine feine Runde auf Kosten der 130 jährigen Tradition und 20.000 Angestellter den Traditionskonzern ausbluten lassen und sich alles unter den Nagel gerissen. Das eigene Unternehmen durch Vitamin-B und Wuchermieten ruiniert. Das ist ein Skandal.“

Das ist noch nett ausgedrückt!

Hier die weiteren Teile:

http://www.youtube.com/watch?v=a2iDjvEb-00&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=qqlil-PQkSM&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=H5ZoRPszcwA&feature=related

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Abwasser wird seit Jahrzehnten ungeklärt in die Rotach geleitet – Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Fichtenaus Bürgermeister Martin Piott

Im Jahr 2007 wurde die Gemeindeverwaltung Fichtenau durch Bürger darauf aufmerksam gemacht, dass die Abwässer eines von drei Parteien bewohnten Hauses wegen eines „versehentlichen Anschlussfehlers in den 1970er Jahren ungeklärt in den Rotachbach eingeleitet werden“. Dies teilte ein Leser der Redaktion von Hohenlohe-ungefiltert Anfang Februar 2010 mit. Die Gemeindeverwaltung hat diese Gewässerverunreinigung bis heute (3. März 2010) nicht abgestellt.

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Zum Sachverhalt trägt der Informant weitere Einzelheiten vor:

„Als Begründung für die bisherige Untätigkeit gibt Fichtenaus Bürgermeister Martin Piott in einer an die Gemeinderäte verteilten Stellungnahme neben zu klärenden Haftungsfragen unter anderem auch administrative Überlastung seiner Verwaltung an. Die Strafanzeige eines Fichtenauer Bürgers gegen Bürgermeister Piott wegen Verdachts einer Straftat nach Paragraph 324 Strafgesetzbuch (StGB / Gewässerverunreinigung), beziehungsweise Paragraph 330 StGB (Besonders schwerer Fall einer Umweltstraftat) wird von der Staatsanwaltschaft Ellwagen unter dem Aktenzeichen 41 Js 1191/10 bearbeitet.“

Nach Ansicht des Hu-Lesers liegt außerdem ein Verstoß gegen die so genannte „Eigenkontrollverordnung des baden-württembergischen Umweltministeriums“ vor, der mit einem Bußgeld bis zu 100.000 Euro geahndet werden könne. Zudem wäre das Landratsamt Schwäbisch Hall als zuständige Verwaltungsbehörde verpflichtet, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Bürgermeister Piott einzuleiten. „Nein“, teilt die Kreisbehörde gegenüber Hohenlohe-ungefiltert zu dieser Frage mit, „weil die Eigenkontrollverordnung nicht einschlägig ist“.

Der Hohenlohe-ungefiltert-Informant weiter: „Eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Bürgermeister Piott ist von Kommunalamtsleiter Gugel mit der Begründung zurückgewiesen worden, weil Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten nicht festzustellen sind.“

Bürgermeister Piott gibt keine detaillierte Auskunft

Bürgermeister Martin Piott ging zu dem Sachverhalt bei einer Nachfrage von Hohenlohe-ungefiltert weitgehend auf Tauchstation. „Wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens kann ich Ihnen in dieser Angelegenheit leider keine detaillierte Auskunft geben.“ Nur soviel ließ er durchblicken: „Die betroffenen und zuständigen Grundstückseigentümer wurden bereits vor einiger Zeit aufgefordert, einen korrekten Anschluss herzustellen. Durch die erst später hinzugekommene Möglichkeit weiterer Bauaktivitäten wird die Gemeinde nun, sobald es die Witterungsverhältnisse zulassen, ein dann öffentliches Kanalteilstück herstellen“, schreibt Bürgermeister Piott in seiner knappen Antwort auf einen Fragenkatalog von Hohenlohe-ungefiltert.

Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungsverfahren gegen Bürgermeister Piott

Die Staatsanwaltschaft Ellwangen gibt auf Nachfrage von Hohenlohe-Ungefiltert folgende schriftliche Antwort: „Bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen ist am 22. Januar 2010 eine Strafanzeige wegen des von Ihnen beschriebenen Sachverhalts gegen Herrn BM Piott eingegangen. Die Polizei wurde zwischenzeitlich mit den Ermittlungen und der Klärung der Vorwürfe beauftragt. Ein Abschluss der Ermittlungen ist derzeit noch nicht absehbar. Im Übrigen möchte ich Sie um Verständnis dafür bitten, dass die Staatsanwaltschaft nicht für die Erteilung von allgemeinen Rechtsauskünften zuständig  ist und außerdem zu Einzelheiten des Ermittlungsverfahrens keine Stellungnahme abgegeben wird.“

Landratsamt Schwäbisch Hall kennt den Sachverhalt seit Dezember 2009

Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat von der Gewässerverunreinigung in Fichtenau nach eigener Darstellung erst Mitte Dezember 2009 erfahren und die Gemeinde Fichtenau „umgehend aufgefordert, diesen zu beseitigen“. Die Gemeinde Fichtenau hat laut Landratsamt Schwäbisch Hall zugesagt, den Missstand bis Ende März 2010 zu beheben. Der Verursacher der Gewässerverunreinigung könne vom Landratsamt nicht ermittelt werden, schreibt die Kreisbehörde weiter. Grundsätzlich sei der „Hauseigentümer verpflichtet diesen Zustand zu beheben“. Seit Bekanntwerden des Sachverhaltes sei die Gemeinde Fichtenau in dieser Sache tätig, berichtet die Pressestelle des Landratsamts Schwäbisch Hall weiter.

Dürftige Antwort des Umweltministeriums Baden-Württemberg

Die Pressestelle des baden-württembergischen Umweltministeriums antwortete auf eine schriftliche Anfrage von Hohenlohe-ungefiltert vom 11. Februar 2010 und einiger schriftlicher Nachfragen erst am 1. März 2010. Die Antwort fällt für diesen langen Bearbeitungszeitraum äußerst dürftig aus: „Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft in Ellwangen, kann ich leider keine Auskunft zu den Vorgängen geben, da es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handelt“, schreibt Pressesprecher Rainer Gessler vom Umweltministerium am 1. März 2010 in seiner kargen Antwort an Hohenlohe-ungefiltert.

Weitergehende Informationen zur Umweltverschmutzung in Fichtenau gibt es auf der Internetseite http://fichtenauerforum.blogspot.com/2010/01/ein-umweltskandal-der-zum-himmel-stinkt.html

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„Kurs halten! Gleichstellung“ – Frauentag in Schwäbisch Hall

Veranstaltungen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zum Internationalen Frauentag finden am Samstag, 6. März 2010 und am Montag, 8. März 2010 in Schwäbisch Hall statt. Am Samstag, 6. März 2010, gibt es ein „Internationales Frühstück“ in der Mensa ders Goethe-Instituts und einen Ifomarkt in der Hospitalkirche. Eine Rede und Theater im Alten Schlachthaus ist am Montag, 8. März 2010, geboten.

Pressemitteilung des DGB-Nordwürttemberg

90 Jahre Frauenwahlrecht, 60 Jahre Gleichstellungsartikel im Grundgesetz, 50 Jahre Gleichberechtigungsgesetz

Einige Meilensteine auf dem Weg zur Gleichberechtigung liegen bereits hinter uns. Die Frauen in Deutschland haben viel erreicht aber: eine echte Gleichstellung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist noch lange nicht erreicht und muss weiterhin das Ziel bleiben. Es gibt noch viel zu tun: Frauen in Deutschland verdienen immer noch durchschnittlich 23 Prozent weniger als Männer und sind zudem wesentlich stärker mit niedrigen Löhnen und unsicherer Beschäftigung konfrontiert.

Deshalb engagieren sich die DGB Gewerkschaften – und hier vor allem die Gewerkschaftsfrauen – für Entgeltgleichheit, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sowie für gleiche Bildungs- und Karrierechancen. Eine Frau im Kanzleramt ist nicht genug – das ist die berühmte Schwalbe, die eben noch keinen Sommer macht.

Am 8. März ist Frauentag und das diesjährige Frauentagsmotto des DGB heißt: Kurs halten! – Gleichstellung!

In Schwäbisch Hall findet hierzu bereits am Samstag, 6. März 2010, ein internationales Frühstück mit kulinarischen Köstlichkeiten aus aller Welt statt. Beginn ist um 9.30 Uhr in der Mensa des Goethe-Instituts. Ab 11 Uhr präsentieren Frauengruppen und Organisationen in einem großen Infomarkt in der Hospitalkirche ihre Arbeit. Bis 14 Uhr ist hier Zeit für Informationen, zum Austausch und um Netzwerke zu knüpfen.

Die Frauentagsveranstaltung am Montag, 8. März beginnt um 19 Uhr mit einem „get together“, mit kleinem Imbiss, Sekt und Gesprächen. Im Anschluss begrüßt Silvia Wagner im Namen des DGB und beleuchtet die aktuelle Frauenpolitik aus Gewerkschaftssicht.

Veronika Kirchner-Rapp und Gabriele Scherrer (die Klinikclowns) runden mit ihrer Darstellung des „Rotkäppele“ das Programm ab. Das märchenhafte Clowntheater gibt es an diesem Abend erst- und einmalig in der „Frauentagsfassung“ zu sehen. Der Eintritt ist frei und für eine kleine Bewirtung ist gesorgt.

Kontakt: Silvia Wagner, DGB-Region Nordwürttemberg, Büro: 07131/8888 010

DGB Region Nordwürttemberg
Büro Heilbronn
Gartenstraße 64
74072 Heilbronn
Telefon 07131/88880 – 10
Internet: www.nordwuerttemberg.dgb.de

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Christian von Stetten und seine Nebeneinkünfte

Seit ein paar Wochen sind die Nebeneinkünfte des aktuellen Bundestags online nachzulesen. Sie beziehen sich, das gilt es zu beachten, ausschließlich auf den letzten Bundestag, d.h. Oktober 2005 – Oktober 2009!

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Und nebenher sitzt man dann noch im Bundestag! Es lebe das Ehrenamt und die deutsche Stiftungsgesetzgebung …

3. Funktionen in Unternehmen
cominvest Asset Management GmbH, Frankfurt/Main
– Mitglied des Aufsichtsrates
Hohenloher Krankenhaus gGmbH, Künzelsau
– Stellv. Mitglied des Aufsichtsrates, ehrenamtlich bis 23. Juli 2007
Schloß Stetten Betreuungs AG, Künzelsau
– Vorsitzender des Aufsichtsrates, ehrenamtlich bis 30. April 2007

4. Funktionen in Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts
Landkreis Hohenlohe, Künzelsau
– Mitglied des Kreistages, ehrenamtlich
Sparkasse Hohenlohekreis, Künzelsau
– Mitglied des Verwaltungsrates, ehrenamtlich bis 31. Dezember 2008
Stadt Künzelsau, Künzelsau
– Mitglied des Stadtrates, ehrenamtlich

5. Funktionen in Vereinen, Verbänden und Stiftungen
Anne-Schmidt-Brücken-Stiftung, Künzelsau
– Mitglied des Stiftungsrates, ehrenamtlich
Friedrich Kriwan-Stiftung, Forchtenberg
– Mitglied des Stiftungsrates, ehrenamtlich
Stiftung des Hohenlohekreises und der Stadt Künzelsau zur Förderung der Reinhold Würth Hochschule, Künzelsau
– Mitglied des Stiftungsrates, ehrenamtlich
Wolfgang von Stetten Stiftung, Künzelsau
– Mitglied des Vorstandes, ehrenamtlich

7. Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften
Dr. v. Stetten Grundstücks KG, Künzelsau
Hohenloher-Ticket-Service GmbH, Künzelsau bis 31. Dezember 2007
Messe- und Betriebsgesellschaft Stetten mbH, Künzelsau bis 31. Dezember 2007
Residenz Dienstleistungsgesellschaft mbH, Künzelsau
Schloß Stetten Betreuungs AG, Künzelsau
Stetten Bau GmbH, Künzelsau
Unternehmensentwicklungs- und Förderungsgesellschaft Hohenlohe mbH, Künzelsau

http://www.nebeneinkuenfte-bundestag.de/stetten-christian-freiherr-von/

Siehe hierzu auch den Bundestagsradar auf Spiegel Online:

http://www.spiegel.de/flash/flash-22868.html

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Der Aufbau einer Truppe gegen den „inneren Feind“ ist weit fortgeschritten – Landratsamt Hall versteckt sich hinter Datenschutz

Vor kurzem hat Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA im Schwäbisch Haller Club alpha 60 ein Vortrag zum Thema „Der Aufbau einer Truppe gegen den `inneren Feind´ ist weit fortgeschritten“ gehalten. Hohenlohe-ungefiltert dokumentiert Auszüge des Vortrags.

Artikel aus dem Schwäbisch Haller Monatsmagazin Alpha Press, Ausgabe Februar/März 2010

In jedem Landkreis gibt es eine noch weitgehend unbekannte Heimatarmee

Deutschland verfügt über eine neue unbekannte Heimatarmee. 441 Kommandos aus jeweils zwölf ständig einsetzbaren Reservisten sind in sämtlichen kreisfreien Städten, Landkreisen und Regierungsbezirken eingerichtet worden. Sie stehen unter dem Kommando der Bundeswehrführung und haben kurzfristig Zugriff auf weitere rund 80.000 bis 100.000 speziell ausgebildete Reservisten. Eingebunden in die zivilen Katastrophenschutzstäbe, erhalten sie Einsicht in die Bereitschaftsstände von zivilen Behörden, Polizei, technischem Hilfswerk und Feuerwehr. Sie sollen vor allem den Katastrophenschutz verbessern. (1)

Doch was ist außerdem ihre Aufgabe? Und wie kam es zu dieser zusätzlichen Armee mit einer Truppenstärke von zirka 5300 Mann und Frau – plus X?

Am 17. Februar 2005 wurde des Nachts vom Bundestag das „Gesetz über die Neuordnung der Reserve der Streitkräfte und zur Rechtsbereinigung des Wehrpflichtgesetzes“ beschlossen. Ohne mündliche Aussprache – und fast ohne Berichterstattung der Medien. Der Kern des Gesetzes ist die Anhebung des Alters auf 60 Jahre, bis zu dem Zeitsoldaten als Reservisten zu Einsätzen mobilisiert werden können, die sich dafür bereit erklärten. Reservistinnen und Reservisten sollen in den Umbau – man sagt hier „Transformation“ – der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zu einer weltweit agierenden Interventionsarmee aktiv einbezogen werden. Mit § 6c des Gesetzes wird der Einsatz der Bundeswehr im Inneren der Bundesrepublik Deutschland geregelt. Er weist Reservistinnen und Reservisten entsprechende Aufgaben zu. (2)

„In der Fläche der Republik neu aufgestellt“

Über zwei Jahre später meldet die Bundeswehrzeitschrift „Y“: „Seit Jahresbeginn stellt sich die Bundeswehr in der Fläche der Republik neu auf.“ Sie zitiert Minister Franz Josef Jung: „Die flächendeckende Einführung der Zivilmilitärischen Zusammenarbeit im Inland stellt sicher, dass die Bundeswehr in unsrer Heimat jederzeit und an jedem Ort unseres Landes Hilfe und Unterstützung leisten kann.“ (3) Jung sagte weiter: „Reservistinnen und Reservisten bleiben integraler Bestandteil der Bundeswehr. “Sie seien, so im Kommentar von „Y“ weiter, vor allem auch als Mittler zur Gesellschaft gefordert. „Die gemeinsame Anstrengung gegen das ‚freundliche Desinteresse’ der Gesellschaft ist eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe für die Reservistinnen und Reservisten der Bundeswehr“, erklärt Generalleutnant Johann-Georg Dora, Stellvertreter des Generalinspekteurs, zuständig für Reservistenangelegenheiten, so auch die werbende Tätigkeit der neuen Armee erläuternd.

800.000 Reservistinnen und Reservisten stehen bereit

Bereits im „Weißbuch 2006“ der Bundeswehr wird die vielfältige und große Bedeutung der Reservistinnen und Reservisten hervorgehoben: „Sie leisten vor allem bei den besonderen Auslandsverwendungen auf freiwilliger Basis einen unverzichtbaren Dienst. Sie haben durch ihren Einsatz maßgeblich Anteil daran, dass die Bundeswehr weithin hohes Ansehen genießt und sich auf eine breite Unterstützung durch die Gesellschaft verlassen kann. (…) Die Bundeswehr kann ihre Reservistinnen und Reservisten ohne Rückgriff auf Mobilisierungsmaßnahmen im gesamten Aufgabenspektrum nutzen. Der personelle Ergänzungsumfang der Streitkräfte beläuft sich auf 80.000 bis 100.000 Reservistinnen und Reservisten.“ (4) Schätzungsweise 800.000 Reservistinnen und Reservisten stehen bereit, sobald der Ergänzungsumfang der Bundeswehr vergrößert ist. Die Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) gliedert sich in ZMZ Inneres und ZMZ Äußeres.
Den äußeren wie inneren Bereich von ZMZ berührt die Abwehr der Flüchtlinge. Vieldeutig heißt es im „Weißbuch 2006“ der Bundeswehr: „Die innenpolitischen Folgen unkontrollierter Migration als Folge von Flüchtlingsbewegungen sind ein wachsendes Problem der europäischen Gesellschaften, deren Integrationsfähigkeit durch Ströme von Bürgerkriegsflüchtlingen, Umweltflüchtlingen, Armuts- und Wirtschaftsmigrantenüberfordert werden können“.(5) Von verschiedenen Hilfsorganisationen wurde bereits Kritik an dem Konzept der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit geäußert, insbesondere in Bezug auf Auslandseinsätze.(6) Die Zusammenfassung dieser Kritik besteht in folgendem: Den Verfechtern dieses Konzepts wird vorgeworfen, der Zusammenarbeit durch die zivile Komponente eine humanitäre Note geben zu wollen, und damit den Krieg zu verharmlosen. Ein weiterer Kritikpunkt ergibt sich aus der Finanzierung von ZMZ-Einsätzen: Diese werden teilweise vom Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, nationalen und internationalen Organisationen sowie Privatpersonen finanziert. Somit fließt diesen Einsätzen und damit auch dem Militär Geld zu, das ansonsten für zivile Organisationen oder für den Einsatz von zivilen Friedensfachkräften verwendet werden könnte.

Es begann beim G8-Gipfel 2007

In diesem Beitrag soll der bisher unterentwickelten Kritik an der ZMZ Inneres Raum gegeben werden. In größerem Umfang wurde sie bekannt beim Einsatz bei sogenannten Großereignissen wie dem G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm und dem Nato-Gipfel im Frühjahr 2009 in Kehl und Straßburg. In einer Antwort der Bundesregierung an den Bundestag schließt das Bundesverteidigungsministerium nicht aus, dass die ZMZKommandos bei Demonstrationen zum Einsatz kommen. Dies obliege allein den Landesbehörden. Selbst der Militäreinsatz anlässlich von Streiks im Transport-, Energie- oder Gesundheitswesen sowie bei der Müllabfuhr wird nicht ausgeschlossen – eine Entscheidung darüber sei „dem jeweiligen Einzelfall vorbehalten“. (7)
Die Bundestagsabgeordnete der Partei DieLinke Ulla Jelpke dazu: „Die Bundesregierung hält sich damit alle Optionen für den Militäreinsatz im Inneren offen. Die ZMZ-Kommandos wirken gleichsam als militärische Vorauskommandos, die schleichend in die zivilen Verwaltungsstrukturen einsickern. Das Konzept der ZMZ läuft damit letzten Endes auf einen offenen Verfassungsbruch hinaus.“
Die Bundeswehr kommt uns somit durch die Hintertür und auf leisen Sohlen hin zum Einsatz im Innern. Ein Heimatschutz nach amerikanischem Vorbild wird aufgebaut und den zivilen Behörden in Stadt und Land „zur Seite gestellt“. Im Artikel 35 des Grundgesetzes ist für den Einsatz der Bundeswehr im Innern nur vorgesehen: „Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall“. (8) Von Hilfe bei Polizeiaufgaben und „Großereignissen“ ist da nicht die Rede. Dennoch wird mit dem schwammigen Begriff „Terroranschläge“ gearbeitet, der die Reservisten zu Hause zur Waffe greifen lassen soll. (9)

Der Gegner ist der „Terrorist“

Die aktuellen „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ besagen: „Zum Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger leistet die Bundeswehr künftig einen bedeutenden, zahlreiche neue Teilaufgaben umfassenden und damit deutlich veränderten Beitrag im Rahmen einer nationalen Sicherheitskonzeption. (…) Zum Schutz der Bevölkerung und der lebenswichtigen Infrastruktur des Landes vor terroristischen und asymmetrischen Bedrohungen wird die Bundeswehr Kräfte und Mittel entsprechend dem Risiko bereithalten. Auch wenn dies vorrangig eine Aufgabe für Kräfte der inneren Sicherheit ist, werden die Streitkräfte im Rahmen der geltenden Gesetze immer dann zur Verfügung stehen, wenn nur sie über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen oder wenn der Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie kritischer Infrastruktur nur durch die Bundeswehr gewährleistet werden kann. Grundwehrdienstleistende und Reservisten kommen dabei in ihrer klassischen Rolle, dem Schutz ihres Landes und ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger, zum Einsatz.“ (10)
Auf einer Tagung von Bankern, Industriellen und Offizieren zur Förderung der gemeinsamen Interessen, genannt Celler Trialog, fasste Minister Jung diesen umständlichen Satz so zusammen: Es müsse „möglich sein, Kräfte und Mittel der Bundeswehr dann zum Schutz der deutschen Bevölkerung einzusetzen, wenn die Mittel der Polizei ausgeschöpft“ seien. (11) Die Voraussetzungen dafür seien durch die Zivil-Militärische-Zusammenarbeit (ZMZ) geschaffen. Sie wird durch Reservisten unter Führung von 5300 de facto hauptamtlichen Dienstposten erledigt. (12)

Bundeswehr während des G-8 Gipfels in Heiligendamm

Aus Rostock meldete bereits 2007 Vizeadmiral Wolfram Kühn, stellvertretender Generalinspekteur: „Die Bundeswehr hat einen weiteren Schritt zur Verbesserung des Schutzes Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger geleistet. Kompetente Ansprechpartner aus der Streitkräftebasis stehen zur Abwehr von Gefahrenlagen und Katastrophen und für Hilfe- und Unterstützungsleistungen zur Verfügung.“ (13) Rostock liegt in der Nähe von Heiligendamm, wo im Juni 2007 dann viele Tausend Protestierende zum Gipfel erschienen. Und das war dann die bekannte „Gefahrenlage“.
Kühn bestätigte es: „Ein weiteres Thema der Unterredung mit dem Inspekteur war die Unterstützungsleistung der Bundeswehr während des G-8 Gipfels in Heiligendamm.“ (14) Die Bundeswehr habe für die ZMZ wichtiges Material, wie Pioniergerät und Sanitätsmaterial an einzelnen Standorten konzentriert. Der Vizeadmiral: „Durch enge Anbindung an die zivilen Einsatzkräfte und militärisches Know-How sind Unterstützungsleistungen schnell und zielorientiert koordinierbar.“ (15)

Anmerkungen:
(1) Lt. BT-Drucksache 16/13847und Pressemitteilung der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke vom 1. September 2009
(2) Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode, 17.2.09, Protokoll Seite 14757 bis 14761.
(3) Bundeswehr-Magazin „Y“ 2/08
(4) „Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, Hg. vom Bundesministerium der Verteidigung, S. 160
(5) „Weißbuch 2006 …“, S. 27
(6) Siehe Wikipedia „Zivil-Militärische Zusammenarbeit“vom 12. 9. 09 und vor allem: Ute Finckh-Krämer, Ulrich
Finckh: Zivil-militärische Zusammenarbeit.Über die Gefahr der Verharmlosung von Militär und Krieg, Hg. v. Bund für Soziale Verteidigung, Minden 2006, ISSN 1439-2011
(7) BT-Drucksache 16/13847 vom 26. August 2009
(8) Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 35, Abs. 2
(9) Laut den unter Minister Struck im Mai 2003 von der Generalität formulierten Verteidigungspolitischen Richtlinien ist der „Schutz der Bevölkerung und der lebenswichtigen Infrastruktur des Landes vor terroristischen und asymmetrischen Bedrohungen“ Aufgabe der Bundeswehr.
(10) Verteidigungspolitische Richtlinien vom 21. 5. 03, siehe www.bundeswehr.de
(11) Lt. 14. 7. 2009: www.bmvg.de/portal/a/bmvg
(12) Es handelt sich um solche „Ehrenamtlichen“, die im öffentlichen Dienst tätig sind, und innerhalb einer Stunde dort abkömmlich sind.
(13) Internetseite der Bundeswehr: www.bundeswehr.de im Januar 2007
(14) (15) dito

„Keine Zuständigkeit“ meint die Bundeswehr; „Datenschutz“ meint das Landratsamt Schwäbisch Hall

Im August 2009 haben die LINKE, DKP (Deutsche Kommunistische Partei) und VVN-Bund der Antifaschisten aus dem Landkreis Schwäbisch Hall und Hohenlohekreis, die Landräte und Kreistagsfraktionen angefragt, welche konkreten Schritte zur Umsetzung der sogenannten „Zivilmilitärischen Zusammenarbeit-Inneres (ZMZ-I)“, in den Landkreisen vollzogen sind.
Nachdem die Landratsämter die Beantwortung der Anfrage zunächst an das „Landeskommando der Bundeswehr“ weitergeleitet hatte, gingen zwischen September und Oktober 2009 Schreiben bei den Unterzeichnern ein, dass bei der Bundeswehr „keine Zuständigkeit für die Beantwortung (unserer) Fragen besteht.“ Die Landratsämter meldeten sich daraufhin mit der Erklärung: „Des weiteren erlauben Sie mir den Hinweis, dass Detailinformationen über die Mitglieder des Kreisverbindungskommandos aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht statthaft sind.“ (Landratsamt Schwäbisch Hall)

Da es sich in der gemeinsamen Anfrage zur ZMZ-I nicht vorrangig um personenbezogene Auskünfte handelt, sondern um nachstehende Sachverhalte, sind die LINKE, DKP (Deutsche Kommunistische Partei) und VVN-Bund der Antifaschisten aus dem Landkreis Schwäbisch Hall und Hohenlohekreis durch die Nichtbeantwortung ihrer Fragen, noch kritischer geworden, was der Öffentlichkeit im Hinblick auf eine weitere „Militarisierung“ verschwiegen werden soll.

Es stellen sich folgende Fragen:
– Sind Landräte und Oberbürgermeister Mitglieder der „Kreisverbindungskommandos“ der ZMZ-I ?
– Welche konkreten Aufgaben und welchen Stellenwert haben das Militär und der Reservistenverband im Kreisverbindungskommando ?
– Wie ist die „Krise“ definiert, die zum Tätigwerden der ZMZ-Kommandos führt ?
– Gab und gibt es in den Landkreisen gemeinsame Übungen von Bundeswehr und zivilen Hilfsorganisationen?
– Was zählt in den Landkreisen zur „kritischen Infrastruktur“ ?
– Teilen die Landkreise die im Begründungsteil der Anfrage aufgeführte Kritik, dass durch die ZMZ-I militärische Strukturen demokratie- und friedensgefährdende Dimensionen annehmen können ?

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„Mit Scheuklappen und Fräsen“ – Stadtverwaltung Schwäbisch Hall nimmt Kurs auf kommunalen Kahlschlag

Der am 16. Dezember 2009 einstimmig beschlossene Doppelhaushalt 2010/2011 der Stadt Schwäbisch Hall beinhaltet (noch) keine brachialen Einschnitte bei den kommunalen Dienstleistungen. In der Schlussdebatte ließen OB und Gemeinderatsfraktionen aber durchblicken, dass sie da alsbald „nachbessern“ wollen.

Artikel aus dem Schwäbisch Haller Monatsmagazin Alpha Press, Ausgabe Februar/März 2010

Spannend, ob die Überweisung der DZ-Bank kommt

Das wurde jedoch nicht in Form von Ankündigungen ausgesprochen, sondern indem man „Sorgen“ zum Ausdruck brachte. Uta Rabe von der CDU bemühte das „Prinzip Hoffnung“ darauf, dass „die angenommenen Einnahmen im Gewerbesteuerbereich auch wirklich eintreffen“. Sie nennt einen konkreten Termin für das was sie „Nagelprobe“ bezeichnet: den März 2010. „Dann werden wir wissen, ob die angekündigten Gewerbesteuernachzahlungen der DZ-Bank auch tatsächlich überwiesen werden, oder ob wir in den ersten Monaten des Jahres 2010 bereits einen Nachtragshaushalt aufstellen und beschließen müssen.“

Dieter Vogt: Hällisch Fränkisches Museum in Gefahr

Dieter Vogt, Fraktionsvorsitzender der SPD, bemüht ebenfalls den Begriff „Hoffnung“. Er will darauf hoffen, dass 2012 die Konjunktur wieder anspringt. Ansonsten werde der Gemeinderat zu „unpopulären Maßnahmen gezwungen sein“. Bezugnehmend auf die Rede von OB Pelgrim nennt er zwei Beispiele für solch unpopuläre Maßnahmen“: Die Schließung des Hällisch Fränkischen Museums und die Privatisierung der Musikschule.

Preisendanz – der Mann mit der Fräse

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Thomas Preisendanz, lässt jetzt schon deutlich erkennen, wo seiner Meinung nach gestrichen werden soll. „Rund 7,6 Millionen Euro geben wir für alle zusätzlichen, freiwilligen Zuschüsse an Kindergärten und Schulen, an Kultur, Vereine, Kirchen, Soziales Sport , alles. Diese Zahl, 7, 6 Millionen steht bedrohlich, wie ein schier unübersteigbarer Berg im Raum, weil wir wissen, dass um ziemlich eben diesen Beitrag unsere Einnahmen in den nächsten Jahren sinken werden, mindestens“. Preisendanz lässt trotz verschiedener sprachlicher Windungen keinen Zweifel daran, dass er hier ran will, um die „strukturelle Diskrepanz von Ausgaben und Einnahmen aufheben“ zu können. Bemüht um eine anschauliche Sprache will der Schuldirektor beim Thema Sparen sich als Kreativgeist und sprachlicher Innovator profilieren. Deswegen will er als Werkzeug zum sozialen und kulturellen Kahlschlag nicht den hinlänglich bekannten „Rasenmäher“ zum Einsatz bringen, sondern die „Fräse“. Im Orginalton: „Vor dem Hintergrund der Musikschuldiskussion wird mir schon ein wenig bang, wenn ich daran denke, wie wir diese strukturelle Diskrepanz von Ausgaben und Einnahmen aufheben wollen. Denn da hilft ja nicht einmal mehr ein Rasenmäher, da bräuchte man eigentlich eine Fräse.“ Jeder Gärtner weiß, was übrig bleibt, wenn er seinen Rasen nicht mit dem Rasenmäher kürzt, sondern mit der Fräse bearbeitet: Ein Feld der Verwüstung. Der Oberlehrer hat wahrlich ein treffendes Bild gewählt.

Herrmann-Josef Pelgrim – der Scheuklappenmann

Auch wenn Preisendanz bei der bevorstehenden Spardiskussion sich vermutlich immer wieder um einen Platz in der ersten Reihe bemühen wird, so gibt es doch keine Zweifel, dass auch hier der „Chef“ der Thementreiber sein wird. Es ist kein Geheimnis, dass Pelgrim, der oberste städtische Manager, sich besonders in der Rolle des Wirtschafts- und Finanzexperten gefällt. Als solcher wird er wohl jetzt zunächst als „Thementreiber“ (moderner Begriff für das altmodische „Propagandist“) und, wenn es dann soweit ist, als Exekutor des sozialen Rückschritts auftrumpfen. Momentan befinden wir uns offenbar in dem Stadium, wo die Bürger auf künftige Zumutungen eingestimmt werden. Jetzt, wo der Propagandist gefragt ist, schlüpft Pelgrim in die Rolle des weisen Sehers und verantwortungsbewussten Warners. Während der Haushaltsberatungen setzte er mehrmals entsprechende Duftnoten. Er wies darauf hin, dass „wir am Ende der Fahnenstange angekommen“ und brachte bereits die Möglichkeit eines Nachtragshaushalts ins Gespräch. Seine Neujahrsbotschaft an die Haller Bürgerinnen und Bürger geht in die gleiche Richtung.

Pelgrim: „Bund und Länder sägen systematisch am finanzpolitischen Ast der Kommunen“

Auch überregional, als Landesvorsitzender der sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik, meldet sich Pelgrim zu Wort. „Bund und Länder sägen systematisch am finanzpolitischen Ast der Kommunen wirft der Haller OB den Verantwortlichen in Bund und Land vor und kommt zu dem Ergebnis: „Das Ende der Fahnenstange ist erreicht.“ Das klingt nicht einmal unplausibel und auch nicht unsympathisch. Allerdings vergisst Pelgrim zu sagen, wer für einige der folgenschwersten Weichenstellungen im Bund verantwortlich war: Nämlich seine Partei, die SPD. Die Eichelsche Steuerreform von 2001 eröffnete Konzernen enorme Möglichkeiten der legalisierten Steuerhinterziehung, deren Folgen bekanntlich gerade in Schwäbisch Hall zu besichtigen sind. Seither zahlt die Bausparkasse keine Gewerbesteuer mehr. Die Stadt Schwäbisch Hall geriet durch den Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen von 66,7 Millionen Euro im Jahr 2001 auf 15 Millionen Euro im Jahr 2002 in schwere finanzielle Bedrängnis. Seltsamerweise war vom SPD-Mitglied Pelgrim nie ein Wort der Kritik an der Entscheidung „seiner“ Partei zu vernehmen. Dass Pelgrim sich kritisch zur Steuervermeidungspolitik der Bausparkasse geäußert hätte, ist nicht bekannt. Aktuell klagt Pelgrim darüber, dass eine geänderte Berechnungsart bei der Zuteilung der Umsatzsteuer an die Kommunen der Stadt Schwäbisch Hall mittelfristig eine Verminderung der Steuereinnahmen um 8 Millionen Euro beschert. Wieder kein Wort davon, dass für diese Maßnahme eine Bundesregierung mit SPD-Beteiligung verantwortlich zeichnet und der zuständige Finanzminister den Namen Steinbrück hat. Liest mensch die Beiträge Pelgrims, so muss mensch glauben, dass all diese Maßnahmen so einfach irgendwie über die Menschheit gekommen sind. Er vergisst zu erwähnen, dass die Täter das Parteibuch der SPD besitzen, und will sich damit die Frage ersparen, warum das SPD-Mitglied Pelgrim das alles brav mitgetragen hat und nicht versucht hat, gegenzusteuern.

Warum sind die Kommunen arm?

Der Kommunalpolitiker Pelgrim verschließt konsequent die Augen davor, dass die von ihm beklagten Probleme entscheidend durch die Politik „seiner“ Partei auf Bundesebene zu verantworten sind – ein klassischer Fall von selektiver Wahrnehmung. Diese Form der selektiven Wahrnehmung ist allerdings beileibe keine individuelle Besonderheit des Haller OB. Sie prägt die überwiegende Mehrzahl der Kommunalpolitiker aus den etablierten Parteien – zu denen mittlerweile auch die Grünen zu zählen sind. Es passt da ganz ins Bild, dass von diesen Leuten immer so getan wird als wären „das Land“ oder „der Bund“ für die Nöte der Kommunen verantwortlich. Dass Bund und Land immer mehr Aufgaben an die Kommunen verschieben ohne sie gleichzeitig mit den erforderlichen finanziellen Mitteln auszustatten, trifft zu. Insofern hat der Spruch „Wer bestellt, muss auch bezahlen“ seine Berechtigung. Aber es ist eben nur ein Teil der Wahrheit. Denn es ist beileibe nicht so, dass deswegen soziale Standards, für deren Aufrechterhaltung der Bund verantwortlich ist, gewahrt werden. Die gegenwärtige schwarz-gelbe Regierung trocknet nicht nur die Kommunen finanziell aus. Sie schickt sich gegenwärtig an, auch bei den Ausgaben des Bundes im sozialen Bereich demnächst die Sense zu schwingen. Wenn etwa aus „Konsolidierungsgründen“ die Zuschüsse des Bundes an die Bundesagentur für Arbeit rabiat gekürzt werden, wird sich das in Form von massiven Streichungen bei den Weiterbildungsmaßnahmen bei der Bundesagentur für Arbeit niederschlagen. Eventuell werden sogar noch die ohnehin schon dürftigen Zahlungen an Hartz IV-Empfänger weiter gekürzt. Wenn die Bundesregierung, wie momentan angedacht, die Bundeszuschüsse zu den Krankenversicherungen kürzt, wird das sich in Form von verschlechterten Leistungen der Krankenkassen bei deutlich höheren Zusatzbeiträgen für die Versicherten niederschlagen. Die von den Parteien verschiedenster Couleur betriebene Gefälligkeitspolitik zugunsten der Kapitalbesitzer und Besserverdienenden findet bereits seit Jahren auf allen Ebenen (Bund, Ländern und Gemeinden) statt. Eine Folge ist, dass sich die Einkommen der Armen und den wohlhabenden Schichten immer weiter auseinander entwickeln. Hinzu kommt, dass als Folge der massiven Steuerentlastungen für Unternehmen und Vermögende die öffentlichen Kassen immer stärker austrocknen. In den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs zwischen 2004 und 2007 wurde dieses Problem noch etwas kaschiert. In Zeiten der Krise kommt es jedoch voll zum Tragen. Diese Politik der Umverteilung von Unten nach Oben ist nicht vom Himmel gefallen und ist auch nicht Ausgeburt eines naturwüchsigen Sachzwangs. Sie ist dem Wirken von konkret benennbaren Akteuren geschuldet, die diese Arbeit als Serviceleistung für die herrschenden Wirtschafts- und Machteliten erbrachten.

Es geht auch anders

Diese Politik ist beileibe nicht alternativlos. Im letzten Alpha-Press-Heft haben wir dargestellt, dass die öffentlichen Kassen nicht leer sein müssten. Nötig wäre allerdings, dass endlich diejenigen zur Kasse gebeten werden, deren Reichtum dank der neoliberalen Politik in den letzten beiden Jahrzehnten weit überproportional gestiegen ist. Der Möglichkeiten gibt es viele, was fehlt ist der politische Willen. Wenn Mitglieder der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen jetzt darüber jammern, dass das Geld für kommunale Leistungen fehlt, aber nicht über die Verantwortung der Spitzenpolitiker ihrer Fraktionen für diesen Missstand sprechen wollen, ist das wenig glaubhaft. Wem die Fortführung der kommunalen Leistungen in dieser Stadt wirklich ein Anliegen ist, muss über den privaten Reichtum sprechen, in dem die potentiellen Steuereinnahmen verschwunden sind. Wer das nicht tut, ist entweder ein Heuchler oder leidet unter solch starken Wahrnehmungsstörungen, dass er/sie eigentlich besser heute als morgen sein Mandat in öffentlichen Gremien niederlegt.

Für die Bürger und BürgerInnen dieser Stadt gibt es jedenfalls keinen Grund, dem Gejammer der Politiker Glauben zu schenken. In diesem Land gibt es genug Geld, um eine gute kommunale Versorgung sicherzustellen:

– Wiedereinführung der Vermögenssteuer
– Erhöhung des Spitzensteuersatzes von jetzt 42 Prozent auf 56 Prozent (wie schon in den 1980er Jahren)
– Rücknahme der Senkungen bei der Körperschaftssteuer ( jetzt 25 Prozent, früher 40 Prozent)
– Schließung der Steuerlöcher für Konzerne
– Einführung einer Transaktionssteuer auf Finanzgeschäfte
– Energisches Vorgehen gegen Steueroasen
– Bessere Ausstattung der Finanzämter mit Steuerfahndern
– Einführung einer Luxussteuer auf teure Häuser, Yachten, teure Autos, teuren Schmuck

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