Kirchberg bleibt grün, wie es singt und lacht – Kommentar zum Wahlkampfauftakt im Kirchberger Schloss

Sie demonstrierten in Kirchberg Einigkeit: Fritz Kuhn (links) und Harald Ebner. FOTO: David Jäger

Sie demonstrierten in Kirchberg Einigkeit: Fritz Kuhn (links) und Harald Ebner. FOTO: David Jäger

Sie sangen, sie lachten und waren sich eins. Ein klar organisiertes Bild lieferten die Grünen am Samstag, 25. April 2009, beim Wahlkampfauftakt in Kirchberg/Jagst jedoch nicht ab. Man könnte es den harten, aber in die Jahre gekommenen Kern nennen, der sich im Rittersaal hoch auf Schloss Kirchberg, eingefunden hatte. Etwa 60 Besucher waren gekommen.

Kommentar von David Jäger, Hohenlohe-ungefiltert

25 Prozent der Stimmen erlangte die grüne Partei bei der letzten Wahl in Kirchberg. Vielleicht war das einer der Gründe, weshalb der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90 die Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn, in die Grünen-Hochburg nach Kirchberg kam. Ein weiterer Grund könnte die regionale Verbundenheit sein, da er 1955 in Bad-Mergentheim geboren wurde. Mehr war von ihm aber nicht zu erfahren, da Kuhn am Samstag aus Zeitmangel Hohenlohe-ungefiltert kein Interview gegeben hat. Von einer vorherigen Pressekonferenz war im Vorfeld auch nichts bekannt gegeben worden.

Die Grünen, so betonte es Fritz Kuhn in seiner Rede, stehen hinter einer ökologischen Lösung der Finanzkrise. Die Abwrackprämie sei „wirtschaftlich und ökologisch“ wenig sinnvoll, da sie lediglich die bereits bestehende Nachfrage zeitlich ballt. Die Nachfrage nach Autos werde lediglich vorgezogen.

Ich meine, den alternativen Energien wird durch die Finanzkrise auch eine zeitliche Grenze gesetzt. Spätestens, wenn jeder eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach hat, ist der wirtschaftliche Aufschwung durch Investitionen und Subventionen in Umwelttechnik vorbei.

Eine grundsätzliche Systemkritik war bei der Grünen-Veranstaltung in den historischen Mauern eines Barockschlosses von keinem der Grünen-Redner (Fritz Kuhn, Jürgen Binder, Harald Ebner) zu hören. So viele politische Vertreter der grünen Partei anwesend waren, konnte jedoch kein einheitliches Statement nach außen getragen werden. Jürgen Binder, Europakandidat aus Künzelsau möchte im Gegensatz zu Fritz Kuhn, so verbessert er seinen Kollegen „Wieder an die Regierung kommen und nicht nur Schwarz-Gelb verhindern.“ Wer das sicher gerne hört ist die CDU. Harald Ebner,  Kreisvorsitzender und Kandidat für den Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe wollte davon jedoch nichts wissen. Er wolle sich, so Ebner, was eine Koalitionsaussage betreffe, taktisch alle Optionen offen halten, um für seine Partei und Wähler das Beste rauszuholen.
Die beste Figur machte an diesem Nachmittag jedenfalls Andreas Braun mit seinen musikalischen Gesangseinlagen. Der EU-Kandidat aus Backnang gab französische Chansons zum Besten und animierte die Parteibasis sogar dazu, mitzusingen. „La vie en rose“, auch wenn er es leider nicht brachte, müsste auch den Grünen gefallen. Wenn die Rose bei der nächsten Wahl in Kirchberg aber mal nicht welkt.

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„Genpflanzen zu entfernen, verstehen wir als Notwehr“ – Interview mit dem EU-Kandidaten Jürgen Binder (Grüne) aus Künzelsau

Jürgen Binder aus Künzelsau: EU-Kandidat der Grünen. FOTO: David Jäger

Jürgen Binder aus Künzelsau: EU-Kandidat der Grünen. FOTO: David Jäger

Interview von Hohenlohe-ungefiltert-Mitarbeiter David Jäger mit Jürgen Binder, dem Hohenloher Grünen-Kandidat für die Europawahl am 7. Juni 2009. Jürgen Binder ist Berufsimker und Mit-Initiator der Aktion „Gendreck weg“ (www.gendreck-weg.de/), welche gentechnisch veränderte Pflanzen von den Äckern entfernt. Außerdem betreibt der Imkermeister in Künzelsau eine Bioland „Honig-Manufaktur“ (www.honigmanufaktur.com/). Er ist Gründer der Heimvolkshochschule Lauda und dort auch als Lehrer tätig.

Herr Binder, angenommen, Sie werden bei der Wahl am 7. Juni 2009 von der Hohenloher Bevölkerung nach Brüssel geschickt – was würden Sie zurück in die Region geben?
Jürgen Binder: Ein Europaparlamentarier ist ja nicht nur seiner eigenen Region verpflichtet. Er ist zuständig für die europäische Zusammenarbeit. Bisher hat sich auch das Verständnis der Arbeit eines Europapolitikers, nicht darauf bezogen, dass er die Interessen seiner eigenen Region vertritt. Der Politiker im europäischen Parlament sollte versuchen, den Frieden in Europa zu stabilisieren. Jedoch ist Hohenlohe schon jetzt Zukunftsregion, was alternative Energie und ökologischen Landbau angeht. Und meiner Meinung nach kann Hohenlohe diesbezüglich ein Modell für Europa sein.

Welche persönliche Kompetenzen besitzen Sie, um diese Vorstellung in Brüssel adäquat zu vertreten?
Ich bin Lehrer und Tierwirtmeister, ich habe einen Landwirtschaftlichen Betrieb und einen Imker-Betrieb. Ebenso bin ich im Vorstand von Bioland. In diesem Verband arbeiten wir seit Jahren an der Ökologisierung der Landwirtschaft.  Und ich bin der Meinung dass wir 100 Prozent Bio-Anbau anstreben sollten.

Sie sind Mit-Initiator der Aktion „Gendreck weg“, wobei sie Gentechnik mehr oder weniger illegal von den Felder entfernen? Was muss man sich darunter vorstellen?
Als im Jahr 2004 in Deutschland der Anbau von Gentechnik gesetzlich erlaubt wurde, habe ich mich mit Kollegen zusammengesetzt und überlegt, was wir denn jetzt noch tun können. Wir haben demonstriert, wir haben Unterschriften gesammelt, doch jetzt wird es trotzdem angebaut und kontaminiert somit die umliegenden Flächen. Und unsere Bienen befliegen dann noch diese Pflanzen, sodass der Gen-Pollen dann im Honig landet. Das Ergebnis dieser langen Analyse war, wenn er jetzt noch angebaut wird, bleibt uns nur noch die Option die Genpflanzen zu entfernen. Wir verstehen das als Notwehr.

So nachvollziehbar wie das klingt, ist Selbstjustiz in Deutschland nicht strafbar?
Ich habe im Moment auch einen Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht am Laufen. Dort wird mir der Aufruf zu Straftaten vorgeworfen.

Wie soll ihrer Meinung nach grüne Politik in Brüssel aussehen. Worauf legen Sie ihr Hauptaugenmerk?
Mein Hauptaugenmerk besteht darin, dass wir die landwirtschaftliche Struktur so ändern, dass wir eine Erntesouveränität sicherstellen. Nicht nur bei uns, sondern auch in den Ländern der Dritten Welt, sodass diese nicht Lebensmittel herstellen und weiterverkaufen. Das sind derzeit beispielsweise Soja und Mais, die bei uns an Tiere verfüttert werden. Die Landwirte der Dritten Welt sollen Lebensmittel für ihre eigene Bevölkerung herstellen. Dann muss auch niemand hungern und wir brauchen auch keine Gentechnik mit ihrem Heilsversprechen, die Welt vom Hunger zu befreien.

Bewerbung von Jürgen Binder bei der 29. ordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Januar 2009 in Dortmund für eine Kandidatur auf der Grünenliste bei der Europawahl: bewerbung_juergen_binder (PDF-Datei)

Weitere Infos im Internet:

www.gendreck-weg.de/

www.honigmanufaktur.com/

www.gentechnikfreies-europa.org/

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