Auf Einladung der attac-Gruppe Schwäbisch Hall hielt Dr. Werner Rügemer, Dozent an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln, am 26. November 2009, im Sybilla-Egen-Haus, Am Markt, in Schwäbisch Hall einen Vortrag zum Thema „Von Cross Border Leasing zu Public Private Partnership“.
Artikel aus der Zeitschrift Alpha Press, Schwäbisch Hall, Ausgabe November/Dezember 2009
Verlust von zwölf Millionen Euro allein bei Bodensee-Wasserversorgung
Cross-Border-Leasing (CBL) bezeichnet ein über nationale Grenzen hinweg abgeschlossenes Finanzierungsgeschäft, bei dem die in den einzelnen Staaten unterschiedlichen steuerrechtlichen Vorschriften ausgenützt werden. In einer Pressemitteilung vom 27. März 2009 gab die Bodensee-Wasserversorgung bekannt, dass sie in Umsetzung der Beschlüsse der Verbandsversammlung vom 18. Februar 2009 ihren Cross-Border-Leasing Vertrag (mit einem amerikanischen Investor) am Vorabend noch vor dem eigentlichen Fristende aufgelöst habe. Diese vorzeitige Auflösung des Vertrages kostet die Bodensee-Wasserversorgung rund 57 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung des bisherigen Ertrages von 45 Millionen Euro aus dem sogenannten Barwertvorteil, ergibt sich ein Verlust von zirka 12 Millionen Euro. Mit den Erträgen aus dem so genannten Barwertvorteil wurde von 2002 bis 2009 der Kubikmeterpreis des Wassers mit drei Cent subventioniert, was ab 2010 wegfällt. Durch den Verlust aus dem Cross-Border-Leasing-Geschäft muss mit einer weiteren Preissteigerung von zirka zwei Cent gerechnet werden, so dass sich ab 2010 eine Preissteigerung von rund fünf Cent je Kubikmeter Wasser ergibt. Die im Zusammenhang mit dem Cross-Border-Leasing- Geschäft geschlossenen Darlehensverträge (zwischen Bayerischer Landesbank und Landesbank Baden-Württemberg) mit einer Restlaufzeit von zwanzig Jahren bleiben bestehen. Mittelbar sind auch die Kunden der Stadtwerke Schwäbisch Hall, die zu etwa 80 Prozent ihren Wasserbedarf über die Nordostwürttembergische Wasserversorgung (NOW) decken, wegen der Versorgungsverflechtung mit der Bodensee-Wasserversorgung betroffen.
Öffentliche Hand durch Leasingverträge gebunden
Public-Private-Partnership (PPP) oder Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) bezeichnet eine Finanzierungsform, bei der ein privater Investor anstelle der Öffentlichen Hand (Gemeinde, Landkreis, Bundesland usw.) zum Beispiel ein öffentliches Gebäude (Schule, Schwimmbad, Kläranlage, Autobahn oder ähnliches) errichtet und laufend unterhält, das die Öffentliche Hand für eine vereinbarte Laufzeit least. Nach den in der EU geltenden Regeln ist ein PPP-Projekt dann nicht der öffentlichen Verschuldung zuzurechnen, wenn der private Investor das Marktrisiko trägt.
Literatur zum Thema:
Werner Rügemer: Cross Border Leasing.
Ein Lehrstück zur globalen Enteignung
der Städte, Verlag Westfälisches
Dampfboot, ISBN 3-89691-568-1, 19,90 Euro
Werner Rügemer: Privatisierung in
Deutschland. Eine Bilanz. Von der
Treuhand zu Public Private Partnership.
Verlag Westfälisches Dampfboot,
ISBN 978-3-89691-630-3, 24,90 Euro
Werner Rügemer: „Heuschrecken“ im
öffentlichen Raum. Public Private Partnership.
Anatomie eines globalen Finanzinstruments,
Verlag transcript, ISBN 978-3-89942-851-3, 16,80 Euro