„Banken strenger kontrollieren, Steuerflucht und Schwarzarbeit verhindern“ – Interview mit Bundestagskandidatin Annette Sawade aus Schwäbisch Hall (SPD)

Annette Sawade (SPD).

Annette Sawade (SPD).

Hohenlohe-ungefiltert hat am Montag, 14. September 2009, vormittags den Direktkandidatinnen und Direktkandidaten des Wahlkreises Schwäbisch Hall-Hohenlohe einen umfangreichen Fragenkatalog zur Bundestagswahl 2009 zukommen lassen. Befragt wurden Stephen Brauer (FDP), Annette Sawade (SPD), Hans-Jürgen Lange (Für Volksentscheide), Silvia Ofori (Die Linke), Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) und Christian von Stetten (CDU). Die angefragten Kandidatinnen und Kandidaten hatten eine Woche Zeit, um die Fragen zu beantworten (Einsendeschluss: Sonntag, 20. September 2009, 24 Uhr).

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Als Viertschnellste antwortete Annette Sawade (SPD)

Nicht befragt wurde aufgrund eines mehrheitlichen Redaktionsbeschlusses Lars Gold (NPD) aus Langenau bei Ulm. Hohenlohe-ungefiltert wollte der rechtsextremen Partei keine Plattform für Parolen geben. Außerdem führt der NPD-Bewerber offensichtlich keinen aktiven Wahlkampf im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe und ist allem Anschein nach nur NPD-Platzhalter für die Erststimme. Als einziger der sechs angefragten Kandidaten schickte Christian von Stetten (CDU) keine Antworten.

Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die Kandidaten-Interviews in der Reihenfolge ihres Eingangs. Als Vierte der sechs angefragten Kandidatinnen und Kandidaten antwortete Annette Sawade aus Schwäbisch Hall (SPD). Ihre Fragen trafen am Sonntag, 20. September 2009, um 22.04 Uhr in der Hohenlohe-ungefiltert-Redaktion ein. Auf dem amtlichen Stimmzettel des Wahlkreises Schwäbisch Hall-Hohenlohe steht bei der SPD-Politikerin noch als Wohnort Stuttgart. Annette Sawade ist aber im Sommer 2009 nach Schwäbisch Hall umgezogen.

Interview mit Annette Sawade, Diplom Chemikerin (SPD) – die Fragen stellte Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert:

In welchen Firmen und Vereinen sind Sie aktiv?

ANNETTE SAWADE: Keine Firmen, Vereine: Schwäbischer Heimatbund, Mieterverein, pro familia, AWO, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (CJZ),  Naturfreunde

An welchen Firmen sind Sie beteiligt?

Keine Beteiligungen

Wie teuer ist Ihr Wahlkampf und wie finanzieren Sie diesen – von wem bekommen Sie Geld dafür?

Wahlkampfhilfe vom SPD-Landesverband, Mitgliederspenden und private Finanzmittel.

Was sind für Sie die drei wichtigsten politischen Ziele, die Sie für die Bürgerinnen und Bürger des Wahlkreises Schwäbisch Hall-Hohenlohe erreichen wollen?

Sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze,
Stärkung des Mittelstandes (Flexiblere Kreditkonditionen, z.B. steuerliche Erleichterung wenn ausgebildet wird, Entbürokratisierung),
Stärkung des ländlichen Raumes (z.B. Breitbandversorgung, Bahn und Individualverkehr-Anbindungen, medizinische Versorgung).

Was bedeutet für Sie Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit in der Politik und im Geschäftsleben? Nennen Sie bitte konkrete Beispiele.

Keine Zusagen, die nicht umsetzbar sind, Mut zur Lücke.

Wie ist die Finanz- und Wirtschaftskrise zu meistern, ohne dass der Staat weiter übermäßig Schulden anhäuft?

Strengere Bankenkontrollen, Verhinderung von Steuerflucht und Schwarzarbeit.

Wie ist Ihre persönliche politische Strategie für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan? Was muss dort getan werden?

Das Land muss befriedet werden, mittelfristig muss die Bundeswehr das Land wieder verlassen.

Sie wohnen seit einigen Monaten in Schwäbisch Hall. Sie hatten aber oder haben noch immer Ihren Lebensmittelpunkt in Stuttgart. Warum kandidieren Sie im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe für den Bundestag? Hat die SPD keinen geeigneten Kandidaten oder keine geeignete Kandidatin aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe gefunden? Warum musste Ihre Partei auf eine auswärtige Kandidatin zurückgreifen?

Mein Mann und ich wohnen seit 1. August 2009 mit Hauptwohnsitz in Schwäbisch Hall. Mein Mann arbeitet in Stuttgart und pendelt. Ich bin seither in Schwäbisch Hall. Die Kandidatinnenfrage ist seit dem 12. September 2008 endgültig entschieden, dort wurde ich mit 78 von 79 Stimmen von den Delegierten gewählt.

Sie sagten in einem Interview für eine Lokalzeitung der Region vor kurzem, dass sie wahrscheinlich „die einzige Bundestagskandidatin“ seien, die „vom Osten in den Westen gegangen ist und sich nun vom Westen aus um ein Bundestagsmandat bewirbt“. Stimmt das wirklich und: haben Sie das überprüft?

Ich sagte in dem Interview „wahrscheinlich“.

Was konnten Sie als Gemeinderätin der Stadt Stuttgart bewirken und durchsetzen? Was ist Ihnen nicht gelungen – und warum nicht? Welche Themen waren Ihnen in der Arbeit als Gemeinderätin besonders wichtig?

Diese Frage ist für meine Kandidatur nicht essentiell.

Sie äußerten in den vergangenen Tagen auch, dass Sie eigentlich schon daran gedacht hatten, mit der Politik aufzuhören. Was hat Sie zu dieser Überlegung bewogen? Und: Warum haben Sie dann doch nicht aufgehört?

Das ist nur die halbe Wahrheit, 15 Jahre Kommunalpolitik waren für mich eine ausreichend lange Zeit, deshalb habe ich auch nicht mehr kandidiert. Über andere politische Herausforderungen habe ich mich nicht geäußert.

Wann und warum stellten Sie einen Ausreiseantrag aus der DDR? Mit wem oder was kamen Sie in Ihrem Geburtsland nicht mehr zurecht?

Meinen ersten Ausreiseantrag stellte ich Ende 1978. Mir wurden weitere berufliche Perspektiven verbaut (z. B. eine Promotion), den Kindern wollten wir ein Aufwachsen in einem unfreien Land ersparen.

Warum haben Sie sich in Westdeutschland der SPD und beispielsweise nicht der CDU, der FDP oder den Grünen angeschlossen?

Weil mich die Ostpolitik Willy Brandts überzeugt hat. Mein Elternhaus und unser Freundeskreis, auch wenn in der DDR lebend, hatten eine hohen Bezug zur SPD und viele Menschen mit SPD-Parteibuch haben unsere Ausreise unterstützt (u.a. auch Herbert Wehner).

Können Sie sich als ehemalige DDR-Bürgerin vorstellen, mit der Partei DIE LINKE eine Koalition zu bilden? In der Partei DIE LINKE sind ja auch viele ehemalige Parteimitglieder der SED.

Ich kämpfe für eine starke SPD. In die West-CDU/FDP/Bauernpartei wurden die sogenannten Blockflöten kommentarlos übernommen, das waren viele 150-prozentige Systemunterstützer. Frau Merkel war in Funktion bei der FDJ, nur wer linientreu war, durfte z.B. promovieren.

Warum wollen Sie sich nicht über Christian von Stetten (CDU), den derzeit einzigen Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Schwäbisch Hall-Hohenlohe und dessen politische Arbeit äußern? Wollen Sie das auch dann nicht tun, falls Sie beide in den Bundestag gewählt werden – was ja nicht ausgeschlossen ist?

Das wird sich, wenn ich ein Mandat habe, finden.

Finden Sie seine Art, Politik zu machen und wie er seinen Wahlkampf bestreitet, gut und aufschlussreich für die Bürgerinnen und Bürger?

Ich mache SPD-Politik und die ist anders als CDU-Politik.

Wie schätzen Sie den Wahlkampf in Schwäbisch Hall-Hohenlohe bisher ein: Ist dieser bisher aus Ihrer Sicht interessant, erhellend für die Bürgerinnen und Bürger und auch fair verlaufen? – Oder war der Wahlkampf in Schwäbisch Hall-Hohenlohe langweilig, wie dies einige bundesweite Medien für den Wahlkampf in Deutschland insgesamt konstatierten?

Mir hat der Wahlkampf sehr viel Informationen, Erfahrungen und Begegnungen und gute Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern aus allen Lebensbereichen des Wahlkreises gebracht. Es wäre gut, wenn ich diese nach dem 27. September 2009 mit einem Mandat fortsetzen könnte.

Konnten Sie viele Bürgerinnen und Bürger zu Ihren Wahlkampfveranstaltungen locken, oder fanden viele davon nur „im kleinen Kreis“ statt? Wo drückt die Bürgerinnen und Bürger des Wahlkreises der Schuh am stärksten?

Die Besuche waren unterschiedlich, aber oft war eine Diskussion auch im kleineren Kreis für alle  Beteiligten ein Gewinn. Die Probleme sind vielfältig: Die Milchbauern, die um ihre Existenz fürchten, die Erzeuger von alternativen Energien, die um ihre Zukunft fürchten, wenn der Ausstieg aus dem Ausstieg der Kernenergie kommen würde, die Firmen und Bürger, die eine bessere Versorgung mit Breitband dringend benötigen.

Droht eine Verschärfung der Hartz-IV-Gesetze?

Wenn Schwarz-Gelb kommt, ist das zu befürchten, weil schon im Dezember 2004 diese beiden Parteien über den Bundesrat eine Verschärfung der ursprünglichen Vorhaben durchgesetzt haben.

Bei welchem Konkurrenten, bei welcher Konkurrentin stellen Sie die größte inhaltliche Übereinstimmung fest?

Mit dem Vertreter der Grünen, da gibt es eine Reihe von Schnittmengen.

Warum halten Sie es für besser, wenn im Bundestag in Berlin nicht nur ein Vertreter aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe sitzt?

Dann kann man mit Sicherheit mehr für den Wahlkreis durchsetzen

Wie hoch müsste das SPD-Zweitstimmenergebnis sein, damit Sie mit großer Wahrscheinlichkeit in den Bundestag einziehen können?
Zirka 24 bis 25 Prozent, ich werbe aber auch um viele Erststimmen.

Warum brauchen wir „Bürger, die in der Regierung sitzen, nicht nur Lobbyisten“?

Lobbygruppen gibt es schon zuhauf. Wir brauchen Menschen, die sich für das Gemeinwohl, anstatt Einzelinteressen einsetzen. Man muss sich gegen Lobbygruppen auch durchsetzen können.

Was werden Sie beruflich tun, wenn es mit dem Einzug in den Bundestag nicht klappen sollte?

Ich bin Beschäftigte des Umweltministeriums Baden-Württemberg, mir würde dort die Arbeit an interessanten Projekten und Aufgaben nicht ausgehen.

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