„Skandalöser Brettheim-Richter und ein opportunistischer Schriftsteller“ – Buch „Täter Helfer Trittbrettfahrer – NS-Belastete aus Mittelfranken mit Biographien über Landgerichtsdirektor Andreas Schmidt und den Schriftsteller Georg Harro Schaeff-Scheefen

Druckfrisch ist der 15. Band der Buchreihe „Täter Helfer Trittbrettfahrer“ – NS-Belastete aus Mittelfranken“. Darin enthalten sind auch zwei Biografien, die für die Menschen im Altkreis Crailsheim besonders interessant sind. Der Ansbacher Landgerichtsdirektor Andreas Schmidt und der Schriftsteller Georg Harro Schaeff-Scheefen, der von 1936 bis zu seinem Tod 1984 in Kirchberg/Jagst lebte.

Von Hohenlohe-ungefiltert

Den Brettheimern die Schuld gegeben

Schmidt war schon 1927 Mitglied der NSDAP und ein früher Anhänger des „Bund für deutsche Gotterkenntnis (Ludendorff), einer der ganz wenigen in der NS-Zeit anerkannten Weltanschauungsgemeinschaften. Von 1937 bis 1945 und wieder von 1951 bis 1959 arbeitete er als Landgerichtsdirektor am Landgericht Ansbach. Bundesweites Aufsehen erregte Schmidt, als er 1955 zwei ehemalige SS-Männer freisprach, die noch am 10. April 1945 in Brettheim drei Männer erhängen und vier Tage lang am Friedhofseingang hängen ließen. Während der Gerichtsverhandlung gab er nicht den Henkern, sondern den Brettheimern schuld am Tod der Männer.

Primitiv-antijüdischer Roman

Als opportunistischer und antisemitischer Schriftsteller trat Georg Harro Schaeff-Scheefen vor und während des Dritten Reiches in Erscheinung. 1933 bekannte er sich zur nationalsozialistischen Bewegung. 1937 trat er der NSDAP bei. Als Wehrmachtssoldat in Budweis war er von 1941/42 für „geistige Truppenbetreuung“ zuständig. Nicht veröffentlicht wurde (gottlob) sein primitiv-antijüdischer Romanentwurf „Rebell auf der Kanzel – Doktor Johannes Deuschlin aus Rothenburg ob der Tauber – ein Kämpfer für Recht und Reich“.

„Braune Bastion“ Mittelfranken

Warum galt Mittelfranken als „braune Bastion“, als „braunster Fleck in Deutschland“ oder gar als „deutscheste aller Landschaften“? Diese Fragen bearbeitet der neue THT-Band in seinen insgesamt 29 Täter-Biographien. Die Buchreihe „Täter Helfer Trittbrettfahrer“ will in zwanzig regional gestaffelten Bänden das bisherige Wissen über den lokalen Nationalsozialismus in Süddeutschland erweitern. Über 200 Autorinnen und Autoren treten an, um das “Große Schweigen” (Ralph Giordano) vor Ort zu überwinden und eine bewusst faktenbasierte und quellengestützte NS-Täterforschung voranzubringen.

Die NS-Geschichte erweitern und nachjustieren

Die regionale NS-Vergangenheit darf weder schöngeredet noch totgeschwiegen werden. Gerade in „postfaktischen“ Zeiten kommt es darauf an, hart an der Sache, kontextbezogen und nachvollziehbar insbesondere in den Archiven nachzuforschen. Dabei müssen neben den Toptätern auch solche NS-Belastete untersucht werden, deren persönliche Schuld zunächst als Marginalie erscheinen mag. Weil aber solche Täter in ihrer großen Masse einen erheblichen Anteil an der Akzeptanz des Unrechtsregimes bei der Mehrheit der Deutschen hatten, sind es gerade die Helfershelfer und Trittbrettfahrer aus der zweiten und dritten Reihe, ohne die der Nationalsozialismus heute in seiner ganzen Breite nicht angemessen verstanden werden kann. Dabei zeigt sich: Die NS-Geschichte muss nicht neu geschrieben, aber im Detail erweitert und nachjustiert werden.

Buch: „Täter Helfer Trittbrettfahrer – NS-Belastete aus Mittelfranken“, Band 15, Herausgeber Wolfgang Proske, Kugelbergverlag 2023, Gerstetten, 375 Seiten, Preis 27,99 Euro, ISBN 9783945893227, Internet www.kugelbergverlag.de, E-Mail info@kugelbergverlag.de

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