„Den Schaeff-Scheefen-Preis gibt es nicht mehr“ – Kurzgeschichtenpreis des AVF in „Fränkischer Kurzgeschichten-Preis“ umbenannt

Der Kurzgeschichtenpreis des Autorenverbands Franken (AVF) hat einen neuen Namen bekommen. Er heißt jetzt „Fränkischer Kurzgeschichten-Preis“. Den „Schaeff-Scheefen-Preis“, benannt nach dem AVF-Gründungsvorsitzenden Georg Harro Schaeff-Scheefen, gibt es nicht mehr.

Informationen von der Internetseite des Autorenverbands Franken (AVF)

Zu distanzlose und unkritische Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus

Bei der letztjährigen Verleihung des Schaeff-Scheefen-Preises (Anmerkung: 2021) für fränkische Kurzgeschichten tauchten Hinweise auf, die bei Georg Harro Schaeff-Scheefen eine zu distanzlose und unkritische Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus vermuten ließen. Letztlich führten sie dazu, dass David Jacobs, der Gewinner des Wettbewerbs, auf seine Auszeichnung und das damit verbundene Preisgeld verzichtete.

Dem aufkommenden Nationalsozialismus wohlwollend gegenüber gestanden

Der AVF hat dies zum Anlass genommen, die Rolle seines Gründers während der NS-Diktatur genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei hat sich herauskristallisiert, dass Georg Schäff, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, dem aufkommenden Nationalsozialismus durchaus wohlwollend gegenüberstand. Insbesondere erhoffte er sich von ihm eine Korrektur der damals zu beklagenden sozialen und ökonomischen Verwerfungen. Manche der von ihm hierzu verfassten Texte sind aus heutiger Sicht in der Tat völlig inakzeptabel!

1937 der NSDAP beigetreten

Zudem trat Georg Schäff im Jahr 1937 der NSDAP bei. Ein weiterer unschöner Fleck auf seiner Biographie ist sein unveröffentlichter Roman „Rebell auf der Kanzel“, in dem er den antisemitischen Hetzprediger Johannes Teuschlein zum Volkshelden hochstilisierte. Teuschlein war als geistiger Brandstifter hauptverantwortlich für die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Rothenburg ob der Tauber, die im Jahr 1520 mit der Plünderung der Synagoge ihren unrühmlichen Abschluss fand.

Im Zuge der Entnazifizierung wurde das Verfahren gegen Schäff im Juni 1947 dennoch eingestellt. Zur Begründung hieß es: „Der Betroffene fällt nicht in die Klasse I oder II der Anlage zum Gesetz. Es besteht auch auf Grund des Ergebnisses der Ermittlungen kein hinreichender Verdacht, dass der Betroffene Hauptschuldiger, Belasteter oder Minderbelasteter ist.“

Nach dem Krieg freundschaftliche Beziehungen zu Gegnern des NS-Regimes

Aussagekräftiger als derartige Formalien sind jedoch die freundschaftlichen Beziehungen, die er nach dem Krieg zu erklärten Gegnern des NS-Regimes pflegte, sowie ihr gemeinsames Engagement für die fränkische Literatur. Dies betrifft beispielsweise

Kurt Karl Doberer (1933 als Sozialdemokrat emigriert, Ehrenvorsitzender des AVF)

Hermann Kesten (als Jude von den Nazis verfemt und verfolgt, floh zunächst nach Frankreich und später in die USA, Präsident und Ehrenpräsident des deutschen P.E.N.-Zentrums, Ehrenmitglied des AVF)

Georg Schneider (1933 mit einem Publikationsverbot belegt, 1946 Mitglied der verfassungsgebenden Landesversammlung und anschließend des Bayerischen Landtags, Mitglied des AVF)

Hermann Sendelbach (verfasste 1918 „Vergesst es nicht!“, einen der leidenschaftlichsten Aufrufe gegen den Krieg, hatte später als Mann einer sogenannten Halbjüdin unter den Nürnberger Rassegesetzen zu leiden, Mitglied des AVF)

Kritisch mit der jüngeren deutschen Geschichte auseinandergesetzt

Der Kurzgeschichtenpreis selbst hat unabhängig von seinem Namen in den nunmehr sechs Zyklen seines Bestehens immer wieder ein Forum für Texte gebildet, die sich kritisch mit der jüngeren deutschen Geschichte auseinandersetzen. So beschäftigten sich selbst bei dem scheinbar unpolitischen Thema „Wind“ fünf von dreißig veröffentlichten Beiträgen mit dem unerfreulichen Phänomen des Rechtsextremismus.

„Die Zerstörung unserer Herzen in Ordnung bringen und von vorne beginnen“

Eine selbstkritische Einschätzung seiner Rolle während des Dritten Reiches lieferte Schäff auf der letzten Seite seines 1949 erschienen Büchleins „Liebesfahrt im Taubergrund“. Dort legt er seinem Helden folgende Worte in den Mund: „Wir kommen aus den Trümmern und begegnen ihnen selbst hier. Wir kehren zu ihnen zurück in unseren Städten, die fast gänzlich zerstört sind. Aber wir sind um die Gewissheit reicher, daß wir den Schutt aufräumen und neu aufbauen können, so wie es hier allenthalben schon geschieht. Und so müssen wir auch die Zerstörung unserer Herzen in Ordnung bringen und von vorne beginnen.“

Neutraler Name „Fränkischer Kurzgeschichtenpreis des AVF“

In diesem Sinne hat der Vorstand des AutorenVerbandes Franken einstimmig beschlossen, seinen zweijährlich vergebenen Kurzgeschichtenpreis nicht mehr nach Persönlichkeiten aus der Vereinsgeschichte zu benennen, sondern ihn zukünftig unter dem neutralen Namen „Fränkischer Kurzgeschichtenpreis des AVF“ auszuschreiben.

Link zum Artikel auf der Internetseite des Autorenverbands Franken (AVF):

https://www.autorenverband-franken.de/Fraenkischer-Kurzgeschichtenpreis/

Weitere Informationen im Internet über Georg Harro Schaeff-Scheefen und seine Aktivitäten im Nationalsozialismus:

„David Jacobs gibt den Schaeff-Scheefen-Preis 2021 des Autorenverbands Franken zurück“ – Namensgeber Georg Harro Schaeff-Scheefen (Ehrenbürger der Stadt Kirchberg/Jagst) habe sich nicht deutlich genug vom Nationalsozialismus distanziert – https://www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=28861&cpage=1

Schaeff-Scheefen-Literaturpreis: Brauner Schatten auf dem Namensgeber – https://www.kontextwochenzeitung.de/kultur/565/brauner-schatten-auf-dem-namensgeber-7958.html

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