„Nachts um vier von Bomben geweckt“ – Friedensdemonstration auf dem Schwäbisch Haller Marktplatz

Mehr als 2500 Menschen kamen am Donnerstag, 3. März 2022, auf den Schwäbisch Haller Marktplatz zur Demonstration für den Frieden. Es gab mehrere RednerInnen, die verschiedene Schwerpunkte setzten. Der Verein „ohne Rechtsaußen“ steuerte ebenfalls einen Redebeitrag bei.

Vom Verein „ohne Rechtsaußen“

Ukrainerin Lena berichtete von ihrer Flucht

Es war eine ergreifende von Mitgefühl und Solidarität getragene Veranstaltung, die über 2500 Menschen auf dem Markplatz versammelte. Der beste Wortbeitrag kam von den Ukrainerinnen Lena und Maria: Lena ist vor drei Tagen aus Kiew geflohen und ihre Nichte Maria hat für sie live übersetzt. Sie berichtete wie sie aus ihrer Heimatstadt flüchten musste und wie der plötzliche Krieg sie aus ihrem Alltag gerissen und zur Flucht gezwungen hat. Lena, eine Kiewer Bankangestellte, wurde um 4 Uhr nachts von den Bomben geweckt und entschied sich dann mit ihrem 15-jährigen Sohn zu flüchten. Sie musste auf ihrer dreitägigen Flucht an die ukrainische Grenze ihre 80-jährigen Eltern und viele ihrer Freunde zurücklassen. Wir konnten Lena und Maria im Anschluss für ein Interview in unserer Radiosendung „Ohne Rechtsaußen FM“ gewinnen. Sie berichteten uns, was der Krieg mit ihrem Leben gemacht hat und wie die aktuelle Situation vor Ort ist.

Die Radio-Sendung hier nachhören:

https://www.ohnerechtsaussen.de/ohne-rechtsaussen-fm

Rede von David Jäger, Vorsitzender des Vereins „ohne Rechtsaußen“:

Mein Name ist David Jäger, ich bin Vorstand von „ohne Rechtsaußen e.V.“,

ich möchte in meinem kurzen Redebeitrag darauf hinweisen, dass der zentrale Baustein der heutigen europäischen Sicherheitsarchitektur, die Befreiung vom deutschen Autoritarismus war. Eines expansiven Autoritarismus, der sich anschickte, weite Teile Europas zu unterwerfen. Was viele nicht wissen, der deutsche Vernichtungskrieg (Anmerkung: Im Zweiten Weltkrieg) kostete acht Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern das Leben. Darin eingeschlossen die industrielle Vernichtung von 1,6 Millionen ukrainischer Jüdinnen und Juden.

Tod in einem unbekannten Land

Es war der Verdienst der Alliierten, allen voran der Amerikaner, uns vom Faschismus zu befreien und uns die Demokratie zu ermöglichen, die wir seit fast 70 Jahren leben. Die USA opferten dafür 1,1 Millionen amerikanischer Leben. Die Frage, die sich stellt, die sich vielleicht amerikanische Eltern stellten, ist, warum ihr Kind auf der anderen Seite des Atlantik, für die Freiheit eines ihnen vollkommen unbekannten Landes sterben musste. (Und
so fragen sich dies heute sicher auch viele ukrainische und russische Eltern).

Warum ist die Verteidigung von Freiheit, von Demokratie, so wichtig?

Es sind bereits Millionen und Abermillionen junger Menschen in sinnlosen Kriegen überall auf der Welt gestorben. Und natürlich stellt sich die Frage auch hier, warum sollten Menschen ihr Leben lassen, für willkürlich in den Dreck gezogene Linien. Warum es nicht einfach geschehen lassen, bevor jemand zu Schaden kommt, warum sich wehren? Ich denke aber, in der Ukraine wird gerade mehr verteidigt als nationale Identität, Heimat oder einfach nur ein Staat. In der Ukraine wird gerade die Idee unseres Lebens verteidigt, die Idee von Demokratie, von Freiheit von Menschenrecht gegen einen autoritären Staat, der sich die Ukraine einfach einverleiben will.

„Unsere Art zu leben steht auf dem Spiel“

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Ukraine nicht nur ein weit entferntes Land ist, sondern, dass dort unsere Art zu leben auf dem Spiel steht. Unsere volle Solidarität gilt den Ukrainerinnen und Ukrainern im Kampf gegen den
Autoritarismus. Und vielleicht ein Hinweis noch: Der Krieg Russlands gegen die Ukraine scheint Vielen ein geeigneter Vorwand für Russenfeindlichkeit zu sein. Dabei brauchen auch alle Russinnen und Russen, die diesen Krieg verurteilen, ebenso unsere volle Solidarität. Danke!

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