Die Veranstaltung „Arme Kinder im reichen Deutschland“, am 17. April 2018 in Schwäbisch Hall, setzte sich mit den Lebensumständen der 2,6 Millionen Kinder, die in Deutschland in Armut aufwachsen, auseinander.
Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall
„Strukturelle Armutsprävention“ weiter verfolgen
Der Schwerpunkt der Ausführungen der Referentin Gerda Holz lag auf den Möglichkeiten, wie Institutionen und Sozialverbände zur individuellen Förderung dieser Kinder beitragen können. Angekündigt war aber auch, dass Frau Holz etwas zur „strukturellen Armutsprävention“ sagen würde und Wege aus der Armut darlegen werde. Leider blieb es hier bei der Ankündigung. Der einzige Beitrag in dieser Veranstaltung dazu kam von Frau Schwind von der Familienhilfe der Haller AWO. Sie berichtete, dass sich die familiäre Situation in Familien von LeiharbeiterInnen, die sich für Niedrigstlöhne verdingen müssen, oft schlagartig verbesserte, wenn sie einen regulären Arbeitsplatz bekamen und 500 Euro mehr nach Hause brachten. Aber weder die Referentin Gerda Holz, noch der in dieser Situation erschreckend unsensible Moderator Marcel Miara, machten Anstalten, diesen Aspekt der „strukturellen Armutsprävention“ weiter zu verfolgen.
Willkürliche Sanktionen der Agentur für Arbeit
In der BRD gibt es knapp 1,2 Millionen Menschen, oft LeiharbeiterInnen, die für ihre Arbeit so wenig Geld bekommen, dass sie auf zusätzliche Hartz-4-Leistungen angewiesen sind. Es ist überfällig, die Bundesregierung endlich das von Kanzler Gerhard Schröder und seinem Arbeitsminister Franz Müntefering weit geöffnete Einfallstor für Leiharbeit schließt. Wenn diese Hartz-4-„Aufstocker“ in Normalarbeitsverhältnisse kämen, von denen man leben kann, wäre das ein spürbarer Beitrag zur Bekämpfung der Armut. Seltsam, dass solche Selbstverständlichkeiten bei einer Veranstaltung, bei der es um Kinderarmut geht, kein Thema sind. Kein Thema war auch, dass die gegenwärtigen Hartz-IV-Sätze viel zu niedrig sind. Der Hartz-4-Regelsatz sieht 4,77 Euro pro Tag für Essen und Trinken und ganze 0,72 Euro pro Tag für öffentliche Verkehrsmittel vor. Hartz-4 ist Armut per Gesetz. Die Diakonie hält eine Erhöhung des Regelsatzes von jetzt 416 auf 560 Euro dringend geboten. Die willkürlichen, immer weiter ausufernden Sanktionen der Agentur für Arbeit, die den Armen noch das Wenige, das ihnen verblieben ist, zu nehmen, bezeichnet Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband zu Recht als Drangsalierung und fordert deren vollständige Abschaffung. Mit den Sanktionen von Hartz 4 werden Erwerbslose gezwungen, jede noch so unzumutbare Arbeit anzunehmen. Aber auch das war in der Veranstaltung kein Thema. Gipfel der Peinlichkeiten war, dass die Referentin nicht einmal die Abschaffung der aktuellen Regelung bei Kindergeld für Hartz-4-EmpfängerInnen anmahnte: Hartz-4-EmpfängerInnen wird nämlich das, was sie an Kindergeld bekommen, gleich wieder bei Hartz IV abgezogen.
Bertelsmann-Stiftung hat Hartz-4-Gesetze mit ausgedacht
Diese Ignoranz von Seiten der Referentin Gerda Holz kommt nicht von ungefähr. Sie arbeitet bekanntlich für die Bertelsmann-Stiftung, eine Institution, die maßgeblich bei der Konzeption von Hartz 4 mitgewirkt hat. Unter dem Strich ging es im Referat der Dame von der Bertelsmann-Stiftung nicht um Wege zur Bekämpfung der Kinderarmut, sondern um Möglichkeiten der optimierten Verwaltung dieser Armut. Wenn es den Organisatoren der Veranstaltung um einen Beitrag zum Kampf gegen Kinderarmut gegangen sein sollte, so haben sie mit der Einladung der „Bertelsfrau“ Gerda Holz ihrem Anliegen einen Bärendienst erwiesen.
Ich kann dem Kommentar von Paul MIchel nur voll zustimmen.
Es ist einfach zynisch wenn nur von den Sozialeinrichtungen die Armut noch besser verwaltet wird.
Hartz IV ist einfach unmemschlich und gehört deshalb abgeschafft