„Verdeckter Einsatz bei OB-Wahl“ – Rezzo Schlauch (Grüne) lehnte Stuttgart 21 offensiv ab und war für die Bahn AG gefährlichster Gegner des Immobilienprojekts Stuttgart 21

In den vergangenen Tagen haben wir zwei Fälle von Lobbyismus dokumentiert, die die verschlungenen Wege der Einflussnahme auf Politik und Parteien zeigen. Die Glücksspielindustrie hat große Summen in Firmen der FDP investiert. Die Zahlungen fielen nicht unter die Transparenzpflichten für Parteispenden und blieben deshalb jahrelang unbekannt.

Informationen der Organisation LobbyControl

Bahn beeinflusste OB-Wahl in Stuttgart

Und in Stuttgart versuchte die Deutsche Bahn die Wahl des Oberbürgermeisters 1996 zu beeinflussen. Sie wollte einem Kandidaten den Weg ebnen, der das umstrittene Bahnhofsprojekt Stuttgart21 unterstützt.

 Glücksspiel-Industrie räumt Zahlungen an FDP ein

Bereits vor zwei Wochen berichteten wir über die dubiosen Geschäfte der FDP mit einem Berater des Spielautomatenherstellers Paul Gauselmann. Nach Recherchen der ARD war Herbert Schlottmann, ein enger Vertrauter und Berater Gauselmanns, mit knapp 2 Millionen Euro an FDP-Tochterunternehmen beteiligt. Nun räumte Gauselmann ein: das Geld, das Schlottman investierte, kam vom Glücksspiel-Unternehmer selber. Die Geschäfte blieben über fünf Jahre unentdeckt – erst nach den Recherchen von Monitor wurde die Verbindung zu Gauselmann aufgedeckt. Normalerweise müssen Parteien eingenommene Spenden ab 10.000 Euro im jährlichen Rechenschaftsbericht, ab 50.000 Euro sofort veröffentlichen.

Gravierende Lücken im Parteienrecht 

Der Fall zeigt, dass es gravierende Lücken im Parteienrecht gibt. Ein Automatenhersteller, der gegen staatliche Beschränkungen für seine Glückspiel-Automaten kämpft, kann einer Partei Geldsummen in Millionenhöhe zukommen lassen, ohne dass dies für die Öffentlichkeit sichtbar ist. Wir brauchen daher dringend eine Ausweitung der Transparenzpflichten des Parteiengesetzes auf das Beteiligungsvermögen der Parteien. Wählerinnen und Wähler haben das Recht zu wissen, wer in welchem Maße an parteieigenen Unternehmen beteiligt ist.

Firmengeflecht muss durchleuchtet werden

Die FDP muss nun umgehend alle Fakten zu den Geschäften mit der Gauselmann-Gruppe auf den Tisch legen. Außerdem müssen die Verbindungen der FDP und der von ihr aktuell geführten Ministerien zur Gauselmann AG durchleuchtet werden. Es sind noch etliche Fragen offen. Das ARD-Magazin Monitor berichtete am 27. September 2012 (21.45 bis 22.15 Uhr) erneut über das Firmengeflecht der FDP.

Spiegel Online beschreibt, wie die Glückspielindustrie das Geldwäschegesetz entschärfte – ein weiteres Beispiel für den problematischen Einfluss von Gauselmann & Co:

http://bit.ly/zockerlobby

Weitere Informationen im Blog von LobbyControl:

Gauselmann räumt Zahlungen an FDP ein (vom 24.9.):

http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php?p=11887

FDP muss Geldströme offen legen (vom 11.9.):

http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php?p=11663

Und der Eintrag über die Gauselmann AG in unserer Lobbypedia:

http://www.lobbypedia.de/index.php/Gauselmann

Stuttgart 21: wie die Bahn den Bürgermeister-Wahlkampf beeinflusste

Die Oberbürgermeisterwahl 1996 in Stuttgart war brisant für die Deutsche Bahn. Der Grüne Rezzo Schlauch lehnte Stuttgart 21 offensiv ab und war der gefährlichste Gegner des CDU-Kandidaten und Stuttgart 21-Befürworters Wolfgang Schuster. In dieser Situation engagierte die DB-Projekt Stuttgart 21 GmbH die Lobby-Agentur Burson-Marsteller. Sie sollte die Kandidaten unterstützen, die Stuttgart21 befürworteten und die öffentliche Meinung zu Gunsten des Großprojektes beeinflussen. Eine Fallstudie, mit der Burson-Marsteller Ende der 1990er für die eigene Arbeit warb, verschwand 2001 von ihrer Webseite – wir haben sie jetzt noch einmal ausgegraben.

„Direktansprache der Entscheider über VIP-Mailings“

Problematisch ist dabei, dass die DB Projekt Stuttgart 21 GmbH nicht nur für S21 werben wollte. Vielmehr wollte man laut Fallstudie gezielt den Wahlkampf der Kandidaten zu unterstützen, die S21 befürworteten, und damit den Wahlausgang beeinflussen. Zudem bleiben manche in der Fallstudie genannte Maßnahmen – etwa die „Direktansprache der Entscheider über VIP-Mailings“ – unklar.

Weitere Infos dazu im Blog von LobbyControl:

http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php?p=11917

sowie in der Kontext:Wochenzeitung:

http://kontextwochenzeitung.de/

http://www.kontextwochenzeitung.de/newsartikel/2012/09/verdeckter-einsatz-bei-ob-wahl/

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