„Wir verändern“ – 100 Jahre Frauenwahlrecht: Frauenwochen in Schwäbisch Hall und in der Region

Unter dem Motto „WIR VERÄNDERN.“ lädt das „Aktionsbündnis Internationaler Frauentag“ unter Federführung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu einer Veranstaltungsreihe rund um den Internationalen Frauentag 2018 ein. Vom 3. März 2018 bis 17. April 2018 finden interessante und informative Veranstaltungen statt – nicht nur für Frauen. Auch in der Region Schwäbisch Hall gibt es interessante Angebote.

Von den Veranstaltern

Führung „Haller Frauengeschichten“

Am Internationalen Frauentag selbst, dem 8. März 2018, wird in den Räumen der Agentur für Arbeit in Schwäbisch Hall von 9 bis 12 Uhr ein Workshop zum Thema „Wissen was ich wirklich will“ angeboten. Im Hällisch-Fränkischen Museum findet um 12.30 Uhr die Führung „Haller Frauengeschichten“ statt und ab 18 Uhr lädt das Aktionsbündnis Frauentag zum Frauenspaziergang mit Kultur & Biss. Treffpunkt ist im Frauenzentrum in der Haalstraße 9 in Schwäbisch Hall. Nach Sekt, Selters & Gebäck treffen die SpaziergängerInnen auf ihrem Rundgang durch die Stadt historische Überraschungsgäste aus Schwäbisch Hall. Der gemütliche Abschluss findet im Haus der Vereine,  Am Schuppach 7 bei Schwatz, Suppe & Musik statt.

Frauentanzparty

Am Samstag, 10. März 2018, gewährt Christine Abdel-Halim ab 19 Uhr im Alten Schlachthaus einen tiefen Einblick in ihre Schubladen, bevor im Anschluss bei der Frauentanzparty gefeiert wird.

„Arme Kinder im reichen Deutschland“

Neben einer Stadtführung für Frauen, einem Vortrag zu „Minijob und Rente“ und einem Referat von Gerda Holz (Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik)  zum Thema „Arme Kinder im reichen Deutschland“, zeigt das Kino im Schafstall am Donnerstag, 15. März 2018, den Film „Die göttliche Ordnung“. Ein humorvolles Drama über Nora, die sich Anfang der 1970er für die Einführung des Frauenwahlrechts in der Schweiz einsetzt.

100 Jahre Frauenwahlrecht

Silvia Wagner, DGB-Regionssekretärin, zum Internationalen Frauentag: „In diesem Jahr feiern wir 100 Jahre Frauenwahlrecht! Es war der Rat der Volksbeauftragten, der während der Novemberrevolution von 1918 ein Gesetz erließ, mit dem Frauen in Deutschland erstmals das aktive und passive Wahlrecht erhielten. Lange musste die Arbeiterinnenbewegung dafür kämpfen.

Nur ein Drittel der Abgeordneten sind Frauen

1949 fand dieser historisch bedeutsame Durchbruch für die Gleichberechtigung seinen Niederschlag im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, heißt es dort in Artikel 3. Nach der erkämpften rechtlichen Gleichstellung gilt es seitdem, auch die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft durchzusetzen. Und es zeigt sich: Frauen brauchen bei allem, was sie fordern, einen langen Atem und verlässliche Verbündete. Die erstrittenen Erfolge machen uns Mut und geben uns Kraft für aktuelle Herausforderungen: 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts ist das deutsche Parlament so männlich wie seit zwanzig Jahren nicht mehr. Nur ein Drittel der Abgeordneten sind Frauen. Und Rechtspopulisten, mit ihrem rückständigen Frauenbild und ihren Familienvorstellungen von gestern, wollen Frauen wieder in enge Schranken weisen. Zugleich werden frauendominierte Berufe immer noch schlechter bezahlt, stehen Frauen vor ungelösten Arbeitszeitproblemen, haben geringere Karrierechancen und schlussendlich eine kleinere Rente als Männer.

Arbeitszeitlücke, Entgeltlücke und Rentenlücke schließen

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften fordern: „Das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben in wirtschaftlicher Unabhängigkeit auch für Frauen!“ und wir erwarten von der neuen Bundregierung, dass sie sich zu diesem Ziel bekennt und alles daran setzt, die Arbeitszeitlücke, die Entgeltlücke und die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern endlich zu schließen.“ Das Aktionsbündnis Frauentag lädt herzlich zu den oben genannten und den weiteren Veranstaltungen der Frauenwochen ein.

Weitere Informationen und Kontakt:

DGB-Bezirk Baden-Württemberg, Büro Schwäbisch Hall, Schlichtweg 4, 74523 Schwäbisch Hall

Telefon: 0791 950290

Mobil: 0170 8514009

Telefax: 0791 9502932

E-Mail: silvia.wagner@dgb.de

E-Mail: heilbronn@dgb.de

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Internet:

http://nordwuerttemberg.dgb.de/frauen

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Mitglied in einer DGB Gewerkschaft werden:

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„Den Steinbruch bei Bölgental verhindern“ – Viel Beifall erhält die Bürgerinitiative während ihres Informationsabends in Gröningen

Etwa 250 interessierte Bürger der Gemeinde Satteldorf nutzten am 22. Februar  2018 in der Turnhalle Gröningen die Gelegenheit und ließen sich über die möglichen negativen Folgen eines Steinbruchs zwischen Gröningen und Bölgental sowie über die Möglichkeit dieses Vorhaben zu verhindern, informieren. Unter den Besuchern waren auch Vertreter der Presse, der Gemeinde- und Ortschaftsräte, der Gemeindeverwaltung und Satteldorfs  Bürgermeister Wackler.

Von der Bürgerinitiative „Steinbruch Bölgental – Nein Danke!“ e.V.

BI will Steinbruch verhindern

Zum Auftakt der Veranstaltung begrüßte das Vorstandsmitglied Bernd Ludwig die Anwesenden und stellte die Bürgerinitiative und deren Ziele vor. Die Bürgerinitiative (BI), mit derzeit 130 Mitgliedern, hat sich zum Ziel gesetzt, die geplante Eröffnung eines zirka  25 Hektar großen Steinbruchs, zwischen den Ortschaften Gröningen, Bölgental und der Bundesautobahn A6, zu verhindern, berichtete Bernd Ludwig. (Anmerkung von Hohenlohe-ungefiltert: 25 Hektar entsprechen etwa 35 Fußballplätzen).

Lärmbelastungen und Gebäudeschäden

Anschließend brachte Wolfgang Glasbrenner den Zuhörern die negativen Auswirkungen des Gesteinsabbaus, im dafür vorgesehenen Areal, näher. Das Explosionsgeräusch einer Sprengung bildete dabei den Einstieg. In einer ausführlichen Darstellung, mit zahlreichen Beispielen aus der in direkter Nachbarschaft gelegenen Ortschaft Wollmershausen, wurden die Gebäudeschäden in Folge der Sprengerschütterungen, verursacht im Wesentlichen durch den Abbaubetrieb im Steinbruch Kernmühle, aufgezeigt. Dass ein wesentlicher Teil dieser Gebäudeschäden ursächlich durch die Sprengerschütterungen entstanden sind, belegt ein, von der Bürgerinitiative und geschädigten Anwohnern aus Wollmershausen, in Auftrag gegebenes Gutachten, des unabhängigen Sachverständigen für Bergschäden Dipl.-Ing. Immekus, so Wolfgang Glasbrenner und betonte, dass solche Schäden auch den Gebäuden in Bölgental drohen können, sollte der Steinbruch kommen. Auch zum Thema Staubbelastung wurde berichtet. Dabei lag das besondere Augenmerk auf dem Gesteinsabbau als mögliche zusätzliche Quelle für Feinstaubemissionen. Dabei stellte Wolfgang Glasbrenner Erkenntnisse aus einer Mess-Studie, durchgeführt von einem Institut der Universität Stuttgart in einem sächsischen Kalksteinbruch, dar. Nicht vergessen hat Glasbrenner, auch auf mögliche Lärmbelastungen hinzuweisen. Dieser Lärm verursacht durch Großmaschinen, Brechanlagen, Verladevorgänge, Abtransport und natürlich dem Detonationsknall der Sprengungen, der bei Menschen, die sich zum Zeitpunkt der Sprengung in der Nähe befinden, regelrecht einen Schock auslösen können. Das Gleiche gelte auch für Tiere im Stall, wusste Glasbrenner von Schilderungen einiger Landwirte zu berichten.

Absturz von losem Felsgestein entlang der Wanderwege

Begleitet durch Vogelgezwitscher, entführte Denise Pongratz die Zuhörer auf eine Wanderung in die Täler von Gronach und Jagst. Ein Reigen von wunderbaren Bildern führte den Anwesenden die Schönheit und weitgehende Unversehrtheit dieser Naturschutzgebiete vor Augen. Denise Pongratz wies die Zuhörer, im Verlauf ihrer Wanderung, auf die möglichen Zerstörungen und Verluste durch einen Gesteinsabbau, in Natur und Tierwelt hin. Überrascht nahmen die Zuhörer zur Kenntnis, dass bisher in den Planungen des potentiellen Steinbruchbetreibers, mögliche Auswirkungen auf die Schutzgebiete, dabei insbesondere die Möglichkeit des Absturzes von losem Felsgestein entlang der Wanderwege, nicht berücksichtigt wurden. Pongratz verwies dabei auf die Aussage aus Unternehmenskreisen – „Man werde dann, soweit notwendig, vor Sprengungen die Wege sperren und nach Abräumen des Gerölls wieder freigeben“.

Durchschnittlich ein Fahrzeug in 70 Sekunden

Zur möglichen Verkehrsführung des Schwerlastverkehrs, vom geplanten Steinbruch hin zur B 290, informierte Marcus Mayer die Anwesenden. Anhand von Karten wurde der mögliche Verlauf einer neu anzulegenden Straße, unter Überbauung bereits bestehender Feldwege, die bisher dem landwirtschaftlichen Verkehr vorbehalten sind, aufgezeigt. Marcus Mayer thematisierte dabei Fragen zur Ausbaubreite, zu Ausweichbuchten, einem notwendigen Flächenerwerb zum Bau, genauso, wie Fragen zu einem möglichen Wegfall der Straßennutzung durch die Landwirtschaft und einem daraus resultierenden Ausweichverkehr, über andere Straßen und Wege, auch durch Gröningen. Dabei wurde auch die Frage aufgeworfen, ob eine Straße, so wie vom potentiellen Steinbruchbetreiber angedeutet, überhaupt in der Lage wäre den Schwerlastverkehr, bei einer Frequentierung der Straße mit durchschnittlich einem Fahrzeug in 70 Sekunden, aufzunehmen, ohne erhebliche Wartezeiten für die Fahrzeuge in Ausweichbuchten. Dann nämlich, würde der Schwerlastverkehr auch durch Gröningen rollen, so Mayer. Den anwesenden Bürgern aus Gröningen zeigte Marcus Mayer auf, wie ihre Ortschaft zukünftig von Straßen mit  Schwerlastverkehr eingekreist wird. Bereits heute im Süden durch die BAB A 6, im Osten durch die B 290 und zukünftig dann auch noch von Westen und Norden, durch diese neue Zufahrtsstraße des Steinbruchs. Zuletzt wurde von Mayer auf eine mögliche Verlagerung des Verkehrs Richtung Schnelldorf, durch die Satteldorfer Teilorte Helmshofen und Bronnholzheim, hingewiesen und angemerkt, dass trotz dieses Straßenneubaus auch weiterhin Schwerlastverkehr durch Satteldorf rollen wird.

Abstand zum ersten Gebäude von Bölgental beträgt 250 Meter

Die Vorsitzende der Bürgerinitiative Stephanie Rein-Häberlen erklärte den Zuhörern die ungeheuren Dimensionen des geplanten Steinbruchs. „Da wird ein Loch auf 25 Hektar Fläche entstehen, mit einer Abbautiefe zwischen 54 und 70 Metern“, so Rein-Häberlen und zog als Vergleich die im Bild zu sehenden Autobahnbrücken heran. Der Abstand zum ersten Gebäude von Bölgental, mit gerade mal 250 Metern, war ebenso Thema, wie die Situation einiger Flächen, die sich nicht im Besitz des Steinbruchbetreibers befinden, genauso wie die der Gemeinde gehörenden Wege, die durch das Areal führen. Dabei stellte Stephanie Rein-Häberlen dar, dass genau hier die Möglichkeit zur Verhinderung des Abbauvorhabens liegt. Gelingt es, den Verkauf bzw. die Nutzung der Wege und Flächen zu verhindern, wird das, dann noch für den Abbau zur Verfügung stehende Areal, derart verringert und zerklüftet, dass das Vorhaben Gesteinsabbau unmöglich oder wirtschaftlich unrentabel wird. Ohne Erschließung scheitert das Vorhaben insgesamt. Eine Enteignung der Flächen ist derzeit nicht möglich.

Zerwürfnis innerhalb der Bevölkerung abwenden

Das von der Bürgerinitiative in Gang gesetzte Verfahren „Bürgerbegehren/ Bürgerentscheid“ hat unter anderem zum Ziel, genau diesen Verkauf der Wege, durch die Gemeinde an den Steinbruchbetreiber, zu verhindern und auf den Flächen, welche im Eigentum Dritter stehen, so Rein-Häberlen, habe man die Hand. Dabei betonte Sie ganz ausdrücklich, die Gemeinde habe es selbst in der Hand, einen Bürgerentscheid zu verhindern, indem sie entscheidet, dem Inhalt der Frage des Bürgerentscheids und damit dem Willen der Bevölkerung entsprechend, alles dafür zu tun, um dieses Abbauvorhaben zu verhindern. An die Adresse der Mitglieder des Gemeinderats erging der Appell, sie müssen endlich in der Sache Verantwortung übernehmen und für die Interessen der Bevölkerung einstehen, denn dazu wurden sie gewählt. Es kann nicht sein, dass ein  Zerwürfnis innerhalb der Bürger entsteht. Dieses Risiko bietet häufig ein Bürgerentscheid. Bei einem derart eindeutigen Signal der Bürger (32 Prozent) müssen die dafür Zuständigen ein Zerwürfnis innerhalb der Bevölkerung abwenden und zudem den Bürgern zeigen, dass sie ihren Willen repektieren. Für einen positiven Bürgerentscheid reichen letztlich 20 Prozent aus.

Quorum deutlich überschritten

Den letzten Sachbeitrag hatte sich Martin Doderer, Vorsitzender der Bürgerinitiative, vorgenommen. Darin stellte er das zweistufige Verfahren mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheid vor, erklärte dabei die notwendigen Quoren und einzuhaltende Fristen. Er zeigte auf, was dies auf die Satteldorfer Verhältnisse übertragen, bedeutet. Dabei konnte er darauf verweisen, dass die Bürgerinitiative bereits zum Zeitpunkte der Übergabe der Unterschriftenlisten an die Gemeinde, das für den Bürgerentscheid erforderliche Quorum (7 Prozent) , deutlich überschritten (zirka 32 Prozent) hat. Auch Martin Doderer merkte noch einmal an, dass der Bürgerentscheid entfallen kann, wenn der Gemeinderat entsprechend der im Antrag gestellten Frage entscheidet.

Beeindruckende Schilderungen von Bürgern aus Wollmershausen

Zum Sahnehäubchen entwickelte sich dann das Schlusswort, wiederum von Frau Rein-Häberlen geleitet. Nach dem Appell an die Anwesenden, die Bürgerinitiative zu unterstützen und sollte es zum Bürgerentscheid kommen, dann auch an der Abstimmung teilzunehmen, hatten die Zuhörer die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Zahlreiche Anwesenden nahmen diese Gelegenheit wahr und stellten Fragen, auch einige kritische waren darunter und alle Fragenden bekamen von Frau Rein-Häberlen ausführliche Antworten. Viele Zuhörer meldeten sich mit ihrer offen ausgesprochenen Ablehnung des Abbauvorhabens zu Wort. Diese Wortmeldungen wurden mit überwältigendem Beifall der Menge quittiert. Für die Zuhörer ganz besonders beeindruckend, waren die Schilderungen, der vom Steinbruch Kernmühle betroffenen Bewohner aus Wollmershausen und deren Appellen an Satteldorf, doch alles zu versuchen, diesen Steinbruch bei Bölgental zu verhindern.

Dem Wohl von 5500 Satteldorfer Bürgern bewusst werden

Der Applaus der Anwesenden sollte den Verantwortlichen in den Ohren geklungen haben und hoffentlich wirkt der Nachhall des Beifalls dahingehend, dass den Verantwortlichen in Verwaltung und Gemeinderat ihre Verantwortung gegenüber dem Wohl von 5500 Satteldorfer Bürgern bewusst wird.

Weitere Informationen und Kontakt:

https://bi-boelgental.de/

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„Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es gegen die Verwerfungen des finanzgetriebenen Kapitalismus?“ – Anmerkungen (Teil 2) von Paul Michel zu Professor Helge Peukerts Vortrag „Das Moneyfest“

„Was gibt es an Handlungsmöglichkeiten gegen die Verwerfungen des finanzgetriebenen Kapitalismus?“ Anmerkungen von Paul Michel aus Schwäbisch Hall zu Professor Peukerts Vortrag „Das Moneyfest“ (Teil 2). Der Vortrag wurde im Februar 2018 in Schwäbisch Hall gehalten.

Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Das gesamte Betriebssystem in Frage stellen

Im Folgenden geht es um mögliche Alternativen zum Casinokapitalismus und konkrete Widerstandsfelder gegen das neoliberale Regime. Diese, so die Kernaussage des nachfolgenden Textes, können sich nicht auf das Neujustieren einiger Schrauben am aktuellen System erschöpfen. Die Orientierung auf eine Rückkehr zu einer wie auch immer ausgestalteten „sozialen Marktwirtschaft“ ist wirklichkeitsfremd. Auch jeder Versuch mittels einzelner Reformschritte die Auswirkungen des Casinokapitalismus zu bekämpfen, kommt nicht darum herum, das gesamte Betriebssystem des finanzgetriebenen Kapitalismus in Frage zu stellen und machbare gesellschaftliche Alternativen zu entwickeln.

1)  Durch Herstellung von Steuergerechtigkeit die Einkommenslage öffentlicher Institutionen verbessern und soziale Ungleichheiten verringern

Umverteilung ist in doppelter Hinsicht wichtig: Zum einen wird damit der Geldzufluss, der die Finanzblase immer weiter aufquellen lässt, unterbunden. Zum anderen können die dadurch gewonnen Gelder von der öffentlichen Hand dafür eingesetzt werden, um die soziale Lage von NormalverdienerInnen, NiedriglöhnerInnen und Arbeitslosen deutlich zu verbessern – für Bildung, für Kinderbetreuung, für Krankenhäuser oder den sozialen Wohnungsbau.

a) Bessere personale Ausstattung der Finanzämter, um Steuern bei den Reichen einzutreiben

Die Finanzämter befinden sich in einem desolaten Zustand: Zu wenige Betriebsprüfungen und zu viele Schikanen der politisch Verantwortlichen gegen engagierte Steuerfahnder wie jüngst durch die neue CDU/FDP-Landesregierung in NRW, führen dazu, dass Unternehmen und  Millionäre kaum geprüft werden. Nach Schätzung von „Monitor-Redakteuren entgehen dem Staat jährlich 70 Milliarden Euro

b) Unternehmenssteuern wie unter Kohl

Die rot-grüne Regierung Schröder/Fischer hat nicht nur mit den Hartz-Gesetzen die Axt gegen die sozial Schwachen geschwungen. Gleichzeitig hat sie den Unternehmen und den Wohlhabenden einen ganzen Strauß von Steuererleichterungen geschenkt. Der Spitzensteuersatz lag bei Kohl von 1982 bis 1990 bei 56 Prozent. Heute liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent. Als Kohl startete, musste ein Unternehmensgewinn, der wieder investiert wurde, zu 56 Prozent besteuert und ein ausgeschütteter Gewinn mit 36 Prozent. Heute liegt die Körperschaftsteuer für Unternehmen bei 15 Prozent. Der dadurch entstandene Steuerausfall für den Fiskus beläuft sich jährlich auf etwa 45 bis 50 Milliarden Euro im Jahr.

c) Vermögen ab einer Million Euro sollte mit fünf Prozent besteuert werden (Die erste Million ist  freigestellt

Betriebsnotwendiges Vermögen kann bis fünf Millionen freigestellt werden.)  Eine solche Vermögenssteuer würde 80 Milliarden Euro Mehreinnahmen im Jahr bringen.

d) Dazu kommen noch weitere steuerliche Maßnahmen wie eine Erbschaftssteuer, die den Namen auch verdient

Dies bring zirka 5 Milliarden Euro jährlich und Maßnahmen gegen Steueroasen, die eine Bundesregierung auch im Alleingang durchsetzen könnte – wenn sie nur wollte (zirka 15 Milliarden Euro jährlich)

Und was meint Professor Peukert in seinem „Moneyfest“ zu diesem Thema? „Ja, bauen wir die Schuldenberge auch über die Reichensteuern ab und begrenzen wir die Vermögen!“, sagt Peukert. So erfreulich es ist, dass auch Peukert fordert, die Reichen stärker zu besteuern – ziemlich schleierhaft ist mir, warum Peukert das Geld für den Abbau der Schuldenberge verwenden will und die Verwendung für sozial sinnvolle und nützliche Maßnahmen mit keinem Wort erwähnt.

2)  Den Finanzsektor neu ordnen …

Es gibt eine ganze Reihe von Einzelmaßnahmen, die geeignet sind, die Deregulierungen der letzten Jahrzehnte zurück zu nehmen, die staatliche Aufsicht zu verstärken und somit die Krisenanfälligkeit des Finanzsektors zu reduzieren. Peukert nennt einige von ihnen: Die Verpflichtung zur Erhöhung des Eigenkapitals bei allen Geldhäusern (also auch Hedgefonds und Schattenbanken) auf 30 Prozent der Bilanzsumme, die Besteuerung von Finanztransaktionen oder das Verbot von Leerverkäufen und Kreditausfallversicherungen. Auch der von Peukert genannte Finanz-TÜV (Kein Finanzprodukt darf eingeführt werden, bevor es nicht von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt worden ist) wäre sicherlich besser als der Status Quo.

Solche Einzelmaßnahmen sind wichtig und nützlich. Sie reichen allerdings nicht aus. Peukerts wohlklingende Forderung nach Einführung eines „Trennbanken-Bankensystem“ (d.h. die Trennung von Investmentbanking und „normalem“ Bankgeschäft) mag in manchen Ohren radikal klingen. Sie greift aber zu kurz und sie ist irreführend. Denn zu was sollen Investmentbanken, der Hort der Spekulation, des Tricksens und Betrügens gut sein? Der Hinweis Peukerts, Investmentbanking müsse legal möglich sein, weil es sonst ins Darknet abwandert, ist ziemlich an den Haaren herbei gezogen. Dafür gibt es keinerlei Hinweis. Zum anderen sind die Finanzvolumen, die in den Zockerabteilungen von Goldman-Sachs, JP Morgan, Deutsche Bank oder HSBC herumgeschoben werden, viel zu groß, um sie einfach ins Darknet zu verschieben.

…und mit der Vergesellschaftung beginnen

Das Bankengeschäft ist zu wichtig, um es in den Händen des Privatsektors zu belassen. Der Finanzsektor muss Teil der gesamtwirtschaftlich notwendigen Infrastruktur werden und nicht länger Ort eigenständiger Wertschöpfung (sprich: Profitmacherei) sein.  Erforderlich sind Maßnahmen, die tief in die Struktur der Finanzwelt und des kapitalistischen Systems eingreifen. Banken und Versicherungen müssen privater Verfügungsgewalt und Profitmacherei entzogen werden. Der Bankensektor ist den Regeln des öffentlichen Dienstes zu unterstellen, die Einnahmen aus dessen Geschäftstätigkeit sind für das öffentliche Wohl zu verwenden. Investmentbanken a la Goldman-Sachs, JP Morgan, Deutsche Bank müssen dicht gemacht werden. Axel Troost, der Finanzexperte der Partei „Die Linke“, zeigt in einem lesenswerten Aufsatz Möglichkeiten auf, wie solche Institute aufgelöst, abgewickelt und unter öffentliche Kontrolle gestellt werden können.

Axel Troost schlägt vor, den Finanzsektor in seinem Volumen erheblich zu schrumpfen und letztendlich auf seine Kernfunktionen zurückzustutzen.

1) Die Sicherstellung eines zuverlässigen, und kostengünstigen Zahlungsverkehrs inklusive einer entsprechenden Bargeldversorgung

2) Banken müssen auf ihre Rolle als Kapitalsammelstellen zurückgeführt werden, die für SparerInnen verständliche und nachhaltige Sparmöglichkeiten bieten anstatt mit deren und riskante Geschäfte zu tätigen.

3) Banken müssen ihre Finanzierungsfunktion erfüllen, indem sie Investitionen von Unternehmen und des Staates zu annehmbaren Bedingungen über Kredit finanzieren.

An dieser Stelle kann ich nicht weiter ausführen, wie ein Bankensektor unter öffentlicher Kontrolle genau aussehen könnte. Dazu möchte ich auf den lesenswerten Aufsatz von Axel Troost „Den Bankensektor neu ordnen ‒ und mit der Vergesellschaftung beginnen“ verweisen. Er ist meiner Meinung nach eine gute Grundlage für weiterführende Diskussionen.

Kräfte in Bewegung setzen

Eine abschließende Bemerkung noch. Natürlich werden all unsere Versuche, den für die reiche Minderheit profitablen Status quo zu ändern, heftigsten Widerstand der Geld- und Machteliten hervorrufen. Um eine sozial gerechte, nachhaltige und umfassend demokratische Gesellschaft zu erreichen, reichen gute Argumente alleine nicht aus. Entscheidend ist, welche Kräfte wir zur Durchsetzung unserer Vorstellungen in Bewegung setzen können. Nur massive soziale Auseinandersetzungen eröffnen eine Aussicht auf Erfolg.

Zur vertiefenden Diskussion empfehle ich folgende Texte:

Axel Troost, „Den Bankensektor neu ordnen – Mit der Vergesellschaftung beginnen“ in: Michael Brie, Richard Detje, Klaus Steinitz (Hrsg.) Wege zum Sozialismus im 21. Jahrhundert, VSA Verlag 2011

Eric Toussaint, Europa: Alternativen zur Krise:in Emanzipation Jahrgang 4, Nummer 2 (Dezember 2014)

Internet: http://www.emanzipation.org/articles/em_4-2/e_4-2_toussaint.pdf

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„Fukushima – Strahlung ohne Ende“ – Fahrt ab Bahnhof Schwäbisch Hall zur Demonstration in Neckarwestheim

Eine Demonstration zum 7. Jahrestag des Super-GAU in Japan findet am Sonntag, 11. März 2018, ab 13 Uhr, am Bahnhof Kirchheim/Neckar statt. Auch in diesem Jahr wird im Schwäbisch Haller Raum aufgerufen, daran zahlreich teilzunehmen. Wir werden wieder ab dem Schwäbisch Haller Bahnhof in Fahrgemeinschaften dort hinfahren. Abfahrt des Zuges ist um 11:06 Uhr. Wir treffen uns deshalb um 10:45 Uhr am Bahnhof Schwäbisch Hall.

Von Klaus Reinhardt, Untermünkheim

Ansteigende Krankheitskurve bei Anomalien der Schilddrüse

Am 11. März 2011 kam es in Fukushima in drei Atomreaktoren zur radioaktiven Kernschmelze. Bis heute dauert die unkontrollierte, gesundheitsgefährdende Freisetzung von Radioaktivität in die Umgebung und das Meer an. Unter den gesundheitlichen Auswirkungen leiden besonders die Kinder. Es zeigt sich die gleiche ansteigende Krankheitskurve bei Anomalien der Schilddrüse, wie in den Folgejahren des Super-GAU in Tschernobyl 1986.

Bei Weigerung: Opferunterstützung soll gestrichen werden

Die olympischen Sommerspiele finden 2020 in Japan statt. Dort soll der Welt vorgetäuscht werden: der Super-GAU ist beherrschbar, ungefährlich und Vergangenheit. Die japanische Regierung will jetzt sogar evakuierte Gebiete, trotz der immer noch vorhandenen Strahlengefahr, wieder besiedeln. Bei einer Weigerung droht sie den betroffenen evakuierten Menschen mit der Streichung der Opferunterstützung. Aktuelle
Informationen aus Japan gibt es auf unserer Demonstration.

Fukushima – Strahlung ohne Ende!

Dies ist das Motto unserer Demonstration am Sonntag, 11. März 2018, Start 13 Uhr am Bahnhof Kirchheim/Neckar.

Weitere Informationen und Kontakt:

www.endlich-abschalten.de

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