„Feuerwehrabteilung Kirchberg/Jagst verweigert gemeinsame Messfahrten“ – Gemeinderat entscheidet heute über die Aufhebung des Bebauungsplans für das zentrale Feuerwehrmagazin in Kirchberg/Jagst

Über die Zukunft eines geplanten Großprojekts der Feuerwehr entscheidet heute (Donnerstag, 4. August 2016) der  Gemeinderat von Kirchberg an der Jagst. Um 19 Uhr beginnt die öffentliche Gemeinderatssitzung im Dorfgemeinschaftshaus Gaggstatt. Es geht um den Streitpunkt „Zentrales Feuerwehrmagazin in der Vorderen Au in Kirchberg-Tal“.

Kommentar von Ralf Garmatter, Gruppe Bürger für Bürgerentscheid

582 gültige Unterschriften für Bürgerbegehren

Der Kirchberger Gemeinderat sah es in seiner Sitzung vom 25. Juli 2016 als notwendig an, den Bebauungsplan aufzuheben, um den Weg für einen eventuellen Bürgerentscheid frei zu machen. Der Bebauungsplan kann in der heutigen Sitzung aufgehoben werden. Ob es für den Antrag der UGL-Fraktion eine Mehrheit im Gremium gibt, ist aber äußerst zweifelhaft. Wenn alle Mitglieder da sind, besteht der Gemeinderat inklusive Bürgermeister aus 21 Personen. In der Juli-Sitzung hatte der Gemeinderat einem Bürgerbegehren die rechtliche Zulässigkeit abgesprochen. 611 Menschen hatten das Bürgerbegehren mit dem Ziel Bürgerentscheid unterschrieben, 582 Unterschriften waren gültig. Nur 231 Unterschriften (7 Prozent der Wahlberechtigten ab 16 Jahren) wären für das Bürgerbegehren notwendig gewesen. Auch Bürgermeister Stefan Ohr stimmte in der Sitzung gegen den Bürgerentscheid, obwohl er vor kurzem im Bürgermeisterwahlkampf mehr Bürgerbeteiligung versprochen hatte. Die Stadt hatte ein Rechtsanwaltsbüro aus Stuttgart beauftragt, ein Rechtsgutachten anzufertigen. In diesem wurde dem Bürgerbegehren die rechtliche Zulässigkeit abgesprochen, weil die Frist für ein Bürgerbegehren und einen Bürgerentscheid verstrichen sei. Ein anderer Auftraggeber hätte von einem Juristen vermutlich ein anderes Rechtsgutachten erhalten. Eins steht jedenfalls fest: Die Anwälte haben ein Beispiel herangezogen, bei dem vom Verwaltungsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall für die Zulässigkeit des Bürgerentscheids entschieden worden war (Schlosstreppenurteil Nagold). Das gibt den Initiatoren des Bürgerentscheids Hoffnung für weitere rechtliche Schritte.

Feuerwehrabteilung Kirchberg verweigert gemeinsame Messfahrten

Zu einer soliden Informations- und Datengrundlage trägt die Feuerwehrabteilung Kirchberg/Jagst wenig bei. Claus Krüger, 1. Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, berichtet: „In den vergangenen Tagen haben wir, die Bürgerinitiative für den Bürgerentscheid zum geplanten Feuerwehrmagazin in der Vorderen Au, mit verschiedenen Feuerwehrkameraden gesprochen. Dabei wurden immer wieder die Eintreffzeiten bei Feuerwehreinsätzen bei den verschiedenen Standorten (Au, Häsele) angesprochen und unterschiedliche Ansichten dazu festgestellt. Die unterschiedlichen Ansichten können aufgelöst werden, wenn bei den Messfahrten im gleichen Fahrzeug jeweils ein Vertreter der Feuerwehr und ein Vertreter der Bürgerinitiative sitzen und gemeinsam messen. Deswegen haben wir folgenden Vorschlag gemacht: Wir nehmen ein Fahrzeug der Kirchberger Feuerwehr, das für den Ersteinsatz zugelassen ist und fahren die strittigen Messstrecken gemeinsam ab. Die gemeinsam gestoppte Zeit tragen wir in ein Messprotokoll ein und bestätigen die Richtigkeit durch unsere Unterschriften. Dann haben wir Messwerte, die von beiden Seiten akzeptiert werden müssen. Dazu haben wir mit Gesamtkommandant Gerhard Stahl gesprochen. Er gab dafür grünes Licht, sagte aber, dass er keinen Führerschein für die ersteinsatztauglichen Fahrzeuge hat. Er nannte uns zwei Feuerwehrleute, die diese Fahrzeuge fahren können. Michael Busch erklärte sich daraufhin bereit, mit uns zusammen zu fahren. Er regte noch an, dass auch Vertreter der drei  Gemeinderatsfraktionen eingeladen werden sollen, damit auch von dieser Seite her die Messzeiten akzeptiert werden. Später meldete sich Gerhard Stahl und sagte, dass die Feuerwehr jetzt doch nicht fährt. Er persönlich stehe zu seinem Wort, habe aber feuerwehrintern Probleme bekommen, die ihn nun zu diesem Schritt bewegten. Michael Busch hatte nach unserem Gespräch den Kirchberger Abteilungskommandanten Alexander Müller über die geplanten gemeinsamen Messfahrten informiert. Alexander Müller hat bei Gerhard Stahl anrufen, was Gerhard Stahl dann zum Rückzug bewegt hat. In dieser verfahrenen Situation möchten wir Sie, Herr Ohr bitten zu vermitteln und die gemeinsamen Messfahrten doch noch vor der nächsten Gemeinderatssitzung zu ermöglichen. Sie als Bürgermeister haben die Fachaufsicht über die Feuerwehr und können die Fahrten auch dienstlich anweisen.“

Bürgermeister Ohr: Bürgerinitiative soll „Ablehnung erneuter Testfahrten akzeptieren“

Von Bürgermeister Stefan Ohr erhielt die Bürgerinitiave folgende Antwort: „Die Situation der Eintreffzeiten stellt sich wie folgt dar: Bei einem theoretischen Alleinstandort ehem. Häsele würde unser nördliches Gemeindegebiet außerhalb der Erreichbarkeit von zehn Minuten fallen. Klar verfehlt werden Gaggstatt, Hornberg, Weckelweiler und Mistlau. Beim Standort „Vordere Au“ ist nur Mistlau außerhalb der vorgeschriebenen Eintreffzeit, wofür wir aufgrund der ansonsten optimierten Planung eine Ausnahmegenehmigung erhalten haben. An dieser deutlichen Überlegenheit des Standorts „Vordere Au“ werden weitere Testfahrten nichts ändern. Somit möchte ich Sie bitten die Ablehnung erneuter Testfahrten zu akzeptieren.“

Unglaubwürdige Messzeiten

Was hat die Gruppe um den Kirchberger Abteilungskommandanten Alexander Müller zu verbergen, wenn sie sich so vehement gegen gemeinsame (weil objektivere) Messfahrten sträuben, dass sie sogar mit Austritt aus der Feuerwehr drohen? Merkwürdig ist, dass die Messkriterien der Feuerwehr bisher nicht bekannt sind. Weder von wo die Feuerwehrleute abgefahren sind, noch bis wohin sie gefahren sind und mit welcher Geschwindigkeit. Die Messzeiten einer betroffenen Partei halten sicher vor keinem deutschen Gericht stand. Vor allem dann, wenn für den geplanten und von der Feuerwehr favorisierten neuen Standort kürzere Anmarschzeiten der Feuerwehrleute einberechnet werden als für die Alternativstandorte. Und dies, obwohl die Mitglieder der Feuerwehr im gesamten Stadtgebiet Kirchberg/Jagst wohnen und teilweise auswärts arbeiten. Jeder, der in Crailsheim oder Ilshofen arbeitet, ist schneller beim Alternativstandort auf dem ehemaligen Häsele-Gelände als im Tal in der Vorderen Au. Deshalb sind die alten Messzeiten und hochgerechneten alten Zeiten unglaubwürdig.

In anderen Gemeinden sind größere Abweichungen genehmigungsfähig

Zieht man jeweils die dubiose unterschiedlich bemessene Ausrücke- und Anmarschzeit ab, verbleibt sogar bei der bisherigen Feuerwehrmessung die größte Abweichung von den Eintreffzeiten beim Standort Vordere Au. Das Ziel Mistlau wird 1.45 Minuten zu spät erreicht. Beim Standort Häsele prognostiziert die Feuerwehr Fahrzeiten, die beim Beispiel Mistlau lediglich 30 Sekunden zu lange dauern und beim Ziel Hornberg 45 Sekunden. Das sind Zeiten, die in verschiedenen anderen Gemeinden des Landkreises kein Hindernis darstellen.

Links zu entsprechenden Zeitungsartikeln

In Brettheim (Gemeinde Rot am See) wurde vor einigen Wochen ein neues Feuerwehrmagazin eingeweiht. Die dortige Feuerwehr ist auch für den Rot am Seer Ortsteil Buch an der bayerischen Grenze zuständig. Eine Messfahrt hat ergeben, dass es vom neuen Brettheimer Feuerwehrmagazin zur Firma Gartengeräte Ströbel in Buch 6,5 Kilometer sind. Die einfache Fahrzeit beträgt ziemlich genau acht Minuten (drei Minuten zu lange). Eine ähnliche Fahrzeit gibt auch der Falk-Routenplaner für Pkws auf dieser Strecke an. Der Brettheimer Standort wurde von den Behörden auch genehmigt. Abweichungen von den Orientierungswerten bei den Eintreffzeiten gibt es auch in den Gemeinden Oberrot und Sulzbach-Laufen (beide im Landkreis Schwäbisch Hall/Zeitungsartikel des Hohenloher Tagblatts unten als Link).

Bau in der Au teurer als in der Lindenstraße

Vom Parkplatz Kreuzstein in Kirchberg/Jagst zum Ortsschild Weckelweiler sind es nur 2,9 Kilometer (vier Minuten Fahrzeit gemessen), bis zum Lebensmittelladen in Weckelweilter 3,3 Kilometer (viereinhalb Minuten Fahrzeit gemessen) – und Weckelweiler soll nach Angaben der Kirchberger Feuerwehr vom bisherigen Standort des Magazins nicht genehmigungsfähig sein? Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn man es mit den Werten Brettheim-Buch vergleicht (acht Minuten einfacher Weg). Deshalb ist davon auszugehen dass der Magazinstandort in der Lindenstraße rechtlich zulässig ist. Wirtschaftlich sinnvoller ist er auf jeden Fall. Ein erfahrener Architekt hat die dortigen Baukosten (ohne Grunderwerb) auf 2,1 Millionen Euro berechnet. Der Bau in der Au kostet nach derzeitigem Stand 2,9 Millionen Euro (ohne Grundstück). Bei dem unsicheren Baugrund in der Au ist mit noch höheren Baukosten zu rechnen.

Dubiose Anmarsch- und Ausrückezeiten der Feuerwehrleute

Bei den bisherigen Messungen und Hochrechnungen in Kirchberg gibt es einige Merkwürdigkeiten. Beispielsweise werden für die verschiedenen potentiellen Magazinstandorte unterschiedliche Anmarsch- und Ausrückezeiten der Feuerwehrleute zu Grunde gelegt. Zu den Fakten: Die Feuerwehr braucht neun Mann zum Ausrücken mit dem ersten Fahrzeug. Diese neun Mann kommen nicht alle aus Gaggstatt oder Hornberg für die der Standort Vordere Au näher wäre. Sie kommen auch aus Kirchberg, Lendsiedel und den Lendsiedler Teilorten – für diese Feuerwehrleute ist der Standort Vordere Au weiter entfernt. Beispielsweise sind auch der Kirchberger Abteilungskommandant und sein Stellvertreter mit ihren Wohnorten und ihren Arbeitsorten näher am Magazin beim Häsele-Gelände in der Lindenstraße. Es ist wie ein Würfelspiel, wer von den Feuerwehrleuten bei einem Ernstfall am schnellsten am Magazin ist. Nur einige Beispiele: Einer sitzt gerade auf dem Klo, ein anderer wickelt gerade das Baby, wieder ein anderer sitzt am Stammtisch im Schützenhaus Dörrmenz usw., ein anderer pflügt gerade einen von seinem Wohnhaus weit entfernten Acker bei Wallhausen und muss zuerst einmal mit seinem Traktor nach Hause kommen bevor er mit dem Auto zum Feuerwehrmagazin nach Kirchberg fahren kann (etc., etc…).

Auszüge aus Zeitungsartikeln des Hohenloher Tagblatts zum Thema Feuerwehr und Eintreffzeiten in Gemeinden des Landkreises Schwäbisch Hall:

Über die Feuerwehr Oberrot (Landkreis Schwäbisch Hall) – Artikel vom 29. Januar 2016:

(…) Mehrfach habe sich gezeigt, führte Kommandant Ewald Wurst aus, dass der rasche Einsatz von Bauhofmitarbeitern, die zugleich ausgebildete Feuerwehrkräfte sind, von Vorteil ist. Nicht zuletzt gab das den Ausschlag, den alten Standort für den Neubau, der noch in diesem Jahr über die Bühne gehen soll, beizubehalten. Dank zollte Wurst allen Firmen, die ihre Mitarbeiter für Tageseinsätze freistellen.

Die Bewertung der Leistungsfähigkeit der Gemeindefeuerwehr zeigt durchweg positive Aspekte, auch was die Ausstattung mit Fahrzeugen und Geräten betrifft. Von Vorteil erweist sich ebenso die Zusammenarbeit mit benachbarten Wehren. Die höchstzulässige Eintreffzeit von zehn Minuten für die erste Einsatzeinheit könne bei Schadensereignissen in den Hauptorten sowie bei den größeren Gefahrenpunkten eingehalten werden, so Kommandant Wurst. Durch die weit verzweigte Gemeinde und ihre topografische Lage seien Überschreitungen jedoch nicht immer zu vermeiden. Dies gelte besonders für die Bereiche Wolfenbrück, Marbächle und Marhördt. Selbst durch die interkommunale Zusammenarbeit mit Murrhardt oder Grab ließe sich keine Verbesserung erreichen. Zu guter Letzt wurde Kreisbrandmeister Mors verabschiedet. Er quittiert im Herbst den Dienst.

Link zum ganzen Artikel über die Feuerwehr Oberrot im Hohenloher Tagblatt vom 29. Januar 2016:

http://www.swp.de/crailsheim/lokales/landkreis_schwaebisch_hall/Feuerwehren-fusionieren;art5722,3654881

Artikel über die Feuerwehr Sulzbach-Laufen (Landkreis Schwäbisch Hall) vom 24. Januar 2015:

(…) Ein Plan für die Schublade ist es trotzdem nicht. Denn die Feuerwehr hat sich die Mühe gemacht, die Einsatzzeiten für jeden einzelnen Weiler nicht nur hochzurechnen, sondern tatsächlich abzufahren. Mit 40 km/h ist der Test vorgeschrieben, um auch ungünstige Straßenverhältnisse einberechnen zu können. Bei freier Bahn und günstigen Verhältnissen kann die Wehr also durchaus noch schneller sein. Dabei hat die Feuerwehr auch festgestellt, daß vom neuen zentralen Feuerwehrhaus bei Kleinteutschenhof aus sich die Situation in den meisten Fällen verbessert und die geforderten Einsatzzeiten überall eingehalten werden. Für den Bereich Laufen sogar deutlich, denn das wasserführende Fahrzeug ist bisher in Sulzbach untergestellt, weil das Laufener Magazin zu niedrig ist. Die Feuerwehrmänner treffen sich aber zunächst in Laufen, um das Fahrzeug zu holen. Deshalb wird bislang in einigen Weilern die vorgeschriebene Anmarschzeit von zehn Minuten sogar überschritten. Langsamer ist man künftig lediglich an der Sulzbacher Schule, am Seniorenhotel oder in Altschmiedelfeld – doch dabei geht es um Zeiten von einer halben bis anderthalb Minuten. So unterstützt auch der Feuerwehrbedarfsplan das Anliegen der Gemeinde, nur noch ein einziges, zentral gelegenes Feuerwehrmagazin vorzuhalten. Allerdings, so kritisierte Gemeinderat Gerhard Hägele, sind einige Weiler wie Kohlwald oder Krasberg auch vom neuen Magazin aus nur knapp unter oder über fünf Minuten zu erreichen. (…)

Artikel über die Feuerwehr Sulzbach-Laufen im Hohenloher Tagblatt vom 24. Januar 2015:

http://www.swp.de/crailsheim/lokales/landkreis_schwaebisch_hall/Wehr-kuenftig-schneller-vor-Ort;art5722,3009846

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