„Vor 50 Jahren: Attentat auf Rudi Dutschke“ – Kommentar von Paul Michel aus Schwäbisch Hall

Am 11. April 1968 schoss ein junger Nazi Rudi Dutschke nieder. Dutschke, 28, war Kopf und Stimme der Studentenbewegung. Für brave Bürger war Dutschke Sinnbild des Bösen und des Bedrohlichen. Die Springer-Presse hatte den aus der DDR geflüchteten Soziologiestudenten zum Staatsfeind aufgebaut.

Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall

„Die Kugel Nummer eins kam aus Springers Zeitungswald“

„Du dreckiges Kommunistenschwein“, hatte der Täter, der 23 Jahre alte Josef Bachmann, in dessen Zimmer ein selbstgemaltes Porträt von Adolf Hitler hing, gerufen, bevor er abdrückte. Am Abend nach dem Attentat auf Rudi Dutschke versammelten sich im Audimax der Technischen Universität in Berlin an die 2000 fassungslose, aufgewühlte Studenten und Jugendliche. Ein SDS-Aktivist brachte die Meinung der Studenten auf den Punkt: „Der Lügner und der Mörder heißt Springer. Das Attentat von heute Nachmittag ist ein öffentlich vorbereitetes Attentat, begonnen durch den Springer-Konzern.“ In Ost-Berlin dichtete Wolf Biermann ein Lied mit dem Titel „Drei Kugeln auf Rudi Dutschke, ein blutiges Attentat“. Darin heißt es: „Die Kugel Nummer eins kam aus Springers Zeitungswald“.

„Springer, Mörder!“

Die Springer-Presse hatte vor dem Attentat monatelang gegen Dutschke und die demonstrierenden Studenten gehetzt. Die Boulevardzeitung Bild etwa hatte am 7. Februar 1968 geschrieben: „Man darf auch nicht die ganze Dreckarbeit der Polizei und ihren Wasserwerfern überlassen“ und Tage vor dem Attentat zum „Ergreifen“ der „Rädelsführer“ aufgerufen. Nach dem Teach-in zogen 2000 Demonstranten von der Uni zum Kreuzberger Sitz des Springer-Verlags unmittelbar an der Mauer. Sie riefen: „Springer, Mörder!“ Mit der Nachricht vom Attentat auf Dutschke sprang der Funke der Revolte von West-Berlin nach West-Deutschland über. In 27 Städten kam es an den Ostertagen 1968 zu Protesten. An mehreren Orten wie Berlin, Hannover, aber auch Esslingen, wurde versucht, die Auslieferung der Springer-Zeitungen zu verhindern. Ob in Essen oder Esslingen, insgesamt rund 21.000 Polizisten gingen mit Wasserwerfern und Gummi-Knüppeln gegen Demonstranten vor, um die Auslieferung von Zeitungen wie „Bild“ zu gewährleisten. Die Auseinandersetzungen an den Ostertagen 1968 zwischen jugendlichen Demonstranten und Polizisten waren die heftigsten seit dem Ende der Weimarer Republik.

Mehr über die Ereignisse des Jahres 1968 gibt es bei einem Vortrag im Club Alpha 60 in Schwäbisch Hall:

Volkhard Mosler spricht am Montag, 30. April 2018, um 20 Uhr im Club Alpha 60, Spitalmühlenstraße 13/2, in Schwäbisch Hall über die Ereignisse von 1968. Er referiert über die Stärken und Schwächen der 68er-Bewegung. Außerdem befasst er sich damit, welche Hoffnungen es gab und was daraus wurde. Er geht auf die Aussage ein, dass die 68er-Bewegung gescheitert sei. Und er wirft die Frage auf, ob es nicht angezeigt sei, sich auf einiges von 1968 wieder zu besinnen.

Mitglied des SDS

Volkhard Mosler war von 1963 bis 1969 Mitglied des SDS. Er war 1966 und 1967 Vorstandsmitglied des Frankfurter SDS. Heute ist er aktiv in der LINKEN, Frankfurt/Main.

Veranstalter sind: AK Programm des Club Alpha 60, Rosa-Luxemburg Stiftung Baden-Württemberg

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