„Pannenserie bei der Bundeswehr: Pure PR-Kampagne“ – Kommentar von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Beim NATO-Gipfel in Wales Anfang September 2014 gab es neben viel verbalem Säbelrasseln konkrete Verabredungen für weitere Aufrüstung des Bündnisses. Es wurde vereinbart, dass die Mitgliedstaaten ihre Rüstungsetats auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen. Für die BRD würde das eine Erhöhung des Rüstungsetats von  gegenwärtig 32 Milliarden Euro auf 56 Milliarden Euro bedeuten.

Von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Es riecht nach Inszenierung

Vor diesem Hintergrund macht die auffällige Häufung von Pannenmeldungen über die Bundeswehr  stutzig, sie riecht allzu sehr nach Inszenierung. Die schneidigen Herren und Damen von der Bundesregierung mit der Neigung zum Feldherrengehabe haben wohl den Eindruck gewonnen, dass die in Wales vereinbarten Erhöhungen der Militärausgaben in der Bevölkerung nicht auf Begeisterung stoßen. Jetzt  wird wohl als „akzeptanzfördende Maßnahme“ unter tätiger Mitarbeit ausgebuffter PR-Profis publizistisch etwas nachgeholfen nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein…

Theatralischer Katzenjammer

Die derzeit theatralisch bejammerten Ausrüstungsmängel der Bundeswehr sind seit langem bekannt. Die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr wurde aber so gut wie nie in Frage gestellt. Jetzt wird der Eindruck erweckt, als ob die Bundeswehr ein einziger Schrotthaufen wäre. Der Wehrbeauftragte Hellmuth Königshaus sieht ihre Einsatzfähigkeit gefährdet. Die von oben kolportierte Pannenserie wird von vielen Kommentatoren zum Anlass genommen, mehr oder weniger offen anzudeuten, der Bundeswehr mangele es an Geld; ihr heute schon 32 Milliarden Euro schwerer Jahresetat müsse angehoben werden, nicht zuletzt wegen der bösen Russen. Dummerweise ist die deutsche Bevölkerung aber immer noch weitgehend pazifistisch gestimmt – was sich aber nach der Erfahrung ausgebuffter PR-Profis ändern lässt.

Was ist hier eigentlich der Skandal?

Um es klar zu sagen: Für mich wäre es keine „Hiobsbotschaft“, wenn Eurofighter am Boden bleiben und A400-Transporter von Airbus fehlen würden, um Soldaten in die Ukraine zu fliegen, weil die von Weltmachtambitionen berauschte Bundesregierung dort neues deutsches Selbstbewusstsein demonstrieren will. Der wirkliche Skandal besteht darin, dass solches Kriegswerkzeug überhaupt angeschafft wurde, wobei  es nun keineswegs überraschend ist, dass die staatlichen Rüstungseinkäufer die Vertragsbedingungen so gestalten, dass alles auf ständig neue Freibriefe für Extraprofite auf Seiten der Rüstungskonzerne hinausläuft.

Krankenhäuser und Kindergärten statt Rüstungswahn

Skandalös ist nicht, dass die Eurofighter, für die den Herstellerkonzernen mittlerweile 60 Milliarden Euro zugeschoben wurden, jetzt mehr Zeit am Boden verbringen als vereinbart. Skandalös ist, dass für diesen Unsinn überhaupt so viel Geld verschwendet wurde. Wie viele Krankenhäuser hätten sich mit dem Geld restaurieren lassen? In den deutschen Krankenhäusern fehlen nach Erhebungen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi 162.000 Vollzeitstellen. Das groß angekündigte Recht auf einen Kindergartenplatz wird nicht eingelöst, weil es angeblich an Geld fehlt. Wir wissen, dass die  Infrastruktur wie Brücken oder auch Abwassersystem immer weiter verfallen, weil dafür kein Geld da ist. Und angesichts des Klimawandels wäre eine Verkehrswende  von der Straße hin zur Schiene dringend erforderlich. Es gibt als Unmengen von Projekten, wo die für Rüstungsprojekte der Bundeswehr sinnlos verschleuderten Milliarden sinnvoll und sozial nutzbringend verwendet werden könnten und sollten. Die Bundesregierung aber stellt mit ihrer PR-Kampagne die Weichen dafür, dass der Zug in die umgekehrte Richtung fährt. Denn machen wir uns nichts vor. Bald werden sie uns erzählen, dass wir beim Sozialen noch mehr sparen müssen, weil dafür „leider“ kein Geld mehr da sei.

Von wegen humanitäre Militäreinsätze…

Das seit einiger Zeit in Berlin grassierende Schwadronieren von „gesteigerter deutscher Verantwortung“ für die Welt hat keine humanen, sondern imperiale Motive. Weder in Bezug auf die Ukraine noch bei den Waffenlieferungen in den Mittleren Osten geht es der Bundesregierung um humane Anliegen. Das lässt sich im Fall der angeblichen militärischen Hilfe für die Kurden schon daran erkennen, dass die Waffen nicht an die Kurden von der kurdisch-syrischen PYD gehen , die sich in Kobane verzweifelt gegen die Übermacht der IS-Terroristen wehren, sondern an jene als NATO-freundlich eingestuften Peschmerga-Gruppen, die nach machtpolitisch motivierten Absprachen mit der IS sich aus den Jesiden Gebieten kampflos zurückzogen, um diese schutzlos dem Terror der Dschihadisten auszuliefern.

Schmierenkomödie der NATO

Und der große NATO-Bruder USA, der mit seiner gewaltigen Luftstreitkraft in wenigen Tagen die Panzertruppen Saddam Husseins zerstörte, ist jetzt angeblich nicht in der Lage, die vor Kobani in völlig freiem Feld lagernden IS-Kräfte aus der Luft  entscheidend zu schwächen. Wer’s glaubt wird selig!
Die Bundestagsabgeordnete  Sabine Leidig, die gerade mit einer Delegation der Linkspartei die syrisch-türkische Grenzregion bereist, berichtet von dem Eindruck der Kurden  von den Luftangriffen der USA rund um Kobani: „Darüber habe ich heute mit einem kurdischen Genossen aus Syrien gesprochen. Er sagt, es habe den Anschein, dass die Luftangriffe nicht gezielt IS-Stellungen treffen würden. Im Gegenteil: Er habe den Eindruck, dass die USA und ihre Verbündeten das offene Feld bombardierten und die IS-Kämpfer dadurch sogar eher in Richtung Kobani getrieben würden.“ (TAZ 8.10. 2014) Wenn es nicht alles so schlimm und menschenverachtend wäre, könnte man von einer erneuten Schmierenkomödie der NATO sprechen.

Der Gipfel der Heuchelei

Apropos humanitäre Hilfe: Warum berichten unsere Medien eigentlich nicht darüber, dass parallel zum Trommeln für höhere Militärausgaben, die Bundesregierung für 2015 einen brutalen Schnitt bei dem ohnehin schon dürftigen Etat für humanitäre Hilfe von 398,2 Millionen Euro auf 280 Millionen Euro vorsieht. Ganz zu schweigen von skandalösem Verhalten der Bundesregierung und anderer EU-Regierungen bei der Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. Hier droht das Ende der Seenotrettungsoperation „Mare Nostrum“, mit der die italienische Marine bis Ende August 2014 mehr als 110.000 Flüchtlinge aus Seenot retten konnte. Der Grund: Die EU-Staaten weigern sich, die dafür monatlich erforderlichen 9,3 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Das sind im Vergleich zu den Rüstungsausgaben Peanut-Beträge. Es spricht Bände darüber, was dieser Bundesregierung wichtig und was ihr gleichgültig ist!

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„Für sauberes Trinkwasser, Anden-Aufforstung und Schulbildung“ – Benefizkonzert der bolivianischen Gruppe Sacambaya in Kirchberg/Jagst

Ein Konzert der bolivianischen Gruppe Sacambaya findet am Freitag, 10. Oktober 2014, um 19.30 Uhr im Rittersaal von Schloss Kirchberg/Jagst statt. Es ist der einzige Auftritt der Gruppe im Raum Schwäbisch Hall.

Von Frieder Hinderer, Kirchberg/Jagst

Für sauberes Trinkwasser

Die Gruppe Sacambaya kommt aus der Region der Andentäler Boliviens im Departamento Cochabamba und macht ihre Tournee für das Kulturzentrum in Independencia, dem Zentralort der Provinz Ayopaya, der ungefähr so groß wie Kirchberg ist. Das Kulturzentrum hat es sich zur Aufgabe gemacht, die kleinen Dörfer der Umgebung mit sauberem Trinkwasser zu versorgen, die kahlen Hänge der Anden aufzuforsten und eine Bibliothek und Arbeitsräume für die vielen Schüler der beiden Schulen am Ort zur Verfügung zu stellen.

Eigener Radiosender

Außerdem betreibt es einen Radiosender, der mit seinen Sendungen in Spanisch und Ketschua die Dörfer und Gehöfte dieser abgelegenen Gegend erreicht. Die Gruppe benannte sich nach dem Rio Sacambaya, einem der vielen Quellflüsse des Amazonas, an dem eine zerfallene Inka-Festung gleichen Namens liegt.

Einziger Auftritt im Raum Schwäbisch Hall

Zu Schwäbisch Hall hat Independencia eine besondere Beziehung: Die Umwelt-AG des St. Michael Gymnasiums in Schwäbisch Hall sammelte über fünf Jahre lang Spendengelder, mit deren Hilfe das Aufforstungsprogramm finanziert wurde. In diesem Jahr tritt die Gruppe Sacambaya im Haller Raum nur in Kirchberg auf, wo sie bereits zum achten Mal zu Gast ist. Der Eintritt ist frei. Um eine Spende wird gebeten.

Weitere Informationen und Kontakt:

Frieder Hinderer, Poststraße 33, 74592 Kirchberg, Telefon 07954 8418

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