„Mehr Gerechtigkeit statt marktkonforme Demokratie“ – 1.-Mai-Rede von Siegfried Hubele bei einer Kundgebung in Schwäbisch Hall

Nach einem Demonstrationszug durch die Schwäbisch Haller Innenstadt fand die 1.-Mai-Kundgebung im Hospitalhof statt. Siegfried Hubele forderte in seiner Begrüßung eine weltweite solidarische Arbeiterbewegung und prangerte das „Werben fürs Sterben“ durch die Bundeswehr in Schulen und Arbeitsagenturen an.

Von Siegfried Hubele, DGB Schwäbisch Hall

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde und Gäste, lieber Kollege Roman Zitzelsberger,

ich begrüße euch im Namen des Kreisvorstandes des DGB-Schwäbisch Hall zur 1.-Mai-Kundgebung und zum Maifest der Gewerkschaften.

Haller AWO feiert 90. Geburtstag

Herzlich willkommen auch der Oberbürgermeister der Stadt Hall, Herr Pelgrim, und Herr Hepp, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt, sie feiert im Mai das 90-jährige Bestehen der AWO in Hall und stellvertretend für alle Parteienvertreter begrüße ich auch Herrn Kaiser, Fraktionsvorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion und Nik Sakelleriou, Landtagsabgeordneter der SPD. Und ein ganz besonders Willkommen gilt unserem ehemaligen DGB-Kreisvorsitzenden Günter Volz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

alljährlich begehen gewerkschaftlich organisierte Lohnabhängige auf der ganzen Welt den 1. Mai als ihren Kampf- und Feiertag und demonstrieren ihren Willen für die Würde und Rechte der arbeitenden Menschen! Sind die Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit auch noch so unterschiedlich in den Ländern – die Adressaten gehören weltweit der gleichen sozialen Klasse an. Es sind die Sachwalter des großen Geldes. Es sind die Verteidiger der eigenen Profite: Großaktionäre, Großbanken, Vorstände von transnationalen Konzernen, Kapitaleigner und auch Regierungen, die sich den Wirtschaftsinteressen und Lobbyisten der Oberschichten verpflichtet fühlen. Frau Merkel spricht sich sogar für eine „marktkonforme Demokratie“ aus.

Gegen die Auslagerung von Arbeit an Subunternehmen

In Brasilien streiken derzeit die Arbeiterinnen und Arbeiter für die Verkürzung der Wochenarbeitszeit – von 44 auf 40 Stunden. Und gegen die Auslagerung von Arbeit an Subunternehmen, die mit der Prekarisierung der sozialen Verhältnisse einhergeht.

Streik der Minenarbeiter in Pakistan

In Pakistan streiken Arbeiter in den Minen und in der chemischen Industrie für Festanstellungen und bessere Arbeitsbedingungen. Unter massiver Bedrohung der Unternehmen und Konzerne.

Für Steuererhöhungen für Höchstverdiener

In den USA machen sich die Gewerkschaften stark für Steuererhöhungen für Höchstverdiener und gegen die Gier der Banken.

Für das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung

In Indien streiken Arbeiter gegen den multinationalen Konzern HOLCIM, für das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung, für einen Lohn von dem man leben kann, für Arbeitssicherheit und für einen 8 Stundentag.

Löhne aus dem Jahr 2013 noch nicht ausbezahlt

In der Ukraine kämpfen Arbeiterinnen und Arbeiter immer noch dafür, dass Löhne aus dem Jahre 2013 ausbezahlt werden, in der Gesamthöhe von über 100 Millionen.

Kein System der Profitmaximierung

Auch hier in Deutschland kämpfen Belegschaften und Gewerkschaften gegen die Auswirkungen desselben Systems der Profitmaximierung und der kapitalistischen Umverteilung.

Reallohnverlust in den vergangenen zehn Jahren

Exportweltmeister kann nur der werden, der kostengünstiger produziert und auch exportieren kann. Ein wesentlicher Grund dafür ist in Deutschland der Niedriglohnsektor.
Und in der Tat ist es so, dass die bundesdeutschen Löhne im internationalen Vergleich – netto in den letzten zehn Jahren einen Reallohnverlust bedeuten. In einzelnen Branchen mag das anders sein- gesamtgesellschaftlich stimmte es aber leider.

Täglich in den Betrieben dagegen ankämpfen

Mit Hartz 4, der Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen, Leiharbeit und Werkverträgen hat auch in Deutschland die Angst  vor Armut zugenommen. Das fordert uns als Gewerkschaften heraus, täglich in den Betrieben dagegen anzukämpfen und Kolleginnen und Kollegen davon zu überzeugen: Angst lähmt! Nur wenn wir uns gemeinsam bewegen, verändern wir die sozialen Verhältnisse.

Kolleginnen und Kollegen,

unser gewerkschaftliches Motto 2014 lautet: Gute Arbeit.Soziales Europa. Seit 2008 ist die Erwerbslosenzahl in der EU um zehn Millionen angestiegen. Die Zahl der prekär Beschäftigten nimmt weiter zu. An den südlichen Rändern der EU und im Osten verarmen die Menschen. So geht Europa gar nicht!

Reiche Oberschicht sollen für ihre Krise gefälligst auch selbst bezahlen

Ein Schuldenschnitt für die verarmten EU-Mitgliedsstaaten wäre überfällig. Die Banken und Konzerne, die reiche Oberschicht in den EU-Staaten sollen für ihre Krise gefälligst auch selbst bezahlen! Schließlich sind sie letztlich  die Nutznießer bei der Rückzahlung der Milliardenkredite aus den verarmten EU-Länder.

Kriegspropaganda in den Medien

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir zur Zeit in den Medien erleben macht mir Angst!
Das ist Kriegspropaganda!

Von Politik und Medien geschürte Russenangst

Vor 100 Jahren, als der 1. Weltkrieg begann – wurde der deutschen Bevölkerung eingeredet, es handle sich um einen Verteidigungskrieg. Das zivilisierte Deutschland müsse sich gegen den barbarischen russischen Zarismus zur Wehr setzen. 2014 ist nicht 1914! Aber eines ist wieder verdammt gegenwärtig: Die von Politik und Medien geschürte Russenangst!

Putin ist kein Demokrat oder Friedensengel

Man muss Putin nicht für einen Demokraten oder einen Friedensengel halten – aber die Vorgänge in der Ukraine sind viel komplexer, um sie auf die  einfache Formel zu bringen von GUT und BÖSE oder in das Schema FREUND-FEIND zu pressen. Sicherlich verstößt die Sezession der Krim gegen die ukrainische Verfassung und der Anschluss der Krim an Russland ist völkerrechtlich umstritten!

Russland sieht sich in die Enge getrieben

Aber, auch die EU-Osterweiterung und die verstärkte militärische Präsenz der NATO in Osteuropa, bis an die Grenzen Russlands, haben dazu beigetragen, dass Russland sich in die Enge getrieben sieht.

Westen akzeptiert rechtsradikale und faschistische Kräfte

Und die westliche Akzeptanz von rechtsradikalen und offen faschistischen Kräften, in einer nicht vom Volk gewählten Regierung der Ukraine – lassen Feindbilder aufblühen! Im so genannten „Gemeinsamen Haus Europa“ kann es  Sicherheit und Frieden nur miteinander und nicht gegeneinander geben! Abrüstung und eine Umkehr in der Außen- und Sicherheitspolitik sind gefragt!

Abrüstung beginnt in Baden-Württemberg

Abrüstung beginnt zuerst im eigenen Land – deshalb fordern auch die DGB-Delegierten in Baden Württemberg:

Deutsche Soldaten haben die Welt nicht friedlicher gemacht

Schluss mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr! Der Einsatz der Soldatinnen und Soldaten in mittlerweile über 52 Ländern der Erde, hat die Welt keinen Deut besser oder friedlicher gemacht! Deutschland wird weder am Hindukusch noch in der Ukraine verteidigt. Schluss mit den Rüstungsexporten, die unser Land zum drittgrößten Waffenhändler hat werden lassen.

Schluss mit dem „Werben fürs Sterben“

Schluss mit dem „Werben fürs Sterben“ der Bundeswehr in Schulen, Universitäten und in den Arbeitsämtern!

Kein Geld und keine SoldatInnen für Auslandseinsätze

Von August Bebel, dem herausragenden sozialdemokratischen Antimilitaristen stammt der Satz, den er in Reichstagsdebatten vor dem 1. Weltkrieg gegen den Militäretat sprach: „Diesem System keinen Mann und keinen Groschen!“ Recht hatte er: Keinen Euro und keinen Mann und keine Frau für die Auslandseinsätze der Bundeswehr!

„Abrüstung ist das Gebot der Stunde“

Abrüstung ist das Gebot der Stunde! Wir brauchen das Geld zur Lösung sozialer Fragen, Renten, gute Bildung und Ausbildung , für Umweltschutz und Entwicklungshilfen für die Ärmsten dieser Welt! Die aus Verzweiflung an den Außengrenzen der EU, im Mittelmeer jämmerlich ertrinken!

Ich bedanke mich fürs Zuhören. Wir freuen uns nun auf die Rede von Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der großen IG Metall!

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