Milchbauern fahren mit Traktoren nach Brüssel – Flexible Milchmengensteigerung und faire Preise

Europäische Bauern des European Milk Board (EMB) fahren mit ihren Schleppern am Montag, 5. Oktober 2009, nach Brüssel zum Sondertreffen der EU-Agrarminister. Sie erwarten Entscheidungen für einen schnellen Überschuss-Abbau und für eine flexible Mengensteuerung.

Pressemitteilungen des European Milk Board (EMB) und des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM)

Hamm/ Brüssel, den 01.10.2009: Mehrere Tausend Milchbäuerinnen und Milchbauern aus Frankreich, Deutschland, Belgien, Österreich, den Niederlanden, Italien, der Schweiz, Luxemburg sowie weiteren Ländern werden am 5. Oktober mit ihren Schleppern vor Ort sein, wenn die EU-Agrarminister in Brüssel zu einer Sondersitzung zur desaströsen Lage am Milchmarkt erwartet werden. Sie werden bei einer Kundgebung am Rond-Point Robert Schuhman um 12 Uhr der EU-Politik die Notwendigkeit einer flexiblen Mengensteuerung für eine nachhaltige Produktion qualitativ hochwertiger Milch zu fairen Preisen noch einmal in aller Deutlichkeit demonstrieren. Daniel Condat von der französischen OPL dazu: „Die Politik hat hier die Chance, mit Entscheidungen zu einer flexiblen Mengenregulierung den Aufstand der Bauern zu beruhigen.“
Pascal Massol von der französischen APLI ergänzt: „Wird diese Chance vertan, dann ist zu erwarten, dass die Enttäuschung der Bauern zu noch stärkeren Protesten führen wird.“

„Die aktuelle Politik der EU ist absolut gescheitert. Sie führt zu Milliarden teuren Überschüssen und hat die Milchviehbetriebe gleichzeitig in die Verschuldung getrieben. Ein Systemwechsel weg von der blinden Liberalisierung des Milchmarktes hin zu einer verantwortungsbewussten Markt-Politik ist notwendig, damit für Verbraucher und Milcherzeuger faire Preise möglich werden. Angebot und Nachfrage müssen ausbalanciert werden, damit keine neuen Überschüsse entstehen. Das kostet keine Steuergelder, weil es die Mechanismen des Marktes positiv nutzen würde, statt sie zerstörerisch wirken zu lassen“, bekräftigt der Präsident des EMB, Romuald Schaber, die Position der
europäischen Milcherzeuger.

Am 10. September hatten französische Milcherzeuger landesweit Proteste gestartet, die sich schnell auf viele weitere europäische Länder ausgebreitet haben. 500 Millionen Liter Milch sind im Zuge dessen in acht Ländern nicht an die Molkereien geliefert worden; Protestaktionen wie Autobahn- und Molkereiblockaden, Demonstrationen vor politischen Institutionen, Mahnfeuer und Milchausschüttungen sowie Milchausschenken an Verbraucher finden seitdem europaweit statt. In zahlreichen Ländern hatte die Politik darauf reagiert und den Milcherzeugern Unterstützung zugesagt, die Krise mit Beschlüssen auf nationaler und europäischer Ebene zu überwinden. Neben Regierungschefs wie der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy oder dem österreichischen Kanzler Werner Faymann hatte auch der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mitteilen lassen, Beschlüsse zur Entspannung der katastrophalen Lage vorantreiben zu wollen. Im Zuge dessen war das Sondertreffen der EU-Agrarminister am 5. Oktober anberaumt worden.

„Diese Gespräche müssen etwas Substanzielles bringen. Wenn die Politik hier keine vernünftigen Entscheidungen in Richtung flexibler Mengenregulierung trifft, dann ist sie dafür verantwortlich, dass der Aufstand der Bauern sich weiter ausbreiten und noch weitaus stärker werden wird“, verweist Erwin Schöpges von der belgischen MIG noch einmal auf die Notwendigkeit erfolgreicher Ergebnisse der EU-Sondersitzung am Montag.

EMB – European Milk Board, Office
Bahnhofstraße 31, D – 59065 Hamm, Germany
Tel.: 0049 – 2381 – 4360495
Fax: 0049 – 2381 – 4361153
office@europeanmilkboard.org
www.europeanmilkboard.org

Kontakte:
EMB-Präsident Romuald Schaber (DE): 0049/15155037174
EMB-Vizepräsidentin Sieta van Keimpema (DE, EN, NL): 0031/612168000
Frankreich (APLI) – Pascal Massol (FR): 0033/670517303
(OPL) – Daniel Condat (FR): 0033/607086240
Belgien (MIG) – Erwin Schöpges (DE, FR): 0032/497904547

Resolution vom 22.09.2009
Marktgestaltung statt Marktgläubigkeit oder Marktvereinnahmung!
Als Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen auf den Märkten und hier insbesondere auf den Agrarmärkten rufen die Unterzeichner Wissenschaftler und Politiker zu einer zukünftig verantwortungsvolleren Marktgestaltung auf.

1. Die aktuelle Weltwirtschaftskrise wurde durch Spekulationen der Investmentbanken ausgelöst. In ihrer Dimension und Wirkmächtigkeit wurde sie aber erst möglich durch die Marktgläubigkeit der Wissenschaft und der Politik sowie durch die Tendenz, im Namen der Marktfreiheit ungleiche Freiheiten für die Marktteilnehmer zu erzeugen. Der Weg in den so genannten freien Markt, im Agrarbereich aktuell angezeigt durch die Abschaffung der Milchquote, wird bei einer weiter anhaltenden Politik der Bevorzugung von marktstarken Unternehmen für die überwiegende Masse der Marktteilnehmer ein Weg in weiter wachsende Ungleichheiten:
o Für die Verbraucher, denen bei weiter wachsenden Handelsmonopolen die Entscheidungsfreiheit eingeschränkt wird;
o für die Milchbauern, die endgültig zu Rohstofflieferanten der Milchindustrie degradiert werden;
o für die Drittländer, für die die Dumpingpolitik der Industrieländer subsistenzzerstörend und hungererzeugend wirkt und
o für breite Bevölkerungsschichten überall auf der Welt, die das Risiko einer immer gigantischeren und monolithischeren Aufstellung einer Lebensmittelbranche zu tragen
haben.

2. In Statements von Agrarökonomen wird behauptet, „Die Milchbranche“ sei „im freien Markt angekommen“ (Latacz-Lohmann/Hemme 2009, 2). Zur Milchbranche gehören die Milchbauern. Diese befanden und befinden sich nach wie vor in einem massiven Abhängigkeitsverhältnis. Sie bekommen einen Milchpreis einseitig und rückwirkend von den Molkereien überlassen. Vom „freien Markt“ kann daher keine Rede sein. Die Modellvorstellung von polypolistischen Anbieterstrukturen, die auf eine große Zahl von
Nachfrager treffen, hat nichts mit der Praxis gemein. Im Milchsektor liegen stufenförmig angelegte Strukturen vor. Die dort Beteiligten divergieren in Bezug auf ihre Anzahl und ihre Umsatzstärke enorm: Ca. 100.000 Milchbauern stehen ca. 100 Molkereien und diesen wiederum wenige Handelsketten gegenüber. Die Milchbauern sind in dieser Struktur abhängige Rohstofflieferanten. Erst durch eine verantwortungsvolle realitätsnahe Marktgestaltung wäre die Wiederaufstellung der Landwirte als gleichwertige
Marktteilnehmer möglich. Dazu gehören die Schaffung entsprechender Gremien zur Wahrung von Informiertheit (Milchmarktbeobachtung, Produktionskostenmonitoring,
Milchpreisveröffentlichung), zur Wahrung gleichwertig aufgestellter Marktteilnehmer, damit sie an branchenelementaren Entscheidungen teilnehmen können (Produzentenzusammenschlüsse, Milchmarktfond) sowie Maßnahmen zum Märkteschutz bei homogenen Gütern (Gremium für Milchmengenmanagement).

3. Die  jüngsten Entwicklungen auf dem Milchmarkt interpretieren deutsche Agrarökonomen nach wie vor mit realitätsfernen Marktmodellen. Demnach kommt es zu einer „freien Preisbildung an Märkten entsprechend den Knappheitsverhältnissen zwischen Angebot und Nachfrage“ und der „Eingriff … des Staates bzw. vom Staat autorisierten Berufsständen … in das Preis- und Mengengerüst“ sei nicht „normal“ (Schmitz/Hesse 2008, 39). Die Preisforderungen des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM) werden zum „ordnungspolitischen Sündenfall“ erklärt (Schmitz/Hesse 2008, 41). Bei dieser realitätsfernen statischen Auffassung von Märkten gibt der Staat Rahmenbedingungen vor und innerhalb dieses Rahmens soll dann ein Preisfindungsmechanismus wirken. Märkte aber sind soziale Strukturen (Beckert et al. 2007). Sie entstehen und bestehen im Wechselspiel der Beteiligten bei gleichzeitig ständigem Regelungsbedarf der Handlungen. Der Staat steht dabei nicht außerhalb, sondern er spielt in diesem ständigen Regelprozess eine zentrale Rolle, ob bei entsprechender „Rechtsetzung, im Wettbewerbsrecht oder im Urheberrecht“ (Beckert et al. 2007, 56ff.).

4. Nach der statischen Vorstellung vom Markt als Preisfindungsmechanismus müssen nur bestimmte Bedingungen gelten – Informiertheit, polypolistische Strukturen und
Güterhomogenität – dann könne das Modell in der Praxis angewendet werden (Henrichsmeyer/ Witzke 1991, 311-312). Bei einer realitätsnahen Betrachtung ist jedoch
festzustellen, dass  Märkte dynamisch und daher ständig zu regeln sind: Durch das Erzeugen von Neuem (z. B. Produkte) entsteht ständig Güterinhomogenität und durch neues Wissen ständig neu verteilte Informiertheit. Ebenso bedarf es wegen der permanenten Konzentrationsprozesse ständiger Aktivitäten zur Aufrechterhaltung von
Wettbewerbsstrukturen (Kartellrecht). Je nach Stellung der Unternehmen, dem Einfluss der Lobby als auch dem Grad der Vermachtung spielen in diesem dynamischen Prozess der ständigen Marktausgestaltung die Beteiligten auf den Märkten selbst eine mehr oder weniger entscheidende Rolle. Das Fehlen von Marktmachtkontrolle hat die Banken, die heute „too big to fail“ sind, erst entstehen lassen. Zu einer verantwortungsvollen zukünftigen Marktgestaltung gehört es, eine ähnliche Entwicklung in solch elementaren Wirtschaftsbereichen wie Lebensmittel, Wohnen und Verkehr zu verhindern. Dies bedeutet vor allem, die doppelzüngige Praxis der Bevorzugung starker Marktteilnehmer durch entsprechende Regelungspraktiken unter Berufung auf die „Freiheit des Marktes“ zu beenden.

5. Die Bevorzugung starker Marktteilnehmer, realisiert durch das einseitige Setzen auf eine economie of scales (Quantität) ohne das Pendant einer Ökonomie der Kreierung von Neuem (Qualität), führt zur Zerstörung polypolistischer Strukturen, zu einseitiger Marktmacht, zu Gigantismus; zum schwindenden Einfluss der Produzenten, die in der Erzeugerkette ganz am Anfang stehen sowie zur Ohnmacht der Verbraucher. Seit Jahrzehnten predigen Agrarökonomen ein „Wachsen oder Weichen“. Die von diesen Agrarökonomen maßgeblich unterstützten Maßnahmen wie Einführung der Direktbeihilfen, Investitionsförderungen usw. funktionieren dabei nach dem Matthäus-Prinzip: Wer hat, dem wird gegeben. Von Agrarökonomen wird es als „normal“ angesehen, dass „kleine“ Milchbetriebe aufgeben (Spiller et al. 2008, 1). Dies, so ein weiterer Agrarökonom, damit sie für „Unternehmer mit der Bereitschaft zu investieren“ (Schmitz/Hesse 2008, 39) Platz machen. Parallel dazu haben Agrarökonomen Jahrzehnte lang so genannte Sektorpläne erstellt, nach denen die Molkereistrukturen (und auch Schlachthofstrukturen) mit massiver Fördermittelunterstützung hin zu solch großen Einheiten ausgebaut wurden, wie sie heute bestehen.

6. Ebenso verantwortungslos ist die Favorisierung immer erfolgreicherer einzelbetrieblicher Effizienz bei gleichzeitigem Abwälzen der Folgekosten auf die gesamte Gesellschaft. Dazu gehören im Agrarbereich nicht nur die sozialen Kosten, die durch die Entleerung der ländlichen Räume und Vernichtung von Arbeitsplätzen entstehen
sowie die ökologischen Folgekosten aus einer intensiven Agrarproduktion, sondern vor allem auch Risikokosten, wie sie die Gesellschaft zum Beispiel beim Auftreten von BSE zu tragen hatte. Hier mussten allein 2001 ca. 1 Mrd. Euro ausgegeben werden, um die Folgen zu bewältigen (Massenschlachtungen, Tiermehlbeseitigung, BSE-Tests usw.). Eine zukunftsfähige Ökonomie bedeutet, den Blick von der einzelbetrieblicher Ökonomie zu erweitern auf eine gesamtgesellschaftliche Ökonomie.

7. Unverantwortlich ist auch das weitere Vorantreiben der derzeitigen Form des Welthandels mit Agrarprodukten unter Berufung auf das Modell der komparativen
Kostenvorteile. Beiderseitige Vorteile entstehen im Handel nur, wenn dazu die entsprechend gleichen Bedingungen vorliegen. Für Produkte aus begrenzten Branchen (bodengebundene Produktion) mit begrenztem Absatz (Lebensmittel) liegen gegenüber Produkten ohne diese Merkmale ungleiche Bedingungen vor. Der Handel zwischen Drittländern mit ihren Agrarrohstoffen und den Ländern der so genannten Ersten Welt mit ihren Industrieprodukten führt daher zum ungleichen Handel zugunsten der Industrieländer. Ebenso unverantwortlich sind die Auswirkungen des Zwangs zur Spezialisierung der Drittländer auf einen einseitigen Anbau von agrarischen Rohstoffen. Dadurch wird die Subsistenzstruktur in diesen Ländern zerstört. Die Folgen sind verheerend. 70 Prozent aller Hungernden der Welt sind Kleinbauernfamilien und Landarbeiter! Wie weit global die Verteilungsschere auseinanderklafft, zeigen gerade die aktuellen Entwicklungen auf dem Milchmarkt: In der gleichen Zeit, in der Milcherzeuger in Europa aufgeben müssen, weil sie mit dem von den Molkereien derzeit gezahlten Milchgeld nicht mehr auskommen und in der die  Milchproduktionsstrukturen in Afrika aufgrund der Wiedereinführung von Exportsubventionen im Januar 2009 zerbrechen, vermeldete die Presse die Erfolge von
Exporthandelsunternehmen mit Schlagzeilen wie „Deutschland überholt alle. Deutschland … ist weltweit Spitze“ (n-tv 2008). Die doppelte Paradoxie von einerseits Exportsubventionen (mit Anti-Freihandels-Wirkungen) und andererseits dem Vorantreiben von Freihandelsräumen für die Erstländer (u. a. durch Subventionierung der einheimischen Landwirte zur Aufrechterhaltung einer stabilen Rohstoffbelieferung der Nahrungsmittelindustrie) ist endlich zu beenden.

Verantwortungsvolle Marktgestaltung bedeutet, das statische Modellagieren zu beenden;  das Gleiche gilt für das einseitige Favorisieren von einzelbetrieblicher Effizienz zu
Lasten der Gesamtgesellschaft. Es sind Instrumentarien der Ausgestaltung zu entwickeln und zu implementieren, die den Anforderungen dynamischer Märkte gerecht werden. Dazu gehören aktuell am Milchmarkt Maßnahmen wie das Produktionskostenmonitoring zur Interessenswahrung der Erzeuger und ein am Markt statt an expandierenden Monopolen ausgerichtetes Milchmengenmanagement. Erst diese Maßnahmen ermöglichen eine verantwortungsvolle Marktpolitik, die sich nicht an Einzelinteressen ausrichtet, sondern an den gesamten gesellschaftlichen Interessen, zu denen neben einzelbetrieblicher Effizienz Lebensmittelsicherheit und Ernährungssouveränität gehören. Verantwortungsvolle Marktgestaltung bedeutet nicht „Mehr Freiheit des Marktes“, sondern „Mehr Freiheit ALLEN Marktteilnehmern.“ Die Unterzeichner appellieren an alle, die immer wiederkehrenden Statements von der „Freiheit der Märkte“ kritisch zu hinterfragen. Dies ist der erste Schritt zur Beendigung der „Regelung der Märkte im Namen der Nichtregelung“. Sie appellieren an die Wissenschaftler, sich kritisch mit den einseitigen Modellvorstellungen einer auf einzelbetriebliche Effizienz durch Größenvorteile ausgerichteten statischen Modellökonomie auseinanderzusetzen. Ebenso appellieren die Unterzeichner an die Politiker, die aufgezeigten Vorschläge aufzugreifen, um den zukünftigen Herausforderungen dynamischer Märkte gerecht zu werden.

Für den Inhalt:

Prof. Onno Poppinga (ehem. Universität Kassel, FB Ökologische Agrarwissenschaften)
Dr. Katrin Hirte (ehem. Universität Kassel, FB Ökologische Agrarwissenschaften)

Zitierte Quellen:
Beckert, Jens (2007): Die soziale Ordnung von Märkten. In: Beckert, Jens; Diaz- Bone, Rainer; Ganßmann,
Heiner (Hg.): Märkte als soziale Strukturen. Campus Verlag Frankfurt am Main, 43-62. (Prof. Beckert ist seit
2005 Direktor am Max- Planck- Institut für Gesellschaftsforschung Köln).
Henrichsmeyer, Wilhelm; Witzke, Heinz Peter (1991): Agrarpolitik. Band 1: Agrarökonomische Grundlagen.
Ulmer Verlag Stuttgart. (Prof. Henrichsmeyer war (bis 2000) Professor für Volkswirtschaftslehre und
Agrarpolitik am Institut für Agrarpolitik, Marktforschung und Wirtschaftssoziologie der Universität Bonn).
n-tv (2008): Deutschland überholt alle. Pressemeldung vom 03.07.2008. In: http://www.n-tv.de/988997.html
(Stand 12.07.2008).
Schmitz, Michael; Hesse, Joachim W. (2008): Analyse und Bewertung des Milchlieferstreiks in Deutschland.
In: landinfo 7/2008, 37-42. (Prof. Schmitz hat an der Universität Gießen die Professur für Agrar- und
Entwicklungspolitik inne).
Spiller, Achim; von Cramon-Taubadel, Stephan; Brümmer, Bernhard (2008a): Landwirtschaftliches Preiskartell
kein sinnvolles Instrument der Agrarpolitik. Presseerklärung vom 28.05.2008. In: http://www.unigoettingen.
de/de/84615.html (Stand 12.07.2008). (Achim Spiller ist Professor Marketing für Lebensmittel und
Agrarprodukte, Stephan Cramon- Taubadel ist Professor für Agrarpolitik, Bernhard Brümmer Professor für
Landwirtschaftliche Marktlehre an der Universität Göttingen).

Zu den Unterzeichnern gehören (Stand 28.09.2009):

Prof. Elmar Altvater, em. Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-
Institut der FU-Berlin
Dr. Rainer Bartel, Linz
Jacques Berthelot, Former Lecturer in economics at the Ecole Nationale
Supérieure Agronomique de Toulouse
Prof. Mathias Binswanger, FH Nordwestschweiz Olten
Prof. Dieter Boegenhold, Free University of Bolzano, Economics and
Management, Italy
Germana Bottone, Istituto di Studi e Analisi Economica, Italy
Prof. Dieter Boegenhold, Free University of BolzAno, Economics and
Management, Italy
Jean-Marc Boussard, Académie d’Agriculture de France
Manuel Branco, University of Évora, Portugal
Dr. Beate Brüggemann, INFIS – Institut für internationale
Sozialforschung
Prof. Rosaria Rita Canale, Associate professor of Economic Policy,
University of Naples
Thomas Dürmeier, Universität Kassel
Christoph Gran, Universität Heidelberg, Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik
Prof. Dr. Franz- Theo Gottwald, Schweisfurth- Stiftung München
Prof. Dr. Reinhold Hedtke, Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie
Dr. Gerhard Hovorka, Bundesanstalt für Bergbauernfragen Wien
Prof. Heide Inhetveen, Universität Göttingen
Dr. Karin Jürgens, Büro für Agrarsoziologie & Landwirtschaftskultur (BAL)
Assistant Professor Pavlos Karanikolas, Dept. of Agricultural Economics &
Rural Development, Agricultural University of Athens
Dr. Niek Koning, Uni Wageningen
Jean-Christophe Kroll, Professoeur et Président du département
d’Economie et sociologie d’AgroSup Dijon
Prof. Birgit Mahnkopf, Professorin für Europäische Gesellschaftspolitik
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Prof. Ilke Marshall, FG Landschaftsplanung an der FH Erfurt
Prof. Dr. jur. Philippe Mastronardi, Universität St. Gallen,
Rechtswissenschaftliche Abteilung
Prof. Walter Oetsch, Johannes Kepler Universität Linz
Theofanis Pakos, Professor of economics, panteion Univ;ersity, Athns,
greece
Cosimo Perrotta, full professor of the History of Economic Thought
Università del Salento (Italy)
Prof. Dr. Hans J. Pongratz, Institut für Soziologie, Ludwig-Maximilians-
Universität München
Dr. Rainer Riehle, INFIS – Institut für internationale Sozialforschung
Prof. Dr. Markus Schermer, Department of Sociology, Universität
Innsbruck
Prof. Wolf Schluchter, BTU Cottbus
Prof. Christoph Scherrer, Universität Kassel, FG Globalisierung und Politik
Dr. Christian Schüler, Universität Kassel
Mag. Herbert Schustereder, Caritas Oberösterreich, Personalentwicklung
/ Grundlagen, Linz
Prof. em. Udo E. Simonis, Wissenschaftszentrum Berlin (WZB)
Prof. Jean-François Sneesens, Prof. UCL (Univ Cath. de Louvain), Belgium
Stefano Solari, associate professor of Political Economy, Department of
Economics, Università di Padova
Pr. Alfredo Suarez, Faculté d’Economie et de Gestion, Université de
Picardie Jules Verne (UPJV), Amiens – France
Dr. Frieder Thomas, Kasseler Institut für Ländliche Entwicklung
Aurélie Trouvé, Maître de conférences en économie, CESAER
(AgrosupDijon -INRA)
Prof. em. Dr. Peter Ulrich, Universität St. Gallen, Institut für
Wirtschaftsethik
Prof. em. Mario von Cranach, Sozialpychologe, Universität Bern
Tanja von Egan- Krieger, Universität Greifswald
Prof. Irene van Staveren, Feminist Development Economics (Institute of
Social Studies), Economics and Christian Ethics (Nijmegen University)
Netherlands

Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V.
Geschäftsstelle Freising: Gutenbergstr. 7-9, 85354 Freising, Tel.: 08161-538473-0, Fax: -50
Geschäftsstelle Wittenburg: Steintor 2a, 19243 Wittenburg, Tel.: 038852-9063-0, Fax: -22

www.bdm-verband.de

30. September 2009
Milchbauern erwarten endlich Handeln, nicht sinnloses Geldverschwenden

(Freising) Die Milcherzeuger in Deutschland und Europa kämpfen mit ihrem unermüdlichen Einsatz nicht für mehr Geld aus dem öffentlichen Haushalt, sondern für eine Umsteuerung der Milchmarktpolitik. Die bisherigen politischen Weichenstellungen hin zur vollkommenen Liberalisierung haben sich schon nach kurzer Zeit als eine Bruchlandung für den gesamten Milchmarkt erwiesen.

Mit ungeheuerer Ignoranz hat bisher die EU-Kommission, aber auch die Mehrheit der deutschen Bundesländeragrarminister, versucht, das Marktproblem mit Steuergeldern
zuzudecken. Die wahren Ursachen wurden nicht angegangen, sämtliche Vorschläge für eine Umsteuerung hin zu einem Marktgleichgewicht sind mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt worden. Den Preis für diese Haltung zahlen die Milcherzeuger: einen katastrophalen Milchpreis, der die Bauern regelrecht an die Wand fährt. Damit muss endlich Schluss sein. Die Bundestagswahlen sind vorbei, jetzt kommt die Zeit des Handelns. Die Milcherzeuger haben mit Vehemenz für die Umsetzung ihrer marktwirtschaftlichen Forderungen gekämpft. Sie erwarten vom Spitzengespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sehr deutliche Signale.

In Deutschland müssen die von der EU-Kommission eingeräumten Handlungsspielräume endlich genutzt werden. So sind die Saldierungsmöglichkeiten abzuschaffen, zumindest sehr stark einzugrenzen. Hier muss dem Beispiel der deutschen Nachbarländer – darunter z.B. auch Frankreich – gefolgt werden. Mit diesem Beschluss im Rücken hätte die deutsche Agrarministerin Ilse Aigner in Brüssel eine deutlich bessere Argumentationsgrundlage, wenn es um die Durchsetzung der Interessen der Milcherzeuger auf EU-Ebene geht. Es kann nicht mehr hingenommen werden, dass die deutschen Minister mit ihrer Blockadehaltung sämtliche Maßnahmen hin zu mehr Marktgleichgewicht verhindern.

Der Bauernverband hat sich gerade in den vergangenen Tagen öffentlich gegen die protestierenden Milcherzeuger gestellt und wird im Spitzengespräch in gewohnter Form
mehr die Interessen der Milchindustrie als die der Milcherzeuger vertreten. Das zeigen die schon jetzt veröffentlichten Erwartungen an das Spitzengespräch. Die Milcherzeuger werden es nicht akzeptieren, wenn beim Spitzengespräch über „Rezepte von vorgestern“ gesprochen werden soll. Weitere Exporterstattungen, Lagerhaltung und ähnliche Forderungen, die den öffentlichen Haushalt belasten und die Probleme nur zudecken, aber nicht lösen, gehören nicht an den Gesprächstisch. Es hat sich gezeigt, dass mit diesen Mitteln die Milchmarktkrise nicht gelöst werden kann und diese daher nicht weiter diskutierenswert sind.

Kurz vor dem Spitzengespräch werden auch dieMilchbäuerinnen am Freitag um 13 Uhr erneut mit einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt nachdrücklich auf die
Forderungen derjenigen hinweisen, die in den vergangenen Monaten so intensiv gekämpft haben. Außerdem werden ab Freitagmittag gleichzeitig weitere Milchbauern-Kundgebungen vor vielen Landwirtschaftsverwaltungen in den Bundesländern stattfinden, um zu signalisieren, dass eine große Mehrheit der Milcherzeuger eine Umkehr der bisherigen gescheiterten Milchmarktpolitik will.

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