Steuerabsenkung bei Agrardiesel hilft Milchbauern nicht weiter – Kostendeckender Milchpreis muss her

Dieses Großplakat ist auf einer Wiese zwischen Roßfeld und Maulach zu sehen. FOTO: Ralf Garmatter

Dieses Großplakat des "Bund Deutscher Milchviehhalter" (BDM) ist auf einer Viehweide zwischen Roßfeld und Maulach zu sehen. "Zu niedrige Milchpreise sind mein Ende – und das meines Bauern. Faire Milchpreise sichern Arbeitsplätze in der Region", heißt es in dem Plakattext. FOTO: Ralf Garmatter

Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel verlautbaren lässt, dass die beschlossene Steuerabsenkung bei Agrardiesel in der Krise genau das sei, was die Bauern bräuchten, ist das nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) nur zum Teil richtig. In der Tat ist die aktuelle Situation der Milchbauern und auch anderer landwirtschaftlicher Betriebszweige derzeit so desolat, dass jede finanzielle Hilfe willkommen ist. Zu einer Lösung der Probleme der Bauern trägt die beschlossene Steuerabsenkung aber nicht bei.

Pressemitteilung des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter – weitergeleitet von der Landwirtin Anja Fuchs aus Oberrot-Scheuerhalden

Bauern brauchen kostendeckenden Milchpreis

Die Mehrheit der Milchviehbetriebe kommt ohnehin nicht an die bisherige Deckelungsgrenze von 10.000 Liter heran. So wird zum Beispiel ein Milchbauernhof mit 60 Kühen und einer Fläche von 50 bis 60 Hektar nach der beschlossenen Steuerabsenkung lediglich 350 Euro Selbstbehalt rückerstattet bekommen. Dem stehen in diesem Beispiel aber 63.000 Euro Verlust gegenüber, den dieser Beispielsbetrieb durch den nicht kostendeckenden Milchpreis erleidet (60 Kühe mit einer Milchleistung von jeweils 7.000 Liter/Jahr = 420.000 Liter x 0,15 Euro Verlust/kg Milch). Die aktuellen Verluste der Milcherzeuger lassen sich – selbst bei bestem Willen der Politik – nicht durch Subventionen ausgleichen. Es hilft nur das, was die Politik überhaupt nicht will: Eine schnelle marktwirtschaftliche Anpassung der Angebotsmenge an die Nachfrage. Nur durch ein so erreichtes Marktgleichgewicht kann sich ein kostendeckender Preis für die Milcherzeuger bilden.

Bauern wollen nicht als ewige Subventionsempfänger verunglimpft werden

Solange man sich dagegen aber so vehement wehrt und die Milchbauern ihr Einkommen nicht über ihr Produkt erwirtschaften können, werden die Bauern weiterhin auf jede staatliche Finanzierungshilfe angewiesen sein und sei sie auch noch so klein. Das aber ist nicht das, was die Milchbauern wollen: Die Problemlösung, die sie so eindringlich fordern, wird ihnen verwehrt und gleichzeitig müssen sie sich als „ewige Subventionsempfänger“ verunglimpfen lassen.

Kontakt:
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V.:
Geschäftsstelle Freising: Gutenbergstr. 7-9, 85354 Freising, Tel.: 08161-538473-0, Fax: -50
Geschäftsstelle Wittenburg: Steintor 2a, 19243 Wittenburg, Tel.: 038852-9063-0, Fax: -22

Weitere Infos im Internet: www.bdm-verband.de

Milch wird zur Chefsache
Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte am 23. Mai in Niedersachsen einen Milchbauernhof  – BDM-Vertreter nach Protest doch noch dabei

Ein Kurzprotokoll der Ereignisse:

Leitung der Veranstaltung durch Agrarminister Ehlen, anwesend auf dem Hof von Landwirt Johann Heumann, Ritterhude: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ministerpräsident Christian Wulff, Niedersachsens Agrarminister Hans-Heinrich Ehlen, Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke, Aufsichtsratsvors. Nordmilch Otto Lattwesen, Vorsitzende der Landfrauen Brigitte Scherb, Vorsitzender des Milchausschuss Niedersachsens Heinz Korte, Edeka-Chef Markus Mosa, DBV-Präsident Gerd Sonnleitner, BDM-Vorstandsmitglied Jürgen Meenken.

Ablauf:
Den vielen Aktionen der BDM-Milcherzeuger und nicht zuletzt den Bäuerinnen, die in Berlin demonstriert haben, ist es zu verdanken, dass Bundeskanzlerin Merkel sich kurzfristig zu einer Kontaktaufnahme mit Milchbauern entschlossen hatte.

Der BDM ist hierzu ursprünglich nicht eingeladen worden. Die Verärgerung unter den Mitgliedern ist entsprechend groß. Spontan machten sich daher trotz Feiertag zirka 100 Milchviehhalter auf, um in Ritterhude die Teilnahme an der Runde zu verlangen. Ministerpräsident Christian Wulff, der sich zusammen mit Staatssekretär Ripke, der Diskussion mit den BDM-Bauern und -Bäuerinnen stellte, stimmte auf Nachfrage, warum der BDM nicht eingeladen worden sei, spontan der Teilnahme eines BDM-Vertreters zu.  BDM-Vorstandsmitglied Jürgen Meenken betrat infolgedessen zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ministerpräsident Wulff und Staatssekretär Ripke den Raum, in dem schon die oben aufgeführten Teilnehmer sowie weitere 30 ausgesuchte Landwirte warteten.

Nach der Einführungsrede durch Minister Ehlen kam Bundeskanzlerin Merkel zu Wort:
Sie erläuterte, dass
– es schwer ist, zu erkennen, was in der Milchwirtschaft mit der Finanzkrise zusammenhängt und was nicht.
– mehr diskutiert werden soll, damit Bauernverband (BV) und BDM wieder näher zusammenkommen.
– Problem der Marktmacht in einer Frage an den Edeka-Chef Mosa: Hat Aldi tatsächlich diese marktbeherrschende Position? Die Antwort von Mosa ist ein eindeutiges Ja.
– Bundesministerin Aigner umgehend damit beauftragt wird, ein Gespräch mit den Bäuerinnen zu führen, welches gefordert wurde.

Zum Schluss ihrer Ausführungen erklärte Angela Merkel, wie groß ihre Verbundenheit zur Landwirtschaft sei, da sie selbst vom Lande komme. Sie ging kurz auf die Stellung der Landwirtschaft in der Gesellschaft ein und hob deren Traditionen hervor.

Otto Lattwesen, Aufsichtsratsvorsitzender der Nordmilch, erklärte das Unternehmen und die Vorzüge des Nordkontors, dem noch mehr Molkereien beitreten müssten, ohne dass es weiterer Molkereifusionen bedürfe. Er betonte, dass das Nordkontor die Verhandlungsposition der Molkereien gegenüber dem LEH stärken würde.
Markus Mosa, Chef von Edeka, stellte fest, dass die mittelständig organisierten Filialen nicht in der Lage wären bei austauschbarer Ware Preiszugeständnisse zu machen. Mosa bestätigte, dass die Molkereiwirtschaft ihnen preisgünstige Ware offerieren würde, ohne dass sie die Molkereien gegeneinander „ausspielen“ würden. Die Molkereien würden sich in ihren Angeboten ständig gegenseitig unterbieten.
Jürgen Meenken bedankte sich bei Bundeskanzlerin Merkel dafür, dass die Bundesregierung die Milch zur Chefsache erklärt hat, so wie es der BDM durch seine Aktionen seit geraumer Zeit fordert. Die von der Kanzlerin beschriebenen emotionsgeladenen Kundgebungen der Milchviehhalter seien der aussichtslosen Entwicklung des Milchmarktes geschuldet, denen immer mehr Milchviehhalter zum Opfer fallen. Dass eine Fusionswelle in der Molkereiwirtschaft nicht zwangsläufig eine bessere Preisfindung zur Folge habe, erklärte Meenken an Beispielen wie Dänemark, Großbritannien, Neuseeland und auch der deutschen Nordmilch. Alle bislang umgesetzten Maßnahmen, wie Exportbeihilfe, Intervention und vieles mehr hätten ihr Ziel, einen höheren Milchpreis, bislang verfehlt. Wenn nicht kurzfristig die Milchproduktion um europaweit mindestens 5 Prozent eingeschränkt werde, werde es zum Strukturbruch kommen. Eine der schnellsten Möglichkeiten, die Milchmenge zu reduzieren, sei die umgehende Einschränkung der Saldierungsmöglichkeiten und die Änderung des Umrechnungsfaktors. Diese Möglichkeiten könne Deutschland ohne Brüssel umsetzen und es sei auch kein deutscher Alleingang, da die Länder, die in Europa maßgeblich Milch produzieren, dieses schon umgesetzt hätten. Meenken riet Merkel sich dazu mit dem französischen Minister Michel Barnier auszutauschen, denn in Frankreich seien die Probleme die gleichen und mit gemeinsamen 40 Prozent der EU-Produktion seien Entscheidungen dieser „Milchländer“ ein Vorbild für Brüssel.
Heinz Korte, Gerd Sonnleitner sowie Minister Ehlen setzten weiterhin alleine auf Steuerbegünstigungen (Agrardiesel, steuerliche Rücklagen und ähnliches), Ausbau Exportbeihilfe, Förderung von Absatz  stimulierenden Maßnahmen im In- und Ausland, Schulmilchprogramme und allen sonst schon bekannten Absatzförderungen. Weiterhin sprachen sich der Deutsche Bauernverband und das Landvolk Niedersachsen gegen jede Maßnahme zur Milchmengenreduzierung aus. Ein deutscher Alleingang werde abgelehnt.

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Ein Gedanke zu „Steuerabsenkung bei Agrardiesel hilft Milchbauern nicht weiter – Kostendeckender Milchpreis muss her

  1. Sehr geehrte LandwirtInnen, lassen Sie sich keinen Honig um’s Maul schmieren und sich auf nach der Wahl vertrösten. Dann haben die Hohen Herren (und auch die Frauen) wieder vier lange Jahre Zeit, Sie und uns alle zu vera****en und zu verhohnepiepeln sowie Sie in den Ruin gehen zu sehen – und die ihren dreister und reicher zu machen.

    Wenn Sie die Situation verändern wollen, müssen Sie sich jetzt organisieren. Genau jetzt. Nicht nachlassen. Im Gegenteil. Der Druck muss zunehmen. Den Herr- und Frauschaften geht der Hintern allmählich auf Grundeis – sie wissen nämlich, dass sie eigentlich eher wenig Macht haben, wenn die Menschen merken, dass sie selbst sich regen müssen und weder vertrauen auf Gott und Märkte noch auf Regierungen oder Schicksal Hilfe bringt.
    Demonstrieren Sie weiter. Jetzt. „Liefern“ Sie Milch auf Supermarktparkplätze an und lassen Sie den Geruch wirken, der sich Sommers über eher kurz als lang einstellt. Nennen Sie diese Kunst-Installation(en) „Milchmarkt – das stinkt zum Himmel“. Seien Sie kreativ und handeln Sie anders als man es von Ihnen erwartet – und als „es sich gehört“. Sie sind da schon auf dem richtigen Weg. Das macht die richtigen Menschen nervös. Diese sollen merken, dass sie nicht die Einzigen sind, die sich „daneben“ benehmen können – wenn Sie aber dann bitte nicht genauso dreckig lachen würden; Unterschiede sind wichtig, sie schärfen das eigene Profil.

    Erklären Sie den Menschen, dass es Ihnen mitunter nicht einmal erlaubt ist, Ihre Milch zu verschenken ob der großzügigen Verträge mit der Molkerei Ihres Ver- oder Misstrauens etc. und ähnliches. Die Menschen wissen das nicht.
    Schreiben Sie Flugblätter und verteilen Sie diese – und sprechen Sie mit jedem, der es nicht hören will über Ihre Situation, Ihre Gedanken… anfangs kostet das Überwindung. Man gewöhnt sich dran. Sie haben wahrscheinlich mehrere Sommer Zeit und nichts zu verlieren, nur alles zu gewinnen, denken Sie daran.
    Vernetzen Sie sich mit anderen Menschen, die ähnlichen Schwierigkeiten gegenüber stehen. Dann hören Sie, dass Sie nicht alleine sind. Und dass man Sie sehr wohl versteht, auch wenn die großen Blätter und Sender das Gegenteil behaupten.
    Machen, denken und sagen Sie Dinge, die die richtigen Menschen nervös und ängstlich machen – auch wenn Sie das manchmal für Blödsinn halten. Das mus ja nicht jeder wissen. Ihre Gegnerschaft handelt eben so und Sie wären in einem nicht wieder gut zu machenden Nachteil: Sie hätten alle Angst und Ihre Gegnerschaft den Rest.
    Machen Sie sich vorher kundig, ob das mit der Milch und den Parkplätzen denn Sachbeleidigung oder ähnliches sei. Im Falle dass dies zutrifft, nehmen Sie von derlei künstlerischen Happenings Abstand – ich möchte und darf Ihnen dann nicht dazu raten. Denn hier in Deutschland ist man zwar frei und darf auch Künstler sein – aber außer Bauern, Arbeitern, Sozialhilfeempfängern und eigentlich allen, die nur das haben, was sie zum Leben benötigen (oder weniger) darf man hier keinen beleidigen oder berauben. Nicht einmal Gegenstände…

    Zu guter Letzt, das Wichtigste: Bleiben Sie friedlich. Niemandem weh tun, niemanden beleidigen (auch nicht zurück). Das kann schwer werden, da man Sie beleidigen könnte. Oder verleumden. Sogar schlagen und verletzen. Man wird Ihnen sagen, dass Sie Gesetze brechen; erninnern Sie sich dann daran, wer diese Gesetze gemacht hat und dass das mitunter geschah, um (Macht)Vorteile zu erringen. Meist hört sich die Konstruktion der Schlimmheit der Handlungen dann ein wenig absurd und an den Haaren herbeigezogen an. Seiesn Sie dann verblüfft, nicht ohnmächtig-wütend; letzteres ist erwünscht, ersteres lässt die Richtigen ohnmächtig-wütend werden. Lassen Sie sich nicht provozieren. Sehen Sie derlei Anzeichen freudig: Sie stehen dafür, dass die richtigen Leute nervös werden. Und Friedensangebote kommen erst, wenn diese Menschen so richtig nervös sind.

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