Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen verliert in erster Instanz den ersten Musterprozess gegen die Bausparkassen

Berichtet und kommentiert von Hermann-Julius Bischoff, Schwäbisch Hall

Sichtlich entspannt und guter Dinge hielt Siegfried Bauer, seit Herbst letzten Jahres Kommunikations-Chef der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG und vordem Leiter der Wirtschaftsredaktion der Südwestpresse, bereits vor Verkündung des Urteils durch den Vorsitzenden der 6. Zivilkammer des Heilbronner Landgerichts die zu rund einem halben Dutzend erschienenen Journalisten der schreibenden Zunft mit optimistischen Erklärungen bei Stimmung, als ob er schon geahnt hätte, wie die Klage in erster Instanz ausgehen werde.

Von den Prozessbeteiligten waren sonst nur deren Anwälte zur Urteilsverkündung erschienen.

Und gleich nachdem auch der Kameramann der SWR-Landesschau mit seinem Equipment den Gerichtssaal verlassen hatte, verkündete der Kammervorsitzende Ulrich Baumgärtner den entscheidenden Satz „Die Klage wird abgewiesen“ und beschränkte sich bei der folgenden Bekanntgabe der Leitsätze des Urteils auch nur noch auf wenige erläuternde Bemerkungen.

Keine Überraschung

Bereits beim Erörterungstermin am 19. Februar hatte sich angedeutet, dass die Kammer die vom Bausparer bei Vertragsabschluss zu zahlende Abschlussgebühr als Entgelt für den Eintritt in die Bausparergemeinschaft werten könnte, wodurch ihm ein Darlehnsanspruch mit einem über die gesamte Laufzeit festen Darlehnszins garantiert werde. Dies wurde nun im Urteil bestätigt.

Nach Auffassung des Gerichts stellt die Abschlussgebühr die Eintrittsgebühr in die Bausparergemeinschaft dar und ist damit eine freie, der Rechtskontrolle nicht unterworfene Preisvereinbarung. Auch die gesetzliche Forderung nach Transparenz sieht das Gericht mit der Angabe über die vom Kunden zu leistenden Zahlungen als erfüllt. Der Gesetzesanspruch des entsprechenden § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB sei nicht das Herbeiführen der Vergleichbarkeit unterschiedlicher Finanzierungsprodukte oder -modelle.

… und dann doch eine

Und damit es nicht nur bei wenigen dürren Ausführungen blieb, händigte der Kammervorsitzende Ulrich Baumgärtner den erschienenen Anwälten Martin Ziegler und Dr. Hervé Edelmann auch gleich gegen Quittung das fertig ausformulierte „kleinfingerdicke“ Urteil aus.

Jetzt bleibt abzuwarten, wie das Landgericht Hamburg am 5. Mai in der Klage der Verbraucherschützer gegen die Deutscher Ring Bausparkasse entscheiden wird. Und am 15. Mai steht vor dem Landgericht Dortmund noch die Klage gegen die Landesbausparkasse West an.

Politische Störmanöver

Bereits eine Woche vor dem ersten Verhandlungstermin am Landgericht Heilbronn hatten auf Initiative des Landtags-SPD-Fraktionsführers Claus Schmiedel die SPD-Fraktion gemeinsam mit den Regierungsfraktionen CDU und FDP einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bausparkassengesetzes im Baden-Württembergischen Landtag eingebracht.

Zielsetzung dieser Initiative war, die Landesregierung zu veranlassen, diese Gesetzesänderung im Bundesrat einzubringen. Damit sollte im Absatz 3 von § 5 des Bausparkassengesetzes „Die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge müssen Bestimmungen enthalten über…“ die folgende Ziffer 2a eingefügt werden:
„die Vereinbarung eines Abschlussentgelts; hiervon abweichende Bestimmungen sind unwirksam, es sei denn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen hat diese ausnahmsweise gemäß § 9 Abs. 1 genehmigt.“ (Landtags-Drucksache 14/4033 „Transparenz und Rechtssicherheit für Bausparer und Bausparkassen“)

Wortgefechte …

In der öffentlichen Selbstdarstellung hatte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Schmiedel sogar zu der Äußerung verstiegen: „Wir hoffen, dass das auch auf das Gericht Auswirkungen hat.“

Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, reagierte sichtlich empört „gegen den Versuch … kundenfeindliche Bankpraktiken auf politischem Wege zu beeinflussen“, indem „kommerziell orientierte Finanzkonzerne – dazu gehören auch die Bausparkassen – … die Landespolitik in Baden-Württemberg vor ihren Karren (spannen), um dem Ergebnis von ordentlichen Gerichtsverfahren durch Veränderung von Gesetzen vorzugreifen.“

Müller warnte: „Falls das passiert, würde die Politik den verbraucherfeindlichen Gebührenmodellen einen Freibrief ausstellen“ und forderte: „Bausparkassen wie jede andere Bank zu behandeln.“

Jedenfalls hatte es die Bausparkassenlobby im Vorfeld möglicher bedrohlicher Gerichtsentscheidungen verstanden, geneigte Politiker schon einmal „richtig“ einzustimmen. Denn der SPD-Fraktionsführer Schmiedel ließ sich ebenso wortgewaltig wie der Bausparkassenmaterie unkundig vernehmen, dass ein Sieg der Verbraucherschützer gar „brandgefährlich“ sei, denn „das würden kleine Institute gar nicht überleben“ und „große müssten ihre Zuteilungen massiv reduzieren.“

Die Bausparkassenlobby wird hierzulande repräsentiert durch die „Arbeitsgemeinschaft Baden-Württembergischer Bausparkassen“, deren Geschäftsstelle sich in der Crailsheimer Str. 52 zu Schwäbisch Hall befindet, dem Firmensitz der von der Verbraucherzentrale beklagten Bausparkasse Schwäbisch Hall AG.

… und Geistesschwäche

Peinlich ist indes, dass es der Geistesstärke gleich dreier Fraktionsführer im Baden-Württembergischen Landtag, Stefan Mappus von der CDU, Dr. Ulrich Noll von der FDP und Claus Schmiedel von der SPD, mangelte, in ihrem gemeinsamen Gesetzesentwurf wenigstens die für die Genehmigungspraxis zuständige Bundesbehörde „Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“ korrekt zu benennen, wenn es vorher schon mit der korrekten Kommasetzung haperte…

   Sende Artikel als PDF   
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.