Regierungsbericht: Rente mit 67 war richtig

Die Bundesregierung hält an der Rente mit 67 fest. Dies schreibt sie in ihrem Bericht zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre, der in Form einer Unterrichtung (17/3814) vorliegt und am Donnerstag im Bundestag erstmals beraten wird. Die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters sei notwendig und bleibe weiterhin vertretbar, lautet das Fazit des Berichts. Die Rente mit 67 diene der Sicherung des Wohlstands, gewährleiste die Gerechtigkeit zwischen den Generationen und stärke die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, heißt es weiter. Für die NachDenkSeiten eine menschenverachtende Beschönigung einer bittere Realität.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Weiter im Text: Die Entwicklung am Arbeitsmarkt in den letzten Jahren bestärke sie in ihrer Einschätzung, schreibt die Regierung. Die Erwerbsbeteiligung und die Arbeitsmarktchancen hätten sich gerade für die Älteren deutlich verbessert. Deutschland habe das EU-Ziel 2010, die Erwerbstätigenquote der über 55-Jährigen bis 2010 auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen, bereits im Jahr 2007 überschritten. Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Älteren sei deutlich gestiegen, schreibt die Regierung. Von dieser Entwicklung profitierten nicht nur die Personen im Alter zwischen 55 und unter 65 Jahren, sondern insbesondere auch jene im Alter zwischen 60 und unter 65 Jahren. Deren Erwerbstätigenquote habe sich seit 2000 nahezu verdoppelt und liege aktuell bei rund 40 Prozent. Nach aktuellen Daten von Eurostat liege diese Quote im zweiten Quartal 2010 sogar bereits bei 41,1 Prozent. Auch die Beschäftigungsquote bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter zwischen 60 und 64 Jahren habe sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt und betrage rund 23 Prozent. Die Entwicklung zeige, dass der Prozess einer längeren Erwerbsdauer bereits begonnen habe und sehr dynamisch verlaufe.

Die NachDenkSeiten kommentieren den Bericht folgendermaßen: „Viel menschenverachtender kann man eine bittere Realität für einen Großteil der Arbeitnehmer nicht beschönigen.“

– Dass die Zahl der über 55-Jährigen gestiegen ist, hat vor allem damit zu tun, dass die Zahl der geburtenstarken Jahrgänge in diese Altersgruppe nachgerückt ist.

– Die „Erwerbstätigenquote“ von angeblich 40 im Alter zwischen 60 und 65 Jahren sagt überhaupt nichts darüber aus, ob diese Altersgruppe als Selbständige, ob auf einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz, ob in einem 400-Euro-Job oder in einem Niedriglohnsektor noch einer Arbeit nachgeht. Wenn sich das Ministerium sogar noch mit der Eurostat-Zahl von 41,1 Prozent zu schmücken versucht, so wird dabei unterschlagen, dass nach dieser Statistik alle Personen als erwerbstätig gelten, die zumindest eine Stunde in der Woche gegen Entgelt oder wie auch immer als Selbständige bzw. als mithelfende Familienangehörige arbeiten.

– Im sog. Alterssurvey heißt es: „Unter den 60- bis 64-Jährigen stieg zwischen 1996 und 2008 die Erwerbsbeteiligung um zehn auf 33 Prozent“ (Deutscher Alterssurvey vom 8. September 2010, S. 3 [PDF – 49 KB]) Wie die Ministerin auf 40 Prozent kommt, ist schleierhaft.

– Besonders deutlich wird der zynische Euphemismus, wenn da großspurig davon die Rede ist, dass die Beschäftigungsquote bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter zwischen 60 und 64 Jahren sich verdoppelt habe. Was aber die Erhöhung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre stützen soll, wenn weniger als ein Viertel (23 Prozent) noch sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind und damit Beiträge zur Verbesserung ihrer Rentenleistung bezahlen (können) erschließt sich nur, wenn man seinen eigenen Lügen auch noch Glauben schenkt.
Noch am 23. 06. 2010 antwortet die Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Fraktion die Linke [PDF – 1.1 MB ] folgendes: Nicht einmal zehn Prozent der 64-Jährigen waren 2008 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Gerade ein Fünftel der 60-jährigen schafft den Übergang aus der Erwerbslosigkeit in Erwerbstätigkeit. Von den 64-jährigen schaffen es nicht einmal mehr zehn Prozent. Mehr als ein Fünftel (22 Prozent) geht aus Erwerbslosigkeit (Leistungen SGB III/SGB II) und weniger als ein Fünftel (18 Prozent) geht aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in die wohlverdiente Altersrente.

– Auch die raffiniertesten statistischen Tricks und die dreistesten Beschönigungen ändern nichts an der Tatsache, dass aus heutiger Sicht die Rente mit 67 für den allergrößten Teil der Arbeitnehmer eine faktische Rentenkürzung bedeutet.

http://www.bundestag.de/presse/hib/2010_11/2010_390/02.html

http://www.nachdenkseiten.de/?p=7578#h08

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