Hartz IV – Demontage in Karlsruhe

Die Verfassungsrichter bringen die Regierung in Erklärungsnot. Der Hartz-IV-Streit vor dem Verfassungsgericht hat eine viel größere Bedeutung als zunächst erwartet. Die Bundesregierung muss wohl nicht nur die Regelsätze für Kinder neu berechnen – sondern auch die Leistungen für Erwachsene. Es geht um das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Lesenswert! Mit welchem Dilettantismus in Berlin gewerkelt wurde und wird ist schon erstaunlich bzw. einfach nur frech.

„Ich möchte Gerechtigkeit“, sagte Thomas K. in seinem Schlusswort: Er verlange nicht, wie manche anderen, dass der Regelsatz für Erwachsene von derzeit 359 Euro auf 500 Euro angehoben werde; aber er wolle, dass die Hartz-IV-Sätze „ordnungsgemäß, rechtskonform, transparent und nachvollziehbar bemessen werden“ – und dass es nicht nur eine „Pauschale“, sondern eine an die individuellen Bedürfnissen angepasste Zahlung gibt.

Es könnte gut sein, dass ihm die Verfassungsrichter diesen Wunsch aufs Wort erfüllen.

Selbst Experten waren überrascht, wie schlecht es der Bundesregierung gelang, die Daten, die sowohl den Hartz-IV-Leistungen für Erwachsene als auch für Kinder zugrunde liegen, zu rechtfertigen. Bisher sei sie „von der Verfassungsgemäßheit“ der Regelsätze für Erwachsene ausgegangen, gab die Präsidentin des Deutschen Sozialgerichtstags, Monika Paulat, noch in der Verhandlung zu Protokoll, die Rechtfertigungsversuche der Bundesregierung aber „lassen mich ins Grübeln kommen“.

Dass sich diese Frage jetzt zum ersten Mal in dieser Schärfe stellt, liegt daran, dass bei der Einführung von Hartz-IV nicht nur die Arbeitslosen- und Sozialhilfe für Erwerbslose zu einer einheitlichen Leistung zusammengefasst wurden. Dieses „Arbeitslosengeld II“ (ALG II), wie die Hartz-IV-Leistung offiziell heißt, wurde auch auf eine neue Datengrundlage gestellt: Galt zuvor der „Warenkorb“ des Statistischen Bundesamts als Maß, sollten die Regelsätze künftig auf einer empirischen Erfassung des Konsumverhaltens des unteren Fünftels der Bevölkerung beruhen, die selbst nicht auf Sozialhilfe angewiesenen ist.

Allerdings wurde dieser Datensatz, die „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe“ (EVS), vom Sozialministerium keineswegs unverändert übernommen, sondern für die einzelnen Posten mit „Abschlägen“ versehen: Die Ausgaben für Bekleidung etwa wurden nur zu 89 Prozent berücksichtigt, also mit 21,58 Euro monatlich statt mit den in der Umfrage ermittelten 23,97 Euro, weil – so die offizielle Begründung – die Befragten auch Geld für „Maßkleidung und Pelze aufgewendet hätten, was für Sozialhilfeempfänger folglich wieder herauszurechnen sei.

Ausgaben für Gesundheitspflege sowie „Nachrichtenübermittlung“ wurden nur zu 64 Prozent und für Verkehrsmittel sogar nur zu 37 Prozent angesetzt. Gesamtergebnis: ein Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen von 345 Euro in den alten und 331 Euro in den neuen Bundesländern. Damit soll bis auf Miete und Heizkosten alles abgegolten sein.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,656402,00.html

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14 Gedanken zu „Hartz IV – Demontage in Karlsruhe

  1. Hartz IV ist wirklich menschenunwürdig. Und das aus mehreren Gründen.

    Zum einen bedürfte es eines Regelsatzes von 420 € (Stand 2007), um auch nur den Sozialhilfesatz des Jahres 1994 zu erreichen. Tatsächlich aber wird behauptet, die SGB II Leistungen (so Hartz IV im offiziellen Jargon) seien „erhöhte Leistungen“, zu welchen – mit Ausnahmen für Schwangere u.ä. – keine Zusatzleistungen für Einmalbedarfe (Teppichboden bei Neueinrichtung, Ersatz für Kühlschrank, WaMa, TV) gewährt werden „könnten“.

    Das ist schlichter Zynismus.

    Auch die Anrechnung von sog. Schonvermögen. Das hat selbst die von sozialer Empathie nicht gerade verwöhnte schwarz-gelbe Regierungskoalition (wenn sie denn kommt und sich nicht noch heillos über Finanzprobleme zerstreitet) eingesehen.

    Außerdem: Der Generalverdacht, jeder Arbeitslose würde schwarzarbeiten. Folgt man einer Einladung mal nicht – die eher eine Vorladung ist – so wird man sofort empfindlichen Kürzungen unterworfen. Dies mag in einigen Fällen gerechtfertigt sein, keine Frage, in der Mehrzahl aber ist es nur ein billiges Sparprogramm für die öffentlichen Haushalte.

    Hartz-IV-Empfänger sind überdurchschnittlich häufig depressiv und antriebsschwach. Sie sind das Strandgut unserer Hochleistungs- und Superstreßgesellschaft. Solche Leute haben es oft schwer, morgens gegen 06/00 h einen Bus zu finden, der sie zu einer weit entfernten ARGE bringt, um sich dort von ihrem Fallmanager anzuhören, daß er auch heute kein Jobangebot für sie habe. Aber sie sollten sich bitte weiter bewerben. Das bekommt er auch noch schriftlich.

    Schlecht nur, wenn er – was vorgekommen ist – nicht lesen kann. Dann kann er sich latürnich auch nicht schrifltich irgendwo bewerben. Und auch die Rechtsbehelfsbelehrungen nicht verstehen, die ihn darauf hinweisen, daß er bei wiederholten „Weigerungen“ – i.e. Nichtvorlage von Bewerbungsschreiben – mit Kürzungen selbst der Kosten der Unterkunft bis auf 0 (in Worten Null) und damit fristloser Vermieterkündigung und im Ergebnis Obdachlosigkeit zu rechnen hat.

    Ich bin einmal der Partei Willy Brandts beigetreten. Beschämend, daß sie es ist, die für diese soziale Verachtung – Kälte ist da ja schon gar kein Wort mehr – verantwortlich zeichnet. Und auch noch für den gesetzgeberischen Murks, der dabei herausgekommen ist.

    Nur eines in diesem Zusammenhang: Schröder glaubte, mit diesen Gesetzen im Haushalt zu sparen. Tatsächlich gab er damit mehr aus als mit dem alten System von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Ein Schuß, der nach hinten losging. Auch wahltaktisch. Schröder wurde/hat sich selbst abgewählt.

    Meines Erachtens nach ist etwas anderes viel nötiger und würde Hartz IV ersetzen: Wenn man nämlich die Leute tatsächlich in Arbeit brächte, indem man die Arbeitsvermittlung privatisierte und nur Provision für vermittelte Arbeitsplätze bezahlte. Für den ersten 1,000 €, für den zweiten 2,000 €, für den nächsten 3,000 € und so fort. Stornohaftung: 1/2 Jahr voll, ein weiteres halbes Jahr pro rata temporis, danach ist die Provision voll verdient. Anzunehmen ist jeder Job. Konzertpianisten müssen zur Not in den Schlachthof, aber sie liegen den Sozialkassen nicht auf der Tasche und haben eine sinnvolle Beschäftigung. Allzu oft dürfte sich dieses Beispiel ohnedies nicht ereignen, so daß etwaige Fälle zu vernachlässigen sind.

    Ähnlich funktioniert es übrigens in Dänemark. Und es funktioniert dort wirklich.

  2. HartzIV Menschenunwürdig!!! Kein wunder das kinder dem Armut zum opfer fallen und die Kriinalität zu nimmt!
    Der Deutsche Staat Spart immer an der falschen stelle!!!
    Außländer die Hartz IV bekommen und keine Deutsche Staatsbürgerschaft haben gehört ausgewiessen!!!
    MFG. EX-Crailsheimer

  3. Gegenvorschlag:
    Wer in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, sollte sofort die Staatsbürgerschaft aberkannt bekommen, wenn er in einem Beitrag mit insgesamt 36 Wörtern 16 Rechtschreibfehler (und zwei Kommafehler) macht.

    HartzIV Menschenunwürdig!!! Kein wunder das kinder dem Armut zum opfer fallen und die Kriinalität zu nimmt!
    Der Deutsche Staat Spart immer an der falschen telle!!!
    Außländer die Hartz IV bekommen und keine Deutsche Staatsbürgerschaft haben gehört ausgewiessen!!!

  4. @Strohmi
    Á propos Sozialkassen: Die werden in übermäßig vielen Fällen dadurch belastet, dass Dumpinglöhne gezahlt werden und Arbeitnehmer dadurch auf aufstockendes Hartz IV angewiesen sind. So lange wir hier in Deutschland noch keinen gesetzlichen Mindestlohn haben, wird sich da auch nichts ändern.

    Bei den Provisionen für private Arbeitsvermittler wird auch heute schon viel gemogelt und getrickst: Da fungiert so manche Tochterfirma als Vermittler für das Stammhaus – und kassiert sowohl Vermittlungsprovisionen, als auch Eingliederungsgelder für die Zeit des (befristeten) Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer ist in solchen Fällen nur Mittel zum Zweck, und wird nach seiner „Bezuschussungszeit“ entsorgt und gegen einen neuen „Zuschussfähigen“ ausgetauscht.
    Die „Armutsindustrie“ hat sich hierzulande festgebissen und wird sich so schnell auch nicht aushungern lassen. Warum auch? Es lässt sich doch vortrefflich Geld damit scheffeln …

  5. @ Chrissi: Hast recht.

    @ Christa: Du auch. Für den von Dir skizzierten Sozialmißbrauch allerdings habe ich in meinem „System“ – na es ist ja wohl eher ein Süschdemle – die Stornohaftung vorgesehen. Damit den Betrügern der Zahn gleich mal gezogen wird.

    Trotzdem: Gegen Sozialdumping! Für Mindestlöhne! Von Arbeit muß man /frau/kind leben können!

  6. Nichts zu danken, Ex-Crailsheimer! Aber bitte distanziere Dich jetzt von Deinen ausländerfeindlichen Äußerungen und sage, daß Du sie nicht wiederholst. Alle Menschen sind Ausländer – fast überall!

  7. Hartz IV Regelsatz zu niedrig???? Einmal ja einmal nein, ev.
    jein, denn ich finde es nicht okay wenn einer der ev. 30Arbeitsjahre hinter sich hat,also 30 Jahre in die Staatskasse gezahlt hat gleich behandelt wird, wie eine Person die ev. keinen einzigen Tag in ihrem Leben etwas gearbeitet hat. Es muss doch getrennt werden, was nicht in einen Topf gehört, oder ???? Viel, sehr viele sind unschuldig in Harz IV, andere aber auch nicht, denn wer heute z.B ohne Schulabschluss und ohne Ausbildung/Studium in Harz IV landet ist zu 99% selbst schuld!!!!Auch Personen ohne deutsche Sprachkenntnisse tragen Teilschuld am Harz IV – Schicksal!!!!! Denn einfach ist es zu fordern aber Verpflichtungen zu leisten sind eben so wichtig, und da fordere ich von jedem auch eine Persönlichkeitsbasis…die heißt Schulabschluss,Ausbildung,Weiterbildung,Sprachfähigkeit,bischen Flexibilität und mehr!!!

  8. @Smuli,
    wem willst du denn das anlasten, dass mit Hartz IV alle gleichgestellt werden – also dass einer der 30 Jahre gearbeitet hat, so wenig bekommt, wie einer der noch nie Beiträge in Staats- und Sozialkassen geleistet hat?
    Und wenn du zur Erkenntnis gelangt bist, dass nicht diejenigen sich das ausgedacht haben, die früher Sozialhilfeempfänger hießen, dann bist du schon mal auf dem richtigen Weg.

    @Beate,
    sehr viele alleinerziehende Mütter leben von Hartz IV. Auch dann, wenn sie vorher einen Beruf erlernt haben und berufstätig waren. Hierzulande ist es ohnehin schwer, Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen weil es viel zu wenig Krippenplätze gibt. Und für viele Mütter ist es schwer, nach der Erziehungszeit wieder einen Arbeitsplatz zu finden.

    (Der Kommentar von Beate wurde gelöscht, da es sich bei Smuli und Beate, um die gleiche Person handelt. D.h. Beate hat nur scheinbar auf den Kommentar von Smuli, also sich selber, reagiert! – Die Redaktion)

  9. Nein, Smuli und Beate sind nicht eine Person!!! Besitzen aber leider nur einen PC/eine Email-Adresse!!!! Bzw. besitze ich „Beate“ keinen PC/keine Email-Adresse, da ich aber auch eine eigene Meinung habe, wollte ich mich als Gastnutzerin zu Wort melden!!! Sorry, falls das nicht okay ist lass ich das natürlich sein…..und schweige!!!!!

  10. Hallo Frau Schilling, Hartz4 ist keine super Sache da bin ich auch einig mit Ihnen! Aber ganz ehrlich gesagt bin ich selbst berufstätig und muss mit weniger Geld leben als der Hartz4-Satz!!!Genaue Angabe: 950EUR,-Lohn Netto in Kurzarbeit
    + 164,-EUR Kindergeld=1114,-EUR GESAMT (zu Dritt“Mann+Frau+Kind) Ausgaben 400,-EUR RATE BANK Wohnung + 140,- EUR NK Wohnung + 20EUR Strom + 100,-EUR Benzin zur Arbeit+ 30EUR (KFZ-Steuer+Vers./monatl.-Anteil)=690,-EUR
    bleiben also für 3Personen 424,- zum leben, ergibt pro Person ca.140,-EUR im Monat !!!Ist das nicht weniger als Hartz4????Und kleiner Unterschied ich gehe 80Std. im Monat dafür arbeiten!!!!Seit 10 Monaten ist das so,……und wir leben noch, zwar schlechter als Hartz4….aber immerhin!!

  11. Hallo, Smuli und Beate sind nicht eine Person! Ich Beate besitze keinen PC/keine eigene E-Mail-Adresse! Bin nur Gastnutzerin…habe aber eine eigene Meinung,daher habe ich mich zu Wort gemeldet….falls das nicht okay war, schweige ich ab sofort natürlich!!!!!Sorry!!!!!!!!!!!!!

  12. @Smuli,
    ganz eindeutig sind 950 Euro Lohn zu wenig für eine 3-köpfige Familie.
    Aber:
    die Schuld nun bei den Hartz-IV-Beziehern zu suchen und ihnen vorzuwerfen, sie würden zuviel bekommen (bzw. mehr als ein Werktätiger), ist der total falsche Weg. Denn auch wenn die Hartz-Bezüge gekürzt werden würden, hätten Sie selbst immer noch genausowenig wie zuvor.
    Der richtige Weg ist, für anständige Löhne zu kämpfen. Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, und eines Tages auch die Rente, fallen umso kleiner aus, je niedriger die Löhne sind. Weil eben der Lohn jeweils als Bemessungsgrundlage dient.
    Wenn Sie tatsächlich so wenig Geld zum Leben übrig haben, sollten Sie „aufstockendes Arbeitslosengeld II“ beantragen, oder zumindest Wohngeld.

  13. Hallo Frau Schilling, ja die Hartz-IV-Bezieher sind natürlich nicht schuld an ungerechten Löhnen etc.,da haben Sie schon recht!!Ich wollte das nicht so ausdrücken, aber wird Hartz4 erhöht, was mit den Löhnen in der Wirtschaftskrise und danach sicherlich auch nicht passiert, dann übersteigt der Hartz4-Satz bald die meisten Löhne!Wo bleibt da noch der kleinste Anreiz für Arbeit????
    Ja und die Grundprobleme sind sowieso andere….zu viele Arbeitskräfte für zu wenige Arbeitsplätze—>Überangebot an Arbeitskräften-> führt dann zum niedrigLohn, dann die Leiharbeit die unsere Löhne kaputt macht, zu hohe Lohnnebenkosten die durch unsere Sozialausgaben entstehen–> dann wandern die Arbeitsplätze in die Billiglohnländer….etc.!!!Naja, eben ein Teufelskreis…es gilt ihn zu durchbrechen!!!!!!!!!!!!!!??????

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