Das große Fressen beginnt – In Schwäbisch Hall schon ein Jahr vor Eröffnung des Einkaufstempels Kocherquartier

Wenn die Filialisten kommen, dann geht im Einzelhandel das „große Fressen“ los. Das ist eine Erfahrungstatsache zahlloser erschreckender Beispiele von überall gleichförmigen„Shopping-Malls“ und innerstädtischen Einkaufszentren. In Schwäbisch Hall beginnt die „Kannibalisierung“ im Facheinzelhandel bereits ein Jahr vor Inbetriebnahme des Einkaufstempels „Kocherquartier“. Denn schon zum Ende des ersten Quartals des kommenden Jahres eröffnet die Tübinger Buchhandelsfirma Osiander ihre 21. Filiale in Schwäbisch Hall als 14. Standort. Dabei war das ursprünglich erst für später und an anderer Stelle in Schwäbisch Hall geplant. Doch davon und warum die Nerven blank liegen bei Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim (SPD) liest man im Haller Tagblatt – mal wieder – natürlich nichts.

Artikel aus Alpha Press, Ausgabe Juli/August 2009

Im Kocherquartier fällt großer Mieter weg

Wer sich vor ein paar Wochen die überarbeiteten Grundrisszeichnungen des zur öffentlichen Einsicht ausgelegten „Wassergutachtens“ zum „Kocherquartier“ einmal etwas genauer angesehen hatte, konnte sehen, dass dort mit annähernd 500 Quadratmeter Fläche ein bis dato unbekannter„Ankermieter“ eingetragen war: Osiander, ein seit Jahren sehr rühriger Buchhandelsfilialist aus Tübingen. Doch um ein sicheres Mietverhältnis dürfte es sich dabei wohl kaum gehandelt haben, sondern vielmehr lediglich um die „nachrichtlichte Eintragung“ eines Adressaten eines „Letter of Intent“ – wie bei sonstigen „Ankermietern“ des „Jahrhundertprojekts“ Kocherquartier auch…
Doch durch die Bekanntgabe von Textil-Burkhardt, zum Jahresende sämtliche Geschäfte zu schließen, erfuhr Osiander, dass jetzt sogar ein von der innerstädtischen Standortgunst wesentlich geeigneteres Ladenlokal mit zudem noch mehr Fläche und zu wesentlich günstigeren Konditionen zu bekommen war. Damit wurden die Mietabsichten für das Kocherquartier schlagartig hinfällig.

Wird Ladenfläche an Filialisten verschleudert?

Der Wegfall des Mietinteressenten Osiander löste sogleich wieder gesteigerte Akquisitionsbemühungen der beauftragten Stuttgarter Maklerfirma Bräutigam& Krämer aus, so dass ein paar Tage später der gebietszuständige Projektentwickler aus Mannheim des konkurrierenden Buchhandelsfilialisten Thalia in Schwäbisch Hall zwecks „Partnersuche“ für das Kocherquartier erschien. Dabei wies er auf die nunmehr besonders günstigen Mietkonditionen für das Kocherquartier hin, die sich für Thalia durch die Zugehörigkeit zum Douglas-Konzern wegen dessen möglicher weiterer Mietverhältnisse ergeben werden. Zur Douglas-Holding AG, Hagen, zählen die Douglas-Parfümerien, Christ-Juweliergeschäfte, Appelrath-Cüpper-Modehäuser, Hussel-Confiserien und Thalia-Buchhandlungen, von denen allein in Baden-Württemberg aktuell 18 Geschäfte existieren.

Haus der Bildung in ehemaliger Justizvollzugsanstalt

Dies mutet alles sehr wirr an, ist aber kaum verwunderlich, denn, dass es gar nicht so einfach ist, für ein innerstädtisches Einkaufszentrum, trotz einer Lage an gut frequentierter und zentraler Stelle, potente und solvente Mieter zu finden, lässt sich auch „hautnah“ am Beispiel des geplanten innerstädtischen Einkaufszentrums MERCATURA in Aalen verfolgen, das ähnlich wie die Vorgängerprojekte des Kocherquartiers nicht vorankommen will…
Also muss alles dafür getan werden, vielleicht noch zaudernden potentiellen „Miet-Investoren“ des Kocherquartiers mit der „attrahierenden“ (Anmerkung: anziehenden) Wirkung der unmittelbaren Nachbarschaft auf die Sprünge zu helfen. Da liegt doch nun wahrhaftig nichts wirklich näher, als die ehemalige Justizvollzugsanstalt (JVA) in ein „Haus der Bildung“ mit Integration von Volkshochschule und Musikschule als geeignete „Frequenzbringer“ umzuwidmen…

Bei Oberbürgermeister Pelgrim liegen die Nerven blank

Kann es da noch im Ernst verwundern, dass bei dem „Mann mit Visionen“ für das „Jahrhundert-Projekt Kocherquartier“ (Anmerkung: OB Pelgrim) die Nerven blank liegen, wenn ihm mal eben wieder ein „Ankermieter“ abhanden gekommen ist und dann auch noch „kleingeistige“ Zeitgenossen ohne große Visionen und zudem inkompetent, weil ohne jedwede (offizielle) politische Legitimation, wie der OB meint und wie sie ihm zu eigen ist, gegen den Umzug der Musikschule opponieren und damit ungehörig ungeheuer wertvolle zu erzielende synergetische Effekte zerstören? Und da soll es nicht legitim sein, diese „Kleingeister“ gebührend zu klassifizieren als das was sie in den Augen des Oberbürgermeisters Hermann- Josef Pelgrim wirklich sind, nämlich nur „Brötchen-, Schnürsenkel- und Eisverkäufer“.
In Anbetracht der im wörtlichen Sinne „fragwürdigen“ Entwicklung des „Jahrhundertprojekts Kocherquartier“ können wir gespannt auf die weiteren Gefühlsausbrüche des „Oberbürgermeisters“ sein… Und so mancher Gemeinderat mag sich vielleicht mal überlegen, ob er nicht insgeheim auch nur als Pillenverkäufer, Kreidefresser, Sesselfurzer oder ähnlichem eingeschätzt wird.

Das Deutsche Institut für Urbanistik hat übrigens Ende vergangenen Jahres (2008) eine „Wirkungsanalyse großer innerstädtischer Einkaufscenter“ veröffentlicht. Wenn man die Parameter aus den untersuchten Städten mit denen von Schwäbisch Hall vergleicht, verheißen die Ergebnisse nichts Gutes. Aber wen interessiert das schon? Die politisch „Zuständigen“ offensichtlich am allerwenigsten.

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