„Es ist rechtswidrig und gefährdet streng geschützte Vogelarten wie Rotmilan und Baumfalke“ – NABU und LNV reichen Eilantrag gegen Windrad in Braunsbach ein

Der Landesnaturschutzverbandes (LNV) und Naturschutzbund (NABU) Baden-Württemberg haben Mitte Dezember einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht, um die Genehmigung für die Inbetriebnahme eines bereits errichteten Windrades in Braunsbach im Kreis Schwäbisch Hall auszusetzen.

Gemeinsame Pressemitteilung von Landesnaturschutzverband (LNV) und NABU Baden-Württemberg

Absolut inakzeptabel und unverantwortlich

Grund dafür ist, dass die Anlage mitten in den Brutrevieren von vier streng geschützten, windkraftsensiblen Greifvogelarten steht – unter anderem in einem Dichtezentrum des Rotmilans, wo besonders viele dieser Vögel brüten. „Wir haben bereits im April 2016 Widerspruch gegen das Windrad eingelegt. Die Behörden haben bislang nicht darauf reagiert und den Bau zugelassen. Das ist absolut inakzeptabel und unverantwortlich gegenüber dem Vorhabenträger und gegenüber der Natur“, sagt der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. „Wir erwarten, dass das Gericht nun eingreift und die Anlage nicht in Betrieb gehen darf.“

Bereits vor neun Monaten eindringlich hingewiesen

In Dichtezentren des Rotmilans dürfen die Behörden keine Anlagen genehmigen, wenn diese den Mindestabstand von einem Kilometer zu einem Brutplatz des Rotmilans unterschreiten und der Vogel den Anlagenstandort regelmäßig zur Nahrungssuche befliegt. „Das ist hier nachweislich der Fall. Die Genehmigung für dieses Windrad hätte nicht erteilt werden dürfen. Darauf haben wir bereits vor neun Monaten eindringlich hingewiesen“, sagt Gerhard Bronner, Vorsitzender des Landesnaturschutzverbandes (LNV). „Gerade hier bei uns in Baden-Württemberg ist der Schutz des Rotmilans besonders wichtig, weil 10 bis 17 Prozent seines Weltbestands im Land brüten. Wir haben deshalb eine globale Verantwortung für diese Vogelart.“ Dass das Windrad das Tötungsrisiko signifikant erhöht, hat der NABU Schwäbisch Hall durch eigene Studien nachgewiesen.

Behörden sind verantwortlich

Inzwischen ist die Anlage errichtet und könnte in Betrieb gehen. „Die Behörden haben wider besseres Wissen zugeschaut, wie das Windrad gebaut wurde. Sie hatten genug Zeit, um das Projekt rechtzeitig zu stoppen. Passiert ist nichts. Wenn jetzt die Anlage wieder abgebaut werden muss, tragen alleine die Genehmigungsbehörden dafür die Verantwortung, also das Landratsamt Schwäbisch Hall und das Regierungspräsidium Stuttgart“, sagen Bronner und Enssle. „Wir bedauern diese unschöne Entwicklung sehr und hoffen, dass jetzt niemand das alte Lied anstimmt, wonach Rotmilane und wir Naturschutzverbände die Energiewende behindern würden. Diesen Schuh müssen sich in diesem Fall die Behörden anziehen.“

Mangelhafte Gutachten müssten konsequent zurückgewiesen werden

NABU und LNV weisen darauf hin, dass es für die Akzeptanz der Energiewende von fundamentaler Bedeutung ist, dass die Genehmigungsbehörden Richtlinien und Vorgaben der Landesregierung konsequent befolgen. Mangelhafte Gutachten müssten konsequent zurückgewiesen werden. Es sei Aufgabe des Landes, seine Behörden für diese oftmals nicht einfachen Aufgaben mit ausreichend Kompetenz und personellen Ressourcen auszustatten, sagten die Verbandschefs.

Vier streng geschützte Greifvogelarten

Bereits die Errichtung des Windrades in Braunsbach hatte nach Beobachtungen des NABU negative Auswirkungen: 2016 brüteten bei Baubeginn noch vier streng geschützte Greifvogelarten in einem Umkreis von 600 Metern um die Baustelle der Windkraftanlage: Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard. Alle Bruten wurden im Laufe der Saison wieder aufgegeben. Im Fall des Wespenbussards war bereits ein geschlüpfter Jungvogel im Horst. Der NABU Schwäbisch Hall geht davon aus, dass dieser Totalausfall auf Störungen durch den Baubetrieb zurückzuführen ist – auch wenn sich das nicht beweisen lässt.

Das Gericht wird voraussichtlich in den nächsten Wochen über den Eilantrag entscheiden.

Hintergrund:

Rotmilan-Dichtezentren

Als Dichtezentren werden in Baden-Württemberg Gebiete mit hoher Rotmilan-Siedlungsdichte bezeichnet. Konkret trifft das zu, wenn um einen geplanten Windradstandort mindestens  vier Brutpaare in einem Umkreis von 3300 Metern nachgewiesen werden. Sie dienen dem Schutz der Quellpopulationen, von denen aus diese Vögel auch andere Regionen besiedeln können. Für den Gesamtbestand sind sie von fundamentaler Bedeutung, um Verluste außerhalb der Dichtezentren ausgleichen zu können, wo Rotmilane weniger streng geschützt sind. Die Genehmigungsbehörden müssen ein solches Dichtezentrum beachten und dürfen dort keine Anlagen genehmigen, wenn diese den Mindestabstand von einem Kilometer zu einem Brutplatz des Rotmilans unterschreiten und der Vogel den Anlagenstandort regelmäßig zur Nahrungssuche befliegt.

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