„Demonstrationen bewahren vor Erstarrung in geschäftiger Routine“ – Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion und Ordnungsamt wollen Versammlungsfreiheit für S21-Gegner einschränken

Die Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion will laut einem Bericht der Stuttgarter Zeitung vom 16. März 2012 (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.cdu-zu-stuttgart21-resolution-gegen-montagsdemos.4b75c898-6f99-4b65-b834-250542e2338e.html) eine gemeinsame Resolution gegen die wöchentlich stattfindenden Montagsdemonstrationen verabschieden.

Von Thomas Trüten, Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit

Eigene Entscheidung der Demoveranstalter

Sie möchte erreichen „dass der Protest das öffentliche Leben nicht länger über die Maßen beeinträchtigt“. Diese Meldung ist paradox: Die Demoveranstalter selbst hatten sich entschlossen, die Montagsdemonstrationen fortan auf dem Marktplatz abzuhalten, um nicht den Unmut der Autofahrer auf sich zu ziehen. Vor allem aber ist die von der CDU geforderte Resolution ein klarer Angriff auf das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und muss entschieden zurück gewiesen werden.

Einschränkung ist verfassungswidrig

Auch wenn es einigen vielleicht lästig erscheinen mag, das Demonstrationsrecht ist im Grundgesetz verankert. Es ist deshalb verfassungswidrig, eine derartige Einschränkung der Versammlungsfreiheit mit möglichen Verkehrsbehinderungen oder möglichen Störungen für Touristen zu begründen.

Das ist offener Verfassungsbruch

Diese Einschränkung trifft im übrigen nicht nur S21-Gegner. Das Ordnungsamt rechtfertigte absurde Auflagen gegenüber dem Anmelder einer Demonstration gegen die Neonazi-Morde wie folgt: Sein Interesse , die Versammlung abzuhalten, müsse „trotz der hohen Bedeutung des Versammlungsrechts in der Rechtsordnung hinter dem besonderen öffentlichen Interesse zurückstehen, die Behinderungen für den Fahrzeug-, den Fußgängerverkehr sowie für die Anlieger so gering wie möglich zu halten und insbesondere die Benutzbarkeit der öffentlichen Straße zu gewährleisten.“ Das ist offener Verfassungsbruch.

Ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie

Demonstrationen „…enthalten ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren.“ (aus dem Brokdorf-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, https://de.wikipedia.org/wiki/Brokdorf-Beschluss).

Thomas Trüten, Sprecher des Bündnisses für Versammlungsfreiheit: „Was wir derzeit erleben, ist eine Erosion des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird von untergeordneten Behörden wie dem Ordnungsamt oder der Polizei absichtlich ignoriert und nach eigenem Belieben ausgelegt. Unser Bündnis setzt sich dagegen für ein fortschrittliches Versammlungsgesetz ein, dass Proteste uneingeschränkt ermöglicht. Die grün-rote Landesregierung, die in ihrem Koalitionsvertrag ein „bürgerfreundliches Versammlungsgesetz“ in Aussicht gestellt hat, fordern wir auf, sich dazu entsprechend zu positionieren.“

Weitere Informationen und Kontakt:

http://www.versammlungsrecht.info/neu/index.html

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