Marke GRÜN

Armut, Erwerbslosigkeit, Gentrifizierung – über diese Themen ist der Grünen-Anhänger in Hamburg erhaben. Lieber glaubt er an die Fantasien eines kuscheligen Großstadtlebens.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Nachdem die Grünen Ende November die Koalition mit der CDU haben platzen lassen, soll am 20. Februar die Bürgerschaft neu gewählt werden. Das Kleingedruckte im 50 Seiten dicken Wahlprogramm dürfte kaum einer der Anhänger gelesen haben. Was drinsteht, spielt für die Beurteilung der Partei ohnehin keine Rolle, ebenso wenig wie ihre realpolitische Bilanz nach zweieinhalb Jahren schwarz-grüner Koalition.
Mit allen ihren zentralen Forderungen ist die GAL nämlich gescheitert: kein neues Kohlekraftwerk im Stadtteil Moorburg („Kohle von Beust“), die Elbvertiefung verhindern – Moorburg wird gebaut, die Elbvertiefung kommt. Die gemeinsame Primarschule bis zur 6. Klasse wurde per Volksentscheid gekippt, statt familienfreundlicher Kinderbetreuung wurden die Kita-Gebühren kräftig erhöht.

Eine schöne und vor allem treffende Abrechnung der taz mit den Hamburger GRÜNEN und ihrer Klientel. Ein Kommentar bringt es auf den Punkt: „dass die grünen im mahlwerk des parlamentarismus zerrieben wurden und nun nichts sind als eine weitere standard partei in der postdemokratie, eine billige krücke für cdu und spd, ist doch eigentlich schon länger klar, oder?“

http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/wir-waehlen-ein-lebensgefuehl/

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„Walter Döring (FDP): Auch Davos hat klein angefangen“ – „Get-together“ hohenlohischer Weltmarktführer in Schwäbisch Hall

Ex-Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) war um große Sprüche nie verlegen. So auch jetzt nicht, wenn er zum ersten Mal nach seinem unfreiwilligen Abgang von der politischen Bühne wieder in die Rolle des Machers schlüpfen darf. Er präsentiert sich der Öffentlichkeit als Mitorganisator, ja als „treibende Kraft“ des ersten „Deutschen Kongresses der Weltmarktführer“, dessen Ziel die „Schaffung einer branchenübergreifenden Plattformen von Elite-Unternehmen aus Deutschland“ ist. Ein solcher Kongress findet von Montag, 24. bis Mittwoch, 26. Januar 2011, in einer „gefühlten Weltstadt“ namens Schwäbisch Hall statt.

Von Paul Michel, Schwäbisch Hall

Treffen von Provinzlern

Ein Blick auf die Referentenliste des „Weltmarktführerkongresses ergibt, dass der gute Dr. Döring wieder mal gewaltig aufschneidet. Denn in Schwäbisch Hall ist am 25./ 26. Januar keineswegs die industrielle Creme de la Creme des Exportweltmeisters Deutschland vertreten. Nein, vertreten sind hier so berühmte Namen wie die Firma GEMÜ aus Ingelfingen, EBM Papst aus Mulfingen, Recaro aus Schwäbisch Hall, Berner aus Künzelsau oder Scheuerle aus Pfedelbach. Die kennt zwar kaum jemand im Umfeld der Börse in Frankfurt oder gar der in London – aber doch so mancher aus der Region Hohenlohe Franken. Obwohl einige der Firmen als Mittelständler tatsächlich in ihrer Branche weltweit unterwegs sind, bedarf es doch der (Selbst-)Darstellungskunst eines Walter Döring, dieses Treffen von mittelständischen Provinzfürsten als „Kongress der Weltmarktführer“ zu etikettieren. Bescheidenheit war noch nie eine herausragende Eigenschaft von Walter Döring. Und sie ist es auch nicht nach seinem Absturz ins politische Nichts. „Auch Davos hat klein angefangen“ tönt er bei einer vermutlich von ihm selbst einberufenen Pressekonferenz zur Vorstellung des Kongresses in Stuttgart.

Nix für Umme

Nun, auch einen solchen Provinzkongress gibt es nicht für umsonst. Wer dabei sein will, muss schon einmal 1590 Euro plus Mehrwertsteuer hinlegen. Dafür erwirbt der Zahler unter anderem den Anspruch zum gemeinsamen Saunieren mit Walter Döring und anderen VIPs im „House of Sauna & Spa“ der Firma Klafs. Dazu kommen die Teilnahme am gesamten Kongress (einschließlich Kongressdokumentation), zwei Mittagessen, Erfrischungen in den Pausen, Teilnahme an einer Werksbesichtung (wahlweise Recaro oder Optima) sowie das Erlebnis „bei einem stilvollen Abendempfang“ im Neubausaal dabei zu sein. Für den Fall, dass ein solch fulminantes Angebot den bekanntermaßen sparsamen hohenlohischen Unternehmer als zu teuer dünkt, gibt es extra für sie einem Frühbucherrabatt in Höhe von 100 Euro.

Seilschaftspflege

Was das Programm betrifft, so bietet es den in Unternehmerkreisen bekannten Netzwerkermix (neudeutsches Wort für Seilschaften) aus Wirtschaft, Politik und ein paar unternehmernahen Publizisten. Auffällig ist allerdings, dass die wenigen „großen“ Firmen in der Region, die Bausparkasse, die Firma Würth oder Bosch und Audi entweder gar nicht oder allenfalls mit routinierten Low-Level Beiträgen vertreten sind. Bausparkassenchef Metz zwingt sich vermutlich als „Mitveranstalter“ ein paar Grußworte ab, ansonsten sucht Mensch vergeblich nach einem Workshop der die Lebensweisheiten eines Bausparkassenmanagers zum Besten gibt. Dafür sind die Publizisten gut vertreten. Angekündigt ist der Altmeister der Unternehmerpropaganda, Meinhard Miegel, der seit Jahrzehnten schon in die Bütt geht, wenn mit „Expertenwissen“ die Notwendigkeit sozialer Grausamkeiten gegenüber den Schwächsten der Gesellschaft „bewiesen“ werden soll. Mit Michael Hüther vom unternehmernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln geht im Neubausaal ein frischer und adretter Mann in die Bütt, der die Rolle des mittlerweile in die Jahre gekommenen Altmeisters ausfüllt.

Wo bleibt Pelle?

Die Politik ist – wie nicht anders zu erwarten, wenn Döring die Fäden zieht – etwas FDP-lastig: Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) will sich einen Abend „in lockerer Atmosphäre als Get-together mit „Finger Food und Bar“ nicht entgehen lassen. Er zeichnet mit Klafs-Chef Stefan Schöllhammer für das „Warming-Up“ in der Klafs-Sauna verantwortlich. Bundes-Wirtschaftsminister Brüderle hat an diesem und den beiden folgenden Tagen offenbar etwas Besseres zu tun. Er erspart sich das „Get-together“ mit den Provinzunternehmern, gibt sich aber als Schirmherr des Kongresses her. Seinen Kollegen Schäuble zog es auch nicht nach  Schwäbisch Hall. Dafür hat er seinen Staatssekretär Hans Bernhard Beus dazu verdonnert, in Schwäbisch Hall einen Vortrag zu einem Allerweltsthema zu halten: „Deutsche Industriepolitik – der Garant für nachhaltiges Wachstum“. Landesvater Stefan Mappus blieb es verwehrt den Schirmherr zu spielen. Insofern ist es erstaunlich, dass er überhaupt persönlich aufkreuzt und den zweiten Kongresstag persönlich einleitet mit Ausführungen zum Thema „Das Land und seine Weltmarktführer“. Gespannt sein darf man/frau weniger auf den Inhalt des Vortrags, sondern darauf, ob er gleich nachdem seine 25 Minuten verstrichen sind, das Weite sucht oder ob er noch einige Zeit mehr fürs „Networken“ reserviert hat. Auffällig ist übrigens, dass im Programm des Kongresses nirgends der Name „Pelgrim“ (Anmerkung: Hermann-Josef Pelgrim, Oberbürgermeister der Stadt Schwäbisch Hall) auftaucht. Über die Gründe darf spekuliert werden. Wenn der OB der Gastgeberstadt von Döring zu einem solchen Weltereignis nicht eingeladen wurde, kann das nur als heftige Brüskierung des Haller OB verstanden werden. Wenn Pelgrim die Einladung Dörings erhalten, aber dankend abgelehnt hat, so müsste man ihm bescheinigen, dass er hier Charakter zeigt.

Von Weltmarktführern und tariflichen Standards

Robert Friedmann, Sprecher der Konzernführung beim Würth Konzern, formuliert, was neben der Pflege von Seilschaften Ziel des Kongresses sein sollte: „Von Weltmarktführer zu Weltmarktführer zu diskutieren und von Elite-Unternehmen zu lernen.“ Da kann man sich ausmalen, worin der Beitrag des Würth Konzerns bestehen könnte: Sein (leider) erfolgreiches Modell der „Mitarbeiterführung“, dessen Kernelemente betriebsratsfreie Zonen und ungeheuerer Leistungsdruck sind. Bekanntlich gibt es bei Würth keinen Betriebsrat, sondern lediglich einen Vertauensrat. Dieser kann dem Management Bitten und Wünsche vortragen. Ob sie erfüllt werden, ist ins Belieben der Chefs gestellt. Man kann sich ausmalen, dass solche Zustände für manchen der Hohenloher Weltmarktführer eine verlockende Vision sind.

Optima und EBM halten sich nicht an Tarifverträge

Ohnehin fällt auf, dass die auf dem Kongress vertretenen Hohenloher Firmen nicht gerade durch eine ausgeprägte Kultur der betrieblichen Mitbestimmung und durch tarifgerechte Bezahlung glänzen. Eher im Gegenteil. Die Firma GEMÜ aus Ingelfingen ist nach Aussagen der IG Metall Schwäbisch Hall ebenfalls betriebsratsfreie Zone. Das Haller Vorzeigeunternehmen Optima hat zwar einen Betriebsrat, dafür aber keine Tarifbindung. Dem Vernehmen nach soll es zwar bei Optima Lohnerhöhungen geben, aber ob und wann es die gibt ist vom Gutdünken des Chefs abhängig. Bei EBM aus Mulfingen, einem weiteren Vorzeigeunternehmen, sollen die Dinge ähnlich liegen. Die Firma ist ebenfalls nicht im Arbeitgeberverband und hält sich entsprechend nicht an die Tarifverträge, die zwischen Unternehmerverband und IG Metall ausgehandelt werden.

Nicht einmal Kreisklasse

Weil in diesen Betrieben die IG Metall zumeist relativ schwach und die Betriebsräte eben nicht zur Durchsetzung berechtigter Forderung zu Arbeitskampmaßnahmen aufrufen können, bleiben Entgelterhöhungen eben vom Willen des Unternehmers bzw. Geschäftsführung abhängig. Anders ist das bei der Firma RECARO, dem Weltmarktführer bei der Produktion von Flugzeugsitzen. Er machte in den letzten Jahren wiederholt damit Schlagzeilen, dass er reguläre Beschäftigungsverhältnisse abbaute und durch Leiharbeitsverhältnisse ersetzte. Seit 2009 lässt RECARO seine Logistik durch einen Subunternehmer, die Firma Elsen GmbH, machen. 80 der 100 bei Elsen tätigen Beschäftigten wurden aus der Elsen-eigenen Leiharbeitsfirma CON-LOG Logistik und Consulting rekrutiert. Sie werden nach einschlägigen Leiharbeitstarifverträgen bezahlt. Für Lohnabhängige bedeutet es nichts Gutes, wenn auf dem Kongress in Schwäbisch Hall der Geschäftsführer der RECARO Aircraft Seating, Andreas Lindemann, einen Vortrag zum Thema „Erfolgsstrategien im globalen Wettbewerb am Beispiel eines Flugzeugsitze-Herstellers.“ hält.

Und die Beschäftigten?

Ob die eingesetzten 1590 EUR für die teilnehmenden Manager und Unternehmensführer am Schluss eine lohnende Investition sind, wird sich zeigen. Das Beste für die Beschäftigten aus den teilnehmenden Unternehmen wäre, wenn ihre Chefs an diesen Tagen auch erkennen würden, dass Tarifbindung nicht des Teufels ist, sondern die Bedingungen der Beschäftigten und der Unternehmen so regelt, dass in jedem Betrieb für die gleiche Arbeit auch gleich bezahlt wird und damit auch die gleichen Entgelte für die Herstellung der Produkte gelten. Weltmarktführer brauchen auch moderne Tarifverträge wie zum Beispiel den Tarifvertrag zur Qualifizierung in der Metall- und Elektroindustrie oder den Tarifvertrag „Bildung im Tarif“ der Textilindustrie. Weltmarktführer brauchen auch hoch qualifizierte Arbeitskräfte, um auf dem Weltmarkt bestehen zu können. Diese müssen aber auch entsprechend bezahlt werden und müssen auch gesicherte Bedingungen haben auf die sie sich verlassen können. Leiharbeit und tarifloser Zustand gehören da nicht dazu. Bei nüchterner Betrachtung der Dinge spricht allerdings wenig dafür, dass die versammelten Firmenlenker sich Gedanken, darüber machen werden, was gut für ihre Beschäftigten ist. Sie haben da ganz andere Prioritäten….

Informationen der Veranstalter zum „Kongress der Weltmarktführer“ in Schwäbisch Hall:

http://www.weltmarktfuehrer.info/

http://www.schwaebischhall.de/wirtschaftsstadt/kongress-der-weltmarktfuehrer.html

http://www.heilbronn-franken.com/DATA/NEWS/2010/news_100624_wmf_sha.php

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