Monitor vom 13.08.2009

Die aktuelle Monitor-Sendung hat es in sich – sehenswert!

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Hier die Themen:
1. Immer mehr Langzeitarbeitslose verschwinden aus der Arbeitslosenstatistik, weil die Arbeitsagenturen sie für „dauerhaft geistig behindert“ erklären. Weil sie als schwer vermittelbar gelten, werden sie in Behindertenwerkstätten abgeschoben. Ärztliche Untersuchungen? Fehlanzeige. http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2009/0813/behindert.php5

2. Die Ärzte machen im Wahlkampf mobil: Unverhohlen fordern ganze Berufsverbände ihre Mitglieder und die Patienten dazu auf, bei der Bundestagswahl ihr Kreuz bei der FDP zu machen. Und die Partei revanchiert sich: Plakate und Wahlkampfinfos für die Wartezimmer gibt es direkt bei den Liberalen. Das gemeinsame Ziel von Ärzten und FDP: Noch höhere Honorare für niedergelassene Ärzte. http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2009/0813/fdp.php5

Hier noch ergänzend ein anderer Beitrag zur Honorarreform bei den Ärzten:
http://www.welt.de/wirtschaft/article4311695/Gehalt-der-Aerzte-legte-schon-vor-Honorarreform-zu.html
Siehe auch: http://www.nachdenkseiten.de/?p=4127#h07

3. Die beiden deutschen Vorzeigeunternehmen Deutsche Bank und Allianz SE machen wieder Riesengewinne. Dabei haben beide Konzerne erheblich von den Steuermilliarden für die HRE profitiert: Forderungen beider Unternehmen in Milliardenhöhe wurden durch die Rettung der HRE abgesichert. Jetzt fordern Ökonomen, die Mitverursacher der Krise mit Hilfe einer Vermögensabgabe zur Kasse zu bitten, damit die Last nicht allein beim Steuerzahler hängen bleibt. Aber die Bundesregierung winkt ab. http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2009/0813/steuer.php5

4. Rädchen der Vernichtungsmaschinerie, Befehlsempfänger, die Ort und Zeit ihrer Taten nicht selbst bestimmt hätten – so das gängige Bild der einfachen „Schutzpolizisten“ im Dritten Reich. Ein Forscherteam der TU Berlin belegt nun: Polizisten haben die Deportationszüge in die KZs nicht nur bewacht, sondern sie haben auch mit besonderem Eifer flüchtende Juden verfolgt und erschossen. Viele dieser Polizisten wurden nach dem Krieg in den Polizeidienst der Bundesrepublik Deutschland übernommen – ein bislang nicht ausgeleuchtetes Kapitel der deutschen Polizeigeschichte. http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2009/0813/polizei.php5

Hier kann man sich die ganze Sendung ansehen (Dauer 28:34):
http://www.wdr.de/tv/monitor/

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Hohenloher Tagblatt macht dem Arbeitsgericht Crailsheim viel Arbeit – Eine gütliche Einigung nach drei Gerichtsterminen und eine glatte Niederlage

Die Crailsheimer Lokalzeitung Hohenloher Tagblatt ist schon drollig. Da veröffentlicht HT-Redaktionsleiter Mathias Bartels in der Ausgabe von Dienstag, 11. August 2009, eine lokale Aufmachergeschichte über die überlasteten Arbeitsgerichte in der Region Heilbronn-Franken („Klageflut am Arbeitsgericht“). Am Nachmittag des selben Tages beschäftigt sich das Crailsheimer Arbeitsgericht dann mit einem Fall des Hohenloher Tagblatts. Und: Zwei Tage später, am Donnerstag, 13. August 2009, besorgt das Hohenloher Tagblatt dem Arbeitsgericht Crailsheim schon wieder Arbeit.

Kommentar von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

HT-Geschäftsführer Bauder vor Gericht als Häuptling „Hochroter Kopf“

Zum ersten Fall: Das Hohenloher Tagblatt und die Chefsekretärin des HT-Geschäftsführers Jürgen Bauder einigten sich am 11. August 2009 bei einem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht in Crailsheim. Zuvor waren die beiden Parteien schon zweimal miteinander vor dem Arbeitsgericht Crailsheim gestanden. Den ersten Prozess hatte die heute 47-jährige Chefsekretärin gewonnen. Das Hohenloher Tagblatt wurde dazu verpflichtet, die Frau weiter zu beschäftigen (Urteil vom 20. Mai 2009: www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=2051).

Nun akzeptiert sie eine betriebsbedingte Kündigung zum 31. Dezember 2009 und erhält eine steuerpflichtige Abfindung in Höhe von 12.000 Euro. Ihr Gehalt als Chefsekretärin wird bis 31. Dezember 2009 weiter bezahlt. Sie muss nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz erscheinen. Elf Jahre lang hatte die Frau als Chefsekretärin von Jürgen Bauder gearbeitet – ohne Beanstandungen. Nachdem sie Ende 2008 wegen einer Schulteroperation krank geschrieben war, erhielt sie in der Weihnachtszeit 2008 die Kündigung – ohne, dass vorher mit ihr gesprochen worden wäre (siehe Artikel in Hohenlohe-ungefiltert www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=1795). Da sie sich nichts hatte zu Schulden kommen lassen, verpflichtete Arbeitsrichter Ralf Büschler das Hohenloher Tagblatt beim Gütetermin ausdrücklich, der Frau ein „berufsförderndes und wohlwollendes Arbeitszeugnis“ auszustellen. Die „betriebsbedingte Kündigung“ der Frau ist jetzt so datiert, dass sie mit dem eigentlichen Vertragsende von Geschäftsführer Jürgen Bauder beim Hohenloher Druck- und Verlagshaus zusammenfällt. Darauf hatte der Rechtsanwalt der Chefsekretärin während des Gütetermins in Crailsheim hingewiesen: Demnach arbeitet HT-Geschäftsführer Jürgen Bauder offiziell nur noch bis zum 31. Dezember 2009 für das Hohenloher Tagblatt. „Das stimmt nicht – und außerdem spielt das hier überhaupt keine Rolle“, erwiderte daraufhin ein sichtlich erröteter und erregter Jürgen Bauder.

Miserables Arbeitsklima in der Anzeigenabteilung

Im Mai 2009 war das Hohenloher Tagblatt verurteilt worden, die am 27. Dezember 2008 zum 30. April 2009 gekündigte Chefsekretärin weiter zu beschäftigen. Arbeitsrichter Ralf Büschler und die beiden ehrenamtlichen Richter hatten damals eindeutig und klar entschieden. Nach diesem Urteil legte Bauder seiner Vorzimmerdame eine weitere Kündigung zum 31. Oktober 2009 vor und anschließend auch noch eine Änderungskündigung. In der Änderungskündigung bot Bauder seiner Chefsekretärin einen Job als Anzeigenvermittlerin an. Neben dem miserablen Arbeitsklima in der Anzeigenabteilung des Hohenloher Tagblatts sprach auch ein deutlicher Gehaltsrückgang für die Chefsekretärin gegen diesen angebotenen Arbeitsplatz. Gerne wäre die Frau bereit gewesen, einen Job in der Vertriebsabteilung zu übernehmen, wo eine Mitarbeiterin ausgeschieden ist – sogar in Teilzeit. Doch den Job in der Vertriebsabteilung wollte Bauder seiner Chefsekretärin nicht geben. „Haben Sie einen Hochschulabschluss?“, blaffte er seine ehemals engste Mitarbeiterin im Gerichtssaal mehrfach an. „Nein, aber ich fühle mich in der Lage, mich in diese Position einzuarbeiten“, sagte die Frau selbstbewusst. Bauder vergaß bei seiner Attacke, dass es bisher in der HT-Vertriebsabteilung keine große Rolle gespielt hat, ob jemand einen Hochschulabschluss besitzt oder nicht. Denn nicht einmal sein Vertriebsleiter besitzt einen solchen Hochschulabschluss.

Fall 2 eines Druckers: Beide Abmahnungen müssen aus der Personalakte entfernt werden

Sang- und klanglos verloren hat das Hohenloher Tagblatt seinen zweiten Arbeitsgerichtsfall der Woche. Einem Drucker im Druckzentrum Gerabronn waren Anfang des Jahres 2009 zwei Abmahnungen erteilt worden. Crailsheims Arbeitsrichter Ralf Büschler verkündete nun am Donnerstag, 13. August 2009, folgendes Urteil: Beide Abmahnungen sind wieder aus der Personalakte des Mitarbeiters zu entfernen. Eine Berufung gegen das Urteil ist nicht gesondert zugelassen. Trotzdem könne die Beklagte (das Hohenloher Tagblatt), aber wegen des hohen Streitwerts (6000 Euro) Berufung einlegen. Die Abmahnungen seien schon allein wegen formeller Fehler aus der Personalakte zu nehmen, erklärte Richter Büschler das Urteil. Insbesondere die zweite Abmahnung sei zudem inhaltlich unsubstantiiert und zu pauschal.

Bauder versucht Mitarbeiter des Druckzentrums Gerabronn einzuschüchtern

Hintergrund der Abmahnungen scheint zu sein, dass der HT-Geschäftsführer Jürgen Bauder einen unliebsamen Mitarbeiter los werden will. Dabei schreckt Bauder auch vor Mobbing-Methoden und ungenehmigter Videoüberwachung im Betrieb nicht zurück (siehe auch Artikel in Hohenlohe-ungefiltert www.hohenlohe-ungefiltert.de/?p=2910). Zudem sind im Druckzentrum Gerabronn große organisatorische Veränderungen geplant. Das Druckzentrum soll aus dem Unternehmen Hohenloher Druck- und Verlagshaus herausgelöst werden. Dies könnte zum Ziel haben, Tarifverträge zu umgehen und den Einfluss des Betriebsrats zu verringern oder ganz auszuschalten. Weil demnächst auch eine neue Rotations-Druckmaschine angeschafft werden soll, droht der Geschäftsführer seinen Mitarbeitern im Druckzentrum mit Entlassungen. Von derzeit über 20 sollen dann nur noch 14 oder 15 Mitarbeiter übrig bleiben, kündigte Bauder der Belegschaft an. Mit dieser Ankündigung versucht Bauder, die Mitarbeiterschaft zu spalten und einzelne Leute gegeneinander auszuspielen.

Übrigens:

Der Artikel über die überlasteten Arbeitsgerichte in der Region Heilbronn-Franken von HT-Redaktionsleiter Mathias Bartels basiert auf einem schon in der Juli-Ausgabe 2009 des Regionalmagazins „pro“ veröffentlichten Artikel. Wohl wegen des journalistischen Sommerlochs hat das Hohenloher Tagblatt auf das Thema von „pro“ zurückgegriffen. Bei der Fotomotivwahl kupferte Mathias Bartels kurzerhand das Titelbild des pro-Magazins ab: Zu sehen ist auf beiden Bildern der Leiter des Arbeitsgerichts Heilbronn-Franken, Carsten Witt,  vor dem Wappen des Landes Baden-Württemberg – einmal sitzend (HT) und einmal stehend (pro).

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Journalismus in Deutschland – ein Lehrstück

Im Streit über das Verdienstkreuz für Felicia Langer hat Henryk M. Broder in SPON einen Artikel geschrieben („Feigenblatt des schlechten Gewissens“ http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,637765,00.html), dessen Entstehungsgeschichte jetzt im Netz nachgelesen werden kann.

Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert

Natürlich könnte man einfach sagen: typisch Broder! Der aber jetzt öffentlich gemachte E-Mail-Wechsel zwischen ihm und Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer im Vorfeld des Artikels, wirft ein bezeichnendes Licht auf bestimmte Praktiken der schreibenden Zunft hier in Deutschland (wobei ich hier natürlich nicht verallgemeinern möchte – H.M. Broder ist schon ein Sonderfall). Mit seriösem Journalismus hat das leider nur noch wenig zu tun …

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/2144747_0_9223_-dokumentiert-broder-an-palmer-an-broder.html

http://www.mein-parteibuch.com/blog/2009/07/30/henryk-m-broder-mailt-boris-palmer-nicht-lachen/ (Kommentare!)

Zu Felicia Langer:
http://www.felicia-langer.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Felicia_Langer#cite_note-30

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